Don Francesco Bonifacio, Märtyrer, Opfer der Tito-Kommunisten


Don Francesco Bonifacio wurde 1946 Opfer von Tito-Kommunisten.
Don Francesco Bonifacio wurde 1946 Opfer von Tito-Kommunisten.

Fran­ces­co Bonifacio wur­de am 7. Sep­tem­ber 1912 in Pira­no (heu­te Piran in Slo­we­ni­en) als Sohn von Gio­van­ni Bonifacio und Lui­gia Bus­don gebo­ren. Pira­no gehör­te seit 1797 zu Öster­reich und war Teil der Mark­graf­schaft Istri­en, die zum Öster­rei­chi­schen Küsten­land gehör­te. Eth­nisch, sprach­lich und kul­tu­rell war der Küsten­strei­fen Istri­ens vene­zia­nisch geprägt. Ein hal­bes Jahr­tau­send lang hat­te die Gegend zur See­re­pu­blik Vene­dig gehört. Laut der öster­rei­chi­schen Volks­zäh­lung von 1910 waren 98,7 Pro­zent der Ein­woh­ner der Stadt Pira­no Ita­lie­ner. Nach dem Ersten Welt­krieg wur­de Istri­en dem König­reich Ita­li­en ange­schlos­sen, was von der ita­lie­ni­schen Bevöl­ke­rung des einst vene­zia­ni­schen Küsten­ge­biets begrüßt wur­de, aber die slo­we­ni­sche und kroa­ti­sche Bevöl­ke­rungs­mehr­heit im Hin­ter­land, das nie ita­lie­nisch war, gar nicht begeisterte. 

Anzei­ge

Fran­ces­co Bonifacio war das zwei­te von sie­ben Kin­dern. Das Leben der Fami­lie, ein­fach und arm, war geprägt von wür­di­ger Beschei­den­heit, inten­si­vem Fleiß und hei­te­rer Hin­ga­be an den Herrn. Die Mino­ri­ten­kir­che des hei­li­gen Fran­zis­kus ist das Zen­trum ihres reli­giö­sen Lebens. Hier wur­de Fran­ces­co auf die Sakra­men­te vor­be­rei­tet und war ein eif­ri­ger und vor­bild­li­cher Meß­die­ner. In den Som­mer­fe­ri­en besuch­te er das nach dem hei­li­gen Domi­ni­kus Savio benann­te Ora­to­ri­um, das als „Die Sale­sia­ner“ bekannt war. Er ist zunächst Anwär­ter und dann Mit­glied der Katho­li­schen Akti­on. Wöchent­li­che Beich­te und täg­li­che Kom­mu­ni­on präg­ten sein Leben. Schon in jun­gen Jah­ren spür­te er sei­ne Beru­fung zum Prie­ster­tum. Auf Anre­gung sei­nes Pfar­rers Msgr. Gior­gio Mara­spin besuch­te er 1924 das inter­diö­ze­sa­ne Kna­ben­se­mi­nar in Capo­di­stria (heu­te Koper in Slowenien).

Pira­no war histo­risch ein Teil der Diö­ze­se Capo­di­stria, die unter Öster­reich 1828 mit dem Bis­tum Tri­est zusam­men­ge­legt wur­de. Die Tren­nung und Wie­der­errich­tung eines eige­nen Bis­tums Capo­di­stria, nun unter dem slo­we­ni­schen Namen Koper, erfolg­te 1977, unmit­tel­bar nach der Unter­zeich­nung des Ver­trags von Osi­mo, mit dem die ter­ri­to­ria­len Fra­gen zwi­schen Ita­li­en und dem dama­li­gen Jugo­sla­wi­en berei­nigt wurden.

Bonifaci­os Leben als Semi­na­rist war geprägt von Gehor­sam gegen­über sei­nen Vor­ge­setz­ten, Respekt, aber auch Zurück­hal­tung gegen­über sei­nen Mit­schü­lern, sowie durch Hilfs­be­reit­schaft und Offen­heit für Freundschaften.

Nach Abschluß des Gym­na­si­ums trat er 1932 in das inter­diö­ze­sa­ne erz­bi­schöf­li­che Prie­ster­se­mi­nar in Görz ein, das nach dem Krieg eben­falls an Ita­li­en gelangt war. Die letz­te Zeit sei­nes Theo­lo­gie­stu­di­ums ver­brach­te er wie­der in Capo­di­stria, wo er als Prä­fekt, vor allem aber als Freund vie­ler jun­ger Men­schen wirkte .

Msgr. Car­lo Mar­got­ti, Erz­bi­schof von Görz und damals auch Apo­sto­li­scher Admi­ni­stra­tor von Tri­est und Capo­di­stria, weih­te ihn am 27. Dezem­ber 1936 in der Kathe­dra­le San Giu­s­to in Tri­est zum Priester.

Am 3. Janu­ar 1937 zog Don Bon­facio durch den fest­lich geschmück­ten und von der Bevöl­ke­rung gesäum­ten hei­mat­li­chen Stadt­teil Car­ra­ra di Ras­po und begab sich in die Pfarr­kir­che San Gior­gio von Pira­no, wo er sei­ne Pri­miz feierte.

Ein junger Priester

Sein erster kur­zer pasto­ra­ler Ein­satz folg­te in Pira­no selbst. Die­je­ni­gen, die ihn ken­nen, bemer­ken nach sei­ner Prie­ster­wei­he eine Ver­wand­lung an ihm. Die Schüch­tern­heit weicht einer unge­ahn­ten Anzie­hungs­kraft und Faszination.

Don Fran­ces­co Bonifacio (1912–1946)

Am 1. April 1937 wur­de er von Erz­bi­schof Mar­got­ti zum Sub­ka­pi­tu­lar, Chor­vi­kar und Koope­ra­tor in Cit­ta­no­va (heu­te Novi­grad in Kroa­ti­en) ernannt, wo er etwa zwei Jah­re lang blieb. Er wur­de schnell Teil des Lebens in der Stadt. Sei­ne pasto­ra­le Arbeit fand in der Kir­che statt, im Kate­chis­mus­un­ter­richt, im Kon­takt mit jun­gen Men­schen (Katho­li­sche Jugend­ak­ti­on, katho­li­sche Thea­ter­büh­ne, Frei­zeit­ak­ti­vi­tä­ten), in den Bezie­hun­gen zu den ein­fa­chen Men­schen (Fischer, Bau­ern, älte­re Men­schen, Kran­ke, Arme).

Sei­ne Ver­set­zung im Jahr 1939 wur­de daher eine har­te „Prü­fung“ für ihn, für die Jugend­li­chen und für das Volk. Am 1. Juli wur­de er von Msgr. Anto­nio San­tin, dem neu­en Bischof von Tri­est und Capo­di­stria, zum Kaplan in der Kura­tie Vil­la Gar­d­os­si (heu­te Kra­si­ca in Kroa­ti­en) ernannt.

Der länd­li­che Seel­sor­ge­po­sten zählt etwa 1300 See­len und besteht aus vie­len klei­nen Wei­lern und abge­le­ge­nen Häu­sern, die über das hüge­li­ge Gebiet zwi­schen Buie und Gri­sign­a­na (heu­te Buje und Grožn­jan in Kroa­ti­en) ver­streut sind und sich in einem Halb­kreis auf den drei Berg­rücken erstrecken, die vom Berg Cavru­ie (koat. Kavru­ja) nach Bare­di­ne, Pun­ta und Luz­za­ri (Loza­ri) abfal­len. Wie Pira­no, Cit­ta­no­va und Capo­di­stria war auch die­se Gegend groß­teils von Ita­lie­nern bewohnt. Hier ließ sich Don Fran­ces­co mit sei­ner Mut­ter, sei­nem Bru­der Gio­van­ni, sei­ner Schwe­ster Roma­na und – vor­über­ge­hend im Som­mer – mit sei­ner Nich­te Lucia­na Fon­da nieder.

Sein pasto­ra­les Enga­ge­ment erstreck­te sich wort­wört­lich auf sein gan­zes Ter­ri­to­ri­um. Jeden Nach­mit­tag mach­te er sich zu Fuß auf den Weg (manch­mal auch mit dem Fahr­rad), um die ent­le­gen­sten Dör­fer und Höfe zu errei­chen. Er unter­rich­te­te Grup­pen von Kin­dern an den abge­le­gen­sten Orten in Bau­ern­kü­chen. Er besuch­te die Häu­ser der Armen und brach­te selbst vom beschei­de­nen Fami­li­en­tisch ein wenig Hil­fe mit. Er klopf­te mit sei­nem Stock an die Türen der Alten und Kran­ken und erkun­dig­te sich nach ihrem Befin­den. Sei­ne schnör­kel­lo­sen, ein­fa­chen, aber wir­kungs­vol­len Wor­te waren bei den Men­schen beliebt.

Soweit es die Umstän­de zulie­ßen, hielt er stän­di­gen Kon­takt mit sei­nem Bischof. Er pfleg­te auch die Bezie­hun­gen zu sei­nen Mit­brü­dern aus den Nach­bar­pfar­rei­en Buie, Cit­ta­no­va, Gri­sign­a­na, Vete­ne­glio und Vil­lano­va del Quie­to (heu­te Brto­nig­la und Nova Vas in Kroa­ti­en). Vor jedem Sonn- und Fei­er­tag ging er bei jedem Wet­ter nach Buie, um die Beich­te zu hören.

Als der Krieg kam

Der Krieg, zuvor in die­ser Gegend kaum zu spü­ren, traf im Spät­som­mer 1943 auch Istri­en. Nach den chao­ti­schen Tagen, die auf den ita­lie­ni­schen Waf­fen­still­stand vom 8. Sep­tem­ber 1943 folg­ten, der die Beset­zung Istri­ens durch deut­sche Trup­pen zur Fol­ge hat­te, wur­de Vil­la Gar­d­os­si mit ihren über die bewal­de­ten Hügel ver­streu­ten Häu­sern zu einem idea­len Zufluchts­ort für Par­ti­sa­nen und damit zur Kon­flikt­zo­ne zwi­schen den ver­fein­de­ten Par­tei­en. Die Zivil­be­völ­ke­rung, hier zumeist Ita­lie­ner, stand zwi­schen der kom­mu­ni­stisch geführ­ten, sla­wi­schen Volks­be­frei­ungs­be­we­gung (Osvo­bo­dil­na Fron­ta) auf der einen Sei­te und den Deut­schen mit den kol­la­bo­rie­ren­den Kräf­ten der faschi­sti­schen Repubbli­ca Socia­le Ita­lia­na (RSI) auf der ande­ren Seite.

Don Fran­ces­co Bonifacio (ganz rechts)

Don Fran­ces­co stell­te sich der schwie­ri­gen und gefähr­li­chen Situa­ti­on mit Mut und Ent­schlos­sen­heit. Er tat sein Bestes, um allen, Ita­lie­nern und Sla­wen, bei­zu­ste­hen. Er stell­te sich zwi­schen die Kriegs­par­tei­en, um Freun­den und Fein­den zu hel­fen, um Hin­rich­tun­gen zu ver­hin­dern, die oft im Schnell­ver­fah­ren ange­ord­net wur­den, um den Opfern von Haß und grau­sa­mer Rache ein christ­li­ches Begräb­nis zu geben, um Häu­ser und Eigen­tum vor Plün­de­rung und Zer­stö­rung zu schüt­zen, um Men­schen auf der Flucht und Heim­keh­rern, egal wel­cher Volks­zu­ge­hö­rig­keit und Sei­te, unter Ein­satz sei­nes Lebens Schutz zu gewähren.

Nach dem offi­zi­el­len Kriegs­en­de kehr­ten die Über­le­ben­den aus den Gefan­ge­nen­la­gern und von den ver­schie­de­nen Fron­ten in ihre Hei­mat zurück. Dort herrsch­te die Zeit der Rache und des eth­nisch-natio­na­len Has­ses. Die Foi­be wur­den zur maka­bren und furcht­erre­gen­den Bedrohung. 

Foi­be wer­den die Höh­len und Zer­klüf­tun­gen im Karst genannt, der sich im Hin­ter­land der Küste der öst­li­chen obe­ren Adria fol­gend bis nach Dal­ma­ti­en hin­zieht. Die kom­mu­ni­sti­schen Par­ti­sa­nen war­fen ihre Geg­ner, die sie gefan­gen­ge­nom­men oder ent­führt hat­ten, zu Tau­sen­den, meist noch leben­dig, in die­se Höh­len. Geg­ner waren alle Anders­den­ken­den, die den Kom­mu­ni­sten bei der poli­ti­schen Neu­ord­nung in der Nach­kriegs­zeit als Kon­kur­ren­ten im Wege ste­hen konn­ten. Das betraf nicht nur slo­we­ni­sche und kroa­ti­sche Faschi­sten, son­dern auch die Katho­li­ken, und nicht zuletzt die Ange­hö­ri­gen der ita­lie­ni­schen und der deut­schen Volks­grup­pe, die man durch eth­ni­sche Säu­be­run­gen besei­tig­te. Die Zukunft soll­te sla­wisch und kom­mu­ni­stisch sein. Für Anders­den­ken­de und ande­re Volks­grup­pen war kein Platz mehr.

Das Gebiet der Diö­ze­se Tri­est und Capo­di­stria wur­de geteilt. Ein Gebiet mit Tri­est blieb bei Ita­li­en, der Rest fiel nun an Jugo­sla­wi­en, auch der ita­lie­nisch besie­del­te Küsten­strei­fen. Inner­halb Jugo­sla­wi­ens wur­de die Diö­ze­se wie­der­um geteilt in einen slo­we­ni­schen und einen kroa­ti­schen Teil. Vor­erst aber herrsch­te Unge­wiß­heit über die Zukunft. Titos Par­ti­sa­nen ver­such­ten soviel Land als mög­lich zu besetzen.

Mit dem Kriegs­en­de kam der Wie­der­auf­bau, der in Istri­en die Durch­set­zung des Kom­mu­nis­mus und des Staats­athe­is­mus bedeu­te­te. Die Kir­che, die Gläu­bi­gen und vor allem die Prie­ster waren den Kom­mu­ni­sten ein Dorn im Auge. Die anti­re­li­giö­se und mate­ria­li­sti­sche Pro­pa­gan­da wur­de von den neu­en Macht­ha­bern auf allen Ebe­nen betrie­ben. Es gab unzäh­li­ge kir­chen­feind­li­che Aktio­nen und Ein­schrän­kun­gen der Reli­gi­ons­aus­übung. Ihren Höhe­punkt erreich­ten sie mit dem Über­fall auf Bischof San­tin, der ver­wun­det wur­de. Zahl­rei­che Prie­ster wur­den Opfer von Gewalt­ta­ten. Bekann­te­stes Bei­spiel ist Miros­lav Bulešić, der 1947 in Lani­schie (heu­te Lanišće in Kroa­ti­en) ermor­det wurde.

Bulešić war ein kroa­ti­scher Prie­ster, der wie Bonifacio aus Istri­en stamm­te, aller­dings dem Nach­bar­bis­tum Paren­zo und Pola (heu­te Poreč und Pula in Kroa­ti­en) ange­hör­te. Er hat­te wie Bonifacio in Görz und Capo­di­stria stu­diert und war 1943 zum Prie­ster geweiht wor­den. Als kom­mu­ni­sti­sche Par­ti­sa­nen den Taber­na­kel sei­ner Kir­che auf­bre­chen woll­ten und er den Leib Chri­sti ver­tei­dig­te, wur­de er getö­tet. Im Sep­tem­ber 2013 erfolg­te sei­ne Selig­spre­chung als Märtyrer.

Die Herrschaft der Tito-Partisanen

Mit der Beset­zung Istri­ens durch die Tito-Par­ti­sa­nen änder­te sich auch das Leben in Vil­la Gar­d­os­si radi­kal. Die Kom­mu­ni­sten, die von eini­gen Dorf­be­woh­nern aktiv unter­stützt wur­den, grün­de­ten Volks­ko­mi­tees, orga­ni­sier­ten Kon­fe­ren­zen und ideo­lo­gisch gepräg­te Kund­ge­bun­gen. Sie schüch­ter­ten jene ein, die den neu­en Ver­hält­nis­sen ableh­nend, miß­trau­isch oder unsi­cher gegen­über­stan­den. Die Dorf­ge­mein­schaft wur­de durch ein Netz von Infor­man­ten kon­trol­liert. Don Fran­ces­co und den Gläu­bi­gen schenk­ten sie dabei eine bedroh­li­che Auf­merk­sam­keit. Die Kom­mu­ni­sten ver­such­ten den Prie­ster sogar zu ködern und in die Proskrip­ti­ons­li­sten tat­säch­li­cher oder angeb­li­cher „faschi­sti­scher Ver­bre­cher“ und die jugo­sla­wi­schen Anne­xi­ons­plä­ne zu ver­wickeln, was die­ser jedoch ablehn­te. So erschwer­ten sie ihm zuneh­mend die freie Aus­übung des prie­ster­li­chen Dienstes.

Pira­no, die Hei­mat­stadt von Don Fran­ces­co Bonifacio. Damals öster­rei­chisch, dann ita­lie­nisch und heu­te als Piran slowenisch.

Don Fran­ces­co war sich der ver­än­der­ten Situa­ti­on durch­aus bewußt, setz­te aber sei­ne gedul­di­ge und klu­ge pasto­ra­le Arbeit mit unge­bro­che­nem Elan fort. Je mehr er sich in der Aus­übung sei­nes Dien­stes behin­dert sah, desto mehr gab er sein Bestes, um immer neue Wege zu fin­den, das glei­che Ziel zu errei­chen: Er orga­ni­sier­te kate­che­ti­sche Tref­fen in den Pri­vat­häu­sern, bei denen meh­re­re Fami­li­en zusam­men­ka­men und berief die Schu­lungs­tref­fen der Katho­li­schen Akti­on in der Kir­che ein, wobei er die Türen weit offen­ließ, damit alle sehen und hören konn­ten. Damit woll­te er fal­schen Anschul­di­gun­gen vor­beu­gen. Es war eine gefähr­li­che Zeit. Die Denun­zia­ti­on hat­te Hochkonjunktur.

Die erhal­ten geblie­be­nen Pre­dig­ten zei­gen, daß Don Bonifacio eine gewähl­te und aus­ge­wo­ge­ne Spra­che pfleg­te. Er begnüg­te sich mit spär­li­chen Ver­wei­sen auf kon­kre­te Situa­tio­nen und Per­so­nen, ohne daß des­halb sei­ne Pre­dig­ten abstrakt und zu all­ge­mein waren. Sie erlau­ben einen tie­fen Ein­blick in die dama­li­gen Ver­hält­nis­se und die Fröm­mig­keit die­ses Prie­sters, sei­ne Ent­schlos­sen­heit, sein Enga­ge­ment, sein Anse­hen und sei­ne Füh­rungs­qua­li­tä­ten. Es gelingt ihm, wie es in geg­ne­ri­schen Berich­ten heißt, „die gesam­te Bevöl­ke­rung um sich zu pola­ri­sie­ren“, die Land­ju­gend „folgt nicht der athe­isti­schen Pro­pa­gan­da und den Initia­ti­ven des Regimes“, son­dern „steht auf sei­ner Sei­te“. Damit zieht er sich wider Wil­len die Miß­bil­li­gung der neu­en Macht­ha­ber zu.

Don Bonifacio ist ein „unbe­que­mer“ Prie­ster, ein Pfar­rer mit gro­ßem geist­li­chen Ein­fluß, ein ver­meint­li­cher Geg­ner („er ver­tei­digt mutig den Glau­ben sei­nes Vol­kes gegen den Athe­is­mus, den sie auf­zwin­gen wol­len“) und ein uner­träg­li­ches „Hin­der­nis“ für den „Fort­schritt der kom­mu­ni­sti­schen Ideo­lo­gie“, das besei­tigt wer­den muß. Er wird immer häu­fi­ger auf Ver­samm­lun­gen der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Jugo­sla­wi­ens und der Par­ti­sa­nen ange­grif­fen. Die kom­mu­ni­sti­sche Geheim­po­li­zei OZNA („Volks­schutz“) beschließt, Don Bonifacio und die Pfar­rer von Gri­sign­a­na und Vil­lano­va del Quie­to zu verhaften.

Don Fran­ces­co wird vor der dro­hen­den Gefahr gewarnt. Er weiß um den Ernst der Lage und spricht dar­über mit sei­nen Mit­brü­dern („sie spio­nie­ren mich aus“; „mir könn­te etwas Schlim­mes zusto­ßen“) und mit sei­nem Bischof in Tri­est („die kom­mu­ni­sti­schen Füh­rer bedro­hen mich“). Da er sich jedoch bewußt ist, nichts Unrech­tes getan zu haben, ent­schei­det er sich, auf sei­nem Posten zu blei­ben. Er wer­de die ihm anver­trau­ten Gläu­bi­gen „nicht im Stich las­sen“, son­dern wie ein Mär­ty­rer „in ihrer Mit­te ster­ben“. Für Don Fran­ces­co ist das christ­li­che Zeug­nis radi­kal und schließt auch die rea­le Aus­sicht auf das Mar­ty­ri­um ein, „wenn es not­wen­dig ist“.

Wenige Tage nach seinem 34. Geburtstag

Am 11. Sep­tem­ber 1946 mach­te sich Don Fran­ces­co zu Fuß auf den Weg. Weni­ge Tage zuvor hat­te er sein 34. Lebens­jahr voll­endet. Er hält er in Peroi (heu­te Peroj in Kroa­ti­en), um Holz zu bestel­len, und begibt sich nach Gri­sign­a­na zur Beich­te. Das anschlie­ßen­de Tref­fen mit dem dor­ti­gen Prie­ster Don Giu­sep­pe Roc­co dau­ert meh­re­re Stun­den. Er spricht mit ihm über die Schwie­rig­kei­ten des Amtes, über die Not­wen­dig­keit, dem Dienst treu zu blei­ben, regel­mä­ßig zur Beich­te zu gehen, sich dem eige­nen See­len­füh­rer anzu­ver­trau­en und den Rat der Apo­sto­li­schen Kle­ri­ker­ver­ei­ni­gung zu befolgen.

Ste­phans­kir­che in Vil­la Gar­d­os­si (kroat. Krasica)

Nach einem kur­zen Auf­ent­halt in der Kir­che schlägt Don Roc­co sei­nem Mit­bru­der vor, wegen der fort­ge­schrit­te­nen Stun­de die Nacht in Gri­sign­a­na zu ver­brin­gen. Als die­ser wegen sei­ner Ver­pflich­tun­gen am näch­sten Mor­gen ablehnt, beglei­tet ihn Don Roc­co noch bis zum Fried­hof von San Vito. Hier, als sie sich tren­nen, sehen sie, wie eini­ge OZNA-Män­ner aus dem Fried­hof kom­men. Don Roc­co emp­fiehlt sei­nem Mit­bru­der eilig nach Hau­se zu gehen. Die­ser wählt den kür­ze­sten Weg nach Vil­la Gardossi.

In Rada­ni wird er, wie meh­re­re Zeu­gen bestä­ti­gen, von Män­nern des „Volks­schut­zes“ ange­hal­ten. Nach einem „auf­ge­reg­ten Gespräch“ ver­schwin­det die Grup­pe mit dem Prie­ster im Wald. Eini­ge Dorf­be­woh­ner, die sich der Grup­pe zu nähern ver­su­chen, wur­den „weg­ge­jagt und bedroht“. Die OZNA-Män­ner, die Don Fran­ces­co ver­haf­tet haben, waren den Dorf­be­woh­nern bekannt und wur­den von ihnen auf­grund über­ein­stim­men­der Aus­sa­gen identifiziert.

Keine Rückkehr

Als er am Abend des 11. Sep­tem­ber nicht nach Hau­se zurück­kehrt, ist sei­ne Fami­lie sofort besorgt. Sein Bru­der Gio­van­ni geht zusam­men mit Nach­barn den gan­zen Weg nach Gri­sign­a­na, um den Prie­ster zu suchen und ihm in einer mög­li­chen Not zu hel­fen. Vergebens.

Am Mor­gen des 12. Sep­tem­ber ver­brei­tet sich die Nach­richt von sei­ner Ver­haf­tung. Meh­re­re Per­so­nen aus Rada­ni bestä­ti­gen den Vor­fall. Sein Bru­der und ein Freund fah­ren zum Poli­zei­kom­man­do in Gri­sign­a­na und anschlie­ßend nach Peroi, um die Schwe­ster eines der von den Zeu­gen erkann­ten OZNA-Man­nes auf­zu­su­chen. Sie erhal­ten aber nur vage, zurück­hal­ten­de und wider­sprüch­li­che Ant­wor­ten. In der Zwi­schen­zeit wird die Suche fort­ge­setzt. Die Wäl­der in der Umge­bung wer­den abge­sucht, ohne daß eine brauch­ba­re Spur gefun­den wird.

Am 13. Sep­tem­ber wen­det sich Roc­co Fon­da, der Schwa­ger von Don Fran­ces­co, an das Kom­man­do der kom­mu­ni­sti­schen Volks­ar­mee in Buie, erhält aber auch dort nur aus­wei­chen­de Antworten.

Am 14. Sep­tem­ber begibt sich sein Bru­der Gio­van­ni in die Höh­le des Löwen, in das OZNA-Kom­man­do in Buie. Anstatt Aus­kunft über den Ver­bleib sei­nes Bru­ders zu erhal­ten, wird er unter einem Vor­wand ver­haf­tet und drei Tage lang inhaftiert.

Sei­ne Mut­ter Lui­gia bleibt noch ein Jahr lang in Vil­la Gar­d­os­si und sucht wei­ter nach ihrem Sohn, auch beim Volks­ge­richts­hof in Labin (ital. Albo­na), aber ohne Erfolg. Dann zieht sie, wie die mei­sten Ita­lie­ner nach der neu­en Grenz­zie­hung, fort. Die eth­ni­sche Säu­be­rung betrifft die Ita­lie­ner Istri­ens wie Mil­lio­nen von Deut­schen im Osten. Im Gegen­satz zu deren Ver­trei­bung ver­läuft sie für die Ita­lie­ner aber zumin­dest in Form einer geord­ne­ten Umsied­lung. Die Mut­ter geht zusam­men mit ande­ren Ver­wand­ten nach Triest.

Das Tabu

In der Zwi­schen­zeit ver­brei­te­ten sich Angst und Ein­schüch­te­rung im Dorf. Nie­mand spricht mehr über die­ses The­ma. Selbst in den 1970er Jah­ren war es noch gefähr­lich, sich mit dem Fall Bonifacio zu befas­sen. Auch in Ita­li­en wur­de kaum dar­über gespro­chen, weil die Kom­mu­ni­sti­sche Par­tei Ita­li­ens und der links­do­mi­nier­te Kul­tur­be­trieb von Ver­bre­chen der Kom­mu­ni­sten nichts wis­sen wollten.

Don Fran­ces­co ver­schwand am 11. Sep­tem­ber 1946. Über sei­nen Tod, der sicher gewalt­sam war, sind kei­ne wirk­lich gesi­cher­ten Ein­zel­hei­ten bekannt. Es gibt nur bruch­stück­haf­te, vage, zum Teil wider­sprüch­li­che Infor­ma­tio­nen. Einig sind sich alle nur dar­in, daß er in der Nacht sei­ner Ver­haf­tung, als ihn vier OZNA-Män­ner abführ­ten, auf „unge­klär­te Wei­se“ ums Leben gekom­men ist. Auch der Ver­bleib des Leich­nams ist unge­wiß: Wur­de er ver­brannt, in eine Foi­ba gewor­fen (genannt wer­den die Foi­be di Mar­ti­nes bei Gri­sign­a­na und die Foi­be di Pisi­no, heu­te Pazin) oder irgend­wo vergraben?

Don Fran­ces­co, ein sanft­mü­ti­ger und fried­li­cher Mann, dem „jede Form von natio­na­li­sti­scher, sozia­ler oder poli­ti­scher Par­tei­lich­keit“ fremd ist, „zahlt für den Haß auf Gott und die Kir­che“. Er wur­de getö­tet, weil er „ein in sei­nem Dienst eif­ri­ger Prie­ster ist“. Er muß in odi­um fidei ster­ben, wie es in Auf­zeich­nun­gen heißt, weil die Kom­mu­ni­sten einen Haß auf die Prie­ster haben. Er ist ein ech­ter Mär­ty­rer, der für den Glau­ben getö­tet wur­de, ein „Opfer von abscheu­li­chem Haß“.

Am 21. Febru­ar 1957 beauf­trag­te die Hei­li­ge Riten­kon­gre­ga­ti­on den Bischof von Tri­est, Msgr. Anto­nio San­tin, mit der Vor­be­rei­tung des Selig­spre­chungs­pro­zes­ses. In der Kryp­ta der Wall­fahrts­kir­che Maria Mut­ter und Köni­gin von Mon­te Gri­sa bei Tri­est ließ Bischof San­tin eine Tafel mit fol­gen­dem Text anbringen:

„An die­sem Altar, den Pira­no /​ zu Ehren sei­nes Schutz­pa­trons errich­tet, /​ brennt wie eine Flam­me /​ das Geden­ken an sei­nen jun­gen Prie­ster /​ Fran­ces­co Bonifacio /​ der am 11. Sep­tem­ber 1946 /​ im Haß auf Gott und sein hei­li­ges Prie­ster­tum ermor­det wurde.“

Jedes Jahr geden­ken die Ein­woh­ner von Tri­est und Istri­en, ins­be­son­de­re die Bewoh­ner von Cit­ta­no­va, Pira­no und Vil­la Gar­d­os­si, am Jah­res­tag des Mar­ty­ri­ums Don Fran­ces­co Bonifacios.

Am 4. Okto­ber 2008 wur­de er als Mär­ty­rer in der Kathe­dra­le San Giu­s­to von Tri­est selig­ge­spro­chen, in der er 1936 die Prie­ster­wei­he emp­fan­gen hat­te. Sein Gedenk­tag ist der 11. Sep­tem­ber (Meß­for­mu­lar NOM).

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL/​Wikicommons

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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