„Zuhörräume“ im Petersdom?

Jenseits von zweifelhaftem Design und Nutzen: Was bringt die Initiative?


Im Petersdom sind "Zuhörräume", vergleichbar Kabinen, aufgetaucht. Als Ersatz für die Beichtstühle?
Im Petersdom sind "Zuhörräume", vergleichbar Kabinen, aufgetaucht. Als Ersatz für die Beichtstühle?

Brauch­te es wirk­lich ein „Zuhör­zen­trum“ im Peters­dom, das irgend­wie mehr nach New-Age-Ate­lier als nach Hei­lig­tum riecht? Rei­chen die tra­di­tio­nel­len Beicht­stüh­le nicht völ­lig aus? Ist die Beich­te nicht ohne­hin der Kern­mo­ment des Zuhö­rens zwi­schen Gläu­bi­gen und Prie­stern, die im Auf­trag Jesu han­deln? La Bus­so­la Quo­ti­dia­na stellt die­se Fra­ge mit spit­zer Feder – und man muß ihr zustimmen.

Anzei­ge

Viel­leicht ist noch nicht allen bekannt, daß im Peters­dom halb­of­fe­ne Kabi­nen instal­liert wur­den, die man „Zuhör­räu­me“ nennt. Sie wur­den im Zuge des Hei­li­gen Jah­res durch den Erz­prie­ster Mau­ro Kar­di­nal Gam­bet­ti OFMConv ein­ge­rich­tet, um einen „kon­kre­ten Raum für Dia­log und gegen­sei­ti­ges Zuhö­ren“ zu schaf­fen. „Zuhö­ren“ ist eine Chif­fre des von Papst Fran­zis­kus begon­ne­nen „syn­oda­len Pro­zes­ses“ und der Syn­oda­li­täts­syn­ode. Zur Begrün­dung der Neu­in­stal­la­tio­nen wird auf das Lehr­amt von Fran­zis­kus und Leo XIV. verwiesen.

Doch wozu das Gan­ze? Offi­zi­ell die­nen die Kabi­nen dazu, Prie­stern, Ordens­leu­ten und Lai­en die Mög­lich­keit zu geben, Men­schen „geist­lich und mensch­lich zuzu­hö­ren“. Neben­ziel sei, „eine wei­te­re Tür“ in der Basi­li­ka zu öff­nen – neben der Hei­li­gen Pfor­te –, um die Gläu­bi­gen „zu empfangen“.

Der erste Ein­druck spricht Bän­de: Auf den Fotos sehen die Kabi­nen aus wie Ver­kaufs- oder Auf­be­wah­rungs­bo­xen. Ein Design, das sich in den archi­tek­to­ni­schen Anspruch der Patri­ar­chal­ba­si­li­ka wie die Faust auf ein Auge einpaßt.

Vor allem drängt sich die Fra­ge nach dem Nut­zen auf. Rei­chen die Beicht­stüh­le nicht? Die Beich­te ist der Dia­log mit dem Prie­ster schlecht­hin, der in sei­ner Funk­ti­on als Beicht­va­ter als Werk­zeug der gött­li­chen Ver­ge­bung wirkt. In der Beich­te wird die Schuld ver­ge­ben. Wel­chen Wert hat dage­gen ein „Zuhör­raum“, in dem nur gere­det wird?

War­um also die­se neu­mo­di­schen Boxen, die nach einem „lai­zi­sti­schen Beicht­zim­mer“ rie­chen? Ist es nicht ein wei­te­rer Schritt zur Erset­zung der sakra­men­ta­len Beich­te? Ein wei­te­rer Schritt in Rich­tung Pro­te­stan­ti­sie­rung der Kir­che? Im deut­schen Sprach­raum wur­den ähn­li­che Expe­ri­men­te längst aus­pro­biert. Cui bono? Wozu die­se ver­spä­te­te Nach­ah­mung des Fehlgeschlagenen?

Und war­um gera­de im Peters­dom? War­um nicht zumin­dest in einem Neben­raum? Die Gesell­schaft ist über­schwemmt von Psy­cho­lo­gen, Coa­ches und Bera­tern aller Art, die nur dar­auf war­ten, Men­schen zuzu­hö­ren und Rat­schlä­ge zu ertei­len – frei­lich gegen Bezah­lung. Ver­fügt die Kir­che nicht über aus­rei­chend Alter­na­ti­ven, um Gesprä­che, Dia­log, Zuhö­ren anzubieten?

Ist es wirk­lich nötig, das Haupt­hei­lig­tum der katho­li­schen Kir­che zu „ver­schan­deln“ und dabei das Sakra­ment der Ver­söh­nung wei­ter zu ent­wer­ten? Statt­des­sen soll­te man doch sei­ne unver­zicht­ba­re Bedeu­tung her­vor­he­ben. Wird die Beich­te nicht zu sehr ver­steckt, in den Hin­ter­grund gedrängt, fast unsicht­bar gemacht? 

Der näch­ste Schritt scheint das unver­meid­li­che „Update“ zu sein: Sün­de, Para­dies, Fege­feu­er, Höl­le – alles soll über­dacht wer­den, „im Namen des Dia­logs“, damit nie­mand abge­schreckt wird. Aber wohin soll­te man über­haupt lau­fen? Es gibt kei­nen Ersatz für die Beich­te. Das Buß­sa­kra­ment ist ein unver­wech­sel­ba­res Kenn­zei­chen der wah­ren Kir­che Jesu Chri­sti. War­um wird gera­de die­ses Licht ver­dun­kelt, statt es leuch­ten zu lassen?

Die Hei­li­ge Pfor­te ver­weist auf beson­de­re Wei­se auf das Beicht­sa­kra­ment. Den­noch scheint es, als bemüh­ten sich man­che Ver­ant­wort­li­chen im Vati­kan gera­de­zu, ihre Bedeu­tung zu mini­mie­ren. Über die Ent­wei­hung durch das Homo-Spek­ta­kel Anfang Sep­tem­ber wur­de bereits aus­führ­lich berich­tet. Eine wei­te­re Ent­wer­tung besteht dar­in, daß im Lau­fe des Hei­li­gen Jah­res irgend­wann die ande­ren Türen des Peters­doms geschlos­sen wur­den – als Ein­gang wur­de nur die Hei­li­ge Pfor­te belas­sen. Seit­her wer­den alle Besu­cher, ob gläu­bi­ge Pil­ger oder blo­ße Tou­ri­sten, dar­un­ter vie­le Nicht-Katho­li­ken, durch die Hei­li­ge Pfor­te gelei­tet, um den Peters­dom zu betreten.

Ist das sinn­voll? Ent­spricht das der Idee des Hei­li­gen Jah­res und dem Sinn der Hei­li­gen Pforte?

Wenn die „Zuhör­ka­bi­nen“ einen Ergän­zungs­punkt zur Hei­li­gen Pfor­te bil­den sol­len, drängt sich die Fra­ge auf, ob sie damit als Kon­trast­punkt den „Aus­gang“ aus der Kir­che sym­bo­li­sie­ren. Ist die­se For­mu­lie­rung zu pole­misch? Sicher­lich wer­den man­che das so sehen. In Wahr­heit aber muß der Nut­zen greif­bar sein. Die jahr­zehn­te­lan­ge Erfah­rung im deut­schen Sprach­raum mit die­sen „Aus­spra­che­zim­mern“ – wie man sie in den 1980er Jah­ren als neue­ste Errun­gen­schaft bezeich­ne­te – soll­te als wirk­lich nutz­brin­gend nach­weis­bar sein, denn andern­falls wäre es blo­ßer Aktionismus.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: NBQ/​MiL

Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!

 




 

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*