(Athen) Durch einen unerwartet notwendigen Zwischenstopp in der Ägäis wurden auf einem alten, türkischen Tanker 190 illegale Einwanderer entdeckt. Der Zufallsfund nährt den Verdacht, daß die Türkei Migranten nicht nur mit falschen Versprechungen an die griechische Grenze lockt, um sie auf das Gebiet der EU-Mitgliedstaaten zu drängen, sondern auch andere Wege der illegalen Einwanderung in die EU unterstützt.
Das türkische Schiff, auf dem die Zufallsentdeckung gemacht wurde, beabsichtigte die Blockade an der 212 Kilometer langen griechischen Landgrenze zu umgehen, die als EU-Außengrenze derzeit verstärkt geschützt wird – unter anderem von einer Einheit des österreichischen Einsatzkommandos Cobra, einer Anti-Terroreinheit.
Die auf Kea aufgegriffenen illegalen Einwanderer sollten vom Tanker direkt nach Italien gebracht werden, dem EU-Mitgliedsland, in dem derzeit das größte Coronvirus-Chaos herrscht.
Beim Behelfsmittel handelte es sich nicht um die üblichen „Notboote“, die zwischen Libyen, Tunesien und Algerien für die illegale Einwanderung über das Mittelmeer zum Einsatz kommen, sondern um ein unverdächtiges Schiff von weit größeren Dimensionen.
Der Zwischenfall erhöht die Spannungen zwischen der Türkei und Italien. Die italienische Regierung erwartet große Mengen an Schutzmasken aus Ostasien, die bereits bezahlt sind und wegen der Coronavirus-Epidemie im Land dringend gebraucht werden. Wegen der Einschränkungen des Flugverkehrs befindet sich die Fracht derzeit auf dem Flughafen in Ankara. Dort hängt sie fest, weil die türkischen Behörden keine Ausfuhrgenehmigung erteilen und auf „Nix verstehen“ machen. Auch das gehört zur Erpressungspolitik Erdogans, die sich solange fortsetzen dürfte, bis die europäischen Staaten endlich Kante zeigen. Das Tauziehen zwischen den beiden Regierungen, das derzeit auf bürokratischer Ebene stattfindet, könnte schnell auf die politische Ebene geraten. In Italien ist man ohnehin höchst verärgert, weil die EU zwar der Volksrepublik China in Wuhan zu Hilfe kam, nicht aber dem EU-Mitglied Italien. Erst spät signalisierten Von der Leyen und Lagarde Entgegenkommen mit Worten. „Das werden wir nicht vergessen“, sagte der ehemalige italienische Innenminister und Oppositionsführer Matteo Salvini (Lega).
Der 40 Meter lange Tanker aus den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts mußte auf der Insel Kea der griechischen Kykladen anlegen. Grund war die offensichtlich geringe Erfahrung des Kapitäns, der aus dem türkischen Hafen Smyrna mit dem Ziel Italien ausgelaufen war.
Die griechische Küstenwache nahm zu ihrem Erstaunen nicht nur die Besatzung in Empfang, sondern auch 190 illegale Einwanderer, darunter drei schwangere Frauen und 38 Kinder. Die Besatzung, wohl von türkischer Seite mit Bedacht ausgewählt, bestand aus Syrern im Alter von 26–38 Jahren. Sie wurden wegen Menschenschmuggels festgenommen. Den alten Tanker hatten sie von Türken gekauft, um Süditalien zu erreichen. Ihre nautischen Fähigkeiten blieben allerdings hinter ihren kriminellen Absichten zurück. So flog die Sache auf.
Unauffällige Schiffe, die zum Menschenschmuggel genützt werden, heißt also eine der neuen Herausforderungen, die auf die EU-Staaten zukommen. Europa hat es dabei nicht nur mit kriminellen Banden von Menschenschmugglern zu tun, etwa in Libyen, Tunesien oder der Türkei, sondern auch mit halbkriminell agierenden Regierungen in der Levante, die diesen Angriff auf die europäischen Staaten fördern und unterstützen.
Nach ihrer Einvernahme durch die Polizei wurde über alle Tanker-Passagiere eine vierzehntägige Quarantäne wegen des Coronavirus verhängt. Die Besatzung befindet sich im Gefängnis. Was aber mit den 190 illegalen Einwanderern passiert, ist vorerst unbekannt. Die überdurchschnittliche Präsenz von Kindern und Schwangeren ist eine Reaktion auf das Verhalten von EU-Staaten, besonders der deutschen Bundesregierung von Angela Merkel und ihrer Ankündigung, Kinder aufnehmen zu wollen. Der Rest folgt dann durch Familiennachzug und ‑zusammenführung. Wer auf kriminelles Handeln humanitäre Maßstäbe anlegt, kann nur verlieren.
Nicht nur die Regierung in Athen wird sich mit der Frage neuer Migrationsmethoden befassen müssen, mit denen die Blockade der EU-Außengrenze westlich des Bosporus umgangen werden. Die Beteiligung der Türkei verkompliziert die Sache vielschichtig.
Die jüngste Erpressungswelle der türkischen Regierung Erdogan setzte am 28. Februar ein. Der „Sultan“ in Ankara läßt nicht erkennen, von seiner Linie abrücken zu wollen. Dies bestätigte auch Georgios Koumoutsakos, der stellvertretende griechische Zivilschutzminister, der in Athen sagte, daß Erdogan den Druck der Migranten auf die EU-Außengrenze nicht lockert. Im Norden von Evros kommt es jeden Tag zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen der griechischen Polizei und gewalttätigen Migranten. Nicht viel anders zeigt sich die Situation auf Lesbos.
Die von Erdogan unterstützten Migranten greifen die griechische Polizei an, und das mit allen Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen bzw. ihnen von türkischer Seite zur Verfügung gestellt werden, darunter sogar Tränengas.
In Athen sitzt jedoch nicht mehr die Linksregierung von Alexis Tsipras. Kyriakos Mitsotakis, der seit Juli 2019 regierende neue Ministerpräsident, zeigt mehr Entschlossenheit bei der Grenzsicherung. Er wirft Erdogan vor, schon seit langem gegenüber dem organisierten Menschenschmuggel ein Auge zuzudrücken, und das sei zu milde ausgedrückt. Die jüngste Migranteninvasion wurde direkt und absichtlich von Erdogan ausgelöst.
Nasser Milani ist einer der größeren „Fische“ im Menschenschmuggel, spezialisiert auf den Schmuggel von Afghanen, wie Le Figaro berichtete. Er bietet einen kompletten Katalog an „Dienstleistungen“ an. Es ist alles nur eine Frage des Preises. 1.000 Euro kostet der Transfer von Afghanistan in die Türkei. Der Weg führt über den Iran. Der Grenzübertritt von der Türkei nach Griechenland kostet 2.000 Euro. Das Gesamtpaket mit Zielort Paris, Rom oder Berlin bietet er um 7.500 Euro an. Er selber nennt sich „Geschäftsmann“.
Die Preise seien seit 2016 gestiegen, wie er erklärt, weil von EU-Staaten verschärfte Kontrollen eingeführt wurden. Die Geschäftsanbahnung und die Kommunikation für die Abwicklung erfolgt zu nicht unerheblichen Teilen über Internet.
Der Versuch der 190 illegalen Einwanderer von der Türkei in die EU zu gelangen, endete vorerst auf der Insel Kea. Das heißt aber nicht, daß andere Schiffe, die aus türkischen Häfen auslaufen, nicht erfolgreicher sind. Die Annahme auf europäischer Seite, die Menschenschmuggler und Migranten könnten durch die Coronavirus-Pandemie abgeschreckt werden, hat sich jedenfalls nicht bewahrheitet.
Text: Andreas Becker
Bild: MiL
Wir müssen uns in diesem Themenbereich eines Herrenwortes besinnen: Matthäus, 15,26.
Die italienische Regierung erwartet große Mengen an Schutzmasken aus Ostasien, die bereits bezahlt sind und wegen der Coronavirus-Epidemie im Land dringend gebraucht werden. Wegen der Einschränkungen des Flugverkehrs befindet sich die Fracht derzeit auf dem Flughafen in Ankara. Dort hängt sie fest, weil die türkischen Behörden keine Ausfuhrgenehmigung erteilen und auf „Nix verstehen“ machen.
In Italien gibt es Priester, die in liturgischer Kleidung mit der Monstranz segnend durch fast leere Straßen gehen, in Norditalien sterben Priester, die den schwerkranken Menschen beistehen – welche Glaubenszeugnisse!
@bellis
Laut Domradio sollen in Italien schon mehr als 30 Priester verstorben sein, alleine in Bergamo 16 davon, Stand 21.03.2020.