In Rom und an der Zentrale des Opus Dei wird es schon seit Wochen offen ausgesprochen: Die neuen Statuten, deren Genehmigung durch den Heilige Stuhl als unmittelbar bevorstehen soll, bedeuten das Ende der ursprünglichen Struktur, wie sie vom Gründer, dem heiligen Josefmaria Escrivá de Balaguer konzipiert wurde. Mehrere Quellen innerhalb der Römischen Kurie und dem Werk Gottes selbst bestätigen, daß die Statuten fertig augearbeitet sind und ihre Verkündung innerhalb weniger Wochen erfolgen dürfte.
Dreiteilung der Institution
Die neuen Statuten, ausgearbeitet nach Inkrafttreten des Motu Proprio Ad charisma tuendum (2022), das von Papst Franziskus eigens für das Opus Dei – eigens gegen das Opus Dei sagen Kritiker – erlassen wurde, und angepaßt an den aktualisierten Codex des kanonischen Rechts, teilen das Opus Dei in drei rechtlich eigenständige Einheiten:
- Die priesterliche Personalprälatur, die ausschließlich die inkardinierten Numerarier-Priester umfaßt, gemäß dem neuen kanonischen Rahmen.
- Die Priesterliche Gesellschaft vom Heiligen Kreuz, reformiert, um Diözesanpriester aufzunehmen, die sich geistlich mit dem Gründungscharisma verbinden möchten.
- Eine öffentliche Vereinigung von Gläubigen, die die Laien – Numerarier, Assoziierte, Supernumerarier und Kooperatoren – versammelt, die bisher der Prälatur unterstanden.
Praktisch bedeutet dies, daß das Opus Dei als einheitliche juristische und geistliche Körperschaft aufhört zu existieren. Der Name kann zwar weiterhin verwendet werden, bezeichnet jedoch künftig drei autonome Einheiten mit eigener Rechtspersönlichkeit und eigenen Leitungssgremien. Die heute fast 100.000 Mitglieder zählende Gemeinschaft mit über 2000 direkt inkardinierten Priestern und über 4000 verbundenen Priestern würde in mehrere Teile zerlegt.
Verlust der Autorität des Prälaten
Der sensibelste Punkt der Reform ist die vollständige Entmachtung des Prälaten gegenüber den Laien. Seine Zuständigkeit beschränkt sich künftig ausschließlich auf den inkardinierten Klerus, während die übergroße Mehrheit der Mitglieder in eine eigenständige Vereinigung übergeht. Diese hat ihre eigenen Leitungsgremien und eigene Statuten – ohne hierarchische Verbindung zum Prälaten.
Damit wird das jahrzehntelang prägende System der Gehorsamspflicht und geistlichen Leitung juristisch aufgehoben. Der Prälat kann weder Vorschriften erlassen noch Richtlinien für die apostolische Arbeit der Laien vorgeben. Die berühmte Formulierung des heiligen Josefmaria Escrivá – „eine Einheit von Geist und Leitung“ – verliert damit ihre reale Bedeutung.
1982 war das Opus Dei zur Personalprälatur erhoben und dem Generaloberen der Rang und Status eines Bischofs verliehen worden. Damit konnte das Werk Priesterweihen selbst spenden und auch andere an die bischöfliche Weihevollmacht gebundene Aufgaben wahrnehmen. Der amtierende Prälat und vierte Generalobere ist nicht mehr Bischof, weil dem Prälaten dieser Status von Franziskus entzogen wurde.
Die Sicht aus Rom
Im Vatikan wird die Reform als notwendige Anpassung an die bergoglianische Lehre über Personalprälaturen dargestellt und als konsequente Umsetzung von Ad charisma tuendum. Zwischen den Zeilen ist jedoch eine andere Intention erkennbar: das Zurückdrängen der institutionellen Stärke des Opus Dei und die Beschränkung seines Einflussses in der Kirche – eine Forderung, die von den Jesuiten seit den 1960er-Jahren erhoben wurde. Mit dem ersten Jesuiten auf dem Stuhl Petri konnte mit der Umsetzung begonnen werden. Die persönliche Abneigung von Papst Franziskus gegen das Werk Gottes war kaum übersehbar.
Ein Beamter der Römischen Kurie, der InfoVaticana befragt wurde, faßte im vergangenen Oktober die vorherrschende Sicht zusammen:
„Es geht nicht darum, zu bestrafen, sondern die Dinge ins rechte Verhältnis zu rücken. Das Opus hatte sich wie eine Kirche innerhalb der Kirche verhalten. Es war unvermeidlich, daß Rom Ordnung schafft.“
Ein anderer Beobachter, der den Prozeß genau verfolgt, bringt es noch deutlicher auf den Punkt:
„Der Papst will die Bewegung nicht abschaffen, aber verhindern, daß sie erneut wie ein paralleler Staat agiert. Die gefundene juristische Lösung – teilen, unterscheiden, dezentralisieren – ist elegant und endgültig.“
Internes Unbehagen
Diesen Staat im Staat scheint die Welt aber kaum mitbekommen zu haben. Offenbar störten vor allem die Stärke des Opus Dei und ihr exklusiver Status innerhalb der Kirche. Die Rechtsform einer Personalprälatur war zeitweise der Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX) vorgeschlagen worden, um zu einer vollen Einheit mit Rom zu finden. Dazu kam es aber nicht, und in der Priesterbruderschaft hilt der kurz danach beginnende Angriff auf den Rechtsstatus des Opus Dei als abschreckende Warnung.
Innerhalb des Opus Dei herrscht Schweigen. Offiziell gilt die Anweisung, keine Stellungnahme vor Veröffentlichung des Dekrets abzugeben. Doch hinter den Türen der Häuser spürt man Besorgnis. Zu offensichtlich waren die Schritte, mit denen Papst Franziskus das Werk Gottes über Jahre hinweg, Schritt für Schritt, demontierte. Erfahrene Numerarier – geweihte Mitglieder – gestehen privat ein, daß die von Rom gewollte Reform „das Wesen der Institution selbst verändert“ und daß das Opus Dei, wie man es kannte, verschwinden wird, auch wenn der Name bleibt.
Einige versuchen, die Veränderungen als „vorsehungsgeleitete Chance“ oder „kirchliche Reife“ zu deuten, andere sprechen offen von einem strukturellen Einschnitt. Diego Lanzas veröffentlichte am 19. Oktober folgendes Zitat eines Opus-Dei-Verantwortlichen:
„Uns wurde das Rückgrat entzogen; jetzt müssen wir lernen, mit Krücken zu gehen.“
Erwartbare Folgen
Die Aufspaltung wird schwer absehbare Konsequenzen haben:
- Die Prälatur, auf den Numerarier-Klerus reduziert, verliert praktisch an Bedeutung und Einfluß in den Diözesen.
- Die Priesterliche Gesellschaft vom Heiligen Kreuz existiert zwar weiter, doch ohne die frühere symbolische Kraft.
- Die neue Laienvereinigung hat keine hierarchische Autorität und unterliegt den lokalen Bischöfen, wodurch die historische Autonomie des Opus Dei gebrochen wird.
Insgesamt wandelt sich die Bewegung, die jahrzehntelang das Symbol des organisierten, aktiven, konservativen Laienapostolats sein wollte, in drei voneinander unabhängige Einheiten – mit dem Risiko, sich gegenseitig zu konkurrieren oder allmählich zu verschwinden. Die konservative Ausrichtung des Werks störte progressive Kreise. Kirchenfeindliche Medien tobten sich gegen das Opus Dei aus und taten dies nicht selten mit augenzwinkernder Zustimmung, wenn nicht sogar Unterstützung progressiver Kirchenkreise.
Die Reform der Statuten ist keine bloße kanonische Aktualisierung. Es handelt sich um einen tiefgreifenden, innerkirchlichen Eingriff, der das Verhältnis zwischen Opus Dei und der Kirche für immer neu definiert. Der Prälat wird auf eine symbolische Rolle reduziert, die Laien sind zwar emanzipiert, aber entwurzelt, und Rom kann auf die Schließung eines der kontroversesten Kapitel des vorherigen Pontifikats verweisen.
Das Opus Dei, wie wir es kannten, wird nicht mehr dasselbe sein. So hatte es Franziskus beabsichtigt, der „irreversible Prozesse“ anstoßen wollte. Die Schwächung des Opus Dei ist so einer.
Nun aber regiert Papst Leo XIV. Er müßte den Prozeß nicht fortsetzen…
Text: Giuseppe Nardi
Bild: InfoVaticana

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