
Von Roberto de Mattei*
Die internationale Lage ist heute derart dramatisch und komplex, daß es keine andere Lösung zu geben scheint als jene, die uns die Gottesmutter im Jahr 1917 in Fatima aufgezeigt hat: den heiligen Rosenkranz.
Die Verehrung des Rosenkranzes wird gemeinhin als eine rein persönliche, bestenfalls familiäre Gebetspraxis betrachtet – dabei besitzt sie auch eine öffentliche, gesellschaftliche Dimension. Der Rosenkranz hilft nicht nur dem einzelnen, in den materiellen und geistlichen Nöten seines Lebens Trost und Orientierung zu finden, sondern entfaltet auch eine soziale Wirkkraft, die sich auf das Leben ganzer Völker und Nationen erstreckt.
Daran erinnerte Papst Leo XIII., als er schrieb: „In allen Jahrhunderten und in allen Kämpfen hat sich die Kirche an Maria gewandt und stets Trost und Schutz von ihr erhalten“ (aus dem Schreiben Da molte parti, 26. Mai 1903). Der Rosenkranz war zu allen Zeiten und in allen Auseinandersetzungen die Waffe schlechthin zum Schutz der Kirche und der christlichen Gesellschaft.
Die Rolle des Rosenkranzes in der Geschichte der christlichen Zivilisation zu schildern würde ein langes Unterfangen sein. Man müßte bei seiner Entstehung im 13. Jahrhundert beginnen, bei der Initiative des heiligen Dominikus von Guzmán und seiner Dominikanerbrüder, und ihre siegreiche Predigt gegen die Häresie der Katharer darlegen. Es wäre auch notwendig, den Beitrag des Rosenkranzes zur Evangelisierung und Zivilisierung Amerikas sowie von Teilen Asiens und Afrikas zu beleuchten. Vor allem aber darf nicht vergessen werden, daß das Rosenkranzfest von Papst Pius V. eingesetzt wurde, um Maria unter dem Titel „Auxilium Christianorum“ – Hilfe der Christen – zu ehren, in Erinnerung an den Sieg der christlichen Heere über die muslimischen bei der Seeschlacht von Lepanto am 7. Oktober 1571.
Der Name Lepanto steht sinnbildlich und prophetisch für alle zukünftigen Siege der Kirche, wie der heilige Johannes Bosco erkannte – als ein vollkommenes Zusammenwirken der übernatürlichen Gnade durch den Rosenkranz und der menschlichen Mitwirkung an dieser Gnade durch Kampf und Blutzeugnis.
Schon vor Lepanto war ein anderer bedeutender Sieg dem Rosenkranz zu verdanken: die Schlacht bei Belgrad am 22. Juli 1456, in der die osmanischen Heere, die bis nach Ungarn vorgedrungen waren, zurückgeschlagen wurden. Zum Gedenken an diesen Sieg setzte Papst Calixt III. das Fest der Verklärung Christi ein – ein Symbol für das in Freude verklärte Europa.
In jüngerer Zeit ist es vor allem die Gottesmutter selbst, die in Fatima auf die Bedeutung – man könnte sagen: die Notwendigkeit – des Rosenkranzgebets hingewiesen hat.
Bei der ersten Erscheinung in der Cova da Iria hielt die Jungfrau Maria den Rosenkranz in der Hand. Auf die Frage der kleinen Lucia hin, ob ihr Cousin Francisco in den Himmel kommen werde, antwortete sie, daß er dies tun werde, aber erst nachdem er „viele Rosenkränze“ gebetet habe. Am Ende derselben Erscheinung forderte sie die Hirtenkinder ausdrücklich auf: „Betet den Rosenkranz jeden Tag, um den Frieden für die Welt und das Ende des Krieges zu erlangen.“ Auch bei der zweiten und dritten Erscheinung wiederholte Maria ihre Bitte, den Rosenkranz täglich zu ihrer Ehre zu beten – „um den Frieden für die Welt und das Ende des Krieges“ zu erflehen.
In der dritten Erscheinung lehrte sie zudem das Gebet: „O mein Jesus, verzeih uns unsere Sünden, bewahre uns vor dem Feuer der Hölle, führe alle Seelen in den Himmel, besonders jene, die deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen“, das – wie sie sagte – „nach jedem Geheimnis“ zu beten sei.
Auch die vierte, fünfte und sechste Erscheinung begann jeweils mit der Aufforderung zum täglichen Rosenkranzgebet. Am 13. Oktober 1917, dem Tag der letzten Erscheinung, offenbarte sich Maria mit den Worten: „Ich bin die Königin des Rosenkranzes. Ich wünsche, daß an diesem Ort eine Kapelle zu meiner Ehre errichtet wird. Fahrt fort, täglich den Rosenkranz zu beten. Der Krieg geht bald zu Ende, und die Soldaten werden bald heimkehren.“ In dieser Gestalt erschien sie glorreich im Himmel, an der Seite des heiligen Joseph und des Jesuskindes.
Am 10. Dezember 1925 erschien die Gottesmutter erneut – diesmal Schwester Lucia, in ihrer Zelle im Haus der Dorotheerinnen in Pontevedra (Spanien). Sie erklärte ihr, wie das Beten und Meditieren des Rosenkranzes mit der Praxis der Sühnekommunion an den ersten fünf Samstagen des Monats verbunden sein solle. Während sie Lucia die Hand auf die Schulter legte, zeigte sie ihr mit der anderen Hand ein von Dornen umgebenes Herz und sagte:
„Sieh, meine Tochter, mein Herz, das von Dornen umgeben ist, die undankbare Menschen mir unaufhörlich durch ihre Lästerungen und Undankbarkeit hineinstoßen. Wenigstens du trachte, mich zu trösten – und alle, die an fünf aufeinanderfolgenden ersten Samstagen beichten, die heilige Kommunion empfangen, einen Rosenkranz beten und mir 15 Minuten Gesellschaft leisten, indem sie über die fünfzehn Geheimnisse des Rosenkranzes meditieren, mit der Absicht, mein Herz zu trösten – diesen verspreche ich, ihnen in der Stunde des Todes mit allen notwendigen Gnaden für ihre ewige Rettung beizustehen.“
Das Rosenkranzgebet fügt sich also in die Praxis der fünf ersten Samstage ein – deren hundertjähriges Jubiläum in diesem Jahr begangen wird. Diese Praxis ist eine der Bedingungen, um die Welt vor der Katastrophe zu bewahren, die ihr aufgrund ihrer Sünden droht.
In einem Interview mit Pater Agostino Fuentes am 26. Dezember 1957 sagte Schwester Lucia:
„Die Strafe des Himmels ist unmittelbar bevorstehend. […] Gott hat beschlossen, der Welt zwei letzte Mittel gegen das Böse zu geben – den Rosenkranz und die Verehrung des Unbefleckten Herzens Mariens. Es wird keine weiteren mehr geben. […] Es gibt kein Problem – so schwierig es auch sein mag –, weder im persönlichen Leben noch im Leben der Völker und Nationen, sei es materieller oder insbesondere geistlicher Natur, das nicht durch das Gebet des heiligen Rosenkranzes gelöst werden könnte.“
Das bedeutet: Nur der Rosenkranz vermag internationale Probleme zu lösen, die auf menschlicher Ebene als unlösbar erscheinen. Und gerade heute sind die Konflikte im Nahen Osten und in der Ukraine solche Knoten, die ohne übernatürliche Hilfe kaum zu lösen wären. Mit dem übernatürlichen Mittel des Rosenkranzes jedoch ist alles möglich. Die Demonstrationszüge, mit denen gegen die Folgen des Krieges protestiert wird, bringen keinen Frieden – oftmals drohen sie ihn vielmehr zu gefährden, weil sie von gesellschaftlichem Haß durchdrungen sind. Das beharrliche, vertrauensvolle Rosenkranzgebet hingegen ist der einzige Weg zum wahren Frieden – dem Frieden Christi. Der marianische Monat Oktober erinnert uns eindringlich daran.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt in deutscher Übersetzung: Verteidigung der Tradition: Die unüberwindbare Wahrheit Christi, mit einem Vorwort von Martin Mosebach, Altötting 2017, und Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte, 2. erw. Ausgabe, Bobingen 2011.
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Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
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