„Form und Inhalt dieser Restriktionen können von traditionellen Katholiken nicht akzeptiert werden.“ Mit diesen Worten reagiert die Laienvereinigung Pro Missa Tridentina auf die Responsa ad Dubia zu Traditionis custodes der römischen Gottesdienstkongregation. Insgesamt werden deutliche Worte gesprochen.
„Fassungsloses Entsetzen“ löse das jüngste vatikanische Dokument zu Traditionis custodes unter den Gläubigen weltweit aus, so die Vereinigung, die sich der Verbreitung und Verteidigung des überlieferten Ritus verschrieben hat.
„Die Ausführungsbestimmungen verbieten alle Sakramente mit Ausnahme der Meßfeier, für
die den Priestern strikte Bedingungen auferlegt werden: Sie dürfen maximal eine heilige Messe pro Tag im Usus antiquior feiern – werktags aber nur dann, wenn sie nicht auch im Novus Ordo zelebrieren. Meßfeiern in der überlieferten römischen Form sollen möglichst nicht in Pfarrkirchen stattfinden, auf keinen Fall in der Gottesdienstordnung aufgeführt werden und auf eine feste Gruppe von Gläubigen beschränkt bleiben.“
Der Zeitpunkt der Veröffentlichung, so knapp vor Weihnachten, lasse „ebensowenig väterliche Liebe und Fürsorge erkennen, wie der rigide Inhalt den vielbeschworenen Frieden fördert.“
Das entspreche auch nicht „den wohlbekannten Schlagworten“ wie „Barmherzigkeit“, „Zärtlichkeit“, „Geschwisterlichkeit“, „Offenheit“, „Gehen an die Ränder“.
„Entgegen der vatikanischen Präferenz der letzten Jahre, allen möglichen Flüchtlingen ein Zuhause zu verschaffen, soll den traditionsverbundenen Katholiken die geistliche Heimat genommen werden.“
Erzbischof Arthur Roche, der Präfekt der Gottesdienstkongregation, der die Responsa mit ausdrücklicher Billigung von Papst Franziskus erließ, betone immer wieder die „kirchliche Gemeinschaft“ und das tiefe „Band der Einheit“, die durch die gemeinsame Form der Eucharistiefeier entstünden und durch die Einschränkung des überlieferten Ritus bewahrt werden müßten. Dem hält Pro Missa Tridentina entgegen:
„Die Unterschiedlichkeit real existierender Meßfeiern, die jeder Gläubige beim Wechsel zwischen verschiedenen Gemeinden und Zelebranten allein im deutschen Sprachraum erlebt, wirft Fragen auf:
Welche Einheit im Ritus besteht zwischen Gottesdiensten, in denen die Zelebranten über die vorgesehenen Alternativen in den liturgischen Büchern hinaus (die schon mehrere Milliarden Möglichkeiten eröffnen) eigene Ideen verwirklichen?
Welche Gemeinschaft haben die verschiedenen Sprachgruppen untereinander, die in ihren Landessprachen und mit eigenen Erweiterungen die heilige Messe feiern? (Italiener, Kroaten, Polen, …)
Reist man gar ins Ausland, wird es noch schwieriger.“
Demgegenüber garantiere der überlieferte lateinische Ritus wirklich in der gesamten Weltkirche eine einigende, gemeinsame Form.
„Weder im Motu proprio Traditionis Custodes noch in den Antworten auf die Dubia wird klar benannt, welche Personen/Gruppen durch welche Aktivitäten/Meinungen die kirchliche Einheit angeblich stören oder gar unmöglich machen. Die vagen Andeutungen treffen auf den Großteil der Meßbesucher im Usus antiquior nicht zu, die die Gültigkeit des Novus Ordo anerkennen sowie für Papst Franziskus und ihren jeweiligen Ortsbischof beten.“
Auch zur Frage der Konzelebration, die für Priester der Tradition zum Zwang werden soll, um die „Einheit“ unter Beweis zu stellen, nimmt Pro Missa Tridentina Stellung:
„Zur Konzelebration als Zeichen der Einheit für Priester (in beiden Dokumenten gefordert) ist in den Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils nichts zu finden. Dort wird Konzelebration nur als Möglichkeit beschrieben.“
Dazu weiter:
„Sowohl im Konzilstext als auch im CIC steht das Seelenheil der Gläubigen an erster Stelle. Diese Priorität sollte auch für das Motu proprio Traditionis Custodes sowie für dessen Ausführungsbestimmungen gelten. Inwiefern die Zerschlagung von in Jahrzehnten gewachsenen Gruppen traditioneller Katholiken, die sich um den Usus antiquior gebildet haben, deren Seelenheil förderlich sein soll, erschließt sich nicht – v. a. da keine Begründung angegeben wird, warum die überlieferte Form des römischen Ritus auf einmal nicht mehr der lex orandi der katholischen Kirche entsprechen soll: Mehr als 1500 Jahre lang gab es keine Diskrepanz – und noch im Frühjahr 2020 ergänzte Papst Franziskus den Usus antiquior um zusätzliche Präfationen und fügte neue Heiligenfeste hinzu.
Auch wenn im Motu proprio Traditionis custodes behauptet wird, der Novus Ordo sei der ‚einzige Ausdruck der lex orandi des Römischen Ritus‘ – und auch wenn Erzbischof Roche dies in seinem Dokument 5mal (!) mit fast identischen Worten wie einen Refrain wiederholt, wird die Aussage dadurch nicht zutreffender. Man denke nur an Divine Worship der zur katholischen Kirche konvertierten Anglikaner (Anglican Use), deren Meßbuch eine ‚seelsorgliche Variante des römischen Ritus‘ ist.“
Zur Grundlage der Unterdrückung des überlieferten Ritus heißt es:
„Das Motu proprio spricht von der rituellen Form, die uns durch die Reform des Zweiten Vatikanischen Konzils geschenkt wurde und die Zeugnis eines unveränderten Glaubens sei sowie Ausdruck einer erneuerten Ekklesiologie.
Gemäß dem Grundsatz ‚Lex orandi – lex credendi‘ gibt es keinen berechtigten Grund, dem Usus antiquior seine Übereinstimmung mit dem „unveränderten Glauben“ und dem dazugehörigen „Gesetz des Betens“ abzusprechen, nachdem er viele Jahrhunderte lang Glauben und Beten der katholischen Kirche getragen hat.
Wie ‚unveränderter Glaube‘ und ‚erneuerte Ekklesiologie‘ zusammenpassen, bleibt ein Geheimnis der Autoren. Ebenso, wie der Novus Ordo einerseits eine glaubenstreue Weiterentwicklung des Usus antiquior sein soll – andererseits aber der überlieferte römische Ritus im Widerspruch zur modernen Theologie und deren ‚Gesetz des Betens‘ stehen soll. Das Ganze läßt sich auch nicht stringent auf das Vaticanum II zurückführen, das als ‚Pastoralkonzil‘ keine Veränderung des Glaubensguts vornehmen wollte – diese kam erst durch den angeblichen ‚Geist des Konzils‘.“
Abschließend zitiert Pro Missa Tridentina das Begleitschreiben von Papst Benedikt XVI. an die Bischöfe, das er 2007 zusammen mit dem Motu proprio Summorum Pontificum veröffentlichte:
„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein. Es tut uns allen gut, die Reichtümer zu wahren, die im Glauben und Beten der Kirche gewachsen sind, und ihnen ihren rechten Ort zu geben.“
Die Stellungnahme endet mit zwei Strophen aus dem Adventslied Veni, veni, Emmanuel, darunter die zweite Strophe mit dem Text:
Veni o Iesse virgula! Ex hostis tuos ungula, De specu tuos tartari Educ, et antro barathri. Gaude, gaude, Emmanuel Nascetur pro te, Israel. | Komm, o Sproß des Jesse! Aus des Feindes Klauen führe die Deinen heraus aus der Tiefe der Unterwelt, aus dem Abgrund der Hölle. Freue dich, freue dich, Emmanuel wird für dich, Israel, geboren werden. |
Text: Giuseppe Nardi
Bild: LMS
Was bereits 1970 nicht geklappt hat, wird im 21ten Jahrhundert erst Recht nicht funktionieren. Insofern ist Borgeglios Versuch eines Vernichtungsfeldzugs gegen die Tradition der Kirche zwar aussichtslos, aber er wird dennoch ein Trümmerfeld hinterlassen.
Borgeglio ist nun 85. Noch hat er Zeit zur Umkehr, aber die Zeit wird knapp. Der Point of no Return, an dem er vor seinem Richter Rechenschaft über sein Pontifikat ablegen muß, rückt erbarmungslos näher.
„Was früheren Generationen heilig war,bleibt auch uns heilig und groß;es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“ So urteilt Papst Benedikt im Einklang mit der ganzen Kirche. Aber der Modernismus sieht dies ganz anders:Für ihn gibt es auch einen Fortschritt in der Kirche zu immer mehr Klarheit und Vernunft, sodaß das, was gestern noch als wahr und heilig galt, jetzt als völlig veraltet erscheint. Papst Franziskus opfert eben die traditionelle Messe dem Fortschrittsglauben, nach dem nur das Neueste das Wahre sein kann, bis es durch etwas noch Neueres selbst wieder veraltet und unwahr wird im Sturmlauf des Fortschrittes.