Neuer Bischof von Chur wird zumindest bis 2026 im Amt bleiben

Polemik um "falsche Demut"


Schreiben von Kardinal Ouellet, mit dem Amtszeitverlängerung bis 2026 mitgeteilt wurde.
Schreiben von Kardinal Ouellet, mit dem Amtszeitverlängerung bis 2026 mitgeteilt wurde.

(Rom) Unge­wöhn­lich, aber mög­lich: Papst Fran­zis­kus gewähr­te dem neu­en Bischof von Chur noch vor des­sen Bischofs­wei­he und Amts­ein­füh­rung eine Ver­län­ge­rung im Amt über die kano­ni­sche Alters­gren­ze hinaus.

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Am 15. Febru­ar hat­te Fran­zis­kus Joseph M. Bonn­emain zum neu­en Bischof der Schwei­zer Diö­ze­se Chur ernannt. Im Vor­feld hat­te das Dom­ka­pi­tel nur für den kon­kre­ten Fall auf das ihm zuste­hen­de Ernen­nungs­recht ver­zich­tet und auf den Papst übertragen.

Die Ernen­nung ver­wun­der­te, da Bischof Bonn­emain im kom­men­den Juli bereits 73 wird, das Kir­chen­recht aber mit Voll­endung des 75. Lebens­jah­res vor­sieht, daß Bischö­fe dem Papst ihren Rück­tritt anbie­ten müs­sen. Soll­te mit der Ernen­nung Bonn­emains die eigent­li­che Ent­schei­dung über den Bischof und die künf­ti­ge Aus­rich­tung des Bis­tums, um die seit Jahr­zehn­ten gerun­gen wird, nur auf­ge­scho­ben werden?

Gestern ver­öf­fent­lich­te das Bis­tum fol­gen­de Erklärung:

Joseph M. Bonn­emain, der ernann­te Bischof von Chur, wird gemäss einem Schrei­ben aus dem Vati­kan vom 15. Febru­ar 2021 wenig­stens 5 Jah­re im Amt blei­ben. So hat es Papst Fran­zis­kus verfügt.

Das Kir­chen­recht sieht vor, dass ein Bischof mit 75 Jah­ren dem Papst sei­ne Demis­si­on anbie­tet. Dies wird Joseph M. Bonn­emain im Juli 2023, wenn er 75 Jah­re alt wird, nicht tun, son­dern sei­ne Amts­zeit wird auto­ma­tisch ver­län­gert. Damit wird sei­ne Amts­zeit frü­he­stens im Jahr 2026 enden, sofern die Gesund­heit des Bischofs dies erlaubt.

Chur, 22. Febru­ar 2021

Das ita­lie­nisch gehal­te­ne Schrei­ben aus dem Vati­kan ist von Kar­di­nal Marc Ouel­let,  dem Prä­fek­ten der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on, unter­zeich­net und stammt vom 15. Febru­ar, dem Tag der Bischofs­er­nen­nung. Dar­in heißt es in der deut­schen Über­set­zung des Bistums:

„Der Hei­li­ge Vater ist sich der Kom­ple­xi­tät der Situa­ti­on in der Diö­ze­se bewusst. Ihre Exzel­lenz ist dazu beru­fen, vor allem die Com­mu­nio und Ein­heit der Orts­kir­che zu för­dern und sich gross­zü­gig für das Werk der Evan­ge­li­sie­rung ein­zu­set­zen. Im Bewusst­sein der anspruchs­vol­len Dimen­sio­nen der Ihnen anver­trau­ten Sen­dung und in Anbe­tracht Ihres Alters hat Papst Fran­zis­kus ver­fügt, dass Ihr Man­dat – soll­te Ihre Gesund­heit es Ihnen ermög­li­chen – wenig­stens fünf Jah­re dau­ern soll.

Mit der Mit­tei­lung des vor­her Gesag­ten an Ihre Exzel­lenz ist die­se Kon­gre­ga­ti­on im Auf­trag des Hei­li­gen Vaters auch damit betraut, Ihnen mit­zu­tei­len, dass er Ihnen, Ihren Ange­hö­ri­gen, dem Kle­rus und dem gan­zen Volk Got­tes in der Diö­ze­se Chur ger­ne den Apo­sto­li­schen Segen erteilt.“

Die Ver­län­ge­rung der Amts­zeit um zwei Jah­re war unter Bene­dikt XVI. für Metro­po­li­ten die Regel. Sie ist ein Zei­chen der Wert­schät­zung. Unter Paul VI. war die ein­sti­ge Rege­lung, daß eine Bischofs­er­nen­nung auf Lebens­zeit erfolgt, abge­schafft wor­den. Die Rech­te und Pflich­ten, die mit der Bischofs­wei­he ver­bun­den sind, gel­ten lebens­lang. Eine Juris­dik­ti­on wird aller­dings nur mehr auf Zeit verliehen.

Mit der gleich vor­ab gewähr­ten Ver­län­ge­rung um zwei Jah­re wur­de dem Bischof und der Diö­ze­se Chur zuge­si­chert, daß Msgr. Bonn­emain min­de­stens fünf Jah­re im Amt sein wird. Dies scheint auch die Bit­te des neu­en Bischofs gewe­sen zu sein, die er mit der Annah­me des Amtes ver­knüpft hatte.

Polemik um „falsche Demut“

Mit har­ter Pole­mik reagier­te der bekann­te spa­ni­sche Jour­na­list, Histo­ri­ker und Blog­ger Fran­cis­co José Fernán­dez de la Cigo­ña auf die Ernen­nung von Msgr. Bonn­emain. Fernán­dez de la Cigo­ña, selbst mit dem Opus Dei ver­bun­den, stößt sich dar­an, daß Bonn­emain, ein Opus-Dei-Prie­ster, gleich nach sei­ner Ernen­nung glaubt, „alle ande­ren Bischö­fe beleh­ren“ zu müs­sen, indem er auf ein bischöf­li­ches Wap­pen verzichtet.

Kein Wap­pen mache einen Bischof nicht mehr zum Bischof als ein Wap­pen, so Fernán­dez de la Cigo­ña auf sei­nem Blog. Den­noch gebe es kei­nen Grund, außer einer „fal­schen Demut“, sich einer so alten Gewohn­heit ohne erkenn­ba­ren Grund zu entledigen.

Es ist die zur Schau getra­ge­ne „fal­sche Demut“, die Fernán­dez de la Cigo­ña erzürnt, denn damit habe Msgr. Bonn­emain alle ande­ren Bischö­fe und auch sei­ne Vor­gän­ger gede­mü­tigt, indem er sich hin­stel­le und rufe, seht her, wie beschei­den ich bin – im Gegen­satz zu …

Die Fol­ge ist eine Pole­mik gegen Bonn­emain, die selbst von Lesern sei­nes Blogs als „über­zo­gen“ kri­ti­siert wird. Fernán­dez de la Cigo­ña fand auf der Face­book-Sei­te des ernann­ten Bischofs ein Bild, das die­sen im „Räu­ber­zi­vil“ zeigt: 

„Nun hof­fen wir, daß das schlech­te Out­fit nicht das Image des neu­en Opus Dei ist.“

Gera­de das Opus Dei habe stets Wert auf ein tadel­lo­ses Erschei­nungs­bild gelegt. Dabei sei es nicht nur um einen bewuß­ten Gegen­satz zur all­ge­mei­nen Klei­der­ord­nung gegan­gen, son­dern in erster Linie um „den Respekt vor dem Wei­he­amt“, das sich im Äuße­ren wider­spie­geln soll­te. Selbst nicht-kle­ri­ka­le Ange­hö­ri­ge der Per­so­nal­prä­la­tur ach­te­ten auf ein gepfleg­tes Äuße­res als Erkennungsmerkmal.

Auf dem von Fernán­dez de la Cigo­ña ver­öf­fent­lich­ten Foto des neu­ernann­ten Bischofs Bonn­emain zei­ge sich die­ser „abso­lut nicht prä­sen­ta­bel“. Es ent­stand 2017, als der dama­li­ge Opus-Dei-Prie­ster im süd­ita­lie­ni­schen Pal­mi an einer Schu­lung teilnahm

Der nun­meh­ri­ge Bischof Bonn­emain 2017 in Süd­ita­li­en. Anstoß für eine Pole­mik war der Wap­pen­ver­zicht des neu­en Bischofs.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Bis­tum Chur (Screenshot)/La Cigüeña De La Torre

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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