Selbstbedienung am Papstaltar?

Nach den Anglikanern feiern auch die Kopten am Papstaltar der Lateranbasilika


Anglikaner, ein Bischof und 50 Geistliche, feierten am vergangenen 18. April in der Lateranbasilika einen Gottesdienst. Und niemandem will diese schwerwiegende Verletzung des Kirchenrechts und der Sakralität der Patriarchalbasilika aufgefallen sein.
Anglikaner, ein Bischof und 50 Geistliche, feierten am vergangenen 18. April in der Lateranbasilika einen Gottesdienst. Und niemandem will diese schwerwiegende Verletzung des Kirchenrechts und der Sakralität der Patriarchalbasilika aufgefallen sein.

(Rom) 50 angli­ka­ni­sche Geist­li­che fei­er­ten mit ihrem Bischof einen Got­tes­dienst in der Late­ran­ba­si­li­ka, der Haupt­kir­che der katho­li­schen Kir­che. Ein­fach so, geht es nach den Kir­chen­ver­ant­wort­li­chen. Die Rede ist von einem „öku­me­ni­schen Miß­ver­ständ­nis“. Doch es scheint nicht das ein­zi­ge zu sein.

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Am ver­gan­ge­nen Diens­tag, dem 18. April, fei­er­te ein angli­ka­ni­scher Bischof mit 50 angli­ka­ni­schen Geist­li­chen am Haupt­al­tar vor dem Papst­thron der Patri­ar­chal­ba­si­li­ka des Late­rans, der Bischofs­kir­che von Rom, einen Got­tes­dienst. Das Ereig­nis blieb nicht unbe­merkt und sorg­te für Aufregung.

Stel­lung­nah­me des Domkapitels

Für das Dom­ka­pi­tel nahm gestern der Stell­ver­tre­ter des Erz­prie­sters, Msgr. Gue­ri­no Di Tora, Stel­lung, der zugleich Weih­bi­schof von Rom ist. Sei­ne Erklä­rung kann jedoch nicht überzeugen.

Kapi­tel­vi­kar Di Tora äußer­te „tie­fes Bedau­ern“ über den „unglück­li­chen“ Vor­fall und sprach von einem „öku­me­ni­schen Mißverständnis“.

Die Ver­let­zung des Kir­chen­rechts und die sakri­le­gi­sche Hand­lung sind so gra­vie­rend, daß eini­ge Stim­men in Rom einen Rei­ni­gungs- und Wie­der­gut­ma­chungs­ri­tus in der Late­ran­ba­si­li­ka für not­wen­dig erach­ten. Der­glei­chen wur­de vom Weih­bi­schof nicht erwähnt.

Eng­lands König Hein­rich VIII. spal­te­te 1534 die Kir­che von Eng­land von Rom ab und mach­te sich selbst zu ihrem Oberhaupt.

Zur Ent­schul­di­gung wird auf die von Papst Bene­dikt XVI. errich­te­ten angli­ka­ni­schen Per­so­nal­or­di­na­ria­te ver­wie­sen. Meh­re­re angli­ka­ni­sche Bischö­fe und zahl­rei­che Geist­li­che kehr­ten dadurch in die Ein­heit mit Rom zurück. Man habe wohl geglaubt, daß es sich um Kle­ri­ker die­ser Per­so­nal­or­di­na­ria­te hand­le. Ein schlech­ter Scherz.

Es ist jedoch völ­lig unplau­si­bel, daß ein Bischof und 50 Geist­li­che einer nicht in der Ein­heit mit dem Papst ste­hen­den Glau­bens­ge­mein­schaft im Late­ran ein­fach am Altar fei­ern kön­nen, ohne daß dies auf­ge­fal­len wäre. Jeder frem­de Prie­ster muß sein kirch­li­ches Cele­bret, sei­ne rechts­gül­ti­ge Zele­bra­ti­ons­er­laub­nis, vor­le­gen. Die angli­ka­ni­schen Geist­li­chen wis­sen, daß sie in einer katho­li­schen Kir­che nicht fei­ern dür­fen. Es scheint daher undenk­bar, daß eine so gro­ße Grup­pe ohne vor­he­ri­ge Abspra­che ein­fach in eine Papst­kir­che spa­ziert und tut, was ihr ver­bo­ten ist.

Die Sache muß also ganz anders gewe­sen sein. Das wird durch die Ankün­di­gung bestä­tigt, daß im kom­men­den Mai Ver­tre­ter einer ande­ren aka­tho­li­schen Gemein­schaft in der Late­ran­ba­si­li­ka einen Got­tes­dienst fei­ern werden.

Vom 9. bis 14. Mai wird sich der kop­tisch-ortho­do­xe Patri­arch von Alex­an­dri­en Tawa­dros II. in Rom auf­hal­ten. Anlaß ist der 50. Jah­res­tag der ersten Begeg­nung zwi­schen einem Papst und einem kop­ti­schen Patri­ar­chen von Alex­an­dria, die am 10. Mai 1973 zwi­schen Papst Paul VI. und Patri­arch She­nou­da III. statt­fand. Die katho­li­sche Kir­che zählt 1,4 Mil­li­ar­den Gläu­bi­ge, die kop­tisch-ortho­do­xe Kir­che von Ägyp­ten 15–18 Millionen.

Im Pro­gramm des Rom-Besuchs von Patri­arch Tawa­dros II. ist auch eine kop­tisch-ortho­do­xe „Mes­se“ in der Late­ran­ba­si­li­ka vor­ge­se­hen. Dazu wer­den die kop­tisch-ortho­do­xen Chri­sten Roms und Ita­li­ens ein­ge­la­den. Die Sache ist „pikant“. Die römi­schen Stel­len spre­chen Tawa­dros zwar kon­se­quent als Patri­ar­chen an, doch die kop­tisch-ortho­do­xe Selbst­be­zeich­nung für ihren Patri­ar­chen ist die eines „Pap­stes“, was soviel wie Vater heißt.

Tawa­dros II. ist seit 2012 Papst von Alex­an­dri­en und Patri­arch der Cathe­dra des hei­li­gen Mar­kus und damit Ober­haupt der kop­tisch-ortho­do­xen Kir­che. Am 14. Mai soll er in der Late­ran­ba­si­li­ka eine aka­tho­li­sche Mes­se zele­brie­ren dürfen.

In die­sem Fall ist von einem „unglück­li­chen Miß­ver­ständ­nis“ jeden­falls kei­ne Rede. Im Gegen­teil. Pater Hya­c­in­the Destivel­le OP, Dozent am Ange­li­cum und Offi­zi­al des Dik­aste­ri­ums zur För­de­rung der Ein­heit der Chri­sten, zeig­te sich in einem Inter­view für I‑Media begei­stert. Der Domi­ni­ka­ner sprach von einem „histo­ri­schen Tag“:

„Sonn­tag, der 14. Mai, wird auch ein histo­ri­scher Tag sein, da der Patri­arch in der Late­ran­ba­si­li­ka eine Mes­se für die kop­ti­schen Gläu­bi­gen fei­ern wird. Es wird das erste Mal sein, daß ein Nicht­ka­tho­lik in der Kathe­dra­le des Pap­stes fei­ert. Ich den­ke, die Basi­li­ka wird voll sein, denn es gibt eine sehr gro­ße und dyna­mi­sche kop­ti­sche Dia­spo­ra in Rom und Ita­li­en, viel­leicht 100.000 Gläubige.“

Dem­nach ist davon aus­zu­ge­hen, daß Tawa­dros II. sogar am Papst­al­tar zele­brie­ren darf. Der vati­ka­ni­sche Beam­te aus dem Domi­ni­ka­ner­or­den irr­te jedoch, was den „histo­ri­schen“ Pri­mat eines aka­tho­li­schen Got­tes­dien­stes angeht: Den haben sich die Angli­ka­ner gesichert.

Unter Papst Fran­zis­kus ist viel in Rom mög­lich geworden.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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