(Rom) Mit einem Motu proprio „über die juristischen Personen der Römischen Kurie“ unterstellte Papst Franziskus die Stiftungen und Fonds, die ihren Sitz im Vatikan haben, der Aufsicht durch das Wirtschaftssekretariat. Die Neuregelung ist Teil der Reformen im Zusammenhang mit der im Juli in Kraft getretenen Apostolischen Konstitution Praedicate Evangelium.
„Wer im Kleinen treu ist, ist auch im Großen treu.“ Mit diesen Worten aus dem Lukasevangelium (16,10a) beginnt Franziskus das heute veröffentlichte Apostolische Schreiben in Form eines Motu proprio. Im Vatikan gibt es nach vatikanischem Recht errichtete Stiftungen, Fonds und andere Einrichtungen, die formal über eigene Rechtspersönlichkeit und damit Verwaltungsautonomie verfügen. Es sei jedoch klar, so Franziskus, daß sie dazu dienen, Einrichtungen der Römischen Kurie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Dienst des Nachfolgers des Petrus zu helfen. Daher „sind sie, sofern nicht eine Gesetzgebung etwas anderes bestimmt, öffentliche Einrichtungen des Heiligen Stuhls“.
In diesem Sinn gehören ihre zeitlichen Güter, so Franziskus, zum Vermögen des Apostolischen Stuhls. Deshalb „ist es notwendig, daß sie nicht nur der Überwachung durch die kurialen Institutionen, von denen sie abhängen, sondern auch der Kontrolle und Überwachung durch die Wirtschaftsorgane der Römischen Kurie unterliegen“.
Dadurch würden die instrumentellen juristischen Personen „klar von anderen Stiftungen, Vereinen und gemeinnützigen Einrichtungen“ unterschieden, die „aus der Initiative von Privatpersonen hervorgehen und nicht zur Verwirklichung der Zwecke der kurialen Einrichtungen beitragen“.
Am 8. Dezember tritt das Motu proprio in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt haben die juristischen Personen, die Kurienbehörden zuzuordnen sind, drei Monate Zeit, um den Bestimmungen nachzukommen. Diese sind in acht Artikeln zusammengefaßt.
Der dritte Artikel betrifft den Bereich Wirtschaft und Finanzen und sieht vor, daß das vatikanische Wirtschaftssekretariat die Aufsicht und Kontrolle über diese Gruppe von juristischen Personen ausübt und im Rahmen seiner Zuständigkeit geeignete Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Straftaten ergreift oder empfiehlt.
Die Artikel 4 und 5 regeln die Buchführung und den Informationsaustausch und legen unter anderem fest, daß die genannten juristischen Personen dem Wirtschaftssekretariat den Haushaltsplan und die Schlußbilanz gemäß den von diesem Dikasterium festgelegten Bedingungen vorlegen müssen. Das Wirtschaftssekretariat erhält zudem jederzeit Zugang zu den Buchführungsunterlagen, Belegen und Informationen über finanzielle Transaktionen.
Artikel 6 betrifft das Erlöschen der Rechtspersönlichkeit und die Rückgabe von Vermögenswerten und legt fest, wie instrumentelle juristische Personen durch ein Dekret der Kurienbehörde, von der sie kanonisch abhängen, aufgehoben und liquidiert werden können, wenn der Zweck erfüllt oder unmöglich geworden ist oder gegen das Gesetz verstößt, oder im Falle von Vereinigungen, wenn die Verringerung der Zahl ihrer Mitglieder ihr Funktionieren verhindert.
Um eine „organische und zeitgemäße“ Regelung für juristische Personen mit Sitz im Vatikan zu schaffen, wurde parallel von der Päpstlichen Kommission für den Staat Vatikanstadt, der Regierung des Vatikanstaates, heute ein Gesetz verkündet, das ebenfalls am 8. Dezember 2022 in Kraft tritt und die Anwendung des Motu Proprio auch auf Einrichtungen des Vatikanstaates ausweitet.
Vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind das Gouvernement des Staates der Vatikanstadt und die Vatikanbank sowie kommerzielle Einrichtungen, die bereits anderen Kontrollmechanismen unterliegen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanMedia (Screenshot)