(Canberra) Mit dem Vorwand, Erbkrankheiten vermeiden zu wollen, wurde in Australien die künstliche Erzeugung von Embryonen legalisiert, die als „genetisches Material“ Verwendung finden sollen. Ein beispielloser Dammbruch.
Australiens Staatsführung, die wegen ihrer irrwitzigen Zero-Covid-Politik zu unglaublich radikaler Repression griff, ließ vom Bundesparlament in einer fast unbemerkten Abstimmung am 30. März wichtige Punkte des Klongesetzes streichen. Dadurch wurde der Weg für den Einsatz von experimentellen Techniken freigemacht. Die offizielle Begründung dafür lautet: Die Übertragung mitochondrialer Krankheiten von der Mutter auf das Kind soll durch die „Schaffung“ dreiteiliger Embryonen verhindert werden.
Was heißt das?
2008 wurden von mehreren Labors, führend durch die Universität Newcastle in Nordengland, umstrittene Techniken entwickelt, um Embryonen mit der DNA von drei Personen zu erzeugen, konkret zweier weiblicher und einer männlichen. Die Ausprägung der Erbkrankheit, die nur mit der mitochondrialen DNA der Mutter verbunden ist, würde durch die mitochondriale DNA der Eizelle einer gesunden Frau aufgehoben werden. In eine im Kern, also des gesamten genetischen Erbes, „entleerte“ Eizelle wird der Kern der befruchteten mütterlichen und väterlichen Eizelle eingesetzt, wodurch die Entstehung eines gesunden Embryos eingeleitet wird.
Diese Technologie der künstlichen Befruchtung, die von radikalen Kräften auch in Europa so gelobt wird, hat in Wirklichkeit ethische und wissenschaftliche Einwände hervorgerufen. Sie ermöglicht die Erzeugung von Dutzenden menschlicher Embryonen, die einige Tage lang am Leben gehalten werden, um gesundes „genetisches Material“ zu erhalten und die Einpflanzung des genetischen Materials von mehr als zwei Menschen in einen menschlichen Embryo durchzuführen. Die zahlreichen überschüssigen Embryonen werden dann zerstört, obwohl sie, eingepflanzt, sich normal entwickeln würden. Es handelt sich demnach um eine verbrauchende Embryonen-Erzeugung. Um eine Form von Kannibalismus: Für die Erzeugung eines gesunden Embryos werden zahlreiche Embryos erzeugt, ausgeschlachtet und zerstört. Dazu kommt die Technik von drei DNA-Lieferanten. Damit wird eine weitere Grenze zwischen Leben und Lebenszerstörung überschritten. Die Heuchelei des Vorwandes, „Gutes zu tun“, die über Leichen geht. Es geht zwar darum, Leben zu schenken, aber dabei wird so getan, als handle es sich noch nicht um Leben, um entsprechende Manipulationen vornehmen zu können. Entweder oder!
Australien setzte nun den ersten Schritt und vollzieht den Dammbruch. Premierminister Scott Morrison und Gesundheitsminister Greg Hunt, beide von der klassisch liberalen Liberal Party of Australia, sowie Oppositionsführer Anthony Albanese vom linken Flügel der Australian Labor Party, sprachen sich für die Gesetzesänderung aus. Den Abgeordneten des Bundesparlaments wurde bei der Abstimmung Gewissensfreiheit eingeräumt, also kein Fraktionszwang ausgeübt.
Die Liberal Party gehört auf internationaler Ebene der Internationalen Demokratischen Union konservativer und christdemokratischer Parteien an, die Labor Party der Progressiven Allianz sozialdemokratischer, sozialistischer und progressiver Parteien.
Greg Hunt, dessen Vater bereits liberaler Abgeordneter und Minister im Staat Victoria war, zeichnet verantwortlich für die australische Corona-Repression. Dabei arbeitete der Jurist in den 90er Jahren eine Zeitlang beim Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCHR) in Genf. Offensichtlich vergeblich. Anschließend war er für den damaligen liberalen Oppositionsführer in Australien tätig, war dann zwei Jahre beim globalen Unternehmens- und Stragieberater McKinsey and Company beschäftigt und verdiente dann für ein Jahr seine Sporen als Strategiedirektor beim Weltwirtschaftsforum (WEF) von Klaus Schwab. Von dort aus erhielt er direkt ein Abgeordnetenmandat im australischen Parlament und wurde 2013 Bundesminister, zunächst für Umwelt, dann für Industrie und Wissenschaft, dann für Sport und schließlich für Gesundheit. Als solcher zeichnet er auch verantwortlich für die Änderung des Klongesetzes.
Nachdem mehrere Änderungsanträge debattiert, aber abgelehnt worden waren, wurde der Entwurf im Senat mit 37 Ja- gegen 17 Nein-Stimmen angenommen. Dabei hatten auch Labor-Senatoren dagegen gestimmt wie Kristina Keneally, die stellvertretende Oppositionsführerin und Schattenministerin für Inneres. Keneally, im Gegensatz zu Albanese Vertreterin des rechten Parteiflügels, war bis 2011 Premierministerin von New South Wales. Sie bezeichnete die Erzeugung von Embryonen zur bloßen Gewinnung von biologischem Material als „moralischen Rubikon, den ich nicht überschreiten kann“.
Auch der zuständige Senatsausschuß hatte zuvor in seinem Bericht von einer „neuen moralischen Frage“ gesprochen, die durch die neuen Techniken aufgeworfen werde und von der „gesamten Gesellschaft beraten und erwogen“ werden sollte. „Ich sehe keine Anzeichen einer solchen Konsultation“, kritisierte Keneally. Vielmehr ging die Abstimmung still und leise über die Bühne, sodaß die Bevölkerung kaum etwas davon mitbekam.
Die Australische Bischofskonferenz hatte im Vorfeld jedoch die Parlamentarier aufgefordert, den Gesetzentwurf zurückzuziehen oder zumindest auszusetzen, um die aufgeworfenen ethischen Bedenken und die fehlenden Beweise für die Wirksamkeit der neuen Technik „angemessen bewerten“ zu können. Ist eine umstrittene Technik erst einmal unter einem Vorwand eingeführt, läßt sich ihr Anwendungsbereich problemlos erweitern.
Msgr. Richard James Umbers, Weihbischof der Erzdiözese Sydney und Beauftragter für Lebensrechtsfragen der Bischofskonferenz, sprach von „emotionaler Betroffenheit“ und „schwerwiegenden Folgen“:
„Wir verstehen den tiefen Wunsch der Eltern, die Übertragung der mitochondrialen Krankheit auf ihre Kinder zu verhindern, aber die Herstellung von dreiteiligen Embryonen ist der falsche Weg dafür. Das Gesundheitsministerium hat selbst eingeräumt, daß die Risiken für das ungeborene Kind noch nicht absehbar sind, ebensowenig wie die langfristigen Auswirkungen einer solchen Technik auf künftige Generationen. Nach Ansicht der Ethikexpertin Margaret Somerville ist es nicht nur legitim, sondern dringend notwendig, ernste Fragen zu stellen und sie mit intellektueller Redlichkeit zu beantworten: ‚Ist es von Natur aus falsch, das Genom eines menschlichen Embryos zu verändern? Um einen Menschen zu konstruieren? Ist eine Veränderung, die an alle zukünftigen Kinder dieses Embryos vererbt wird, an sich schon böse? Es genügt, wenn auch nur eine dieser Handlungen an sich falsch ist, um die Diskussion zu beenden, denn es wäre offensichtlich, daß es ethisch nicht zulässig ist, sie zuzulassen.‘ In diesem Sinne können wir die Angelegenheit bereits als abgeschlossen betrachten. An erster Stelle steht die Bewahrung des Lebens, für alle, auch für den Embryo. Ein Embryo ist kein Materiallieferant, sondern ein eigenständiger Mensch.“
In drei Tagen, am 21. Mai, finden Parlamentswahlen statt, in denen das ganze Repräsentantenhaus für die nächsten drei Jahre und der halbe Senat erneuert werden. Die Abgeordneten werden in 151 Einzelwahlkreisen nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt. Für den Senat werden je Staat sechs Senatoren nach dem Verhältniswahlrecht gewählt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana/Wikicommons