Das Missale Romanum, Editio Lacensis (1931) und die „sakrale Gedankenwelt der Liturgie“ oder: „Das Buch als Ausdruck seines geistigen Gehalts“ (1)

Zu einer Neuerscheinung über die Bremer Presse


In der Benediktinerabtei Maria Laach lebten und wirkten P. Anselm Schott und P. Urban Bomm.
In der Benediktinerabtei Maria Laach lebten und wirkten P. Anselm Schott und P. Urbanus Bomm.
Erster Teil

Von Cle­mens Vic­tor Oldendorf

Anzei­ge

Vor­be­rei­tet durch ein Inter­es­se an Schrif­ten und ihrer Erzeu­gung und ver­mit­telt durch sei­nen Schwie­ger­va­ter, der Bücher­samm­ler war, kam Hel­mut Stef­fens (*1948) vor Jahr­zehn­ten in Füh­lung mit den Drucken der berühm­ten Bre­mer Pres­se. 1911 von den Freun­den Wil­ly Wie­gand (1884–1961) und Lud­wig Wol­de (1884–1949), die eigent­lich Juri­sten waren, ins Leben geru­fen, führ­te spä­ter Wie­gand die Arbeit, zeit­wei­lig par­al­lel als Ver­lag, aber auch als Auf­trags­pres­se bis 1939 allei­ne fort. Inspi­riert vom Art and Craft Move­ment in Eng­land, ent­stan­den so Hand- und Werk­drucke von höch­ster Bril­lanz in Typo­gra­phie und har­mo­ni­scher Text­an­ord­nung. Stef­fens lie­ßen sie nicht mehr los. Obwohl an sich Diplom­in­ge­nieur der Elek­tro­tech­nik und jemand, der sich beruf­lich mit Ton­auf­zeich­nun­gen beschäf­tigt und als Klang­fän­ger ver­steht sowie in der Frei­zeit in diver­sen Jazz­bands am Schlag­zeug gekonnt impro­vi­siert, wur­de er selbst zum Biblio­phi­len und blieb seit den 1970er Jah­ren der Bre­mer Pres­se immer auf den Fer­sen. Die Fül­le an Kennt­nis­sen und Mate­ri­al, die infol­ge­des­sen im Lau­fe der Jahr­zehn­te zusam­men­kam, ließ vor etwa fünf Jah­ren die Über­le­gung rei­fen, ein Buch über die Bre­mer Pres­se zu schrei­ben. Die Idee gewann immer kon­kre­te­re Züge, so dass 2020 das annä­hernd sechs­hun­dert Sei­ten star­ke Buch Die Geschich­te der Bre­mer Pres­se von Hel­mut Stef­fens vor­ge­legt wer­den konn­te. Reich illu­striert, fin­det man dar­in die stim­mi­ge Aus­ge­wo­gen­heit von Inhalt und Form, die für die Bre­mer Pres­se ästhe­tisch-for­mal bestim­mend war, auch in dem Werk über sie über­zeu­gend umge­setzt. In einem leben­di­gen Inter­view wur­de der Autor jüngst zu sei­nem Buch befragt.

Verbindungslinie zum vom heiligen Papst Pius X. erneuerten tridentinischen Missale

Das Erschei­nungs­jahr 2020 bil­det gewis­ser­ma­ßen einen Brücken­schlag zum Hun­dert-Jahr-Jubi­lä­um der Edi­tio typi­ca des Mis­sa­le Roma­num von 1920, in der, ver­zö­gert durch den Tod des Pap­stes und den Ersten Welt­krieg (1914–1918), der Nach­fol­ger Bene­dikt XV. das von Pius X. refor­mier­te triden­ti­ni­sche Mess­buch her­aus­ge­ben konn­te. Dem beson­de­ren Jah­res­tag die­ser Edi­tio typi­ca am 25. Juli 2020 habe ich an ande­rer Stel­le eine Wür­di­gung gewid­met, was mit der Begrün­dung zusam­men­hängt, derent­we­gen ein Buch über die Bre­mer Pres­se hier über­haupt vor­ge­stellt wird: Die berühm­te Edi­tio Lacen­sis, die ihren Namen auf die Bene­dik­ti­ner­ab­tei am Laa­cher See in der Vul­kan­ei­fel zurück­führt, ent­spricht dem Sta­tus quo die­ser Edi­tio typi­ca des römisch-triden­ti­ni­schen Mess­buchs und ist 1931 das letz­te monu­men­ta­le Auf­trags­werk der Bre­mer Pres­se gewe­sen. Doch nicht allein das. –

Hel­mut Stef­fens: Die Geschich­te der Bre­mer Presse

Bei sei­ner Recher­che in Biblio­the­ken und Archi­ven erkann­te Stef­fens bald, dass die Quel­len­la­ge für das Mis­sa­le Roma­num, Edi­tio Lacen­sis, die bei wei­tem beste Doku­men­ta­ti­on bie­tet, wie die Bre­mer Pres­se gear­bei­tet hat und wie ihre Wer­ke ent­stan­den. Dar­aus ergibt sich, wor­über der Buch­ti­tel nichts ver­rät oder ahnen lässt: Der weit­aus größ­te Teil der Geschich­te der Bre­mer Pres­se erzählt von der auch als Laa­cher Mis­sa­le bekann­ten Aus­ga­be des Altar­mess­buchs. Die Chro­no­lo­gie der Ent­ste­hung führt in die Mit­te der 1920er Jah­re und zeigt gewis­se Über­schnei­dun­gen und Berüh­rungs­punk­te mit dem Lacher Volks­mess­buch, dem wir uns daher vor­be­rei­tend zunächst zuwen­den wollen.

Das Volksmessbuch des Urbanus Bomm ab 1927

Am Anfang, streng­ge­nom­men sogar vor dem eigent­li­chen Beginn die­ser Initia­ti­ve, steht das an sich ganz prak­ti­sche Bestre­ben, eine für die Mas­sen­ver­brei­tung der Mess­tex­te geeig­ne­te­re Alter­na­ti­ve zum Schott anbie­ten zu kön­nen, ähn­lich wie man im Ersten Welt­krieg die Sol­da­ten mit dem Neu­en Testa­ment aus­ge­stat­tet hat­te. Die alt­phi­lo­lo­gisch-theo­lo­gi­sche Prä­gung ergab sich erst, nach­dem der Schwei­zer Ver­lag Ben­zi­ger mit Sitz in Ein­sie­deln bei den dor­ti­gen Bene­dik­ti­nern nie­man­den für das Mess­buch­pro­jekt inter­es­sie­ren, vor allem nicht den „lit­ur­gie­be­gei­ster­ten“1 Pater Leon­hard Huge­ner OSB (1874–1938) für die­se Arbeit gewin­nen konnte.

Anläss­lich des 175. Geburts­jah­res des Pater Anselm Schott OSB (1843–1896) habe ich 2018 die Ent­wick­lungs­ge­schich­te des Schott-Mess­bu­ches bis vor die Gren­ze der nach­kon­zi­lia­ren Lit­ur­gie­re­form in einer vier­tei­li­gen Dar­stel­lung nach­ge­zeich­net, und die erwei­ter­te Neu­aus­ga­be des voll­stän­di­gen latei­nisch-deut­schen Schott, die der Ver­lag Sar­to wohl mehr zufäl­lig im dama­li­gen Jubi­lä­ums­jahr auf den Buch­markt gebracht hat, wur­de auf katho​li​sches​.info eben­falls vor­ge­stellt.

Grundlagen und Neuansatz in Maria Laach

Die erste Gene­ra­ti­on von Pater Schotts ursprüng­li­chem Meß­buch der hei­li­gen Kir­che umfass­te vier Auf­la­gen: 1884, 1888, 1892 und 1894. Seit Novem­ber 1892 war Anselm Schott einer der Mön­che, die zur bene­dik­t­i­ni­schen Wie­der­be­sied­lung der Abtei nach Maria Laach ent­sandt wur­den. So ent­stand auch die für ein Werk immer beson­ders bedeut­sa­me Aus­ga­be letz­ter Hand, für die Schott noch allein ver­ant­wort­lich zeich­ne­te, dort in Maria Laach. 1896 war Schott der erste Bene­dik­ti­ner der Beu­ro­ner Kon­gre­ga­ti­on, der in der Gruft der mit­tel­al­ter­li­chen Niko­laus­ka­pel­le – sei­ner­zeit aller­dings vor­über­ge­hend St. Joseph geweiht – sei­ne letz­te irdi­sche Ruhe­stät­te fand.

Ben­zi­ger ver­füg­te seit 1894 in Köln über eine Depen­dance, die seit dem Ersten Welt­krieg von Franz Bettschart (1881–1964) gelei­tet wur­de, dem man nach der Quel­len­la­ge die erste Idee und Initia­ti­ve für eine Alter­na­ti­ve zum Schott zuschrei­ben muss, deren Aus­füh­rung an sich nur durch den Krieg in den Jah­ren von 1914 bis 1918 ver­zö­gert wor­den war. Ganz ähn­lich übri­gens wie die Her­aus­ga­be der Edi­tio typi­ca des Mis­sa­le 1920.

Mar­mor­ta­fel auf dem Locu­lus von P. Anselm Schott in der Kryp­ta der Niko­laus­ka­pel­le in Maria Laach (Pri­vat­ar­chiv Oldendorf)

Liturgische Erneuerung aus den Quellen – Kultauffassung und ‑vollzug der frühen Kirche angestrebt

Dass das neue Lai­en­mess­buch zum Bomm und vom Lit­ur­gie­ver­ständ­nis der Laa­cher Abtei geprägt wur­de, zu dem theo­lo­gisch vor allem Pater Odo Casel OSB (1886–1948) bei­getra­gen hat­te, ist zwei­fel­los auf Köl­ner Ein­fluss zurück­zu­füh­ren. Im Jah­re 1925 war es näm­lich der selbst schrift­stel­le­risch akti­ve Köl­ner Pfar­rer Josef Könn (1876–1960)2 – er war mit Franz Bettschart befreun­det, und bis auf eine ein­zi­ge Aus­nah­me erschie­nen alle sei­ne Publi­ka­tio­nen im Ver­lag Ben­zi­ger – der den Kon­takt zu Maria Laach mit sei­nem Abt Ilde­fons Her­we­gen OSB (1874–1946, Abt seit 1913) auf­nahm. Könn war selbst ein expo­nier­ter Ver­tre­ter der soge­nann­ten Lit­ur­gi­schen Bewe­gung von weit­rei­chen­der Aus­strah­lung, eben­so Her­we­gen eine Schlüs­sel­fi­gur darin.

Die Wahl des Abtes, der sich von der Idee zu einem eige­nen Hand­mess­buch zum Gebrauch der Gläu­bi­gen über­zeu­gen ließ, fiel für die Aus­ar­bei­tung der Tex­te noch vor des­sen Prie­ster­wei­he auf den damals knapp vier­und­zwan­zig­jäh­ri­gen Fra­ter Urba­nus Bomm OSB (1901–1982, ab 1964 zunächst Abt­ko­ad­ju­tor, dann von 1966 bis zur Resi­gna­ti­on 1977 Abt von Maria Laach), der wahr­schein­lich im Mai oder Juni 1925 den Auf­trag erhielt, bis Okto­ber 1926 (die Prie­ster­wei­he war am 22. August 1926) ein Manu­skript zu erstel­len, in dem neben Über­set­zun­gen zu den Pro­prien der Sonn‑, Fei­er- und Fast­ta­ge eine sol­che des Ordo Mis­sae und Ein­füh­run­gen in die lit­ur­gi­schen Zei­ten und Tage des Kir­chen­jah­res ent­hal­ten sein soll­ten. Bomm war zwar nicht in Köln gebo­ren, wuchs dort aber seit sei­nem vier­ten Lebens­jahr auf. „Der Schü­ler des Apo­stel­gym­na­si­ums, der Kir­che, dem Kon­zert- und Thea­ter­le­ben der Dom­stadt ver­bun­den, fühl­te sich sei­ner zwei­ten Hei­mat stets inni­ger ver­wandt als sei­nem nie­der­rhei­ni­schen Geburts­ort Lob­be­rich.“3 Pfar­rer Könn war es, so wird gesagt, der ihn aner­ken­nend als „ne Köl­sche Jung“ lobte.

Laut einer von Pater Ange­lus Häuß­ling OSB (1932–2017) in Bomms Nach­lass auf­ge­fun­de­nen Kor­re­spon­denz gibt Franz Bettschart in einem Brief von 1951 sei­ne Argu­men­te wie folgt an: „1.) Mono­po­le sind immer unge­sund. Schott ist zu teu­er. Her­der kann sich sei­ne hohen Prei­se erlau­ben, weil kei­ne Kon­kur­renz da ist. 2.) Mono­po­le geben weder dem Autor zu text­li­chen Ver­bes­se­run­gen noch dem Ver­lag zu schö­ne­rer typo­gra­phi­scher Aus­stat­tung Antrieb. Fort­schritt erreicht man nur durch Kon­kur­renz. 3.) Der Ver­lag Ben­zi­ger ver­leg­te von alters­her und län­ger als Her­der Meß­bü­cher und hat somit einen Anspruch auf ein moder­nes Meß­buch.“4 1951 beging Oskar Bettschart (1882–1960, Direk­tor des Ver­la­ges Ben­zi­ger seit 1920), der jün­ge­re Bru­der Franz Bettscharts, sein fünf­zig­stes Geschäfts­ju­bi­lä­um. Das gera­de zitier­te Schrei­ben sei­nes Bru­ders Franz ist sozu­sa­gen eine Reso­nanz auf Pater Bomms Bei­trag in einer aus die­sem Anlass erschie­ne­nen Fest­ga­be. Der in Form eines per­sön­li­chen Brie­fes gestal­te­te Text gibt inter­es­san­ten Auf­schluss über die Vor- und Ent­ste­hungs­ge­schich­te des Hand­mess­buchs der Laa­cher Abtei. Die Beschrei­bung des Her­gangs illu­striert in einem Pas­sus etwa die schö­ne­re typo­gra­phi­sche Aus­stat­tung, indem er erwähnt, dass ab 1930 für den „schö­nen Mis­sa­le­druck“ sogar „beson­de­re Maschi­nen für Satz und Druck“ ange­schafft wur­den, der sich spä­ter, in den latei­nisch-deut­schen Aus­ga­ben, als ein „Haupt­an­lie­gen“ (wohl in Abgren­zung und im Unter­schied zum Schott) her­aus­kri­stal­li­siert habe.5

Der Ein­blick in die Arbeits­wei­se bei der Erstel­lung der Über­set­zun­gen und Ein­füh­run­gen ist auf­schluss­reich. Erst mach­te sich Bomm, nach­dem er die Auf­ga­be über­nom­men hat­te, an die Über­set­zun­gen des Ordo Mis­sae und ver­fass­te die Leit­ge­dan­ken und deut­schen Fas­sun­gen der latei­ni­schen Mess­for­mu­la­re begin­nend mit dem Ersten Advents­sonn­tag des neu­en Kir­chen­jah­res jeweils unter dem unmit­tel­ba­ren Ein­druck der in der Laa­cher Mönchs­ge­mein­de soeben mit­ge­fei­er­ten klö­ster­li­chen Lit­ur­gie in der Abtei­kir­che.6

P. Urba­nus Bomm (1901–1982), Archiv Benziger/​Museum Fram in Einsiedeln

Dazu passt eine Art Wer­be­text, des­sen Ent­wurf sich als zwei­sei­ti­ges maschi­nen­ge­schrie­be­nes Manu­skript im Archiv Ben­zi­ger erhal­ten hat, das nach dem Ver­lag­s­en­de von einem loka­len Muse­um am ein­sti­gen Ver­lags­ort Ein­sie­deln über­nom­men wor­den ist. In die­sem Text schreibt um 1957/​58 ein gewis­ser, nicht näher zu iden­ti­fi­zie­ren­der Beran: „Aus die­sem lit­ur­gi­schen Schaf­fen tritt als ein Juwel in der Kro­ne der Laa­cher Arbei­ten das Volks­mess­buch der Abtei her­vor, das Pater Dr. Urba­nus Bomm OSB schuf. Es ist aus den Laa­cher Stu­di­en in Theo­lo­gie und Lit­ur­gie, ver­bun­den mit der tie­fen Reli­gio­si­tät des Klo­sters, her­aus­ge­wach­sen. Die latei­ni­schen Tex­te des Mis­sa­le sind im Volks­mess­buch nicht schlecht­hin ins Deut­sche über­tra­gen. Dem Ver­fas­ser stan­den die Kraft und die Wucht des Got­tes­wor­tes aus der hei­li­gen Schrift vor Augen. So kraft­voll im Deut­schen zu spre­chen, schweb­te ihm vor, und dar­aus wuchs schliess­lich die mei­ster­haf­te Über­set­zung in wort­ge­treu­er, kla­rer und leben­di­ger Form. (…) Pater Bomm hat (…) nicht nur über­setzt, son­dern auch Anlei­tun­gen gege­ben, durch die der Laie am Laa­cher reli­giö­sen Leben Anteil neh­men kann. Zu jeder Mes­se gab er eine Ein­lei­tung und dort, wo es ange­bracht schien, Text­erklä­run­gen, wodurch der Beter zum Kern­punkt der hei­li­gen Myste­ri­en geführt wird.“7

Die Laa­cher Alter­na­ti­ve zum Schott war also ein eigen­stän­di­ger Neu­an­satz, und doch kann man sagen, dass damit eine Saat auf­ging, die Anselm Schott gesät hat­te, beson­ders ange­sichts des­sen, dass sei­ne sterb­li­che Hül­le, gleich einer Saat, in Maria Laach ruht.

Zwei konkurrierende Verlage – ein zweites, ambitioniertes Laienmessbuch tritt auf‘s Parkett

Jen­seits sol­cher Poe­sie war der Bomm unbe­streit­bar eine kom­mer­zi­el­le Kon­kur­renz zum Schott. Nicht zufäl­lig erschien aus­ge­rech­net 1927, als gera­de die erste Auf­la­ge des Laa­cher Volks­mess­bu­ches her­aus­ge­kom­men war, ein im wesent­li­chen rein deut­scher Schott, von dem es in einer Klein­schrift, die der Ver­lag Her­der zum 50-Jahr-Jubi­lä­um der Erst­auf­la­ge des Schott-Mess­bu­ches 1934 mit deut­li­cher Rekla­me­funk­ti­on 1935 her­aus­ge­ge­ben hat­te, heißt: „Ein ande­res Objekt hin­ge­ben­der Sorg­falt soll­te das für die wei­te­sten Volks­krei­se berech­ne­te ‚Klei­ne Meß­buch für Sonn- und Fei­er­ta­ge‘ wer­den, das zum ersten Mal 1927 mit zweck­dien­li­chen Erklä­run­gen und Ein­füh­run­gen erschien und seit sei­ner 4. Auf­la­ge den Ober­ti­tel ‚Volks­schott‘ führt. Es will hin­sicht­lich des Umfangs und Prei­ses, zumal in sei­ner leich­te­ren Faß­lich­keit, ein ech­tes Volks­meß­buch wer­den.“8 

Die Abtei Maria Laach,1093 gestif­tet, 1892 wie­der­be­sie­delt, hat das roma­ni­sche Geprä­ge bewahrt. Eine Beson­der­heit stellt das „Para­dies“ dar, die Säu­len­vor­hal­le an der Westfassade.

Der Füh­rungs­an­spruch Her­ders auf dem deutsch­spra­chi­gen Mess­buch­sek­tor wird in die­ser Schrift auch vor­her schon for­mu­liert: „Gemäß dem wach­sen­den Bedürf­nis und Ver­ständ­nis wei­ter Krei­se für das lit­ur­gi­sche Beten der Kir­che (…) wur­de nun [in der Zeit nach dem Ersten Welt­krieg, Anm. CVO] der ‚Schott‘, trotz auf­tau­chen­der Neben­un­ter­neh­men, das eigent­li­che Gebet­buch des katho­li­schen Lai­en.“9 Wenig zurück­hal­tend for­mu­liert, kann hier eigent­lich nur die Kon­kur­renz des Ver­la­ges Ben­zi­ger gemeint sein und erkennt man unschwer den Ver­such, den Bomm her­un­ter­zu­spie­len, des­sen Poten­ti­al, das bis dahin bei­na­he unan­ge­foch­te­ne eige­ne Qua­si-Mono­pol in Fra­ge zu stel­len, der Her­der-Ver­lag sei­ner­zeit sehr wohl wahr­ge­nom­men hat, wäh­rend das Meß­buch der katho­li­schen Kir­che von Kunz, das ab 1920 bei Fried­rich Pustet in Regens­burg erschien, trotz sei­ner eige­nen Qua­li­tä­ten in sei­ner Wir­kung über­schau­bar blieb. Zu die­sem Pro­jekt eines Lai­en­mess­buchs, das unter dem unmit­tel­ba­ren Ein­fluss der neu­en Edi­tio typi­ca des Römi­schen Mess­bu­ches von 1920 gese­hen wer­den kann und zu sei­nem Autor, Pfar­rer Chri­sti­an Kunz (1866–1937), wird dem­nächst ein eige­ner, geson­der­ter Bei­trag folgen.

Seit 1926 gab es den Schott als latei­nisch-deut­sches Plenar­mess­buch, das ent­spre­chen­de Bomm-Pen­dant erst­mals eine Deka­de spä­ter, doch bereits in sei­ner Bomm-Bespre­chung zur Neu­erschei­nung von 1927, die Rezen­si­on selbst erfolg­te 1928, hat­te Odo Casel das Desi­de­rat aus­ge­spro­chen: „Das hoch­ver­dienst­li­che Werk wird sicher sich wei­ter ver­voll­komm­nen und hof­fent­lich auch sich ein­mal auf ein Voll­mis­sa­le aus­deh­nen.“10

Im Ide­al, das Latei­ni­sche sei­ner inne­ren, lit­ur­gisch-kul­ti­schen Aus­sa­ge nach im Deut­schen auf die als kult­ge­recht emp­fun­de­ne sprach­li­che Form und den tref­fen­den, hie­ra­tisch sach­ge­rech­ten sprach­li­chen Aus­druck zu brin­gen, zeigt sich schon eine Gemein­sam­keit mit den Kri­te­ri­en und Selbst­maß­stä­ben der Bre­mer Pres­se.

In die­ser Atmo­sphä­re, bei­na­he könn­te man sagen: In die­sem Laa­cher Bio­top fand also die Edi­tio Lacen­sis des Altar­mess­bu­ches ihren Lebens­raum, und wenn­gleich dabei die Ent­spre­chung einer Über­set­zung kei­ne Rol­le spielt, so war doch die Ent­spre­chung von Text­aus­sa­ge und Text­ge­stalt sowie der künst­le­ri­schen Illu­stra­ti­on und schließ­lich des äuße­ren Erschei­nungs­bil­des des gebun­de­nen lit­ur­gi­schen Buches eine Über­ein­stim­mung, die Maria Laach zur Koope­ra­ti­on mit der Bre­mer Pres­se prä­de­sti­nier­te und umge­kehrt. Es bestand eine deut­li­che Kongenialität.

Volksmessbuch im Verlag Benziger – das Altarmessbuch und die Bremer Presse

Nicht bloß wegen chro­no­lo­gi­scher Über­schnei­dun­gen, die zwi­schen dem Ent­ste­hen des Laa­cher Volks­mess­bu­ches und dem des Laa­cher Altar­mis­sa­les bestehen, war es sinn­voll, bei­de Bücher gemein­sam zu betrach­ten. Viel­mehr ent­stam­men sie dem glei­chen gei­sti­gen Kli­ma und der­sel­ben Auf­fas­sung sowohl der Lit­ur­gie als auch der anzu­stre­ben­den Har­mo­nie von inne­rem Gehalt und sicht­bar ver­kör­per­ter Gestalt und Aus­sa­ge. Das wird sich im zwei­ten Teil die­ses Bei­trags erwei­sen, der sich gleich in mehr­fa­chem Wort­sinn als Buch­vor­stel­lung ver­steht. In die­sem zwei­ten Teil wird das Mis­sa­le Roma­num in sei­ner Edi­tio Lacen­sis in den Blick tre­ten, zusam­men mit Illu­stra­tio­nen und Bei­spiel­ab­bil­dun­gen, die Ein­blick geben in die, für die­se Pracht­aus­ga­be des triden­ti­nisch-pia­ni­schen Mess­buchs sei­ner­zeit eigens geschaf­fe­ne, Kunst und ein­ge­setz­te Kunst­fer­tig­keit in einem umfas­sen­den Sinn.

Hel­mut Stef­fens: Die Geschich­te der Bre­mer Pres­se. …erlauch­ten Gästen ein, wür­di­ges Haus zu berei­ten, Book on Demand, 2020, 584 Sei­ten, 40 Farb­il­lu­stra­tio­nen, 81,99 EUR, auch als E‑Book für 54,99 EUR erhältlich.

Link zum zwei­ten Teil des Auf­sat­zes:
Das Mis­sa­le Roma­num, Edi­tio Lacen­sis (1931) und die „sakra­le Gedan­ken­welt der Lit­ur­gie“ oder: „Das Buch als Aus­druck sei­nes gei­sti­gen Gehalts“ (2)

Bild: Abtei Maria Laach/​Bildarchiv Oldendorf/​Archiv Ben­zi­ger im Muse­um Fram in Einsiedeln


1 Häuß­ling, A. A., Aus der Geschich­te des Volks­meß­bu­ches von Urba­nus Bomm. Eine Initia­ti­ve des Ver­lags­buch­händ­lers Franz Bettschart, in: ALw 26 (1984), S. 174–179, hier S. 176.

2 Vgl. zu die­sem Kol­ping, A., Josef Könn (1876–1960), Pfar­rer an St. Apo­steln in Köln, Mün­ster 21970.

3 Toten­chro­nik Alt­abt Urba­nus Johan­nes Bomm, gest. am 2. Okto­ber 1982, in: Toten­chro­nik aus Maria Laach 1982–1984, S. 7–10, hier S. 7. 

4 Häuß­ling, Aus der Geschich­te des Volks­meß­bu­ches (wie Anm. 1), hier S. 176, Häuß­ling erläu­tert dazu den drit­ten Punkt mit fol­gen­der Fuß­no­te: „Ben­zi­ger ver­leg­te erst­mals 1838 eine deut­sche Mis­sa­le-Bear­bei­tung, und zwar die zwei­te Auf­la­ge der von Alex­an­der Schmid OFMCap her­aus­ge­brach­ten Bear­bei­tung der zuerst 1788 in Mainz anonym durch Johann Cas­par Mül­ler besorg­ten (Auswahl-)Übersetzung des Missale.“

5 Vgl. Bomm, U., Aus der Geschich­te des Volks­meß­bu­ches, in: Fest­ga­be zum fünf­zig­sten Geschäfts­ju­bi­lä­um von Oskar Bettschart, Ein­sie­deln 1951, S. 23–29, hier S. 26. Die­ser Bei­trag ist nicht mit dem zuerst in Anm. 1 genann­ten, im Haupt­ti­tel gleich­lau­ten­den Arti­kel Häuß­lings zu verwechseln.

6 Vgl. ebd., hier S. 24.

7 Ver­lags­ar­chiv des Ver­la­ges Ben­zi­ger, Ein­sie­deln in der Schweiz: Beran, Kul­tur­ge­schicht­li­che und lit­ur­gi­sche Bedeu­tung von Maria Laach, bis­her nicht ver­wer­te­ter oder publi­zier­ter Text­ent­wurf zu Wer­be­zwecken für das Volks­mess­buch, Blatt II/​II, stel­len­wei­se wir­ken sich die Eigen­tüm­lich­kei­ten der eid­ge­nös­si­schen Ortho­gra­phie in dem Text aus, im ange­führ­ten Zitat aller­dings ledig­lich in der Schreib­wei­se des Wor­tes schließ­lich mit dop­pel­tem s.

8 Anonym, Weg zum lit­ur­gi­schen Gebet. Die Geschich­te des Lai­en-Mess­buchs von P. Anselm Schott, Frei­burg i. Br. 1935, S. 17. Die Nen­nung des Begriffs „Volks­meß­buch“, der als Bezeich­nung dem Bomm vor­be­hal­ten und sogar recht­lich geschützt war, und auch die Anleh­nung im Titel ab der vier­ten Auf­la­ge zei­gen hier über­deut­lich die kom­mer­zi­el­le Moti­va­ti­on des Her­der-Ver­lags bei die­sem Klei­nen Meß­buch für die Sonn- und Fei­er­ta­ge.

9 Ebd., S. 14.

10 Casel, O., JLw 7 (1928), S. 174.

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