Im Juni vor fünfzig Jahren putschte sich der Derg, der Provisorische Militärverwaltungsrat, an die Spitze Äthiopiens. Das war eine Revolution. Nach tausend Jahren Kaiserreich wurde das Land eine sozialistische Republik. Bestimmte Jahrestage werden von den Mainstream-Medien besonders hervorgehoben – um genau zu sein, jedem auf das Auge gedrückt – während viele andere, die nicht in das linke Weltbild passen, stillschweigend übergangen werden. Besonders über die politischen, wirtschaftlichen und vor allem menschlichen Katastrophen des Sozialismus schweigen zu viele zu gern.
Dabei ist die Zeit noch nicht so lange her, als ein Drittel der Welt unter solchen Regierungssystemen stöhnte. Fast alle betroffenen Länder durchliefen eine Reihe von kanonischen (sozialistischen) Meilensteinen, die sich auch in Äthiopien wiederholen. Es beginnt mit dem Sturz einer Monarchie (besonders beliebt) oder eines autoritären Regimes. Die Beispiele, in denen Revolutionären der Sturz einer Regierung in einer funktionierenden Demokratie gelungen ist, sind hingegen mit der Lupe zu suchen.
Das tausendjährige Reich, das damals von Kaiser Haile Selassie, einem bereits über achtzigjährigen Monarchen, regiert wurde, zeigte Anzeichen einer strukturellen Krise. Auch das historische Urteil über den letztes Negus Negesti fällt ambivalent aus. Der verstorbene Gründer und eifrige Kustos der Bibliothek des Ordens der Pavonianer (Kongregation der Söhne der Unbefleckten Maria), der größten und angesehensten in Eritrea, Bruder Ezio Tonini, sagte wohlwollend: „Ich habe den Negus mehrmals getroffen. Er war ein weiser, nachdenklicher Mensch. Er pflegte zu sagen: ‚Jedes Mal, wenn eine Ware aus dem Ausland in mein Land kommt, kommt auch Reichtum herein.‘ Er befürwortete Investitionen, begünstigte erhebliche Steuerbefreiungen …“
In der Spätantike reichte ein Gürtel christlicher Staaten, ohne Unterbrechung, vom Mittelmeer über den Nil bis nach Äthiopien. Das gesamte Gebiet am großen Lebensstrom in diesem Teil Afrikas war von Missionaren für Christus gewonnen worden. Als sich im 7. Jahrhundert der Islam mit Feuer und Schwert ausbreitete, brachen unter seinen Schlägen diese christlichen Königreiche langsam zusammen, von Norden Richtung Süden, zuerst Ägypten, dann die nubischen Reiche. Nur das abessinische Bergland, dessen Volk sich unter den Königen von Aksum hatte taufen lassen, bewahrte den Glauben auch über das Ende des Aksumitischen Reiches hinaus, wenn auch in der miaphysitischen Abspaltung des 5. Jahrhunderts. Das christliche Erbe ging an den Negus Negesti, den König der Könige, über. Haile Selassie war der letzte Herrscher der seit 1270 regierenden Salomonischen Dynastie.
Mit Rom trat die äthiopisch-koptische Kirche (in neuerer Zeit auch Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche genannt) über die Portugiesen Ende des 15. Jahrhunderts in Kontakt. Ab 1622 wurde eine lateinische Hierarchie in Äthiopien errichtet. Ihr unterstehen heute mehr als 600.000 römische Katholiken. 1846 kam es zudem zur Gründung einer mit Rom unierten äthiopisch-katholischen Kirche mit heute vier Bischöfen, gut 250 Priestern und mehr als 70.000 Gläubigen. Der Großteil der Christen, etwa 50 Millionen, gehört jedoch der äthiopisch-koptischen Kirche an. Das sind, trotz einer starken Ausbreitung pfingstlerischer Protestanten und etwa 30 Prozent Moslems, gut 45 Prozent der Äthiopier.
Die Revolution und der Rote Terror
Die erste Phase der 1974 begonnenen Revolution wurde von einer Koalition verschiedener Kräfte angeführt. Es war jedoch der marxistische Derg, der erwähnte Provisorische Militärverwaltungsrat, eine Schar von 108 Männern, der sich durchsetzte und damit als Einzelperson Major Mengistu Haile Mariam, der sich an die Spitze der proklamierten Demokratischen Volksrepublik Äthiopien stellte. Sein Vater war noch ein Sklave. Seine Freiheit gewann er zwei Jahre vor Mengistus Geburt durch das faschistischen Italien, das nach einer grausam geführten Eroberung Äthiopiens die Sklaverei im Land abschaffte. Seine Offiziersausbildung erhielt er, der sich nach seiner Machtübernahme an die Sowjetunion anlehnte, nicht etwa in Moskau, sondern in den USA.
Innerhalb von drei Jahren entledigte sich Mengistu aller seiner Konkurrenten, die zu „Volksfeinden“ erklärt wurden, auf grausame Art und Weise. Es ist der Rote Terror. Die äthiopische Revolution in jenen Jahren lag gewissermaßen „im Trend“. Mengistu faszinierte viele, auch im Westen, wo die Neomarxisten jedes sozialistische Projekt in der Dritten Welt als „Akt der Befreiung“ bejubelten. Vertreter der westlichen kommunistischen Parteien „pilgerten“ zum neuen Machthaber nach Addis Abeba, der auf seinem Schreibtisch eine Lenin-Büste stehen hatte. Vor allem der DDR-Staatschef und SED-Vorsitzende Erich Honecker sah im Rotfrontmann einen sozialistischen Hoffnungsträger für Afrika. Der Weltgewerkschaftsbund, ab 1949 der Dachverband der kommunistischen Gewerkschaften weltweit, verlieh Mengistu 1988 die Goldmedaille für „seinen Beitrag zum Kampf für Frieden und Sicherheit der Völker, für ihre nationale und wirtschaftliche Unabhängigkeit“. Damit wurde auch der „rote Terror auf äthiopisch“ geehrt, wie Asfa-Wossen Asserate, ein Prinz aus dem Hause David und Urgroßneffe von Kaiser Haile Selassie, die unglaubliche Barbarei nannte, die durch Durchsetzung des realen Sozialismus praktiziert wurde. Noch immer werden Massengräber entdeckt, wenn solche Meldungen es auch kaum in die große Weltpresse schaffen. Allein direkten Hinrichtungen fielen 80.000 Menschen zum Opfer. Insgesamt forderte der Rote Terror mehr als zweieinhalb Millionen Tote.
Im Januar 1975 begann die Verstaatlichung der Banken, der Versicherungsgesellschaften und des größten Teils der Industrie. War das die ersehnte wirtschaftliche Unabhängigkeit? Nein. Es bedeutete nur, dass sich die Stellvertreter des neuen Machthabers durch Beschlagnahme und Enteignung Anteile an wirtschaftlichen Aktivitäten sicherten, mit denen sie dann nicht umzugehen wußten. Auf eine anfängliche Periode des bloßen Genusses und der Plünderung des Vorhandenen folgte eine allgemeine Verarmung. Die Bevölkerung kann nur mehr kaufen, was sich finden läßt, und das wird immer knapper.
Mit der Agrarreform im März 1975 erfolgte die „Übertragung des gesamten ländlichen Eigentums in die Hände des Volkes“ durch Kollektivierung des Bodens. Die Bauern, von denen die Sozialisten zwar gerne sprechen, sie aber zu Landarbeitern degradieren: Sie sollten nach planwirtschaftlichen Vorgaben die Ernährung der städtischen Bevölkerung sichern. Die Bauern litten also auch in Äthiopien, wie in der UdSSR, unter der Verpflichtung, die vom Staat geforderten Lebensmittelkontingente abzuliefern, u. a. mit der paradoxen Folge, daß sie ihre Erzeugnisse zu den vorgeschriebenen Preisen an die Staatsverwaltung abliefern und dann für sich zu überhöhten Schwarzmarktpreisen kaufen mußten.
Die absehbare Hungersnot kam pünktlich mit dem meteorologisch ungünstigen Jahr 1982, das durch die kollektivistischen Maßnahmen des Derg zur Katastrophe verschärft wurde durch Unterbindung des Handels, Verfolgung der Ladenbesitzer, Abholzung, Zerstörung des Viehbestands usw. Aber der Zustand von Krieg, Not, Elend und Rationierung ist in sozialistischen Regimen kein Zufallsprodukt mißgeleiteter, aber ehrlicher Ideologen. Auch das Beispiel Äthiopien zeigt, daß Katastrophen wie eine Hungernot als geeignete Instrumente gesehen wurden zur Kontrolle der eigenen Bevölkerung und zur Deportation einzelner Gruppen.
Deportationen, Umsiedlung genannt, erfolgen bereits vorher mit dem idealisierten Ziel, „Staatsfarmen“ einzurichten, um auch auf dem Land „eine moderne Gesellschaft“ zu errichten. Wo Sozialismus draufsteht, ist immer das „jakobinische Laster“ der Umerziehung des Menschen drinnen.
Der Weltöffentlichkeit gegenüber versuchte Mengistu zunächst, die Hungersnot zu vertuschen, dann nutzte er sie zu seinen Gunsten, um Geld zu bekommen. Es kam zu einer massiven Solidaritätswelle, medial befeuert, rund um das Mega-Wohltätigkeitskonzert Live Aid von 1985. In der Ordenszeitschrift der Pavonianer wurde im März 2014 daran erinnert: „Im Jahr 2005 schrieb D. Rieff einen vernichtenden Artikel für den Guardian, in dem er darlegte, wie Live Aid finanzielle Unterstützung bereitgestellt hatte, die Mengistu dazu nutzte, etwa 600.000 Menschen aus dem Norden in den Süden zu deportieren und weitere drei Millionen zwangsweise in Dörfer umzusiedeln). Offiziell sollten die Deportationen und Umsiedlungen die Bevölkerung vor einer Hungersnot bewahren (.…). In Wirklichkeit, so Rieff, war das Hauptziel des Derg, einen Mechanismus zur weitgehenden Bevölkerungskontrolle zu schaffen und interne Oppositionsbewegungen zu bekämpfen.“
Die Hungersnot kostete, je nach Quelle, zwischen 500.000 (Toronto Star, 1991) und einer Million (Washington Post, 1991) Menschen das Leben.
Es gab zudem mehrere bewaffnete Konflikte: gegen die Befreiungsfronten von Eritrea und Tigré und gegen Somalia. Alle diese Regime waren marxistisch-leninistische Regime, wie die äthiopische Regierung. Moskau und Havanna schickten Truppen und schwere Waffen. Die Kubaner mit 24.000 Mann intervenierten in vielen afrikanischen Kriegen: Slawische Gesichter aus dem Ostblock zu sehen wäre diplomatisch kompromittierend gewesen; die Kubaner konnten nicht des Neokolonialismus bezichtigt werden. Vor allem in Eritrea ruft der Begriff „Kubaner“ noch heute bei vielen Menschen Angst und Schrecken hervor.
Auch das Ende des Regimes ist „kanonisch“: Als die sowjetische Hilfe Ende der 1980er Jahre auslief, brach das längst angeschlagene sozialistische Regime zusammen. Mengistu floh im Mai 1991 und wurde von Robert Mugabe, einem anderen wenig gut dastehenden afrikanischen „Helden“, in Simbabwe aufgenommen, wo er in großem Luxus unbehelligt noch heute lebt. Die Gesamtzahl der Todesopfer in der Demokratischen Volksrepublik Äthiopien zwischen 1974 und 1991 beträgt „nicht weniger als zwei Millionen“ (The Times, 1991), wenn nicht „mehr als zweieinhalb Millionen“ (Prinz Asfa-Wossen Asserate, 2007).
Aus Äthiopien stammt auch Tedros Adhanom Ghebreyesus, der seinen Aufstieg in der marxistisch-leninistischen Volksbefreiungsfront von Tigray begann, teils aus ethnischen Gründen als Gegner Mengistus, teils als Verbündeter von dessen Nachfolgern. Mit dem Ende des Ostblocks nahmen Äthiopiens Kommunisten einen kleinen Etikettentausch vor und nennen sich seither „revolutionär demokratisch“ oder „demokratisch sozialistisch“. Tedros ist seit 2017 Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und damit der weltweit bekannteste Äthiopier. Mit seinem wenig demokratischen Denken scheint er sich dort sichtlich wohlzufühlen, denn ihm fehlt jede demokratische Legitimation. Die Besetzung des Generaldirektorpostens ist ein undurchsichtiges politisches Spiel der Staaten, von denen der Großteil, wie auch Äthiopien, keine Demokratien, sondern Diktaturen unterschiedlichen Typs sind. Dieses Denken versucht man auch in diesen demokratisch nicht legitimierten internationalen Organisationen zu etablieren, wie die Corona-Pseudopandemie zeigte und noch radikaler der angestrebte Pandemievertrag, laut dem der in keiner Weise demokratisch legitimierte WHO-Generaldirektor die Souveränität der Staaten beugen können soll. Den Offenbarungseid leistete Tedros, als er 2017 eben jenen Robert Mugabe (1924–2019), der Mengistu Asyl gewährte, zum Goodwill-Botschafter der WHO ernannte (wenn auch aufgrund von Protesten dann rückgängig machen mußte).
Doch über den Roten Terror spricht man in den tonangebenden woken Kreisen des Westens nicht gerne.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons
Die von Herrn Nardi beschriebenen Attribute einer kommunistischen Herrschaft treffen weltweit zu. Plagen für die Bevölkerung werden inszeniert und benutzt, um die Macht zu festigen. Entsprechend der Rede von Franziskus in Nur-Sultan sind die vier Standpfeiler der weltweiten Herrschaft: Pandemie, Frieden, geschwisterliche Annahme, Bewahrung des gemeinsamen Hauses.
1. Über Pandemie braucht nichts mehr geschrieben zu werden. Sie ist ein Gegenstück zur inszenierten Äthiopischen Hungerplage.
2. Frieden bedeutet, durch weltweite Maßnahmen alle Länder unter Druck zu setzen. Wer die kommunistische Ideologie übernimmt, kann Frieden erwarten. Die Ideologie bedeutet Lobbywirtschaft, Masseneinwanderung in christliche Staaten, Abschaffung der Familie (Genderideologie, Kindertagesstätten für Säuglinge, usw.), dikatorische Macht der WHO.
3. Geschwisterliche Annahme handelt von zwei gegensätzlichen Weltbildern. Einmal Evolutionismus, der annimmt, die Schöpfung sei ohne Gott entstanden und in der Welt werden nur die am besten angepaßten überleben. Wer sich anpaßt, wird geschwisterlich angenommen. Wer hingegen Schöpfergott als Ursache und Ziel des Universums annimmt, schließt sich selber von der Evolution aus.
4. Bewahrung des gemeinsamen Hauses. Es bedeutet praktisch Terrormaßnahmen unter dem Deckmantel „Wir schützen das Klima“.
Es handelt sich hier mitnichten um religiöse Ziele einer idealisierten Welt, sondern lediglich um vier Standbeine des Terrors.