(Rom) Am vergangenen Montag, den 23. September hielt Papst Franziskus den Mitgliedern der Vollversammlung des von ihm errichteten Kommunikationsdikasteriums des Heiligen Stuhls eine Ansprache. Als das Kirchenoberhaupt in der Sala Regia des Apostolischen Palastes vor die Versammelten trat, hielt er eine vorbereitete Rede von sieben Seiten in der Hand. Er sei sich „sicher, daß die Mehrheit nach der ersten Seite schlafen wird“, weshalb er seine Rede dem Präfekten des Dikasteriums, dem Laien Paolo Ruffini, übergab und frei sprach.
Die ORF-Redaktion Religion Online veröffentlichte heute eine eigenwillige Übersetzung der päpstlichen Ansprache.
Wörtlich meldet der ORF, auch als Österreichischer Rotfunk bekannt:
„‚Doch wie sollte Kommunikation sein?‘, sagte er noch. ‚Etwas, das Ihr nicht tun dürft, ist werben, reines Werben. Ihr dürft nicht handeln wie die menschliche Wirtschaft, die versucht, mehr Menschen anzuziehen … Um einen technischen Ausdruck zu verwenden: Ihr dürft nicht bekehren. Es ist nicht christlich, zu bekehren‘.“
Allen Ernstes?
Der Papst belehrte das Dikasterium der Römischen Kirche, also die Weltkirche, daß Katholiken „nicht bekehren“ dürften, weil das „nicht christlich“ sei?
Der Hinweis, daß Franziskus seinen Mitarbeitern dankte, daß sie seiner Twitter-Seite „Unterhaltung“ bieten, wie der ORF auch meldete, mag ja noch „unterhaltsam“ sein. Daß den Redakteuren der epochale Widerspruch eines plötzlich verkündeten Bekehrungsverbots nicht auffällt, ja Bekehrung gleich samt und sonders für unchristlich erklärt wird, muß, ja muß wohl ein schlagender Beweis für den vom ORF beanspruchten Qualitätsjournalismus sein.
Der läuft in diesen Tagen übrigens zu ungeahnten „Höchstformen“ auf beim Versuch, den Ausgang der am Sonntag stattfindenden Parlamentswahlen zu beeinflussen. Im nicht erklärten, aber bis ins letzte Glied praktizierten Krieg gegen die ÖVP und erst recht gegen die FPÖ, scheint es keinen Schmutzkübel zu geben, der zu sehr stinkt, als daß sich nicht ein steuergeldbezahlter ORF-Redakteur fände, der bereitwillig danach greift. Aber das nur am Rande, weil Papst Franziskus ja über „Kommunikation“ und die damit verbundenen Aufgaben und Pflichten gesprochen hat.
Tatsächlich gab es in der Vergangenheit eine gewisse Ambivalenz im päpstlichen Sprachgebrauch im Zusammenhang mit Wörtern wie Mission, missionieren, Proselyten und Proselytismus. Darauf ist an dieser Stelle aber nicht einzugehen.
Was aber sagte Papst Franziskus am Montag wirklich?
„Aber wie soll Kommunikation sein? Eines der Dinge, die ihr nicht tun dürft, ist Werbung, nur Werbung. Ihr dürft nicht tun, was menschliche Unternehmen tun, die versuchen, mehr Leute zu haben… In einem technischen Wort: Ihr dürft nicht Proselytismus machen. Ich möchte, daß unsere Kommunikation christlich ist und nicht ein Faktor des Proselytismus. Es ist nicht christlich, Proselytismus zu machen. Benedikt XVI. hat es mit großer Klarheit gesagt: ‚Die Kirche wächst nicht durch Proselytismus, sondern durch Anziehungskraft‘, also durch Zeugnis. Und unsere Kommunikation muß Zeugnis sein. Wenn Ihr nur eine Wahrheit ohne Güte und Schönheit kommunizieren wollt, hört auf, tut es nicht. Wenn ihr mehr oder weniger Wahrheit kommunizieren wollt, aber ohne daß es Euch selbst betrifft, ohne mit Eurem eigenen Leben, mit dem eigenen Fleisch diese Wahrheit zu bezeugen, hört auf, tut es nicht. Es ist immer die Unterschrift des Zeugnisses in jeder Sache, die wir tun. Zeugen. Christen bedeutet Zeugen, ‚Märtyrer‘. Das ist die ‚Märtyrer‘- Dimension unserer Berufung: Zeugen zu sein. Das ist das erste, was ich Euch sagen möchte.“
Text: Martha Burger
Bild: Vatican.va/ORF.at (Screenshots)