Papst Leo XIV. ernannte für Kirche in Not (international bekannt als Aid to the Church in Need, ACN) einen neuen Vorsitzenden: Das Kirchenoberhaupt berief Kardinal Kurt Koch zum Nachfolger von Mauro Kardinal Piacenza, der das Amt seit 2011 innehatte und altersbedingt zurücktrat. Kardinal Piacenza war der erste Vorsitzende nach der Umwandlung des Hilfswerks in eine päpstliche Stiftung, die unter Benedikt XVI. erfolgte.
Gegründet wurde Kirche in Not als Ostpriesterhilfe vom niederländischen Prämonstratenserpater Werenfried van Straaten (1913–2003). Van Straaten sah nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die Notwendigkeit, den vielen Priestern zu helfen, die zusammen mit der deutschen Bevölkerung aus Ostdeutschland, dem Sudetenland und anderen deutschen Minderheitengebieten vertrieben worden waren. Daraus entwickelte sich durch Erweiterung des Betätigungsfeldes ein international tätiges Hilfswerk für verfolgte Kartholiken.
Die Umwandlung in eine päpstliche Stiftung erfolgte zur Stärkung der kirchlichen Legitimierung, zur Sicherung der Kontinuität, aber auch zur Stärkung des Engagements der Katholiken für ihre verfolgten Brüder. Dafür gab das Hilfswerk einen Teil seiner Eigenständigkeit auf und unterstellte sich der Lenkung durch den Heiligen Stuhl.
Kardinal Koch, 1950 im Kanton Luzern in der Schweiz geboren und 1982 zum Priester geweiht, war Bischof von Basel und wurde 2010 von Benedikt XVI. als Präfekt des heutigen Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen sowie Vorsitzender der diesem Dikasterium zugeordneten Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum. Bei Kirche in Not ist er kein Unbekannter: Er nahm mehrfach an Veranstaltungen des Hilfswerks teil, insbesondere in der Schweiz und in Bundesrepublik Deutschland. 2013 verfaßte er in der KiN-Reihe Glaubens-Kompaß die Ausgabe „Ökumene der Märtyrer“.
Regina Lynch, die aus Nordirland stammende geschäftsführende Vorsitzende von Kirche in Not, begrüßte die Ernennung herzlich: „Wir freuen uns, Kardinal Koch an der Spitze unseres Hilfswerks zu haben und auf die Leitung, die er unserer Mission für verfolgte und notleidende Christen geben kann.“ Zugleich dankte sie Kardinal Piacenza für seine langjährige Begleitung und sein besonderes Engagement, insbesondere für Projekte im Nahen Osten sowie die Gebetsaktion „Eine Million Kinder beten den Rosenkranz“.
Auch im deutschen Kerngebiet des Hilfswerks zeigte man sich erfreut über die Ernennung. Florian Ripka, Geschäftsführer von Kirche in Not Deutschland, betonte: „Kardinal Koch kennt unser Hilfswerk gut. Seine langjährige Arbeit für die Ökumene macht ihn zum idealen Brückenbauer, der unsere Mission, bedrängte Christen zu unterstützen und Brücken über Konfessionsgrenzen hinweg zu bauen, hervorragend verkörpert.“
Kirche in Not ist in über 130 Ländern aktiv und unterstützt jährlich rund 5.000 Projekte. Für 2024 standen Fördermittel von über 139 Millionen Euro zur Verfügung. Das Hilfswerk arbeitet ohne öffentliche Gelder oder Kirchensteuermittel und ist in 24 Ländern mit eigenen Nationalbüros vertreten. Der formale Sitze des Hilfswerks befindet sich im Vatikan, die Hauptniederlassung aber weiterin in Königstein im Taunus.
Mit der Ernennung von Kardinal Koch zeichnet sich zugleich ab, daß er demnächst als Präfekt des Dikasteriums für die Einheit der Christen zurücktreten wird. Dieser Punkt ist von Interesse, denn der Schweizer Purpurträger, der zugleich der letzte von Benedikt XVI. ernannte Dikasterienleiter an der Römischen Kurie ist, beging im vergangenen März seinen 75. Geburtstag. Eine mehrjährige Verlängerung wäre unter diesen Umständen der bisher übliche Weg gewesen. Allerdings gab Papst Leo XIV. zu verstehen, die Einhaltung der von Paul VI. eingeführten Altersgrenze von 75 Jahren zu verlangen.
Das leoninische Rom traf eine Entscheidung, indem Kardinal Koch in diese neue Aufgabe berufen wurde. Das Signal ist deutlich und weist auf die Ökumene hin und Kochs Engagement für den Dialog zwischen Christen und Juden, der 2015 unter Papst Franziskus zu einem sehr umstrittenenen Dokument führte: „Die Gaben und die Berufung Gottes sind unwiderruflich“. Darin findet sich die der biblischen Offenbarung direkt widersprechende Aussage: Die Kirche „organisiert keine institutionelle Mission an Juden“, was einem faktischen Missionsverzicht gleichkommt.
Kritiker sehen in dieser Verzichtserklärung, zugespritzt formuliert, eine Verspottung Jesu Christi, der die Apostel ausschließlich aus dem Kreis der Juden berief. Hätten sich die Apostel nach Jesu Tod und Auferstehung an einen solchen Verzicht gehalten, wäre die Kirche nie entstanden. Im 21. Jahrhundert scheinen in Teilen der kirchlichen Hierarchie, selbst in Rom, aber andere Prioritäten zu gelten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: kirche-in-not.de (Screenshot)

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