
Der Gesundheitszustand von Franziskus ist prekär. Die Nachricht von seinem Ableben könnte jederzeit eintreffen. Ihm können noch Tage, aber auch Wochen geschenkt sein. Jeder weiß es im Vatikan, kaum einer spricht es offen aus. Solange der Papst lebt, kann er regieren und rechtlich gültige Entscheidungen treffen. Daher verdichten sich die Gerüchte um das bevorstehende Konklave und auch, daß Franziskus auf dem Sterbebett noch weitreichende Eingriffe vornehmen könnte, um die Wahl seines Nachfolgers zu beeinflussen.
Verschiedene Namen von Papabili werden herumgereicht. Zuletzt wurde häufig jener des Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa OFM, genannt. Doch die Spekulationen sind zahlreich. Dazu gehört auch, daß Franziskus in extremis die apostolische Konstitution ändern könnte, die den Ablauf des Konklaves regelt. Konkret soll es um das Zwei-Drittel-Quorum gehen, das seit alters für die Wahl eines Nachfolgers des Petrus gilt. Allerdings gab es Abweichungen davon, etwa die Regelung, daß nach einer bestimmten Anzahl von Wahlgängen, in denen das Quorum nicht erreicht werden konnte, die absolute Mehrheit der Stimmen genügte. Es war Benedikt XVI., der wieder festlegte, daß das Zwei-Drittel-Quorum für alle Wahlgänge zu gelten hat.
Nun gibt es hartnäckige Gerüchte, daß Franziskus auch diese Bestimmung seines Vorgängers aufheben könnte, vielmehr das genannte Quorum überhaupt abschaffen möchte, um es durch die absolute Mehrheit zu ersetzen. Um einen Papst mit dem Zwei-Drittel-Quorum zu wählen, wären derzeit mindestens 91 Stimmen notwendig. Für die absolute Mehrheit würden 69 Stimmen genügen. Der Unterschied ist eklatant.
Der Wahlkörper des Kardinalskollegiums zählt aktuell 137 Papstwähler, mehr als je zuvor. Als Paul VI. 1963 gewählt wurde, zogen 80 Papstwähler in das Konklave ein, was eine Sensation darstellte, da es in der Kirchengeschichte noch nie ein nur annähernd so großes Wahlkollegium gegeben hatte. Seither wurde der Wahlkörper weiter massiv ausgeweitet. Johannes Paul II. legte die Höchstzahl auf 120 Wähler fest, doch Franziskus überging diese Bestimmung mit dem offensichtlichen Ziel, das Wahlkollegium so nachhaltig als möglich in seinem Sinne umzubauen.
Am 1. März verlor Kardinal Fernando Vérgez Alzaga, emeritierter Präfekt der Päpstlichen Kommission für den Staat der Vatikanstadt, kurzum, der ehemalige Regierungschef des Vatikanstaates, sein Wahlrecht im Konklave. Am kommenden 6. April wird Kardinal Celestino Aós Braco, der emeritierte Erzbischof von Santiago de Chile, sein 80. Lebensjahr vollenden. Am Karsamstag auch Kardinal George Alencherry, der emeritierte Großerzbischof von Ernakulam-Angamaly der mit Rom unierten Syro-Malabarischen Kirche. Alzaga und Aós waren von Franziskus zu Kardinälen kreiert worden, Alencherry noch von Benedikt XVI.
Im Vatikan wird dementiert, daß es die Absicht gebe, eine Änderung des Wahlrechts im letzten Augenblick vorzunehmen. Allerdings wurde diese These vom Kolumnisten Luigi Bisignani in einem Interview mit der konservativen römischen Tageszeitung Il Tempo gestern wieder aufgegriffen. Bisignani war bereits Sprecher von Ministerien und Chefredakteur der staatlichen italienischen Presseagentur ANSA. Er scheint in der Mitgliederliste der Freimaurerloge P2 von 1981 auf, deren Echtheit allerdings vielfach bestritten wurde. Er selbst leugnet jede Logenmitgliedschaft. 2000 wurde er wegen Verwicklung in verschiedene Gerichtsverfahren aus der Journalistenkammer ausgeschlossen. Bisignani gilt allerdings als sehr gut vernetzt, auch in den Vatikan, und daher als gut informiert.
Laut Bisignani versuche Franziskus die Wahl seines Nachfolgers zu steuern. Da er von der Sorge bestimmt sei, daß dies nicht in seinem Sinne gelingen könnte, wolle er direkt eingreifen und mit einer Wahlrechtsänderung nachhelfen. Laut Bisignani seien entsprechende Gerüchte alles andere als unbegründet. Zu diesen gehöre, so Bisignani, daß Franziskus, der sich im Angesicht seiner Krankheit bewußt wurde, daß eine Rückkehr zum vollen Umfang der Regierungsgeschäfte unmöglich ist, ernsthaft an einen Rücktritt denke, sollte er sich noch einmal erholen.
Ob Rücktritt oder nicht, Franziskus möchte sicherstellen, daß ein Wunschkandidat sein Nachfolger wird, und dazu muß er das Konklave steuern.
Dazu gehöre die Absicht, die Franziskus schon seit langem habe, die über 80jährigen Kardinäle von den Generalkongregationen vor Konklave-Beginn auszuschließen. Paul VI. entzog 1970 den Purpurträgern, die das 80. Lebensjahr vollendet haben, das Wahlrecht im Konklave. Sie dürfen seither aber weiterhin an den Generalkongregationen des gesamten Kardinalskollegiums teilnehmen. Von jenen, die in den Tagen stattfinden, die unmittelbar vor dem Einzug der Papstwähler in die Sixtinische Kapelle stattfinden, möchte sie Franziskus aber ausschließen, um eine Beeinflussung der Wähler auszuschließen.
Laut Bisignani habe Franziskus seit einiger Zeit vor allem zwei Namen im Blick. Einer davon gilt bereits seit Jahren als einer der möglichen Kronprinzen. Es handelt sich um Kardinal Matteo Zuppi, Angehöriger der Gemeinschaft von Sant’Egidio. Franziskus ließ ihn die Karriereleiter steil nach oben klettern, indem er ihn zuerst zum Erzbischof von Bologna (Hauptstadt und Machtzentrum der italienischen Linken) ernannte, dann zum Kardinal kreierte und schließlich auch zum Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz machte. Zuppi gilt als progressiver Pragmatiker, der der Homo- und Migranten-Agenda den roten Teppich ausrollt, aber auch den überlieferten Ritus leben läßt.
Der zweite Augapfel von Franziskus für seine Nachfolge ist laut Bisignani Kardinal Jean-Claude Hollerich, ein Jesuit wie Franziskus, Erzbischof von Luxemburg und bis 2023 auch Vorsitzender der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (COMECE). Die Sympathien, die ihm Franziskus entgegenbringt, zeigten sich mit Hollerichs Ernennung zum Generalrelator der Synodalitätssynode. Hollerich ist für seine politische Affinität zur globalistischen Agenda bekannt. Er unterstützt offen die Anerkennung der Homosexualität und schwenkte auch schnell und bereitwillig dazu um, im Einklang mit der EU-Führung Waffenlieferungen in die Ukraine zu rechtfertigen. Auch Hollerich wird bereits seit einigen Jahren als möglicher Franziskus-Nachfolger gehandelt.
Die Befürchtung von Franziskus sei, so Bisignani unter Berufung auf vatikanische Quellen, daß beide Genannten am Zwei-Drittel-Quorum scheitern könnten. Die beiden überzeugten Bergoglianer, so heißt es, seien nicht imstande, einen so breiten Konsens zu finden, Hollerich noch weniger als Zuppi. Zuppi fehle es allerdings an Unterstützung im „westlichen Block“ des Kardinalskollegiums.
Mit einer Wahlrechtsänderung, so Bisignani, wolle Franziskus vor allem Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin den Weg auf den Stuhl Petri versperren. Solche Gerüchte kursieren schon länger, zuletzt im Zusammenhang mit der bisher ausgebliebenen Neuwahl des Kardinaldekans. Parolin, so heißt es, habe aufgrund der Möglichkeiten seines Amtes mit zahlreichen Papstwählern bereits verhandelt und Vereinbarungen getroffen. Die Kunde davon sei bis zum Krankenbett von Franziskus gedrungen und habe ihn sehr irritiert.
Allerdings muß zu Bisignanis Erzählung einschränkend gesagt werden, daß Parolin bereits seit vielen Jahren an seiner möglichen Kandidatur arbeitet. Und sollte er nicht selbst ins Rennen gehen, hätte er auf alle Fälle ein möglicherweise entscheidendes Wort bei der Wahl des nächsten Papstes mitzureden. Gesichert ist, daß er bemüht ist, eine ansehnliche Gruppe von Papstwählern um sich zu scharen. Es geht also nicht nur um seine eigene Stimme, sondern um einen Stimmenblock.
Franziskus versuchte die Ausrichtung des Wahlkollegiums durch die massive Ernennung neuer Kardinäle zu bestimmen. Doch auch unter den Bergoglianern scheint nicht nur Harmonie zu herrschen. Parolin wird aufgrund seiner diplomatischen Zurückhaltung ein breiter Konsens als „Kompromißkandidat“ zugetraut. Hier setzt die Überlegung von Franziskus an, folgt man Bisignani, durch eine Wahlrechtsänderung das Quorum zu senken, was „Randkandidaten“, konkret radikaleren Bergoglianern, den Weg auf den Stuhl des Petrus öffnen könnte. Hier werden dem Jesuiten Hollerich bessere Chancen eingeräumt als Zuppi, eine progressive Mehrheit durchzusetzen.
Franziskus geht es darum, einen Nachfolger zu installieren, der sein Werk fortsetzt, also jene angestoßenen Prozesse, die Franziskus für „irreversibel“ erklärte.
Die Frage ist allerdings, ob Franziskus überhaupt noch die Zeit haben wird, eine solche Änderung durchzuführen. Und bekanntlich kommt es in einem Konklave möglicherweise ganz anders, als es geplant wird, auch wenn ein Papst plant.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
Die Überlegungen des Franziskus hin oder her, meine große Sorge als einfacher Gläubiger besteht doch darin, dass die Kirche unter einem neuen Papst weiter besteht und nicht in eine Schisma verfällt.
Beide Herren dürfen durch ihre öffentlich geäußerten Häresien als exkommuniziert betrachtet werden. Aus diesem Grund können sie auch niemals gültig zum Papst gewählt werden. – Einen „Papst“ Hollerich müsste man dann wirklich mit „ö“ schreiben, und damit ist schon sehr deutlich gesagt, wer diesen Leuten allenfalls auf den Stuhl Petri verhelfen könnte. Nur: Niemand ist gezwungen, eine solche „Wahl“ und einen solchen „Papst“ anzuerkennen. Und genau hier komnmt der einzelne Katholik ins Spiel und seine Verantwortung vor Gott!