
Von Weihbischof em. Marian Eleganti OSB*
Was würde wohl der HERR zum universalkirchlichen sakramentalen Shutdown sagen, der flächendeckend die Gläubigen – unter ihnen viele alte und sterbende Menschen – der Sakramente beraubt hat? So etwas hat es in der zweitausendjährigen Geschichte der Kirche nie gegeben, auch nicht in den härtesten Kriegs‑, Pest- und Verfolgungszeiten.
Was wäre geschehen, wenn die Kirche ihr sakramentales Leben intensiviert hätte? Stattdessen handelte sie nach der allgemeinen, säkularen Logik, welche keinen Glauben kennt und den Shutdown der Sakramente und die Verödung der Pilgerstätten u. a. m. (vgl. den leeren Petersplatz) anordnete. Trotzdem forderte uns Papst Franziskus am 25. März des vergangenen Jahres auf, weltweit das Ende der Epidemie von Gott zu erbitten. Auf was haben sich unsere Glaubenskraft und Vernunft also zu beziehen: auf das Vertrauen in unsere eigenen Maßnahmen, welche die erwünschte Wirkung nicht erzielten, aber enormen Schaden anrichteten, oder auf die übernatürliche Hilfe Gottes?
War es für Israel vernünftig, in der Wüste (vgl. Num 21,4–9) auf die von Moses erhöhte Kupferschlange zu blicken, um nach dem tödlichen Schlangenbiss mit dem Leben davonzukommen? War es vernünftig, zu glauben, es könnte mit fünf Gerstenbroten und zwei Fischen (vgl. Joh 6,9) eine riesige Menge Menschen genährt werden, damit sie auf dem Heimweg nicht vor Auszehrung zusammenbrechen? War es vernünftig, den Saum des Gewandes Jesu zu berühren, um geheilt zu werden (Mt 9,21)? Ist es vernünftig, täglich an die Wesensverwandlung von Brot und Wein in den Leib Christi zu glauben, die eine Intervention GOTTES im Hier und Jetzt voraussetzt? Bei Mk 16,18 lesen wir sogar, dass selbst das Trinken von tödlichem Gift den Jüngern nicht schaden wird. Das heisst nicht, dass wir es mutwillig tun sollen, wo es andere Lösungen gibt. Es bedeutet nur, dass die säkulare Vernunft, nicht der Glaube, im Umgang mit GOTT ab einem bestimmten Punkt unvernünftig handelt. Ich kenne die diesbezügliche Stelle beim hl. Thomas von Aquin. Es geht in unserem Kontext um etwas anderes. Bei vielen Wunderheilungen hat Jesus als deren Voraussetzung den Glauben des Betreffenden gelobt. „Dein Glaube hat Dir geholfen!“ Die biblischen Beispiele liessen sich beliebig vermehren.
Stattdessen hat alle Welt gesehen, dass grosse Teile der Kirche mehrheitlich ziemlich säkular denken und handeln, als hätten sie keinen Glauben in die Wirksamkeit und Gegenwart Gottes, z. B. im sakramentalen Kontext. Es wurde ihr sogar von unverdächtiger, weltlicher Seite spöttisch vorgeworfen, GOTT („ihr Kerngeschäft“) zu wenig ins Spiel gebracht zu haben bei der Überwindung der Krise. Das hat Folgen. In Nazareth konnte JESUS nur wenige Wunder tun, weil er dort nicht den Glauben fand, den ER suchte und für Sein übernatürliches Wirken voraussetzte. Ich sage nicht, dass wir auf unvernünftige Weise GOTT herausfordern sollen, die Naturgesetze aufzuheben. Was uns aber die säkulare oder politische «Vernunft» auferlegt hat, ist weitgehend auch nicht vernünftig: z. B. Zahlen, die nicht in die richtigen Relationen gestellt und beliebig manipuliert wurden, um rigorose Massnahmen zu rechtfertigen, oder Schutzwirkungen zu behaupten, die schlichtweg nicht gegeben sind. Sämtliche Corona-Massnahmen können mit guten Gründen in Bezug auf ihre tatsächliche Schutzwirkung und in Bezug auf ihre negativen bis verheerenden, existenzgefährdenden und existenzvernichtenden Wirkungen (wer wird es bezahlen?) hinterfragt werden. Das besorgen andere. Es wird jedenfalls noch lange zu reden geben.
Um was es mir geht, ist, dass das Vertrauen auf GOTT und das Rechnen mit Seiner Hilfe und Seinem Schutz in unserem Kontext keineswegs unvernünftig ist. Jeder entscheidet selbst, wie weit er damit geht und wie unvernünftig er dabei anderen erscheinen will. Ich empfehle diesbezüglich allen den Psalm 91, der sich in unserem Kontext ziemlich unvernünftig anhört, aber im Mund eines gläubigen Beters ganz und gar nicht unvernünftig ist. Er setzt nur andere Prioritäten.
*Bischof Marian Eleganti, Studium an der Päpstlichen Lateranuniversität, Eintritt in die Benediktinerabtei St. Otmarsberg in Uznach (Kanton Sankt Gallen, Schweiz), von 1999 bis 2009 Abt von St. Otmarsberg, seit 2009 Titularbischof von Lamdia, von 2009 bis 2021 Weihbischof des Bistums Chur, übte deutliche Kritik an der Erklärung von Abu Dhabi, die im Februar 2019 von Papst Franziskus und dem Großimam von Al-Azhar unterzeichnet wurde.
Bild: Jüngstes Gericht (1260–1275), Baptisterium des Doms von Florenz/MiL
ein Viertel der Bischöfe wären gläubig sagt der Kardinal Brandmüller. hoffentlich! aber Weihbischof Eleganti gehört offensichtlich dazu
Der Bischof bringt es auf den Punkt. Würden wir wirklich an die Realpräsenz Christi in der hl. Kommunion glauben, würden wir uns dieses Geschenks niemals freiwillig entziehen. Ganz besonders nicht in diesen schweren Zeiten wo wir der Hilfe Gottes besonders bedürfen. Nicht vergessen: Wir leben in der Welt aber sind nicht von dieser Welt. Wer an seinem Leben festhält, wird es verlieren… Das hl. Messopfer, Jesus Christus, ist es was die Menschen mit Gott versöhnt. Er ist unser Anwalt vor Gott. Ohne die Eucharistie wird uns Menschen die Gerechtigkeit Gottes hart treffen. Beten wir für unseren Papst und die Priester. Der Heilige Geist möge uns leiten.
Hier steht:„Es bedeutet nur, dass die säkulare Vernunft, nicht der Glaube, im Umgang mit Gott ab einem bestimmten Punkt unvernünftig handelt.“
Das wurde mir auch in den letzten Tagen klar. Es gibt einen Punkt. Haben wir diesen Punkt zeitlich überschritten?
„Saulus war ein Albert Einstein unter den Gesetzesgelehrten.“ hörte ich in einer Predigt. Nun sah sich Saulus der Frage ausgesetzt, ob dieser Jesus von Nazareth wie einfache Menschen in Palästina behaupteten eine Inkarnation des höchsten Gottes war. Konnten die einfachen Menschen, Handwerker, Fischer, Zöllner, konnten diese Menschen wahre Zeugen sein, während sich die Gelehrten und Machthaber dieser Zeit irrten? Konnte das undenkbare geschehen sein? Dann kam das Damaskuserlebnis. Hier teilte sich ihm der höchste Gott mit: Saulus, warum verfolgst Du mich? Saulus entschied sich, hier ist der Punkt, wo meine bisherige Vernunft an eine Grenze kommt. Jesus Christus muss tatsächlich der höchste Gott sein, wie die einfachen Menschen bezeugen. Aus dem Erlebnis und der Erkenntnis des Saulus kam der Namenswechsel und eine völlige Neuorientierung. Im Moment der Umkehr des Paulus werden die Voraussagen der heiligen Schriften der Juden erhellt. Auch der heutige Leser des alten Testamentes kann wie Paulus empfinden und sagen, ja, nach dem Damaskuserlebnis, nach der Umkehr zum Glauben erhellt sich die Schrift. Es ist alles war. Es war alles vorausgesagt. Präzise vorausgesagt und für die Ungläubigen nicht erkennbar, weil sie blind sind. Erst die Erhellung des Glaubens hat Paulus das Verständnis gegeben. Erst das Einlassen auf die Wahrheit und den Glauben macht alles aus. Der Glaube ist keine selbstgewählte Ausrichtung des Menschen, er ist eine Kraft.
Paulus legt nun sein Wirken komplett in die Hand Gottes. Praktisch hat er mit dieser Radikalität eine historische Durchschlagskraft.
Wenn wir dieses Damaskuserlebnis betrachten, es wird ja immer wieder gesagt, Paulus sei der erste mit einem Damaskuserlebnis gewesen, dann könnten wir heute in einer grossen Zahl von Menschen an der gleichen Schwelle stehen. Dann stehen wir vielleicht an der neutestamentalischen Schwelle. So wie das jüdische Gelehrtentum an seine Grenze kommt, kommt hier die Christenheit an eine Grenze. Unsere Schrift ist durch das neue Testament erweitert worden. Kann es sein, dass diese weltfernen Menschen Zeugnis von der Wahrheit ablegen? Kann es sein, dass diese unmodisch Gekleideten das wahre Zeugnis geben und die in dieser Welt Erfolgreichen sich irren?
Es gibt in der Gegenwart eine steigende Anzahl von Menschen, die als solche Zeugen auftreten. Sie behaupten auch, ein Damaskuserlebnis gehabt zu haben. Etwas, das sie zur Umkehr gebracht hat. Mag es noch so leise und subtil gewesen sein. Sie begannen zu verstehen. Die Schriften des neuen Testamentes zeigten sich immer mehr als wahr und richtig. Alles in der Gegenwart erscheint dann als verirrt. Verirrte Machthaber, verirrte Priester, verirrte Werbefachleute, verirrte Architekten.
Schauen wir auf die heiligen Schriften, wird uns eine verkürzte Zeit angekündigt. Zuvor muss allen Völkern das Evangelium verkündet werden (das was Saulus zunächst ablehnte). Es ist allen Völkern das Evangelium verkündet worden. Irgendwann in den letzten Jahrzehnten war es vollständig. Die Hure Babylon trägt tatsächlich Purpur und Scharlach. Es ist eine böse Zeit wie es noch niemals eine gegeben hat. Es war die Aufgabe des Saulus, die Verkündigung für seine Zeit anzunehmen. Es ist unsere Aufgabe, die Verkündigung für diese Zeit anzunehmen.
Wir haben alle in dieser Coronazeit psychisch einen an der Waffel. Was abläuft, macht uns niedergeschlagen und desorientiert. Aber wenn wir die Verkündigung annehmen, können wir sehen, es hat alles seinen Sinn. Wir schauen auf die Mehrzahl. Alles was sie tun und sagen ist in sich widersprüchlich. Keiner sieht klar. Die säkulare (=Gott ausschliessende) Vernunft handelt ab einem bestimmten Punkt unvernünftig.