(Washington) Die Bischofskonferenzen von Kanada und den USA werden am 1. Mai ihre Länder der Gottesmutter Maria weihen. In deutschen Sprachraum setzt sich unterdessen die schwer nachvollziehbare Willkür der Bischöfe fort.
Während die Welt mit den Herausforderungen des Coronavirus und zunehmend mit den schweren Folgen der Corona-Maßnahmen der Regierungen kämpft, kündigte die Kanadische Bischofskonferenz an, am 1. Mai die Marienweihe des Landes zu erneuern. Kurz darauf gab Erzbischof José Horacio Gomez von Los Angeles bekannt, daß sich die Bischöfe der USA dem Beispiel der kanadischen Bischöfe anschließen werden. Erzbischof Gomez ist seit November 2019 Vorsitzender der Amerikanischen Bischofskonferenz.
Den Auftakt zu den Weiheerneuerungen machten am 25. März die Bischöfe von Spanien und Portugal im Heiligtum von Fatima. Es folgten Lateinamerikas Bischöfe. Nach einem Beschluß des Lateinamerikanisches Bischofsrats CELAM wurden die Staaten des Subkontinents am Ostersonntag Unserer Lieben Frau von Guadalupe geweiht.
In Asien haben sich die Bischöfe Indiens und Osttimors, in Afrika jene von Kenia, Tansania und Simbabwe angeschlossen. Auch in einigen europäischen Staaten haben die Bischöfe diesen Schritt gesetzt, so in Polen, der Slowakei, in Ungarn und in Rumänien.
Am 1. Mai folgen auch Italiens Bischöfe. Sie werden zwar keine Marienweihe vornehmen, aber ihr Land in der Wallfahrtskirche Santa Maria del Fonte in Caravaggio der Gottesmutter anvertrauen. Die Basilika liegt in der besonders stark betroffenen Provinz Bergamo.
In Italien hoffen die Gläubigen, am kommenden Sonntag, dem 3. Mai, wieder zur Messe in die Kirchen gehen zu können. Eine Bestätigung dafür liegt noch nicht vor. Im Gegenteil: Die Bischöfe drängen bei der Regierung darauf, doch diese will davon nichts wissen.
Österreichs Bischöfe haben am Ostermontag die Marienweihe der Alpenrepublik erneuert. Durchgeführt wurde sie vom Bischof von Graz-Seckau im bekannten Marienwallfahrtsort Mariazell. In Österreich sollen die Gläubigen ab 15. Mai auch wieder zur Messe in die Kirche dürfen.
Auf welcher Grundlage treffen Bischöfe ihre Entscheidungen?
Beobachter kritisieren die Willkür der Entscheidungen, zunächst der Schließungen und nun der Öffnungen, und zweifeln an einer wirklich sachlichen Fundierung. Begründet wird die Kritik durch Vergleiche mit Nachbarländern. Die letzte Sonntagsmesse durfte in Österreich am 15. März besucht werden. Italiens Bischöfe hatten schon zwei Wochen zuvor dichtgemacht, wollen aber am 3. Mai wieder öffnen. Italiens Ministerpräsident erteilte vorerst einen Dämpfer. Die Messen sollen auf unbestimmte Zeit ausgesetzt bleiben. Der Ärger unter den Bischöfen wird immer größer.
Der erste Sonntag, an dem in Österreich der Meßbesuch möglich sein soll, ist der 17. Mai. Das klingt nach einer zeitversetzten Parallele.
Sobald jedoch ein Vergleich mit der Bundesrepublik Deutschland angestellt wird, sieht die Sache anders aus. Dort sind die Bundesländer zuständig: Diese haben später als in Österreich geschlossen und öffnen wieder vor Österreich. Der Unterschied ist erheblich. Wegen der Unterschiede zwischen einzelnen Bundesländern soll der Hauptwert verglichen werden: Am Ende der Corona-Restriktionen durch Bischöfe und Regierung werden Österreichs Gläubige acht Sonntage von der Messe ausgesperrt worden sein, einschließlich Kar- und Osterwoche. In der Bundesrepublik Deutschland werden es nur fünf Sonntage gewesen sein. Die Differenz beträgt fast 40 Prozent. Zuviel für eine Pandemie, falls die Gefahr, wie behauptet, überall gleich wäre.
Die Differenz müßte sich, angesichts der Angst, die von den Regierungen verbreitet wurden (Seehofer-Strategiepapier, Kurz-Aussagen) in Zahlen niederschlagen. Welche Auswirkungen hat die unterschiedliche Handhabe also auf die Eindämmung des Coronavirus, derentwegen die Aussetzung der Messen verhängt wurde? Offensichtlich keine, denn die publizierten Corona-Todesraten sind in beiden Staaten nicht nur faktisch exakt gleich, sondern bewegen sich auf so niedrigem Niveau, daß laut Fachleuten eine Unterscheidung von einem Normaljahr mit saisonaler Grippewelle anhand der Todesfälle nicht möglich ist.
Was ist mit der Schweiz los?
Die Schweiz fällt allerdings deutlich aus dem Rahmen – und auch wieder nicht.
Laut offiziellen Zahlen weist die Eidgenossenschaft weit mehr Corona-Tote auf als Österreich und die Bundesrepublik Deutschland. Allerdings gibt es innerhalb der Schweiz massive geographische Unterschiede, die exakt den Sprachgebieten folgen. Eine hohe Todesrate weisen der italienische Kanton Tessin und die Welschschweiz auf. Dort liegt sie viermal höher. Während der Tessin eng mit der italienischen Lombardei vernetzt ist, gilt dasselbe für die Suisse Romande mit dem angrenzenden Frankreich. Umgekehrt weist die Deutschschweiz im Vergleich zum übrigen deutschen Sprachraum nur geringe Unterschiede auf.
Der gesamte romanische Sprachraum weist deutlich mehr Tote auf, das gilt für Italien, Spanien und Frankreich, aber auch für die Randgebiete. Die Todesrate ist nicht nur in den italienischen und französischen Kantonen der Schweiz erhöht, sondern über die Wallonie auch in Belgien und ebenso signifikant in Südtirol im Vergleich zu Nordtirol.
Warum dem so ist, werden künftige Untersuchungen zu klären haben. Sie sind nicht nur dringend notwendig, um die Defizite aufzuspüren und zu beseitigen, sondern um anderen Ländern künftig angemessenere Entscheidungsgrundlagen zu verschaffen. Im deutschen Sprachraum wurden die Radikalmaßnahmen maßgeblich aufgrund der Situation in Italien getroffen, die sich letztlich aber als nicht vergleichbar erwiesen.
An die Bundesregierungen in Berlin und Wien werden deshalb Forderungen der Opposition laut, offenzulegen, von wem die Regierungen welche Zahlen und Informationen erhalten hatten, aufgrund deren sie ihre radikalen Eingriffe in das öffentliche und private Leben und die Wirtschaft ihrer Länder ergriffen haben.
In der Schweiz bitten Priester und Gläubige die Bischöfe, sich der Initiative ihrer Mitbrüder in anderen Ländern anzuschließen, und am 1. Mai die Weihe der Schweiz an Maria, Mutter der Kirche, vorzunehmen. 2018 führte Papst Franziskus den 3. März als Ehrentag für Maria, Mutter der Kirche, ein.
Handkommunion im überlieferten Ritus: neuer Versuch?
Die für Mai angekündigte Öffnung der Kirchen für den Meßbesuch ist an unterschiedliche Bedingungen gekoppelt, von denen nicht alle nachvollziehbar scheinen. Bischöfe haben Quadratmeterberechnungen für die Anzahl der zugelassenen Gläubigen vorgegeben, sind strenger als die Abstandsbestimmungen der Regierungen. Es geht aber noch um mehr. Die Bischöfe haben im Novus Ordo die Handkommunion verordnet. Obwohl diese Form des Kommunionempfangs kirchenrechtlich nur geduldet ist, machten die Bischöfe wegen des Coronavirus aus der Duldung einen Zwang.
Wie werden sich ab dem 1. Mai, wenn beispielsweise in Nordrhein-Westfalen die Messen wieder besucht werden dürfen und ab dem 15. Mai in Österreich, die Diözesanpriester verhalten, die im überlieferten Ritus zelebrieren? Die Handkommunion ist in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus nicht erlaubt, weshalb sie auch von keinem Bischof vorgeschrieben werden kann, Coronavirus hin oder her. Werden sich auch die Diözesanpriester und andere Priester, die nicht einer Ecclesia-Dei-Gemeinschaft angehören, daran halten? Einige Gläubige treibt die Sorge um, mancher Bischöfe könnte die Gelegenheit sehen, die Handkommunion auch im überlieferten Ritus einzuführen. Die Sorge verdeutlicht vor allem das Ausmaß des erschütterten Vertrauens.
US-Bischöfe erneuern erste Marienweihe von 1792
Die US-Bischöfe wollen mit ihrem Schritt am 1. Mai an die erste Marienweihe ihres Landes anknüpfen, die 1792 durch Bischof John Carroll von Baltimore erfolgte. Bischof Carroll, bis zur Aufhebung des Jesuitenordens ein Jesuit, war ab 1789 der erste Diözesanbischof der USA nach der Loslösung Neuenglands vom britischen Mutterland.
Er entstammte der Königsfamilie, die im irischen Königreich Munster herrschte, bis dieses 1542 von den Engländern unterworfen wurde. Ein Vetter von ihm, Charles Carroll of Carrollton, war der einzige Katholik unter den Unterzeichnern der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Auf den Einsatz von Bischof Carroll und seinem Vetter, der erster Senator des Staates Maryland im US-Senat war, geht die freie Religionsausübung in der amerikanischen Verfassung zurück, da die Katholiken bis dahin wegen der britischen Gesetze benachteiligt waren.
Auf einen Beschluß von 21 Bischöfen, die sich 1846 in Baltimore versammelten, geht die Erhebung der Jungfrau und Gottesmutter zur Patronin der USA zurück, die unter dem Titel der Unbefleckten Empfängnis erfolgte. Die Entscheidung wurde 1847 von Papst Pius IX. gebilligt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/AciPrensa (Screenshots)