(Paris) Kardinal Philippe Barbarin, der trotz seines Freispruchs als Erzbischof von Lyon und Primas von Gallien emeritiert wurde, gab seine künftige Aufgabe bekannt.
Weil er seinerzeit einen sexuellen Mißbrauchstäter, den Priester Bernard Preynat, angeblich nicht rechtzeitig der staatlichen Strafverfolgungsbehörde gemeldet hatte, war er im März 2019 in erster Instanz zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. Der Kardinal hatte eine sein Ansehen schwer schädigende Vorverurteilung durch Medien erdulden müssen. Das Berufungsgericht kassierte die Verurteilung dann Anfang 2020 und sprach den Kardinal frei. Zu einer wirklichen Rehabilitierung kam es aber dennoch nicht, weil Papst Franziskus es für „opportuner“ hielt, wie es in Rom hieß, daß der Kardinal das Amt des Erzbischofs von Lyon abgibt. Diesem „Wunsch“ folgend reichte Kardinal Barbarin sein Rücktrittsgesuch ein, das Papst Franziskus im März 2020 akzeptierte.
Erst am 29. Mai, Monate nach dem Freispruch und der Emeritierung, empfing Papst Franziskus den Kardinal zu einem persönlichen Gespräch in Audienz. In der Zwischenzeit hatte sich der Purpurträger zu einer längeren geistlichen Einkehr ins Heilige Land zurückgezogen.
In Interviews mit CFR und Aleteia sprach Kardinal Barbarin erstmals über seine Zukunft. Zu Aleteia sagte er wörtlich:
„ Als ich Ende Mai aus dem Heiligen Land zurückkam, ging ich zum Heiligen Vater. Wir haben viel über den Nahen Osten gesprochen. Er sagte, daß es ihm gefiele, wenn ich für Missionen in Ländern verfügbar wäre, die ich gut kenne, wie den Irak, den Libanon oder Israel. Ansonsten ließ er mir die Möglichkeit, das zu tun, was ich möchte. Ich hatte bereits den Erzbischof von Rennes und die Oberin der Kleinen Schwestern der Armen in Saint-Pern in der Bretagne kontaktiert, wo Monsignore Marcus, der emeritierte Erzbischof von Toulouse, lebt. Ab Anfang Juli werde ich ihm zur Seite stehen, aber auch Kaplan der Schwestern sein. Zudem bat mich Monsignore D’Ornellas [Erzbischof von Rennes], am Priesterseminar von Rennes zu unterrichten.“
Kardinal Barbarin hatte nach der Veröffentlichung des Motu proprio Summorum Pontificum die Ausbildung an seinem Priesterseminar in Lyon birituell ausgerichtet. Die Seminaristen erfahren ihre Vorbereitung in beiden Formen des Römischen Ritus.
Der zweite Kardinal, der in jüngster Zeit unschuldig vor Gericht stand, zunächst verurteilt, dann aber freigesprochen wurde, Kardinal George Pell, wurde ebenfalls von Papst Franziskus aller seiner Ämter entkleidet. Im Gegensatz zu Kardinal Barbarin wurde Kardinal Pell seit seinem Freispruch im April noch nicht von Papst Franziskus empfangen. Dem Papst nahestehende Quellen in Rom sprechen von einem möglichen („vielleicht“) Termin im Herbst. Franziskus wolle etwas Zeit seit dem Freispruch verstreichen lassen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)