„Theologische Barbarei“ – Die nächste Demontage des Papsttums durch Franziskus

Titel eines "Stellvertreters Christi" aus Päpstlichem Jahrbuch verschwunden


Betrachtet Rom die päpstlichen Titel nur mehr als „historische“ Relikte?
Betrachtet Rom die päpstlichen Titel nur mehr als „historische“ Relikte?

Im Jahr­buch des Vati­kans 2020 sind alle tra­di­tio­nel­len Titel des Pap­stes ver­schwun­den: der Titel eines Stell­ver­tre­ters Jesu Chri­sti, eines Sum­mus Pon­ti­fex der Welt­kir­che, eines Pri­mas von Ita­li­en, eines Erz­bi­schofs und Metro­po­li­ten der Römi­schen Pro­vinz und eines Sou­ve­räns des Staa­tes der Vati­kan­stadt.

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Um genau zu sein, sind alle die­se Titel, von denen vor allem der erst­ge­nann­te dem Papst jedem Katho­li­ken bekannt und auch von jedem gläu­bi­gen Katho­li­ken zuge­spro­chen wird, im Haupt­text des Jahr­buchs ver­schwun­den. In den Fuß­no­ten, denen im der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kat beson­de­re Bedeu­tung zukommt, wer­den sie noch erwähnt, aller­dings mit der ein­schrän­ken­den Defi­ni­ti­on „histo­ri­sche Titel“.

Gleich im Päpst­li­chen Jahr­buch 2013, der ersten Aus­ga­be des Pon­ti­fi­kats von Fran­zis­kus, ver­schwand ein Titel. Durch den über­ra­schen­den Amts­ver­zicht von Papst Bene­dikt XVI. und der Wahl von Papst Fran­zis­kus erschien das Annu­a­r­io jenes Jah­res erst im Mai. Der Titel „Sou­ve­rän des Staa­tes der Vati­kan­stadt“ fehl­te dar­in. Der Titel war erst jun­gen Datums, da der Vati­kan­staat erst in den Late­ran­ver­trä­gen von 1929 völ­ker­recht­lich aner­kannt wur­de. Aller­dings bringt der Titel die Stel­lung des Pap­stes als Staats­ober­haupt zum Aus­druck. Die völ­ker­recht­li­che Stel­lung des Hei­li­gen Stuhl ist davon unab­hän­gig. Abge­se­hen davon, besann man sich im päpst­li­chen Umfeld eines Bes­se­ren, und der Titel tauch­te wie­der auf.

Auch Bene­dikt XVI. hat­te am Beginn sei­nes Pon­ti­fi­kats bereits auf einen Titel ver­zich­tet, auf den Titel „Patri­arch des Abend­lan­des“. Mehr als 1500 Jah­re hat­ten die Päp­ste die­sen Titel geführt. Bene­dikt XVI. leg­te ihn mit Blick auf die Öku­me­ne jedoch ab, weil er ihn als Beschrän­kung auf den west­li­chen Teil der Kir­che auffaßte.

Wäh­rend der Patri­ar­chen­ti­tel sich auf die alten fünf Patri­ar­chen­ti­tel der Kir­che bezieht und der Titel des Sou­ve­räns einen staats- und völ­ker­recht­li­chen Aspekt betrifft, bei­de Titel also von ein­ge­schränk­ter Trag­wei­te sind, betrifft der Titel „Stell­ver­tre­ter Jesu Chri­sti“ das Wesen des Papst­tums, sei­ne Auto­ri­tät und Voll­macht und die hier­ar­chi­sche Ver­fas­sung der Kirche. 

Natür­lich han­delt es sich nur um das jähr­lich ver­öf­fent­lich­te Päpst­li­che Jahr­buch (Annu­a­r­io Pon­ti­fi­cio), dem kei­ne recht­li­che Rele­vanz zufällt. Ob der Titel dar­in ange­führt ist oder nicht, spielt an sich kei­ne Rolle.

Die Weg­las­sung die­ses für die Beschrei­bung von Amt und Voll­macht des Pap­stes so zen­tra­len Titels, aber auch der ande­ren Titel, muß aller­dings als Signal gese­hen wer­den, daß Papst Fran­zis­kus und sein Umfeld auf die her­aus­ra­gen­de Stel­lung des Petrus als Vica­ri­us Chri­sti, als Stell­ver­tre­ter Chri­sti auf Erden, ver­zich­ten wol­len. Jeden­falls soll die­ser Titel zumin­dest ver­steckt wer­den, wenn alle Titel aus dem Haupt­text in eine Fuß­no­te ver­scho­ben und als „histo­ri­sche Titel“ bezeich­net wer­den, was unwei­ger­lich den Bei­geschmack hat, daß man die­se Titu­lie­run­gen als „über­holt“ betrachtet.

Man darf eine „öku­me­ni­sche Absicht“ als Hin­ter­grund anneh­men. Aller­dings geht die Fra­ge tie­fer. Ist es ein wei­te­rer Schritt der Kapi­tu­la­ti­on vor der Welt, die den Titel eines Stell­ver­tre­ters Chri­sti auf Erden nicht mehr versteht? 

Bis­her wur­den die Titel, von denen jeder ein­zel­ne das Amt und die Wür­de des Papst­tums defi­niert, im Jahr­buch vor dem Namen des regie­ren­den Pap­stes ange­führt. Dazu gehör­te auch der erwähn­te Titel Ser­vus Ser­vor­um Dei, heu­te als Die­ner der Die­ner Got­tes über­setzt, einst als Knecht der Knech­te Got­tes. Die­ser Titel wur­de seit der Zeit Gre­gors des Gro­ßen von allen Päp­sten geführt. Wie der Titel „Vica­ri­us Jesu Chri­sti“ am Beginn aller Titel wird er am Ende ange­führt und gra­phisch abgehoben.

Doch nun sind sie alle nur mehr eine Fuß­no­te, eine histo­ri­sche, aber nicht mehr zeit­ge­mä­ße Reminiszenz?

Der Titel eines Stell­ver­tre­ters Chri­sti ist kein Ehren­ti­tel. Er bringt die her­aus­ra­gen­de Stel­lung und Bedeu­tung des Petrus zum Ausdruck: 

Tu es Petrus et super hanc petram aedi­fi­c­abo eccle­si­am meam“.

Die hier­ar­chi­sche Ver­faßt­heit der Kir­che wur­de von Chri­stus vor­ge­ge­ben, indem er aus der Schar der Jün­ger die zwölf Apo­stel berief, aus denen er wie­der­um drei beson­ders her­aus­rief und aus die­sen noch ein­mal beson­ders den Petrus. Die­se Stel­lung und der Anspruch des Stell­ver­tre­ters Chri­sti auf Erden läßt sich direkt aus der Hei­li­gen Schrift, aus einem Her­ren­wort, herleiten.

Aus Petrus ist die Kir­che erwach­sen, so wie die Mes­se aus der Papst­mes­se erwach­sen ist. Er war das erste Ober­haupt der Gemein­de, und damit der erste legi­ti­me Ver­tre­ter Chri­sti auf Erden. Das gilt bis zum heu­ti­gen Tag für sei­ne Nachfolger. 

Er ist der Hohe­prie­ster, der Pon­ti­fex Maxi­mus, der Kir­che Jesu Christi.

Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler, der ehe­ma­li­ge Prä­fekt der römi­schen Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, kri­ti­sier­te die Aus­las­sung des Titels gegen­über Life­Si­teNews als „theo­lo­gi­sche Barbarei“.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Info­Va­ti­ca­na

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