Der folgende Artikel des US-amerikanischen Ökonomen John Horvath über den anhaltenden Trend in den USA zu Hauskapellen ließe sich noch um einige Aspekte erweitern, etwa die Sorge, wieder in die Katakomben zurückgedrängt zu werden, die nicht nur in traditionsverbundenen Kreisen wegen des überlieferten Ritus anzutreffen ist, sondern ingesamt unter Christen wegen einer zunehmenden antichristlichen Unduldsamkeit laizistischer Kräfte. Die Errichtung von Hauskapellen in den verschiedensten Größen, von einer Nische im Haus bis zu einem eigenen Gebäude, kann auch, das gilt allerdings mehr für Europa, als Vorsorgemaßnahme zur Schaffung von Meßorten gesehen werden. Hier der Text von John Horvath, der auf den Trend in den USA aufmerksam macht, über den vor kurzem das Wall Street Journal berichtete.
Die Hauskapelle füllt eine spirituelle Lücke
Von John Horvath*
Was kann man dem Hausbesitzer bieten, der schon alles hat? In der heutigen materialistischen Welt ist die Antwort immer, nach etwas Neuem und Trendigem zu suchen. Der Markt ist voll von neuen Gadgets und Haushaltsgegenständen, die den Komfort maximieren. Einige große Hausbesitzer suchen jedoch nach etwas, das über das Materielle hinausgeht, und bauen sich eine Hauskapelle.
Der neue Trend zu Hauskapellen
Das Wall Street Journal berichtet, daß in großen amerikanischen Häusern zunehmend Hauskapellen zu finden sind. Dieser Trend ist ein überraschender Ausdruck eines lange vernachlässigten spirituellen Bedürfnisses.
Man sollte meinen, daß Hauskapellen in mittelalterlichen Feudalschlössern zu finden sind, nicht in modernen Stadtvierteln. In katholischeren Zeiten hatten große Familien oft Kapellen in ihren Häusern, um für das geistliche Wohl ihrer Familienangehörigen, aber auch der Bediensteten zu sorgen. Heute haben Kapellen einen persönlicheren Zweck als in der Vergangenheit. Sie können im Haus oder in einem „Nebengebäude“ untergebracht werden. Sie erheben nicht den Anspruch, die Kirche zu ersetzen, der die Eigentümer angehören, oder Dienste außerhalb der Familie anzubieten.
Private Räume, die für Gott reserviert sind
Familien errichten diese privaten und ruhigen Räume, um darin Hochzeiten, Taufen oder besondere Ereignisse zu feiern, die ihre Existenz kennzeichnen.
In einem schnellebigen Alltag kann eine Kapelle auch das Tempo drosseln und einen ruhigen Ort für Gebet und Meditation bieten. Sie ist ein Raum, der für das Gespräch mit Gott reserviert ist.
Wir sprechen hier nicht von einfachen Oratorien oder Gebetsecken. Die Kosten für den Bau und die Einrichtung dieser neuen Strukturen können Hunderttausende von Dollar betragen. Architekten berichten, daß diese Bauten keine vorübergehende Modeerscheinung sind. Es handelt sich um einen Trend, der seit drei Jahrzehnten anhält und in Zahl und Qualität zunimmt.
Die Nachfrage nach sakralen Räumen
Die Nachfrage nach einem sakralen Raum hat dazu geführt, daß ganze Architekturschulen entstanden sind, die sich auf die Gestaltung traditioneller religiöser Strukturen spezialisiert haben, die die Seele ansprechen.
Eine dieser Schulen befindet sich an der Universität von Notre Dame. Ihr Institut für Sakralarchitektur befaßt sich mit privaten Kapellen sowie mit Klöstern und Pfarreien, die wieder zu Orten werden wollen, die nicht an Flugzeughangars erinnern. Viele der Projekte dieser Schule ähneln erhabenen mittelalterlichen Kirchen. Ihre Zeitschrift, das Sacred Architecture Journal, betont die Ablehnung der brutalistischen und modernistischen nachkonziliaren architektonischen Strukturen der katholischen Kirche, die seither die kirchliche Landschaft überziehen.
Einer der Artikel verkündet berechtigterweise: „Schönheit ist notwendig für das Gebet“.
Der Trend zu aufwendigeren Umgebungen
„Früher wollten die Menschen etwas sehr Einfaches“, sagt Duncan Stroik, Herausgeber der Zeitschrift. „In den vergangenen 20 Jahren denken die Leute hingegen: ‚Warum soll dieser Raum nicht der schönste Raum im Haus sein?‘“
Tatsächlich sind diese Kapellen im Laufe der Jahre immer aufwendiger geworden, mit spezieller Beleuchtung, hohen Decken, Buntglas, gotischen Bögen und vergoldeten Säulen. Zur Ausstattung gehören alte Altäre, Kniebänke, Kirchenbänke, Weihwasserbecken und verzierte Statuen.
Ironischerweise stammt ein Großteil der Einrichtungsgegenstände in den neuen Kapellen aus Kirchen, die in den 1960er und 1970er Jahren entkernt wurden, um Platz für den sterilen Brutalismus zu schaffen, der eine ähnlich karge Theologie widerspiegelt. Alles, was damals weggeworfen wurde, ist nun bei den neuen Kapellenbauern gefragt.
Um die Nachfrage zu befriedigen, sind im ganzen Land Händler für sakrales Mobiliar entstanden, die einen boomenden Markt von Liebhabern des Sakralen bedienen. Es heißt, daß Hausbesitzer leicht 10.000 Dollar für die Einrichtung ihrer neuen Kapellen ausgeben können.
Der Durst nach dem Göttlichen
Das Aufkommen von Hauskapellen ist in einem breiteren Kontext zu sehen als nur dem eines zusätzlichen Accessoires, das den Wert eines Hauses steigert. Dieser Trend füllt eine Lücke. Diese Bemühungen geschehen spontan, ohne die aktive Beteiligung offizieller Kirchenvertreter. Die Menschen verspüren ganz natürlich das Bedürfnis, sich in ihrem Leben an Gott zu wenden und selbst zu handeln.
Der Trend ist also eine Sehnsucht nach etwas, das über die Bequemlichkeit hinausgeht. Wenn Menschen ihre Kapellen bauen, suchen sie nach dem Guten, Wahren und Schönen, das sie im Göttlichen finden. In der Stille des heiligen Raums kann die Seele über den Sinn des Lebens nachdenken und beten und um göttliche Hilfe bitten. Vor allem aber kann Gott zur Seele sprechen.
Mit dem Bau einer Kapelle lädt der Eigentümer Gott in sein Haus ein. Er stellt die Vorrangstellung Gottes fest, indem er die Kapelle zum schönsten Raum des Hauses macht. Kapellenbauer sind ein Paradox: Angesichts der Leere der postmodernen Welt, die alles verspricht, wollen sie sie mit dem einzigen füllen, was die Seele befriedigen kann.
*John Horvath II., Vorstandsmitglied der Amerikanischen Gesellschaft zur Verteidigung von Tradition, Familie und Privateigentum (TFP). Seit mehr als zwei Jahrzehnten erforscht und analysiert er, was in der Kultur und Wirtschaft der USA schiefläuft. Er veröffentlichte dazu das Standardwerk: „Return to Order. From a Frenzied Economy to an Organic Christian Society“ Seine Analysen wurden in Medien wie Wall Street Journal, der Christian Post, American Thinker, TheBlaze, Crisis, FOX News und der Washington Times veröffentlicht.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: WSJ (Screenshot)