
Von Roberto de Mattei*
Am 15. August 2025, dem Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel, wird in Alaska ein historisches Gipfeltreffen zwischen dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald Trump, und dem Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, stattfinden. Es handelt sich um ihre erste Begegnung seit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus sowie seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022. Noch ist unklar, in welcher Form der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in die Verhandlungen einbezogen werden wird. Sicher ist jedoch, daß über Trump und Putin der Schatten des chinesischen Präsidenten Xi Jinping schwebt.
Die globale Bühne ist somit von mindestens vier Akteuren besetzt, wobei Europa am Rande steht. Die Ukraine kann dem militärischen Druck Rußlands ohne US-Unterstützung nicht standhalten – zugleich aber vermag Trump den Krieg nicht zu beenden ohne das Einverständnis eines Volkes, das sich einer ungerechten Aggression nicht beugen will. Das Verhältnis zwischen Putin und Xi Jinping steht in umgekehrtem Verhältnis zu jenem zwischen Trump und Selenskyj: Rußland ist de facto ein Vasallenstaat Chinas geworden. Doch niemand weiß, welche konkreten Absichten der chinesische Präsident im Bereich des westlichen Machtgefüges verfolgt – und es wird Putin kaum gelingen, ohne dessen Zustimmung einen Frieden in der Ukraine auszuhandeln. Auf den ersten Blick scheint Trumps politische Führungsposition, zumal angesichts der bevorstehenden Midterm-Wahlen im November 2026, fragiler als die Putins. Doch gut informierte Analysten vertreten die Ansicht, daß Putins Macht im Inneren seines Landes auf tönernen Füßen steht. Die Unsicherheiten beider Führer sind allerdings nicht nur politischer oder geopolitischer Natur.
Frieden ist eine Gabe – ein Gut, das, wie alles Wahre, Gute und Gerechte, allein von Gott stammt, dem höchsten Gut und Ursprung aller Ordnung. Um diesen Frieden zu erlangen, ist es notwendig, die natürliche Ordnung zu achten und das Gesetz Christi zu befolgen, das von der katholischen Kirche treu bewahrt wird. Alles Übel auf Erden hingegen hat seinen Ursprung im Menschen, der sich selbst zugrunde richten kann, aber ohne göttliche Gnade nichts wahrhaft Gutes zu schaffen vermag. In dieser Perspektive ist die Fähigkeit Trumps und Putins, dem Weltgeschehen einen echten, dauerhaften Frieden zu sichern, gleich null – im Gegensatz zur enormen, sehr realen Zerstörungskraft, über die beide verfügen.
Laut den renommiertesten internationalen Forschungsinstituten existieren derzeit weltweit rund 12.500 strategische Nuklearsprengköpfe, von denen 90 % im Besitz Moskaus und Washingtons sind – wenngleich auch andere Staaten, darunter China, Indien, Pakistan, Nordkorea, Frankreich, das Vereinigte Königreich und Israel, in unterschiedlichem Ausmaß über tödliche Atomwaffen verfügen (Quelle).
Am 31. Juli drohte der russische Präsident Putin der Ukraine und dem Westen mit der Stationierung seiner neuesten Hyperschallraketen vom Typ „Oreschnik“ in Weißrußland – Raketen, die kaum abzufangen sind und in wenigen Minuten einen tödlichen Regen konventioneller oder atomarer Bomben auf sämtliche europäischen Hauptstädte niedergehen lassen könnten. Am selben Tag rief Dmitri Medwedew, stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrates, in bedrohlichem Ton das System „Perimetr“ („Dead Hand“) in Erinnerung – ein automatisches Befehlsystem, das bei einem gegnerischen Enthauptungsschlag den Gesamtabschuß aller verfügbaren Nuklearwaffen gegen vordefinierte Ziele auslösen kann.
In Reaktion auf diese Eskalation kündigte Trump an, zwei amerikanische Atom-U-Boote „in den geeigneten Regionen“ nahe Rußland positionieren zu lassen. „Worte sind äußerst wichtig und können oft zu ungewollten Konsequenzen führen“, erklärte Trump – ein Politiker, der nicht eben für sprachliche Zurückhaltung bekannt ist, hier jedoch ein zutreffendes Prinzip betont: Ein einziges Wort kann die Wirkung einer Handlung haben – denn es kann unvorhersehbare Reaktionen auslösen und eine internationale Krise zur Explosion bringen.
Wird der Gipfel dieser beiden Weltmächte in Alaska – und der darauf folgende, der wohl in Rußland stattfinden soll – eine solche Katastrophe verhindern? Wird er der Welt Frieden bringen – oder die globalen Spannungen noch weiter verschärfen? Noch nie in der jüngeren Geschichte erschien die Lage der Welt so nahe an einer planetarischen Katastrophe. Allein die Tatsache, daß eine solche Apokalypse für möglich gehalten wird, markiert das definitive Ende der Utopie eines linearen Fortschritts. Im Jahr 1798 verwarf Immanuel Kant in seiner Teilschrift „Ob das menschliche Geschlecht im beständigen Fortschreiten zum Besseren sey?“ die Vorstellung eines Rückschritts oder gar einer Selbstvernichtung der Menschheit als unmöglich – denn das hätte bedeutet, das gesamte Projekt der Natur (Vernunft) ad absurdum zu führen. Die von Kant verworfene Möglichkeit ist heute Realität geworden: als Folge eines jahrhundertelangen revolutionären Prozesses, der in seinem innersten Wesen selbstzerstörerisch ist, da er das göttliche Ordnungsprinzip der Schöpfung leugnet. Doch die Revolution kann die bestehende Wirklichkeit nie ganz vernichten – denn, wie Thomas von Aquin erklärt, so wie allein Gott erschaffen und erhalten kann, so kann auch nur Gott das, was er geschaffen hat, ins Nichts zurückführen (Summa Theologiae, I, q. 104, a. 3). Niemand kann Gottes schöpferische Kausalität ersetzen – ebenso wenig kann jemand seine zerstörerische Allmacht substituieren.
Die Mächtigen dieser Welt – beneidet, bewundert oder gefürchtet von vielen –, mit all ihrem Reichtum und ihren Heeren, sind vor Gott nichts. Denn alles, was wir sind und tun können, ist uns von der Güte Gottes geschenkt, des Allmächtigen, der alles Sein aus den Tiefen der Finsternis und dem Abgrund des Nichtseins hervorgebracht hat. Zöge Gott auch nur für einen Augenblick seine erhaltende Kraft zurück, so würden die Geschöpfe ins Nichts stürzen und augenblicklich vergehen – wie ein Schatten, der vergeht. Die Mächtigen dieser Erde werden plötzlich fallen und zu Staub werden – aber Gottes Reich bleibt auf ewig, und alle seine Feinde werden unter seine Füße gelegt werden (vgl. Dan 2,44; Lk 1,52–53).
Gott hat beschlossen, die Ausübung seiner Macht auf Erden der einzigen Kreatur anzuvertrauen, die seine unendlichen Vollkommenheiten in sich widerspiegelt: der allerseligsten Jungfrau Maria. Er tat dies, indem er sie am Tage ihrer Aufnahme in den Himmel zur Königin von Himmel und Erde krönte – so wie sie im berühmten Gemälde des Beato Angelico im Louvre und in unzähligen anderen Werken christlicher Kunst dargestellt wird. Ein einziger Wimpernschlag von ihr genügt, um die Pläne der Revolution zu durchkreuzen – und durch jene, die ihr dienen, die Engel im Himmel wie die Menschen auf Erden, wird sich schließlich ihre Verheißung erfüllen: der Triumph des Unbefleckten Herzens Mariens.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt in deutscher Übersetzung: Verteidigung der Tradition: Die unüberwindbare Wahrheit Christi, mit einem Vorwort von Martin Mosebach, Altötting 2017, und Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte, 2. erw. Ausgabe, Bobingen 2011.
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Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana