Während es insgesamt betrüblich still bleibt, gibt es doch Initiativen von Katholiken, die sich gegen den beispiellosen Ausschluß der Gläubigen von der Heiligen Messe und den Sakramenten zur Wehr setzen. Die Stille könnte als Gleichgültigkeit ausgelegt werden. Damit ginge man aber wohl zu weit. Tatsache ist, daß viele Menschen durch das panikartige Trommelfeuer von Medien und Regierungen schwer verunsichert sind.
In den vergangenen Tagen wurden unterschiedliche Aktionen ins Leben gerufen, die vom Wunsch angetrieben werden, wieder Zugang zur Messe zu erhalten. Der Blick richtet sich vor allem auf das nahende Hochfest aller Hochfeste der Christenheit, die Auferstehung Jesu Christi. Die Hoffnung ist, zumindest Ostern wieder in der Kirche feiern zu dürfen.
Zu den Initiativen gehören verschiedene Unterschriftensammlungen. Mit Petitionen wenden sich die unterzeichnenden Gläubigen an ihre Bischöfe oder Regierungen. Doch die geben sich bisher taub. Das verwundert bei den Bischöfen nicht, schließlich war es Papst Franziskus selbst, der die radikalsten Maßnahmen in seinem Bistum verhängte. Sie wurden zwar innerhalb von 24 Stunden teilweise gelockert, doch das Signal an die anderen Bischöfe war keine Ermutigung, sich den restriktiven Anordnungen der Regierungen zu widersetzen.
Im deutschen Sprachraum wurden unter anderen folgende Initiativen ins Leben gerufen.
Bundesrepublik Deutschland
In der Bundesrepublik Deutschland wurde auf der Internetseite Menschenrecht.online von der Europäischen Bürgerinitiative e.V. eine Unterschriftensammlung gestartet:
„Ostern ohne Kirchbesuch ist kein Ostern – Gottesdienstverbot jetzt aufheben.“
Wörtlich heißt es:
„Doch was vielen Bürgern, die ihre Religion noch ernst nehmen, auch ‚unter den Nägeln brennt‘:
In knapp vierzehn Tagen feiern katholische wie evangelische Christen ihr höchstes Fest: Ostern (Tod und Auferstehung Jesu Christi), jüdische Gemeinden feiern ihr Pessach-Fest.
Bei den derzeitigen Beschränkungen werden weder Christen noch Juden ihre Kirchen und Synagogen besuchen können, nicht einmal eine Gemeinschaft mit Verwandten, Freunden und Bekannten in den eigenen ‚vier Wänden‘ wird möglich sein, um Ostern angemessen zu feiern.
Etwa vierzehn Tage nach Ostern werden Muslime in den Fastenmonat Ramadan eintreten. Ob die derzeitigen Beschränkungen dann noch so gelten werden oder ob die Politik nicht schon heute eine gute Lösung parat hat, wir wissen es nicht.“
Verwiesen wird auf Artikel 4 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Er garantiert jedem Bürger:
„(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“
Ebenso auf Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 und gleichlautend als Artikel 9 in der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950:
„Jeder hat das Recht auf Gedanken‑, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder seine Weltanschauung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.“
Die Petition richtet sich an den neuen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, Bischof von Limburg, und an den EKD-Vorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm.
Die Initiative spricht aufgrund der einschränkenden Maßnahmen samt der faktischen Teil-Ausschaltung des Parlaments von einer „Demokratur“.
Österreich
Eine Unterschriftensammlung wurde auch in Österreich von einem couragierten Gläubigen initiiert unter dem Titel:
„Milderung des totalen Verbots von Gottesdiensten.“
Diese Aktion läuft auf CitizenGo. Darin heißt es:
„Gottesdienste / Sakramente sind Grundnahrungsmittel für Gläubige, das Zentrum der Glaubenspraxis. Das völlige Verbot von liturgischen Feiern und das beinahe vollständige Aussetzen der Sakramentenspendung – sogar am höchsten christlichen Fest Ostern! – beraubt die Gläubigen dieser Heilsmittel, verletzt zutiefst die Religionsfreiheit und ist unverhältnismäßig. Ein Live-Stream-Gottesdienst ist zwar löblich, aber stellt dennoch in etwa so wenig eine wirkliche Alternative dar, wie ein Bildschirm-Kaminfeuer wärmt oder ein Foto eines Brotes satt macht.“
Und auch:
„Schutz der Gesundheit und Schutz der (Religions-)Freiheit müssen sich keineswegs ausschließen, sondern können und müssen in der gegenwärtigen Situation aufeinander abgestimmt werden.“
Diese Initiative wendet sich nicht an die Bischöfe, sondern gleich an die Politik, namentlich an Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Schweiz
Auch in der Schweiz wurde eine Online-Petition ins Leben gerufen:
„Für eine Gebets- und Gedenkzeit: Mit Gottes Hilfe die Corona-Epidemie überstehen!“
Auch Sie wendet sich gleich direkt an den Bundesrat, die Schweizer Bundesregierung, sowie an die Kantonsregierungen.
„Um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in dieser Krise zu stärken, bitten wir Landesregierung und Kantonsregierungen mit dieser Petition, am 9. April 2020 – einen Tag vor Karfreitag – eine staatlich verkündete Zeit der Besinnung und des Gebets festzulegen.“
Innerhalb von 48 Stunden wurde sie von 10.000 Bürgern unterzeichnet.
„Das Echo auf diese Petition, die in Zeiten der Coronakrise an Einigkeit und den Glauben an Gott appelliert, ist überwältigend. Beflügelt von der grossartigen Unterstützung aus der Bevölkerung, wird die Online-Petition ungemindert fortgesetzt. Interessierte werden gebeten, die Petition bis am 6. April 2020 zu unterzeichnen.“
Wer diese Initiative unterstützen will, sollte sich also beeilen, da die Unterschriftensammlung heute endet. Sie wurde von der christlich-konservativen Eidgenössischen-Demokratischen Union (EDU) initiiert.
Berlin
Die meisten Initiativen dürften nach derzeitigem Stand wenig Aussicht auf Erfolg zu haben. Zu sehr scheint die Politik von Ängsten und einem uniformen Verhalten getrieben zu sein. Von den Bischofskonferenzen sind keine Eigeninitiativen zu erwarten. In der Coronavirus-Krise sind sie als bloße Vollstrecker von Regierungsanweisungen in Erscheinung getreten und haben in einer historisch beispiellosen Aktion eine Aussperrung der Gläubigen von den Sakramenten verfügt.
Am vielversprechendsten ist die Initiative von Propst Gerald Goesche, einem traditionsverbundenen Priester in Berlin. Der Grund dafür: Er wandte sich weder an seinen Erzbischof noch an die Politik, sondern an die staatliche Gerichtsbarkeit.
Propst Goesche ist der Gründer des Instituts St. Philipp Neri in Berlin, das der Tradition und der überlieferten Form des Römischen Ritus verpflichtet ist. Das Institut wurde 2004 von der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei als Gesellschaft Päpstlichen Rechts anerkannt.
Goesche wandte sich an das Verwaltungsgericht Berlin, um eine einstweilige Anordnung zu erwirken, die es dem Institut ermöglicht, weiterhin in der von ihm betreuten Kirche St. Afra Heilige Messen mit Gläubigen zelebrieren zu können.
Propst Goesche schreibt auf der Internetseite des Instituts:
„Nach unserer Auffassung ist das ausnahmslose Verbot sämtlicher öffentlichen Gottesdienste unverhältnismäßig, weil die Gesundheit der Gläubigen in unserer Kirche – vor allem durch Markierung von Sitzplätzen im richtigen Abstand – deutlich effektiver zu gewährleisten ist als in vielen Supermärkten, welche ja geöffnet bleiben. Auf dem Hintergrund dieser Tatsache halten wir die gegebene schwere Einschränkung des Grundrechts auf Religionsfreiheit für nicht akzeptabel. Zu bedenken ist auch, daß – um es weltlich auszudrücken – die psychologischen Beeinträchtigungen für die Gläubige sehr schwerwiegend sind. So scheint auch die Verhältnismäßigkeit der möglichen leiblichen Folgen des Coronavirus und der seelischen Belastungen durch den Gottesdienstentzug (vor allem an den österlichen Tagen!) mehr als fragwürdig.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Menschenrechte.online/Online-Petition/Institut St. Philipp Neri Berlin (Screenshots)