Papst Franziskus gehört zu den Top 500 von Bloomberg

Für die Welt stark, für die Kirche schwach


Bloomberg veröffentlichte die Top 500 der einflußreichsten Personen Lateinamerikas für das Jahr 2024. Darunter findet sich auch Papst Franziskus
Bloomberg veröffentlichte die Top 500 der einflußreichsten Personen Lateinamerikas für das Jahr 2024. Darunter findet sich auch Papst Franziskus

Papst Fran­zis­kus wur­de von Bloom­berg in die Liste der 500 ein­fluß­reich­sten Per­so­nen Latein­ame­ri­kas auf­ge­nom­men. Was als posi­tiv prä­sen­tiert wird, ist viel­mehr ein Zei­chen der Schwä­che, in die Fran­zis­kus das Papst­tum geführt hat.

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„Das Ober­haupt der katho­li­schen Kir­che ist eine der ein­fluß­reich­sten Per­so­nen in der Regi­on und in der Welt. Aus die­sem Grund wur­de er in die Liste der ein­fluß­reich­sten Per­so­nen in Latein­ame­ri­ka auf­ge­nom­men“, schreibt Bloom­berg, eines der füh­ren­den Medi­en­un­ter­neh­men der Welt.

Als Begrün­dung für die Auf­nah­me nennt Bloom­berg: „Jor­ge Mario Berg­o­glio, Papst Fran­zis­kus, wur­de 1936 in Bue­nos Aires, Argen­ti­ni­en, gebo­ren und ist der erste Pon­ti­fex aus Latein­ame­ri­ka und auch der erste Jesu­it in der Geschich­te der katho­li­schen Kir­che, der die­se Wür­de inne­hat. In die­sem Jahr steht er auf der Liste der ein­fluß­reich­sten Per­so­nen Latein­ame­ri­kas, die jähr­lich von Bloom­berg Linea erstellt wird.
Sei­ne Wahl im März 2013 war sowohl für die Regi­on als auch für die Welt von gro­ßer Bedeu­tung, denn Fran­zis­kus hat nicht nur in reli­giö­sen, son­dern auch in sozia­len, poli­ti­schen und öko­lo­gi­schen Fra­gen einen bemer­kens­wer­ten Ein­fluß ausgeübt.“

Fran­zis­kus habe als erster Papst am G7-Gip­fel teil­ge­nom­men, set­ze sich für einen ver­stärk­ten inter­re­li­giö­sen Dia­log ein und habe zahl­rei­che füh­ren­de Staats­män­ner getrof­fen, von denen nament­lich Joe Biden, Emma­nu­el Macron und Luiz Ina­cio Lula da Sil­va genannt wer­den. Wei­ter heißt es:

Es „ist unbe­streit­bar, daß sei­ne Amts­füh­rung die Kir­che in den Mit­tel­punkt der Debat­te über The­men gerückt hat, die zuvor viel­leicht als Tabu galten“.

Etwas beschei­den fällt Bloom­bergs Gewich­tung der Kir­che aus, schließ­lich exi­stiert welt­weit kei­ne annä­hernd so gro­ße orga­ni­sier­te Reli­gi­ons­ge­mein­schaft. Die nächst­größ­te christ­li­che Kir­che ist die rus­sisch-ortho­do­xe Kir­che mit rund 110 Mil­lio­nen Gläu­bi­gen. Alle ande­ren sind wesent­lich klei­ner. Die pro­te­stan­ti­schen Deno­mi­na­tio­nen zäh­len eini­ge Mil­lio­nen bis eini­ge hun­dert Gläu­bi­ge. Glei­ches gilt für den Islam und ande­re Reli­gio­nen, die über kei­ne zen­tra­le Auto­ri­tät verfügen:

Was Fran­zis­kus für Bloom­berg inter­es­sant macht, zeigt sei­ne Schwä­che für die Kir­che auf

„Mit mehr als 1,39 Mil­li­ar­den Katho­li­ken welt­weit ist die katho­li­sche Kir­che nach wie vor eine der größ­ten und älte­sten reli­giö­sen Insti­tu­tio­nen der Welt. Papst Fran­zis­kus hat als Ober­haupt die­ser Insti­tu­ti­on einen direk­ten Ein­fluß auf die­se Gläu­bi­gen, aber sein Ein­fluß geht über den reli­giö­sen Bereich hinaus.“

An ande­rer Stel­le der Begrün­dung schreibt Bloom­berg, daß der Ein­fluß von Fran­zis­kus eine „glo­ba­le Reich­wei­te“ habe. Der päpst­li­che Ein­satz für die glo­ba­li­sti­sche Agen­da ist auch der Grund, der Bloom­berg über­zeug­te, ihn durch die Auf­nah­me unter die ein­fluß­reich­sten Latein­ame­ri­ka­ner zu ehren:

„In sei­ner Enzy­kli­ka Lau­da­to Si‘, die 2015 ver­öf­fent­licht wur­de, befaß­te sich der Papst mit dem The­ma Kli­ma­wan­del und der Not­wen­dig­keit einer ‚inte­gra­len Öko­lo­gie‘. Die­se Inter­ven­ti­on wur­de als Ver­such gewer­tet, die katho­li­sche Leh­re mit aktu­el­len The­men wie der Umwelt­kri­se und wirt­schaft­li­cher Ungleich­heit zu ver­knüp­fen, was die Auf­merk­sam­keit von Poli­ti­kern, Wis­sen­schaft­lern und Akti­vi­sten welt­weit auf sich zog. Sein Behar­ren auf die­sen The­men hat sei­ne Per­son in inter­na­tio­na­len Foren wie den Ver­ein­ten Natio­nen rele­vant gemacht, wo sei­ne Wor­te gro­ßes Gewicht haben.“

Dann gerät die Ana­ly­se aller­dings voll­ends ins Strudeln:

„Die Wahl eines latein­ame­ri­ka­ni­schen Pap­stes, die zum ersten Mal in der Geschich­te statt­fand, hat­te bemer­kens­wer­te Aus­wir­kun­gen auf die Regi­on. Latein­ame­ri­ka, in dem rund 40 % der katho­li­schen Welt­be­völ­ke­rung leben, ist seit Jahr­hun­der­ten eine wich­ti­ge Basti­on für die Kir­che. In den letz­ten Jahr­zehn­ten ist die Zahl der Katho­li­ken in der Regi­on jedoch zurück­ge­gan­gen, wäh­rend die Zahl der pro­te­stan­ti­schen Kon­fes­sio­nen gestie­gen ist und die Säku­la­ri­sie­rung zuge­nom­men hat. Fran­zis­kus hat sich bemüht, die Kir­che in die­ser Regi­on neu zu bele­ben, indem er sich auf die sozia­len und wirt­schaft­li­chen Ungleich­hei­ten kon­zen­triert, von denen vie­le der Län­der betrof­fen sind.“

Tat­säch­lich lie­gen die Ver­hält­nis­se näm­lich umge­kehrt. Die pro­te­stan­ti­schen Kon­fes­sio­nen, meist US-ame­ri­ka­ni­scher Pro­ve­ni­enz, konn­ten des­halb so stark Fuß fas­sen, weil sich die katho­li­sche Kir­che in Latein­ame­ri­ka ein­sei­tig auf sozia­le und wirt­schaft­li­che Fra­gen kon­zen­trier­te und dies mit einem stark mar­xi­sti­schen Ein­schlag tat.

Und noch ein The­ma darf natür­lich nicht feh­len: „Dar­über hin­aus hat Fran­zis­kus auf mehr Offen­heit in Fra­gen wie der Kom­mu­ni­on für Geschie­de­ne und Wie­der­ver­hei­ra­te­te gedrängt und sich um eine offe­ne­re Hal­tung gegen­über der LGBTQ+-Gemeinschaft bemüht. Die­se Ent­schei­dun­gen haben zu inter­nen Debat­ten inner­halb der Kir­che geführt, wobei kon­ser­va­ti­ve­re Krei­se ihre Ableh­nung zum Aus­druck brach­ten, wäh­rend ande­re ihn als eine inte­gra­ti­ve­re und moder­ne­re Füh­rungs­per­sön­lich­keit ansehen.“

Bloom­bergs Resü­mee lautet:

„Kurz gesagt, Papst Fran­zis­kus ist eine der ein­fluß­reich­sten Per­sön­lich­kei­ten in Latein­ame­ri­ka und der Welt, weil er eine der älte­sten und größ­ten Insti­tu­tio­nen der Welt lei­tet und sich auf sozia­le und öko­lo­gi­sche Fra­gen kon­zen­triert, die sowohl sei­ne Gläu­bi­gen als auch die Mensch­heit ins­ge­samt betreffen.“

Bloom­berg ist ein pri­mär auf Wirt­schaft und Finan­zen aus­ge­rich­te­tes Medi­en­un­ter­neh­men samt eige­ner Nach­rich­ten­agen­tur. Zu den Kri­te­ri­en für die Auf­nah­me in die Liste der ein­fluß­reich­sten Per­sön­lich­kei­ten schreibt Bloom­berg: „Das Redak­ti­ons­team von Bloom­berg Línea hat in mehr als 20 Län­dern der Regi­on recher­chiert, um Wirt­schafts­füh­rer, Unter­neh­mer, Phil­an­thro­pen, Sport­ler, Akti­vi­sten, öffent­li­chen Amts­trä­gern und Wis­sen­schaft­ler hervorzuheben“.

Poli­ti­ker fin­den sich in der Liste kei­ne, inso­fern ist die Auf­nah­me von Papst Fran­zis­kus als Staats- und Kir­chen­füh­rer eine Aus­nah­me. Zugleich zeigt sei­ne Auf­nah­me im zwölf­ten Jahr sei­nes Pon­ti­fi­kats – er ist immer­hin der erste Papst über­haupt, der aus Latein­ame­ri­ka stammt – und die damit ver­bun­de­ne Begrün­dung, auch sei­ne Schwä­che an. Latein­ame­ri­ka ist noch immer ein vor­wie­gend katho­li­scher Kon­ti­nent, doch scheint der argen­ti­ni­sche Papst in Wirk­lich­keit wenig Ein­fluß auf die dor­ti­gen Katho­li­ken zu haben. Zudem muß ein Papst, um im glo­ba­li­sti­schen Kon­text Auf­merk­sam­keit zu fin­den – Bloom­berg gehört zum glo­ba­len Main­stream –, die glo­ba­li­sti­sche Agen­da unter­stüt­zen, wie sei­ne Ehrung unter den Top 500 Latein­ame­ri­kas zeigt.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Bloom­berg (Screen­shots)

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

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