
Die Diktatur in Nicaragua zeigt erneut ihr wahres Gesicht – autoritär, rachsüchtig und zutiefst antiklerikal. In einem weiteren Akt ideologischer Säuberung und symbolischer Machtdemonstration hat das Regime von Daniel Ortega und seiner Ehefrau, der selbsternannten „Kopräsidentin“ Rosario Murillo, die Enteignung des traditionsreichen Colegio San José in Jinotepe bekanntgegeben. Die Schule, geführt von der katholischen Kongregation der Josephsschwestern (Hermanas Josefinas de la Caridad), wurde enteignet.
Rosario Murillo, die jeden Mittag pünktlich ihre Propaganda-Botschaften an die Nation sendet, bezeichnete das Colegio San José in einem irrwitzigen Anfall als „Zentrum der Folter und des Hasses“. Ohne jegliche Beweise behauptete sie, daß dort während der Proteste 2018 „Mitstreiter“ der Sandinisten „gefoltert und ermordet“ worden seien. Damit rechtfertigt sie die Enteignung der Schule und kündigt an, sie unter Aufsicht des Regimes fortzuführen und fortan nach dem verstorbenen Sandinisten Bismarck Martínez zu benennen – einem vom Regime zum Märtyrer stilisierten Mann. Daß dieser unter völlig ungeklärten Umständen starb, scheint dabei nebensächlich. Entscheidend ist die Aufrechterhaltung von Feindbildern: Bismarck Martínez, ein Berufssandinist, der sich damals mehr zufällig in der Stadt aufhielt, sei, laut einem abenteuerlichen und gänzlich unbelegten Narrativ von „konterrevolutionären Terroristen“ gefangengenommen, gefoltert und ermordet worden. Und das sei zum Teil in dem Colegio San José geschehen. Die Botschaft ist eindeutig: Wo einst christliche Bildung gelehrt wurde, soll künftig ideologische Indoktrination durch die Sandinisten stattfinden.
Seit 2018 richten Ortega und Murillo ihren autoritären Zorn gegen die katholische Kirche. Der Fall des Colegio San José ist Teil eines systematischen Krieges gegen alles, was der Diktatur moralisch oder gesellschaftlich im Weg steht – besonders die Kirche, die eine der letzten verbliebenen Stimmen der Vernunft und Menschenwürde in Nicaragua ist.
Seit den Massenprotesten 2018, die das Regime mit brutaler Gewalt niederschlug, hat sich die Repression verschärft: Dutzende Priester wurden ausgewiesen, Bischöfe inhaftiert, Kirchen geschlossen, Orden verboten, katholische Zeitungen und Rundfunksender aufgelöst, katholische Universitäten und Schulen enteignet, religiöse Prozessionen verboten… Der Fall von Bischof Rolando Álvarez – der zu über 26 Jahren Haft verurteilt, später ausgebürgert und ins Exil gezwungen wurde – bleibt eines der gravierendsten Beispiele. Die Jesuiten, bis vor kurzem der Orden von Papst Franziskus, den Ortega seinen „Freund“ nannte, wurden ebenso aufgelöst und ihr Eigentum vom Staat konfisziert, wie mehrere andere Orden.
Ortega diffamiert die katholische Kirche ganz offen als „Mafia“ und „antidemokratisch“, weil die Gläubigen nicht ihre Oberhäupter wählen könnten – ein anmaßender und stupider Vorwurf, der angesichts seiner eigenen jahrzehntelangen Machtmonopolisierung geradezu grotesk wirkt. Ortega gelang das Kunststück, mit nur einem Drittel der Wählerstimmen demokratisch an die Macht zu gelangen, doch seither schränkte er die Demokratie immer weiter ein, sodaß von freien Wahlen keine Rede mehr sein kann.
Während Rom unter Franziskus lange zum sandinistischen Treiben schwieg, mußte es schließlich diplomatische Brücken abbrechen und Franziskus selbst konnte nicht mehr anders, als das Regime als „grobe Diktatur“ zu verurteilen. Die Sandinisten setzen ihre Angriffe in Nicaragua aber ungebremst fort. Die Enteignung des Colegio San José ist ein symbolträchtiger Schlag – gegen die Kirche, gegen die Bildung und gegen die Wahrheit.
Was bleibt, ist ein Klima der Angst und Unterdrückung, in dem selbst Klöster und Klassenzimmer nicht sicher sind. Wo das Regime einst die „Befreiung“ versprach, herrscht nun Verfolgung. Die Sandinisten, einst als Freiheitsbewegung geboren, sind zu dem geworden, was sie zu bekämpfen vorgaben: ein autoritärer Staat, der mit eiserner Hand gegen Glauben, Gedankenfreiheit und jede Form von Kritik vorgeht.
Der Krieg gegen die Kirche ist ein Krieg gegen das Gewissen des Landes. Und jede Enteignung, jeder verhaftete Priester, jedes geschlossene Gotteshaus ist ein weiteres Mahnmal für den moralischen Bankrott des Ortega-Regimes.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL