
Papst Franziskus wurde von Bloomberg in die Liste der 500 einflußreichsten Personen Lateinamerikas aufgenommen. Was als positiv präsentiert wird, ist vielmehr ein Zeichen der Schwäche, in die Franziskus das Papsttum geführt hat.
„Das Oberhaupt der katholischen Kirche ist eine der einflußreichsten Personen in der Region und in der Welt. Aus diesem Grund wurde er in die Liste der einflußreichsten Personen in Lateinamerika aufgenommen“, schreibt Bloomberg, eines der führenden Medienunternehmen der Welt.
Als Begründung für die Aufnahme nennt Bloomberg: „Jorge Mario Bergoglio, Papst Franziskus, wurde 1936 in Buenos Aires, Argentinien, geboren und ist der erste Pontifex aus Lateinamerika und auch der erste Jesuit in der Geschichte der katholischen Kirche, der diese Würde innehat. In diesem Jahr steht er auf der Liste der einflußreichsten Personen Lateinamerikas, die jährlich von Bloomberg Linea erstellt wird.
Seine Wahl im März 2013 war sowohl für die Region als auch für die Welt von großer Bedeutung, denn Franziskus hat nicht nur in religiösen, sondern auch in sozialen, politischen und ökologischen Fragen einen bemerkenswerten Einfluß ausgeübt.“
Franziskus habe als erster Papst am G7-Gipfel teilgenommen, setze sich für einen verstärkten interreligiösen Dialog ein und habe zahlreiche führende Staatsmänner getroffen, von denen namentlich Joe Biden, Emmanuel Macron und Luiz Inacio Lula da Silva genannt werden. Weiter heißt es:
Es „ist unbestreitbar, daß seine Amtsführung die Kirche in den Mittelpunkt der Debatte über Themen gerückt hat, die zuvor vielleicht als Tabu galten“.
Etwas bescheiden fällt Bloombergs Gewichtung der Kirche aus, schließlich existiert weltweit keine annähernd so große organisierte Religionsgemeinschaft. Die nächstgrößte christliche Kirche ist die russisch-orthodoxe Kirche mit rund 110 Millionen Gläubigen. Alle anderen sind wesentlich kleiner. Die protestantischen Denominationen zählen einige Millionen bis einige hundert Gläubige. Gleiches gilt für den Islam und andere Religionen, die über keine zentrale Autorität verfügen:

„Mit mehr als 1,39 Milliarden Katholiken weltweit ist die katholische Kirche nach wie vor eine der größten und ältesten religiösen Institutionen der Welt. Papst Franziskus hat als Oberhaupt dieser Institution einen direkten Einfluß auf diese Gläubigen, aber sein Einfluß geht über den religiösen Bereich hinaus.“
An anderer Stelle der Begründung schreibt Bloomberg, daß der Einfluß von Franziskus eine „globale Reichweite“ habe. Der päpstliche Einsatz für die globalistische Agenda ist auch der Grund, der Bloomberg überzeugte, ihn durch die Aufnahme unter die einflußreichsten Lateinamerikaner zu ehren:
„In seiner Enzyklika Laudato Si‘, die 2015 veröffentlicht wurde, befaßte sich der Papst mit dem Thema Klimawandel und der Notwendigkeit einer ‚integralen Ökologie‘. Diese Intervention wurde als Versuch gewertet, die katholische Lehre mit aktuellen Themen wie der Umweltkrise und wirtschaftlicher Ungleichheit zu verknüpfen, was die Aufmerksamkeit von Politikern, Wissenschaftlern und Aktivisten weltweit auf sich zog. Sein Beharren auf diesen Themen hat seine Person in internationalen Foren wie den Vereinten Nationen relevant gemacht, wo seine Worte großes Gewicht haben.“
Dann gerät die Analyse allerdings vollends ins Strudeln:
„Die Wahl eines lateinamerikanischen Papstes, die zum ersten Mal in der Geschichte stattfand, hatte bemerkenswerte Auswirkungen auf die Region. Lateinamerika, in dem rund 40 % der katholischen Weltbevölkerung leben, ist seit Jahrhunderten eine wichtige Bastion für die Kirche. In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl der Katholiken in der Region jedoch zurückgegangen, während die Zahl der protestantischen Konfessionen gestiegen ist und die Säkularisierung zugenommen hat. Franziskus hat sich bemüht, die Kirche in dieser Region neu zu beleben, indem er sich auf die sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten konzentriert, von denen viele der Länder betroffen sind.“
Tatsächlich liegen die Verhältnisse nämlich umgekehrt. Die protestantischen Konfessionen, meist US-amerikanischer Provenienz, konnten deshalb so stark Fuß fassen, weil sich die katholische Kirche in Lateinamerika einseitig auf soziale und wirtschaftliche Fragen konzentrierte und dies mit einem stark marxistischen Einschlag tat.
Und noch ein Thema darf natürlich nicht fehlen: „Darüber hinaus hat Franziskus auf mehr Offenheit in Fragen wie der Kommunion für Geschiedene und Wiederverheiratete gedrängt und sich um eine offenere Haltung gegenüber der LGBTQ+-Gemeinschaft bemüht. Diese Entscheidungen haben zu internen Debatten innerhalb der Kirche geführt, wobei konservativere Kreise ihre Ablehnung zum Ausdruck brachten, während andere ihn als eine integrativere und modernere Führungspersönlichkeit ansehen.“
Bloombergs Resümee lautet:
„Kurz gesagt, Papst Franziskus ist eine der einflußreichsten Persönlichkeiten in Lateinamerika und der Welt, weil er eine der ältesten und größten Institutionen der Welt leitet und sich auf soziale und ökologische Fragen konzentriert, die sowohl seine Gläubigen als auch die Menschheit insgesamt betreffen.“
Bloomberg ist ein primär auf Wirtschaft und Finanzen ausgerichtetes Medienunternehmen samt eigener Nachrichtenagentur. Zu den Kriterien für die Aufnahme in die Liste der einflußreichsten Persönlichkeiten schreibt Bloomberg: „Das Redaktionsteam von Bloomberg Línea hat in mehr als 20 Ländern der Region recherchiert, um Wirtschaftsführer, Unternehmer, Philanthropen, Sportler, Aktivisten, öffentlichen Amtsträgern und Wissenschaftler hervorzuheben“.
Politiker finden sich in der Liste keine, insofern ist die Aufnahme von Papst Franziskus als Staats- und Kirchenführer eine Ausnahme. Zugleich zeigt seine Aufnahme im zwölften Jahr seines Pontifikats – er ist immerhin der erste Papst überhaupt, der aus Lateinamerika stammt – und die damit verbundene Begründung, auch seine Schwäche an. Lateinamerika ist noch immer ein vorwiegend katholischer Kontinent, doch scheint der argentinische Papst in Wirklichkeit wenig Einfluß auf die dortigen Katholiken zu haben. Zudem muß ein Papst, um im globalistischen Kontext Aufmerksamkeit zu finden – Bloomberg gehört zum globalen Mainstream –, die globalistische Agenda unterstützen, wie seine Ehrung unter den Top 500 Lateinamerikas zeigt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Bloomberg (Screenshots)