Die synodale (Zwangs-)Kirche

Wie in Argentinien ein bereits gewählter Vorsitzender der Bischofskonferenz verzichten mußte, weil Papst Franziskus einen anderen Kandidaten wollte


Msgr. Marcelo Colombo, der neue Vorsitzende der Argentinischen Bischofskonferenz. Papst Franziskus wollte ihn, weshalb ein anderer, bereits gewählter Bischof verzichten mußte.
Msgr. Marcelo Colombo, der neue Vorsitzende der Argentinischen Bischofskonferenz. Papst Franziskus wollte ihn, weshalb ein anderer, bereits gewählter Bischof verzichten mußte.

Von Cami­nan­te Wanderer*

Anzei­ge

Ein argen­ti­ni­sches Sprich­wort besagt, daß eine Per­son mit über­mä­ßi­gem Ehr­geiz „die Sau und die zwan­zig Schwein­chen“ haben will. Das ist der Fall von Papst Fran­zis­kus, der in bestimm­ten Berei­chen der Kir­che den Anspruch gel­tend macht, alle Hebel in der Hand zu haben. Einer die­ser Berei­che ist die Argen­ti­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz. Wir erin­nern uns: Als er bei der Voll­ver­samm­lung der Bischofs­kon­fe­renz 2017 eine Rebel­li­on ver­mu­te­te, die sich der Wahl des von ihm gewünsch­ten Vor­sit­zen­den wider­setz­te, kon­kret der Wahl von Msgr. Oscar Vicen­te Ojea Quin­ta­na, Bischof von San Isidro, schick­te er Erz­bi­schof Paul Richard Gal­lag­her, einen der höch­sten Ver­tre­ter des Staats­se­kre­ta­ri­ats, per­sön­lich nach Argen­ti­ni­en, um Ord­nung im Stall zu machen.

Bei der Voll­ver­samm­lung der Bischofs­kon­fe­renz in der ver­gan­ge­nen Woche wur­de der Auf­stand nur halb­her­zig in die Tat umge­setzt. Bekannt ist folgendes:

1. Bei der Wahl des Vor­sit­zen­den wuß­ten alle Bischö­fe, daß der päpst­li­che Wil­le, ganz syn­odal, die Wahl von Bischof Mar­ce­lo Colom­bo, Erz­bi­schof von Men­do­za, ver­lang­te. Die mei­sten Stim­men erhielt jedoch Msgr. Cesar Fernán­dez, der Bischof von Jujuy, der als näch­ster Erz­bi­schof von Paraná genannt wird. Die Berg­o­glia­ner dreh­ten durch. Sie hat­ten es nicht kom­men sehen. Sie mach­ten Druck und droh­ten, und pro bono pacis zog Msgr. Cesar Fernán­dez sei­ne Kan­di­da­tur zurück. Und so wur­de schließ­lich doch Colom­bo gewählt, und Fernán­dez wur­de zwei­ter stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der. Ich ken­ne den Grund nicht, wes­halb die argen­ti­ni­schen Bischö­fe auf Fernán­dez als neu­en Vor­sit­zen­den dräng­ten. Viel­leicht war es ein­fach eine Art, ihre Oppo­si­ti­on oder zumin­dest ihre Nicht-Unter­ord­nung unter den syn­oda­len Papst Fran­zis­kus zu zei­gen.

2. Die­se Ableh­nung wur­de auch in einem Mani­fest der elf Bischö­fe der Regi­on Nord­ost-Argen­ti­ni­en (NEA) deut­lich, in dem sie Berg­o­glio scharf und offen kritisierten.

3. Wahr­schein­lich ist einer der Grün­de der, daß sie es satt haben, der von San­ta Mar­ta abhän­gi­gen Mafia unter­wor­fen zu sein. So ist zum Bei­spiel die Rache von Bischof Colom­bo durch Lügen und Tricks gegen Bischof Alber­to Bocha­tey OSA, den bis­he­ri­gen Gene­ral­se­kre­tär der Argen­ti­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, der sei­nen Ver­bleib im Amt als selbst­ver­ständ­lich ansah, sehr schlecht aus­ge­gan­gen. [Der Bischof aus dem Augu­sti­ner­or­den, so sagen die Brü­der der Gene­ral­ku­rie in Rom, sei immer schon sehr ehr­gei­zig gewe­sen.] Zur Bestä­ti­gung Bocha­teys kam es nicht. Statt­des­sen wur­de, auf­grund eines Miß­ver­ständ­nis­ses zwi­schen dem neu­en Vor­sit­zen­den Colom­bo und dem schei­den­den Vor­sit­zen­den Ojea, Bischof Raúl Pizar­ro, Weih­bi­schof von San Isidro, ein Schü­ler Ojeas, zum Gene­ral­se­kre­tär ernannt. Nach­dem die Bischö­fe von die­sem Miß­stand erfah­ren hat­ten, setz­ten sie Bischof Bocha­tey kur­zer­hand als Vor­sit­zen­den der Kom­mis­si­on für Glau­ben und Kul­tur ein.

4. Etwas Ähn­li­ches geschah mit Msgr. Jor­ge Schei­nig, Erz­bi­schof von Mer­ce­des-Luján. Er ist einer der Lieb­lin­ge von Berg­o­glio und sei­ner Nomen­kla­tu­ra, und er war über­zeugt, daß der römi­sche Druck und das Hät­scheln funk­tio­nie­ren wür­den und daß er in die neue Füh­rung gewählt wer­den wür­de. Er war sich so sicher, daß er sich für kei­ne Kom­mis­si­on mel­de­te. Als er dann aber sah, daß sein Name nicht ein­mal auf dem Zet­tel stand, mel­de­te er sich schnell noch recht­zei­tig für den Vor­sitz der Bil­dungs­kom­mis­si­on an, in der Über­zeu­gung, daß er die Num­mer eins sei… Nun, er unter­lag gegen den Weih­bi­schof von La Pla­ta, Jor­ge Gon­za­lez, mit sieb­zig zu zwan­zig Stimmen!

5. Eine der begehr­te­sten Kom­mis­sio­nen ist die der Cari­tas. Es geht um viel Geld und garan­tier­te Medi­en­prä­senz. Die über­wie­gen­de Mehr­heit der Stim­men für den Vor­sitz ging an einen unbe­kann­ten pata­go­ni­schen Bischof, zum Ent­set­zen der Vil­le­ros-Bischö­fe, die sahen, wie ihnen ein Amt ent­glitt, das sie von Natur aus als das ihre betrach­ten. Erneut begann der syn­oda­le Druck. Auch der pata­go­ni­sche Bischof zog sich schließ­lich zurück und Bischof Gustavo Car­ra­ra, Weih­bi­schof von Bue­nos Aires, wur­de gewählt.

6. Ein Zei­chen für die anti-berg­o­glia­ni­sche Stim­mung, die auf der Herbst­ver­samm­lung der Bischö­fe herrsch­te, war die Auf­re­gung, die die Wahl von Bischof Enri­que Eguía Seguí, Prä­lat von Deán Funes, zum Vor­sit­zen­den der Bischöf­li­chen Kom­mis­si­on für die Hoch­schul­seel­sor­ge aus­lö­ste, der im ersten Wahl­gang mit über­wäl­ti­gen­der Mehr­heit gewählt wur­de. Sei­ne Ernen­nung wur­de von tosen­dem Bei­fall beglei­tet. Im Jahr 2022 war Bischof Eguía Seguí auf direk­ten Befehl von Berg­o­glio in die Ver­las­sen­heit der Pam­pa von Cór­do­ba ver­bannt wor­den, nach einer ver­wir­ren­den Epi­so­de, in der er zusam­men mit ande­ren Prie­stern aus öko­no­mi­schen Grün­den in den Schmutz gezo­gen, aber von Kar­di­nal Mario Aure­lio Poli [bis 2023 Berg­o­gli­os Nach­fol­ger als Erz­bi­schof von Bue­nos Aires] öffent­lich ver­tei­digt wor­den war.

7. Die „Ver­ban­nung“ des Erz­bi­schofs von Bue­nos Aires, Jor­ge Gar­cía Cuer­va, sorgt wei­ter­hin für Ver­wun­de­rung. Sei­ne Funk­tio­nen wur­den auf die eines zwei­ten Mit­glieds der bischöf­li­chen Kom­mis­si­on für die Gefäng­nis­seel­sor­ge und eines drit­ten Mit­glieds der bischöf­li­chen Kom­mis­si­on für Glau­ben und Kul­tur redu­ziert. Der stets gut infor­mier­te spa­ni­sche Blog Cigüeña de la Tor­re infor­miert uns, daß „laut einem ein­fluß­rei­chen Prä­la­ten“ der Papst sehr ver­är­gert ist, weil Jor­gi­to „auf sehr unab­hän­gi­ge Wei­se Maß­nah­men ergrif­fen hat, die den Wün­schen von San­ta Mar­ta zuwi­der­lau­fen“. Vor zwei jun­gen argen­ti­ni­schen Prie­stern, die ihm assi­stie­ren, soll der Papst sei­nen Unmut über die radi­ka­len Ver­än­de­run­gen geäu­ßert haben, die Gar­cía Cuer­va im Prie­ster­se­mi­nar und bei eini­gen Ernen­nun­gen von Pfar­rern vor­ge­nom­men hat. Berg­o­glio mag so viel Auto­no­mie nicht. Die Syn­oda­li­tät hat Gren­zen. Alles muß mit ihm abge­spro­chen wer­den. Ande­rer­seits steht die Erz­diö­ze­se vor ern­sten finan­zi­el­len Pro­ble­men, die der pero­ni­sti­sche Erz­bi­schof nicht zu lösen wuß­te und die zur Schlie­ßung des Kle­rus­hau­ses führ­te, wodurch eine gro­ße Anzahl von Prie­stern nun auf der Stra­ße steht. Man schätzt, daß er auch meh­re­re Pfarr­schu­len schlie­ßen muß. Und der spa­ni­sche Jour­na­list füg­te hin­zu, daß „es laut dem­sel­ben Prä­la­ten sehr wahr­schein­lich ist, daß eini­ge Skan­da­le auf­tau­chen wer­den, wie der eines bekann­ten Pfar­rers im Zen­trum von Bue­nos Aires und sei­ne Nei­gun­gen con­tra naturam“. „Krät­ze mit Geschmack juckt nicht“, sagt ein ande­res Sprich­wort. Hei­li­ger Vater, wenn Sie schon Bischö­fe nur aus Sym­pa­thie aus­wäh­len, weil Sie Ihre Geg­ner ärgern wol­len, aber nicht auf die wirk­li­chen Fähig­kei­ten der Kan­di­da­ten ach­ten, dann beschwe­ren Sie sich danach nicht, denn Sie könn­ten dabei erwischt wer­den, wie es schon so oft gesche­hen ist.

8. Mar­ce­lo Colom­bo, der neue Vor­sit­zen­de der Argen­ti­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, hat bereits sei­ne ersten Äuße­run­gen in den Medi­en gemacht. Wie zu erwar­ten war, nah­men sie in allen Fäl­len einen klei­nen Platz in den seit­li­chen Spal­ten der Titel­sei­ten ein und hiel­ten kaum vier oder fünf Stun­den an. Nie­mand inter­es­siert sich für das, was er sagen könn­te, nicht ein­mal die Non­nen, so sehr sie bischöf­li­che Wor­te auch lie­ben. Es ist die tota­le Belang­lo­sig­keit, von der wir bereits gespro­chen haben.

*Cami­nan­te Wan­de­rer, argen­ti­ni­scher Blog­ger und Philosoph

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cami­nan­te Wanderer

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