Ein leises Zeichen der Hoffnung erreicht die Gläubigen, die dem überlieferten Ritus anhängen: Der Diözese Cleveland im US-Staat Ohio wurde vom Vatikan eine zweijährige Verlängerung gewährt, um weiterhin die heilige Messe nach dem überlieferten römischen Ritus zu zelebrieren. Wie die Catholic News Agency (CNA) berichtet, betrifft diese Ausnahmegenehmigung zwei Pfarreien – St. Mary’s Church in Akron und St. Stephen’s Church in Cleveland – deren Gemeinden seit Jahren als Meßorte des überlieferten Ritus etabliert sind.
Die Genehmigung wurde vom Dikasterium für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung erteilt und erlaubt diesen Gemeinschaften, den traditionellen Ritus bis 2027 fortzuführen. In einer offiziellen Mitteilung dankte die Diözese dem Heiligen Stuhl ausdrücklich für diese Entscheidung:
„Der Apostolische Stuhl hat eine zweijährige Verlängerung der Erlaubnis für die verbleibenden Feiern der lateinischen Messe innerhalb der Diözese gewährt“, heißt es in der Erklärung vom 23. Oktober 2025.
Ein Fortbestehen trotz wachsender Einschränkungen
Diese Entscheidung fällt in eine Zeit, in der viele US-Diözesen – im Zuge des Motu Proprio Traditionis custodes von Papst Franziskus (Juli 2021) – die Zelebration der Heiligen Messe im überlieferten Ritus stark eingeschränkt oder ganz untersagt haben.
Traditionis custodes hat dem überlieferten Ritus die rechtliche Sicherheit entzogen. Das Dokument sieht vor, daß die traditionelle Form der Messe nur noch mit ausdrücklicher Zustimmung Roms und nicht mehr in Pfarrkirchen gefeiert werden darf. Zudem dürfen im überlieferten Ritus lediglich die Eucharistie und das Sakrament der Buße gespendet werden; alle anderen Sakramente sollen – streng genommen – ausschließlich im Novus Ordo gefeiert werden.
Auf diese Weise hat Papst Franziskus die Tradition in ein rechtliches Prekariat gedrängt, da für nahezu jede Handlung Sondergenehmigungen erbeten werden müssen.
Während zahlreiche Bistümer – etwa Charlotte in North Carolina – die Feier der überlieferten Messe inzwischen vollständig untersagt haben, wählte die Diözese Cleveland einen anderen Weg: Man möchte dort an der Tradition festhalten, wo sie tatsächlich lebendig ist. Genau das wünschen sich auch die Priester und Gläubigen, die mit der überlieferten Liturgie verbunden sind – freilich mit der Möglichkeit, neue Meßorte zu eröffnen, wo Bedarf und geistliche Notwendigkeit bestehen.
Traditionis custodes aber will genau dies verhindern. Das Motu proprio schließt eine Ausweitung ausdrücklich aus und zielt vielmehr auf eine Reduzierung – man könnte sagen: eine schrittweise Dezimierung – der bestehenden Meßorte ab.
Die Diözese Cleveland hingegen entschied sich, die jahrhundertealte Liturgie dort fortzuführen, wo gefestigte Gemeinden mit Glaubenstreue und liturgischer Verwurzelung bestehen.
Die Gemeinschaften des überlieferten Ritus müssen sich dabei stets auf’s Neue bewähren, ihre „Würdigkeit“ unter Beweis stellen und Bedingungen erfüllen, die für Gemeinden des Novus Ordo nicht gelten. Diese Ungleichbehandlung – mal subtil, mal unverhohlen – durchzieht das gespannte Verhältnis vieler kirchlicher Autoritäten zu jenem Ritus, der die Kirche über Jahrhunderte geprägt und unzählige Heilige hervorgebracht hat.
Ein Versuch des Ausgleichs
Bischof Edward C. Malesic von Cleveland zeichnet sich durch das Bemühen aus, zwischen den römischen Vorgaben und der pastoralen Sorge um jene Gläubigen zu vermitteln, die in der überlieferten lateinischen Messe ihre geistliche Heimat haben. Ziel sei es, „die Einheit der Kirche zu wahren, ohne diejenigen auszuschließen, die ihren Glauben in der traditionellen Liturgie leben“, so ein Sprecher der Diözese gegenüber CNA.
Dabei gelten gerade die betroffenen Pfarreien als Zentren einer lebendigen, stillen und ehrfürchtigen Spiritualität – geprägt von häufigem Beichtsakrament, eucharistischer Anbetung und einer katechetisch gefestigten Gemeinschaft. Hier erfährt man, was die Liturgie sein soll: Anbetung Gottes in Ehrfurcht und Schönheit.
Ein Zeichen pastoraler Klugheit – und ein Prüfstein
Kirchenbeobachter deuten die vatikanische Entscheidung als Akt pastoraler Vernunft, der Spannungen vermeidet und zugleich Raum für legitime Vielfalt innerhalb der Kirche läßt. Dennoch besteht kein Zweifel, daß die Behandlung denkbar schlecht ist: Die Verlängerung ist ausdrücklich zeitlich begrenzt – nur ein zweijähriges Fenster, das offenläßt, ob Rom die Zelebration danach weiterhin genehmigen wird, oder ob die Zeit als bloße Schonfrist versteht, die den Gläubigen eingeräumt wird, um sich auf die zwangsweise Rückkehr zum Novus Ordo einzustellen.
So wird Cleveland gewissermaßen zum Prüfstein: Können die Gemeinden, die am tridentinischen Ritus festhalten, in Treue und Einheit bestehen – und damit zeigen, daß Tradition keine Bedrohung, sondern ein Reichtum ist? Womit wir wieder bei der Bringschuld der Traditionalisten sind, die unter ständiger Beobachtung und ständigem Verdacht stehen.
Die unvergängliche Anziehungskraft des überlieferten Ritus
Unabhängig von kirchenpolitischen Spannungen belegt die Entscheidung eines: Die überlieferte Messe lebt. Sie ist kein nostalgisches Relikt, sondern eine lebendige Quelle der Gnade, die gerade in einer von Hektik und Oberflächlichkeit geprägten Welt vielen Gläubigen den Rahmen für die Communio mit Gott bietet.
Besonders junge Katholiken entdecken zunehmend in der lateinischen Messe eine geistige Gegenbewegung zum Säkularismus – eine bewußte Rückkehr zum Sakralen, zur Schönheit, zur Transzendenz.
So steht Cleveland heute exemplarisch für eine wachsende Sehnsucht in der Kirche: die Sehnsucht nach Kontinuität, Heiligkeit und der feierlichen Würde, mit der so viele Generationen von Gläubigen den Herrn angebetet haben – „Introibo ad altare Dei“.
Wird diese Sehnsucht auch unter Leo XIV. durch Rom abgewürgt, oder stellt die genehmigte Verlängerung eine Trendwende dar, die in Rom unter dem neuen Papst stattfindet?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL

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