Georgetown-Universität bekommt woken Rektor

Sind Abtreibung und Homosexualität für US-Jesuiten kein Problem, sondern eine Visitenkarte?


Die Universität Georgetown, die älteste katholische Hochschule in den USA, erhält einen woken Rektor: ein deutliches Signal.
Die Universität Georgetown, die älteste katholische Hochschule in den USA, erhält einen woken Rektor: ein deutliches Signal.

Mit der Ernen­nung von Edu­ar­do Peñal­ver an die Spit­ze der älte­sten katho­li­schen Uni­ver­si­tät der USA setzt sich ein Kurs fort, der mit der Leh­re der Kir­che zuneh­mend unver­ein­bar erscheint – und ein wei­te­res Mal wirft der Jesui­ten­or­den, Grün­der und Trä­ger der Uni­ver­si­tät, Fra­gen nach sei­ner Selbst­ver­or­tung in der katho­li­schen Iden­ti­tät auf.

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Die Uni­ver­si­tät George­town, gegrün­det 1789 und damit die älte­ste katho­li­sche Hoch­schu­le in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka, hat einen neu­en Prä­si­den­ten (Rek­tor) bestimmt: Edu­ar­do Peñal­ver. Der Jurist Peñal­ver, väter­li­cher­seits kuba­ni­scher, müt­ter­li­cher­seits schwei­ze­ri­scher Abstam­mung, ist der­zei­ti­ger Rek­tor einer ande­ren Jesui­ten­hoch­schu­le, der Uni­ver­si­tät Seat­tle. Sein neu­es Amt in George­town wird er im kom­men­den Jahr antre­ten – und schon jetzt zeich­net sich ab, daß mit ihm ein wei­te­res Kapi­tel der fort­schrei­ten­den Ent­ka­tho­li­sie­rung des aka­de­mi­schen Flagg­schiffs der Jesui­ten in den USA ein­ge­läu­tet wer­den soll.

Als frü­he­rer Dekan der renom­mier­ten Cor­nell Law School bringt Peñal­ver for­mal alle aka­de­mi­sche Meri­ten mit. Das Lei­tungs­gre­mi­um der George­town-Uni­ver­si­tät preist ihn als „aus­ge­zeich­ne­te Lei­tungs­fi­gur mit tie­fer Ver­an­ke­rung in der katho­lisch-jesui­ti­schen Tra­di­ti­on“, als glo­bal den­ken­den Bil­dungs­stra­te­gen, enga­giert für sozia­le Gerech­tig­keit und aka­de­mi­sche Exzel­lenz. Die genann­te „katho­lisch-jesui­ti­sche Tra­di­ti­on“ erweist sich aller­dings als Kind der Nach­kon­zils­zeit – sie reicht kaum über das Jahr 1965 hin­aus und wirkt selbst im Maß­stab der jun­gen USA erstaun­lich kurzlebig.

Ein genaue­rer Blick offen­bart daher gra­vie­ren­de Span­nun­gen zwi­schen die­ser Rhe­to­rik und dem öffent­li­chen Pro­fil des desi­gnier­ten Rek­tors. In einem viel­be­ach­te­ten Bei­trag im Maga­zin Com­mon­weal bekann­te Peñal­ver bereits 2014, daß er die kirch­li­che Leh­re zur Homo­se­xua­li­tät expli­zit ableh­ne. Die mora­li­sche Bewer­tung homo­se­xu­el­ler Bezie­hun­gen durch die Kir­che ent­beh­re sei­ner Mei­nung nach einer über­zeu­gen­den Grund­la­ge, und er plä­dier­te für eine offe­ne Aner­ken­nung sol­cher Partnerschaften.

Auch in gesell­schafts­po­li­ti­schen Debat­ten zeig­te er „Hal­tung“ – aller­dings nicht im Sin­ne kirch­li­cher Leh­re. Als das US-Ver­tei­di­gungs­mi­ni­ste­ri­um 2017 auf Druck der ersten Trump-Regie­rung Trans-Homo­se­xu­el­le aus dem Mili­tär aus­schlie­ßen woll­te, stell­te sich Peñal­ver demon­stra­tiv dage­gen. Nach dem histo­ri­schen Urteil des Ober­sten Gerichts­hofs im Jah­re 2022, mit dem Roe v. Wade und damit das bis dahin von Abtrei­bungs­be­für­wor­tern behaup­te­te „Recht auf Abtrei­bung“ gekippt wur­de, zeig­te sich Peñal­ver ent­täuscht: Die­se Ent­schei­dung wer­de vor allem arme Frau­en, eth­ni­sche Min­der­hei­ten und LGBTQ-Per­so­nen bela­sten, so sei­ne trä­nen­rei­che Ein­schät­zung. Die Tötung unschul­di­ger unge­bo­re­ner Kin­der scheint ihn nicht zu berühren.

Sol­che Aus­sa­gen las­sen auf­hor­chen – beson­ders im Hin­blick auf das Anfor­de­rungs­pro­fil für Lei­tungs­po­si­tio­nen an katho­li­schen Uni­ver­si­tä­ten, das die US-Bischofs­kon­fe­renz in ihrem Doku­ment zur Umset­zung der Apo­sto­li­schen Kon­sti­tu­ti­on Ex cor­de Eccle­siae von 1990 fest­ge­legt hat. Dort heißt es unmiß­ver­ständ­lich: Der Rek­tor einer katho­li­schen Hoch­schu­le soll Katho­lik sein, sei­ne Treue zur kirch­li­chen Leh­re beken­nen und sich aktiv zur katho­li­schen Iden­ti­tät der Insti­tu­ti­on bekennen.

Ver­tre­ter katho­li­scher Orga­ni­sa­tio­nen schla­gen daher Alarm, wie Life­Si­teNews berich­te­te. Patrick Reil­ly, Prä­si­dent der Car­di­nal New­man Socie­ty, spricht offen davon, daß George­town schon lan­ge kei­ne siche­re Umge­bung mehr für die Kin­der katho­li­scher Fami­li­en sei. John Rit­chie von Tra­di­ti­on, Fami­ly, Pro­per­ty Stu­dent Action nennt die Beru­fung Peñal­vers „tief beun­ru­hi­gend“ und ver­weist auf die Gefahr einer wei­te­ren Aus­höh­lung des katho­li­schen Pro­fils der Universität.

Die­se jüng­ste Ent­wick­lung steht nicht iso­liert. George­town war in den letz­ten Jah­ren wie­der­holt Schau­platz frag­wür­di­ger Ver­an­stal­tun­gen. So etwa im Jah­re 2024, als dort eine inter­na­tio­na­le LGBT-Tagung statt­fand, die von Papst Fran­zis­kus per Gruß­wort gewür­digt wur­de – ein Schritt, der in glau­bens­treu­en Krei­sen für erheb­li­ches Unver­ständ­nis sorg­te. Auch der US-ame­ri­ka­ni­sche Jesu­it James Mar­tin, füh­ren­der Homo-Akti­vist inner­halb der Kir­che und Chef­re­dak­teur der US-Jesui­ten­zeit­schrift Ame­ri­ca, nahm damals eine zen­tra­le Rol­le ein. Mar­tin, der für sei­ne öffent­lich­keits­wirk­sa­men For­de­run­gen zur Aner­ken­nung homo­se­xu­el­ler Part­ner­schaf­ten bekannt ist, wur­de trotz – oder gera­de wegen – sei­nes Enga­ge­ments bereits mehr­fach von Papst Fran­zis­kus emp­fan­gen. Auch Leo XIV. gewähr­te ihm bereits eine Pri­vat­au­di­enz. Eine Maß­re­ge­lung blieb bis­lang aus. Peñal­ver bewegt sich auf Mar­tins-Linie. Da scheint sich unter der Ägi­de des Jesui­ten­or­dens der Kreis zu schließen.

Vor die­sem Hin­ter­grund erscheint Peñal­vers Ernen­nung weni­ger als Betriebs­un­fall denn als kon­se­quen­te Fort­set­zung eines seit Jah­ren erkenn­ba­ren Trends inner­halb der Jesui­ten: die Aus­höh­lung der eige­nen kirch­li­chen Grund­la­gen zugun­sten gesell­schaft­li­cher Anpas­sung. Das hat weit­rei­chen­de Kon­se­quen­zen, nicht nur für die betrof­fe­nen Insti­tu­tio­nen, son­dern auch für das Ver­ständ­nis katho­li­scher Bil­dung insgesamt.

George­town, mit sei­ner inter­na­tio­na­len Aus­strah­lung, Fakul­tä­ten für Recht, Wirt­schaft und inter­na­tio­na­le Bezie­hun­gen, steht längst nicht mehr nur für aka­de­mi­sche Exzel­lenz, son­dern zuneh­mend auch für eine Agen­da, die sich von ihrer kirch­li­chen Ver­an­ke­rung löst. Der Jesui­ten­or­den, dem die­se Uni­ver­si­tät ent­stammt, scheint die­sen Weg nicht nur zu tole­rie­ren, son­dern aktiv zu befördern.

Viel­mehr scheint George­town im poli­tisch ange­spann­ten Kli­ma der USA ihr katho­li­sches Pro­fil zu schlei­fen und eine lin­ke Basti­on gegen die Regie­rung Trump zu wer­den. Wie gut aber bekommt es der Kir­che, sich in poli­ti­sche Gra­ben­kämp­fe ein­zu­mi­schen und dabei selbst in einen Gra­ben zu legen, der für Posi­tio­nen steht, die der katho­li­schen Leh­re widersprechen?

Die alles über­ra­gen­de Fra­ge, die bleibt, ist daher nicht nur eine per­so­nel­le, son­dern eine prin­zi­pi­el­le: Kann eine Uni­ver­si­tät, die katho­lisch sein will, gleich­zei­tig füh­ren­de Stim­men för­dern, die zen­tra­le Glau­bens­in­hal­te ableh­nen? Im Fal­le George­town scheint die Ant­wort längst gege­ben – und sie fällt ernüch­ternd aus.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: george​town​.edu (Screen­shot)

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