
Seit dem tragischen Ende des Templerordens im Jahr 1312 ranken sich zahlreiche abenteuerliche und auch phantasievolle Erzählungen um ihn. Damit wurde sein Erbe eher verdunkelt. Eine spanische Vereinigung behauptet, der rechtmäßige Nachfolger des Templerordens zu sein und hat Papst Franziskus verklagt.
Nur in Portugal wurde der Templerorden im frühen 14. Jahrhundert durch Namensänderung in den neuen Orden der Ritterschaft Jesu Christi übergeführt, der als Christusorden bekannt wurde. Portugal wollte in der Reconquista nicht auf den militärischen Arm des bewährten Ordens verzichten. Der Christusorden wurde allerdings in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgelöst.
Erst im frühen 18. Jahrhundert kam es Frankreich, dem historischen Zentrum des Templerordens, zu sehr unterschiedlichen Wiederbelebungsversuchen. Das Spektrum reichte von Laienritterorden über seltsame und dunkle Konstruktionen im Rahmen der Freimaurerei bis zur Wiedergründung durch Napoleon. Keiner dieser Versuche entsprach dem ursprünglichen monastischen Ritterorden. Das Interesse war mehr historischer, ideeller oder gnostischer/esoterischer Natur.
Heute existieren weltweit eine Vielzahl von Vereinigungen aller Art, die sich auf ein angebliches Templererbe berufen. Meist ist der Anspruch größer als die Wirklichkeit. Das zeigt sich schon daran, daß manche Orden ökumenisch, andere freimaurerisch und wieder andere konfessionslos sind.
Die Kirche erkennt keine von ihnen als Nachfolgerin des 1312 aufgehobenen Templerordens an. Allein der Papst könnte den alten Orden wiederbeleben, denn ein kanonisch errichteter Orden kann nicht mehr ausgelöscht, sondern nur ruhend gestellt werden. Der Templerorden ist seit über 700 Jahren ruhend. Er könnte daher jederzeit wieder mit Leben erfüllt werden. Allerdings fand sich bisher kein Proponent, der mit dem nötigen geistlichen Ernst einen religiösen Orden wiederbeleben wollte.
Unter den zahlreichen Gruppen, die sich auf den Orden berufen, befindet sich auch die spanische Vereinigung Asociación Orden Soberana del Temple de Cristo („Souveräner Orden des Tempels Christi“). Sie beansprucht, die rechtmäßige Nachfolgeorganisation des einstigen Templerordens zu sein, und hat eine Klage gegen Papst Franziskus eingebracht, mit der sie die Rehabilitierung des Ordens fordert.
Die Kläger erklären in ihrer Eingabe, daß der Orden 1312 auf dem Konzil von Vienne mit der Bulle Vox Calamantis „unrechtmäßig“ suspendiert wurde, „nicht aufgrund eines gerichtlichen Urteils, sondern aufgrund eines apostolischen Erlasses von Papst Clemens V.“, und behaupten, daß „das ein großer Fehler war“, der vom französischen König Philipp dem Schönen „erzwungen wurde“.
Sie behaupten ebenso, daß der Orden aufgrund eines „infamen Prozesses ohne Beweise“ aufgelöst wurde. Die Zahl der Ritter habe zum Zeitpunkt, als ihre Verhaftung angeordnet wurde, 15.300 betragen, „von denen 650 getötet wurden und 14.650 entkamen“. Der letzte Großmeister Jacques de Molay wurde am 18. März 1314 in Paris auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Die spanische Vereinigung fordert daher die „Rehabilitierung“ des Templerordens, der jetzt Souveräner Orden des Tempels Christi heiße, obwohl er allgemein auch als Orden der Armen Soldaten Christi und des Tempels Salomons oder Souveräner Templerorden bekannt sei.
Ein Schwerpunkt scheint der nächste Punkt zu sein: Die Kläger fordern gleichzeitig eine finanzielle Entschädigung für die Beschlagnahmung ihres Templer-Vermögens, das „größtenteils an den Ritter- und Hospitalorden des Heiligen Johannes von Jerusalem, genannt Malteserorden, übergeben wurde“.
Der Forderungskatalog ist noch lang und enthält bemerkenswerte Punkte:
- Das Priestertum der Templer soll nach dem Melchisedek-Ritus anerkannt werden;
- sie sollen das Recht erhalten Oratorien und Kapellen bauen zu dürfen;
- die Kollekte am Bernharditag soll in allen Pfarreien weltweit dem Orden zufließen;
- die in den Vatikanarchiven aufbewahrten Unterlagen des Ordens sollen an ihn zurückgegeben werden;
- die Kirche Vera Cruz in Segovia soll an den Orden zurückgegeben werden;
- die Tempelritter, die im Zuge des „infamen Prozesses“ gefoltert und hingerichtet wurden, sollen als Märtyrer anerkannt werden;
- und nicht zuletzt: Der Orden soll die Erlaubnis erhalten, „eine Armee oder ein bewaffnetes Korps“ aufzubauen und „in religiösen Konflikten und als Vermittler zwischen Parteien einzugreifen“.
Papst Franziskus wird ersucht, ein Dekret zu verkünden, mit dem allen diesen Forderungen entsprochen wird. Es soll weltweit allen Pfarreien und Klöstern mitgeteilt werden. Der Orden solle, so die Petenten, nach der Wiederherstellung als Personalprälatur nur dem Papst unterstehen, aber nicht der Römischen Kurie und nicht den Bischöfen.
In diesem Sinne ersuchen sie um eine Privataudienz bei Papst Franziskus.
Seit 2005 versucht diese spanische Vereinigung die Rehabilitierung des Ordens vor Gericht zu erstreiten, indem bereits mehrere Eingaben, so auch 2006, 2007, 2008 und 2023, gemacht wurden.
Alle Versuche scheiterten bereits im Vorfeld, da die Vereinigung keine ausreichende Legitimation vorweisen kann, tatsächlich die Nachfolge des mittelalterlichen Templerordens beanspruchen zu können. Und dabei wird es wohl auch bleiben.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons
Nahezu alle Geheimgesellschaften führen ihren Ursprung auf die Templer zurück. Warum sollten ausgerechnet diese Spanier rechtmäßig sein?
Was ich aus dem Artikel leider nicht herauslesen kann, ist vor welchem Gericht diese Spanier ihre Anerkennung erstreiten wollen. Ein Kirchengericht oder gar ein weltliches?