Norwegens neue Bischofsgeneration

Msgr. Fredrik Hansen läßt auf liturgische Tiefe hoffen


Msgr. Fredrik Hansen, der neue Bischof von Oslo, ist dem überlieferten Ritus persönlich verbunden
Msgr. Fredrik Hansen, der neue Bischof von Oslo, ist dem überlieferten Ritus persönlich verbunden

Mit der Amts­ein­füh­rung von Bischof Fre­d­rik Han­sen am 16. Juli erlebt die katho­li­sche Kir­che in Nor­we­gen einen Gene­ra­tio­nen­wech­sel an ihrer Spit­ze. Der 46jährige ehe­ma­li­ge Vati­kan­di­plo­mat und Pro­fes­sor in der Prie­ster­aus­bil­dung folgt auf Bischof Bernt Eids­vig, der die Diö­ze­se Oslo über zwei Jahr­zehn­te lang präg­te – eine Zeit des enor­men Wachs­tums, vor allem durch Migra­ti­on aus Polen und Litau­en. Der neue Bischof beton­te in meh­re­ren Inter­views sei­ne Ver­bun­den­heit mit dem über­lie­fer­ten Römi­schen Ritus. 

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Han­sen ist der zwei­te Ver­tre­ter einer neu­en Bischö­fe­ge­ne­ra­ti­on in Nor­we­gen: 2019 wur­de der Trap­pist Erik Var­den zum Bischof von Trond­heim (eine Ter­ri­to­ri­al­prä­la­tur) ernannt. Nun war­tet die Kir­che auf die drit­te Säu­le des Wan­dels: einen neu­en Ober­hir­ten der Prä­la­tur Trom­sø, die seit August 2023 vakant ist.

Vom lutherischen Theologiestudenten zum katholischen Bischof

Han­sen war ursprüng­lich ein enga­gier­ter luthe­ri­scher „High Church“-Christ, bevor ihn die inner­kirch­li­chen Streit­fra­gen über Eucha­ri­stie und Bischofs­amt in die katho­li­sche Kir­che führ­ten. Mit 20 Jah­ren kon­ver­tier­te er und ver­spür­te kurz dar­auf auch die Beru­fung zum Priestertum.

„Ich habe die wert­vol­le Per­le gefun­den in einem Leben, das der Kir­che gewid­met ist“, sagt er heu­te über sei­ne Ent­schei­dung, indem er Mat­thä­us 13,45–46 zitiert. Das US-ame­ri­ka­ni­sche Online-Medi­um The Pil­lar ver­öf­fent­lich­te ein Inter­view mit dem neu­en Oberhirten.

Nach der Prie­ster­wei­he 2007 führ­te ihn sein Weg als Diplo­mat, Theo­lo­ge und Leh­rer über Lon­don, Rom, Wien, New York, Tegu­ci­gal­pa und Baltimore.

Lex tua veritas – eine Berufung zur Wahrheit

Sein Wahl­spruch als Bischof – Lex tua veri­tas („Dein Gesetz ist Wahr­heit“) – stammt aus Psalm 118 und ver­weist auf sei­ne Affi­ni­tät zur über­lie­fer­ten römi­schen Liturgie. 

„Als jemand, der vie­le Jah­re das römi­sche Bre­vier von 1962 gebe­tet hat, ist die­ser Vers ein stän­di­ger Beglei­ter“, so Han­sen zu The Pil­lar. Er steht für eine Theo­lo­gie, wie er selbst sagt, die Recht, Glau­be und Wahr­heit nicht trennt, son­dern ver­bin­det – ganz im Gei­ste des kirch­li­chen Dienstes.

Sei­ne von ihm selbst beton­te theo­lo­gi­sche und lit­ur­gi­sche Prä­gung spricht dafür, daß Msgr. Han­sen dem über­lie­fer­ten Ritus nicht nur offen gegen­über­steht, son­dern auch per­sön­lich ver­bun­den ist. Als Kir­chen­recht­ler und Diplo­mat legt er nahe, daß er gemäß den römi­schen Richt­li­ni­en han­delt, also dem Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des, mit dem Papst Fran­zis­kus den über­lie­fer­ten Ritus stark beschnit­ten hat. Man wird sehen, solan­ge das Motu pro­prio in Kraft ist, wie es der neue Bischof mit der Zulas­sung öffent­li­cher Zele­bra­ti­on im über­lie­fer­ten Ritus hal­ten wird.

Am 8. Juli zele­brier­te Bischof Han­sen in den Rui­nen der um 1100 errich­te­ten Abtei Sel­je, die nach einem ver­hee­ren­den Feu­er und der Pest, spä­te­stens 1451, auf­ge­ge­ben wurde.

Drei Schwerpunkte für ein neues Kapitel

Als Pro­gram­ma­tik zur Amts­ein­füh­rung nann­te der neue Bischof drei pasto­ra­le Prio­ri­tä­ten: Evan­ge­li­sie­rung, Cari­tas und das Leben in den Pfar­rei­en. Er sieht es als Auf­trag der Kir­che, auf die wach­sen­den geist­li­chen und sozia­len Nöte der nor­we­gi­schen Gesell­schaft zu reagie­ren – trotz, oder gera­de wegen, ihres mate­ri­el­len Wohlstands.

„Neue For­men von Armut – Ein­sam­keit, Sucht, sozia­le Aus­gren­zung – ver­lan­gen nach unse­rem ent­schlos­se­nen Ein­satz“, betont Han­sen. In den Pfar­rei­en „schlägt das Herz unse­rer Ortskirche.“

Eine kleine, aber lebendige Kirche

Die Diö­ze­se Oslo zählt rund 250.000 Gläu­bi­ge, ver­teilt auf weni­ger als 30 Pfar­rei­en. 1951 gab es erst 15 Pfar­rei­en und 36 Prie­ster. Auf jeden Prie­ster kamen knapp mehr als 100 Gläu­bi­ge. Heu­te gibt es fast 90 Prie­ster und auf jeden kom­men rund 1700 Katho­li­ken. Das Wachs­tum erfolg­te vor allem durch Ein­wan­de­rung seit 1990 und stellt kei­ne gerin­ge pasto­ra­le Her­aus­for­de­rung dar. Bischof Han­sen will dar­in aber auch eine Chan­ce sehen. Die Kir­che in Nor­we­gen sei ein „Mikro­kos­mos der Welt­kir­che“: mul­ti­kul­tu­rell, mehr­spra­chig und zuneh­mend sicht­bar in einer Gesell­schaft, die sich lang­sam wie­der für die Reli­gi­on zu inter­es­sie­ren beginnt.

Der Besuch von Johan­nes Paul II. im Jahr 1989, die Medi­en­be­richt­erstat­tung über den Tod von Papst Fran­zis­kus und die Wahl von Papst Leo XIV., sowie die wach­sen­de spi­ri­tu­el­le Neu­gier vie­ler Nor­we­ger – all das zei­ge, daß sich in Nor­we­gen etwas bewege.

Die Diö­ze­se Oslo wur­de erst 1953 errich­tet. Nach der luthe­ri­schen Abspal­tung Skan­di­na­vi­ens wur­de auch Nor­we­gen vom Apo­sto­li­schen Vika­ri­at der Nor­di­schen Mis­sio­nen mit Sitz in Han­no­ver betreut. 1868 wur­de Nor­we­gen eine Mis­si­on sui gene­ris und bald dar­auf zu einem eige­nen Apo­sto­li­schen Vikariat.

Die neuen Bischöfe Hansen und Varden

Die Rui­nen der Bene­dik­ti­ner­ab­tei Selje

Mit Erik Var­den in Trond­heim ver­bin­det Han­sen eine lang­jäh­ri­ge Bekannt­schaft und kom­ple­men­tä­re Amts­auf­fas­sung. „Er pre­digt, ich schrei­be Dekre­te“, sagt Han­sen augen­zwin­kernd über ihre Auf­ga­ben­tei­lung. Bei­de eint die Lei­den­schaft für eine ver­tief­te Evan­ge­li­sie­rung in einem post-säku­la­ren Europa.

Amerikanischer Einfluß, norwegischer Bart

Fünf Jah­re ver­brach­te Han­sen in den USA, u. a. als Ver­tre­ter des Hei­li­gen Stuhls bei den Ver­ein­ten Natio­nen in New York. Die Kir­che dort beschreibt er als „vital, treu und welt­weit ein­fluß­reich“ – nicht zuletzt durch ihre digi­ta­le Prä­senz, die auch vie­le jun­ge Katho­li­ken in Nor­we­gen erreicht.

Und sein mar­kan­ter Bart? Der sei ein Über­bleib­sel aus sei­ner Zeit beim nor­we­gi­schen Mili­tär – obwohl man­che ihn in Rom des­halb schon für einen Kapu­zi­ner oder einen unier­ten Ost­kirch­ler gehal­ten haben. Han­sen, mit Humor aus­ge­stat­tet, mein­te zu man­cher Reak­ti­on, als er erklär­te, Nor­we­ger zu sein: 

„Die Blicke woll­ten wohl sagen: ‚Das ist ein Wikin­ger – die Bart­wahl ergibt Sinn.‘“

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Rag­nhild Hele­na Aad­land Høen und Tor Stenersen/katolsk.no/Wikicommons (Screen­shots)

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