Liebe Brüder und Schwestern,
heute wollen wir uns dem zweiten Teil der fünften Vaterunserbitte zuwenden: »wie auch wir vergeben unsern Schuldigern«. Im ersten Teil haben wir gesehen, dass wir alles Gott verdanken und immer seine Schuldner sind.
Wer betet, lernt Danke zu sagen. Die Beziehung Gottes zu uns muss aber zu einer neuen Beziehung werden, die wir mit unseren Brüdern und Schwestern leben. So verbindet Jesus beide Teile der Bitte mit einem schonungslosen „wie“. Die Gnade Gottes ist uns reich geschenkt und zugleich verpflichtet sie uns: Wer viel empfängt, muss lernen, viel zu geben. So ist diese Bitte des Vaterunsers eine enge Verbindung von Gottes- und Nächstenliebe. Liebe ruft nach Liebe, Vergebung ruft nach Vergebung. Dies sehen wir deutlich, wenn Matthäus direkt im Anschluss an das Vaterunser von der brüderlichen Vergebung spricht und dies später in einem Gleichnis weiter ausführt. Jesus hebt in den menschlichen Beziehungen die Kraft der Vergebung hervor. Im Leben lässt sich nicht alles mit Gerechtigkeit lösen. Wo das Böse eingedämmt werden muss, ist einer gefordert, über Gebühr zu lieben, um eine Geschichte der Gnade neu zu beginnen. An die Stelle des Gesetzes der Vergeltung – „Wie du mir, so ich dir“ – setzt Jesus das Gesetz der Liebe: Was Gott mir getan hat, das erwidere ich dir. Wir müssen seine Vergebung weiterschenken.
Herzlich heiße ich die Brüder und Schwestern deutscher Sprache willkommen. Ich freue mich, die vielen jungen Menschen zu begrüßen, besonders die Firmlinge und Ministranten. Christus lebt! Mit seiner Auferstehung hat der Herr die Sünde und den Tod überwunden. Der Auferstandene erneuere unser Leben und mache uns fähig, die Kraft der Liebe und Vergebung unseren Nächsten zu schenken. Gesegnete Ostern!
Bild: Vatican.va (Screenshot)