
(New York) In den USA wurde der zweite Fall eines Priesters bekannt, dessen Priesterweihe ungültig ist, weil er gar nicht getauft war. Was auf den ersten Blick ein Kopfschütteln auslösen könnte, ist für die Kirche ein ernstes Thema. So ernst, daß die Spendung gleich mehrerer Sakramente „nachgeholt” werden muß. Wie groß ist das Ausmaß von ungültig gespendeten Sakramenten?
Die Frage trat Anfang August in das Bewußtsein einer überraschten katholischen Öffentlichkeit, als die Glaubenskongregation ihr vorgelegte Dubia (Zweifel) beantwortete. Die Dubia bezogen sich auf die „Gültigkeit der Taufe unter Anwendung der Formel ‚Wir taufen dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes’”
Die Dubia lauteten:
- Ist die Taufe unter Anwendung dieser Formel gültig?
- Müssen Personen, in deren Tauffeier diese Formel angewendet wurde, in forma absoluta getauft werden?
Die zweite Frage will sagen: Muß eine so erfolgte Taufe, sollte die genannte Formel ungültig sein, ausnahmslos wiederholt werden?
Die Antworten der Glaubenskongregation, gebilligt von Papst Franziskus am 8. Juni und unterzeichnet von Kardinalpräfekt Luis Ladaria SJ am 24. Juni, fielen eindeutig aus. Die erste Frage wurde mit „Nein”, die zweite mit „Ja” beantwortet. Nein, die Taufe unter Anwendung dieser Formel ist nicht gültig. Ja, Personen, in deren Tauffeier diese Formel angewendet wurde, müssen in forma absoluta, ausnahmslos, erst getauft werden, da sie noch nicht getauft sind.
Am 7. August veröffentlichte der Heilige Stuhl zur Antwort auf die Dubia auch eine erklärende Lehrmäßige Note. Sie beginnt mit dem Hinweis:
„Anlässlich einiger Tauffeiern in jüngerer Zeit wurde das Sakrament der Taufe mit den Worten «Im Namen von Papa und Mamma, des Paten und der Taufpatin, der Großeltern, der Familienmitglieder, der Freunde, im Namen der Gemeinschaft taufen wir dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes» gespendet. […] Hier taucht wiederum eine alte Versuchung mit fragwürdigen Beweggründen pastoraler Natur auf, nämlich die von der Tradition vorgegebene Formel durch andere Texte zu ersetzen, die für geeigneter erachtet werden.”
Das eigenmächtige Ersetzen wird von der Kirche abgelehnt, da es schwerwiegende Folgen zeitigt, im konkreten Fall die Ungültigkeit mehrerer Sakramente, konkret von Taufe, Erstkommunion und Firmung, bei Priestern auch die Weihe. Die Glaubenskongregation stellte dazu klar:
„Das Ökumenische Zweite Vatikanische Konzil erklärt, dass, «wenn immer einer tauft, Christus selber tauft».”
Es ist also kein Mensch, kein „Wir“, keine „Mama“, kein „Papa“, keine „Familie“, die tauft. Die Glaubenskongregation schärfte deshalb ein:
„Es ist daher einsichtig, dass die Kirche im Laufe der Jahrhunderte die Form der Feier der Sakramente sorgfältig überliefert und bewahrt hat, insbesondere jene in der hl. Schrift bezeugten Elemente, die es ermöglichen, mit absoluter Klarheit die Handlung Christi im rituellen Handeln der Kirche zu erkennen. Das Zweite Vatikanische Konzil legte zudem fest: «Deshalb darf durchaus niemand sonst, auch wenn er Priester wäre, nach eigenem Gutdünken in der Liturgie etwas hinzufügen, wegnehmen oder ändern».”
Der Fall Matthew Hood
Matthew Hood, Priester im Erzbistum Detroit, schaute sich, als die Klarstellung der Glaubenskongregation bekannt wurde, das Video seiner eigenen Taufe an und mußte erschrocken feststellen, daß er selbst nicht gültig getauft war. Er wurde sich bewußt, daß er, der seit drei Jahren als Priester wirkte, in Wirklichkeit gar nicht Priester war. Er meldete es seinem Erzbischof, der die Ungültigkeit bestätigte, ebenso die Ungültigkeit der bisher von Hood gespendeten Sakramente.
Erzbischof Allen Vigneron wandte sich darauf an die Gläubigen. Tief betroffen mußte er aufmerksam machen, dass „dieser menschliche Fehler Zerwürfnisse im sakramentalen Leben einiger Gläubigen hervorgerufen“ habe, und er „alle nötigen Schritte tun werde, um die Situation aller Betroffenen richtigzustellen“.
Die Taufe von Matthew Hood wurde gültig nachgeholt, ebenso wurden ihm die Erstkommunion und die Firmung gespendet. Nach Exerzitien erfolgte seine Weihe zum Diakon und am 17. August wurde er erneut zum Priester geweiht.
Die ungültige Taufformel war in Hoods Heimatpfarrei zwischen 1986 und 1999 von einem Diakon angewendet worden.
Das Erzbistum rief die Gläubigen auf, die in diesem Zeitraum in der betroffenen Pfarrei getauft wurden, die Gültigkeit ihrer Taufe überprüfen zu lassen. Gleiches gilt für die Gläubigen, denen von Matthew Hood zwischen 2017 und 2020 Sakramente gespendet wurden (Absolution und Krankensalbung, aber auch die Eheschließungen, denen er assistierte). Die erfolgten Meßzelebrationen, die in Wirklichkeit Meßsimulationen waren, sind nicht sanierbar. Die von Hood gespendeten Taufen sind hingegen gültig, da dafür keine Weihe notwendig ist. Das Erzbistum erkennt sie an, da keine Zweifel an der korrekten Form und Intention bestehen.
Der Fall Zachary Boazaman
Während das Erzbistum Detroit am 24. August erklärte, daß ihm bisher kein zweiter Fall eines Priesters bekannt ist, gab am 16. September das Erzbistum Oklahoma City einen solchen bekannt. Er betrifft Zachary Boazaman, dem im vergangenen Jahr die Priesterweihe gespendet worden war. Auch er überprüfte, nach der Klarstellung durch die Glaubenskongregation und dem Bekanntwerden des Falls Matthew Hood, durch Erzählungen von Familienangehörigen aufgeschreckt, seine eigene Taufe und mußte feststellen, 1992 in seiner Heimatpfarrei im Bistum Fort Worth ungültig getauft worden zu sein.
Boazaman, der nach seiner Priesterweihe als Kaplan in der Pfarrei Santa Maria in Ponca City eingesetzt wurde, wandte sich „zutiefst erschüttert” an seinen Erzbischof, Msgr. Paul Coakley, der zum selben Schluß gelangte wie der Erzbischof von Detroit: Alle von Boazaman empfangenen Sakramente waren ungültig.
Am 8. September wurde Boazaman gültig getauft und gefirmt und zum Diakon geweiht. Am 12. September erfolgte durch Erzbischof Coakley seine Weihe zum Priester.
Da auch alle von Boazaman im vergangenen Jahr gespendeten Sakramente in Zweifel standen, mußte Erzbischof Coakley auch diese, soweit bisher möglich, sanieren. Was zunächst für die vor Boazaman geschlossenen Ehen geschah. Ebenso stellte der Erzbischof fest, daß die von ihm gespendeten Taufen gültig sind.
Das gesamte Ausmaß der ungültigen Taufen läßt sich derzeit nicht absehen. Es wirft einige grundsätzliche Fragen auf, wie sie auch in der Lehrmäßigen Note der Glaubenskongregation angesprochen werden. Dazu zählen an erster Stelle die geistigen Brüche, von denen die Liturgiereform von 1969 begleitet wurde: Vor allem die Bereitschaft, die von der Tradition vorgegebenen Formeln eigenmächtig „durch andere Texte zu ersetzen”.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: archokc.org (Screenshot)
1.) Das Gebot nach genauer Einhaltung der Taufformel sollte unbedingt auf alle anderen Sakramente ausgeweitet werden. Ich weiß, es existiert eigentlich bereits. Nur zur Klarheit für alle Gläubigen und die Priester.
2.) Wäre es nicht generell besser alle sakramentalen Formeln grundsätzlich auf Latein zu sprechen, damit Verwässerungen durch Übersetzungen gar nicht erst entstehen.
1. „ebenso die Ungültigkeit der bisher von Hood gespendeten Sakramente“
Bedeutet es, dass die Absolution bei einer Beichte ungültig war? Dann hätte ein Gläubiger, der eine Todsünde gebeichtet hätte und dann zur Kommunion gegangen wäre, ein Sakrileg begangen? Der Gläubige konnte dies doch gar nicht wissen.
2. Darf ich als Vater oder Mutter nach so einer ungültigen Taufe mein Kind nottaufen?