
Von einer Katholikin
In der vorweihnachtlichen Zeit bereiten wir uns auf die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus vor. Der Dezember hat dabei auch eine marianische Prägung. Am 8. Dezember feiern wir das Hochfest der unbefleckten Empfängnis Mariens, die frei von Erbsünde Mutter des Herrn wird. Wir denken an sie, die den Herrn unter ihrem Herzen trägt und sich mit Josef auf den beschwerlichen Weg nach Bethlehem aufmachen muß, wo die beiden eine Herberge suchen werden.
Diesen Gedanken finden wir in einem alpenländischen Brauch, der v.a. in Bayern als das „Frauentragen“ noch gepflegt wird, aber auch in Oberschwaben bei der „Herbergssuche“.
Der Brauch des Frauentragens entwickelte sich im deutschsprachigen Alpenraum in der Frömmigkeit der Barockzeit. Marienbilder oder Marienstatuen werden an einem Adventssonntag im Gottesdienst gesegnet und „ausgesendet“, um reihum in verschiedenen Häusern der Pfarrei für einen Tag aufgenommen zu werden. Häusliche Adventsandachten begleiten den Weg der Gottesmutter, bis sie am letzten Adventssonntag oder an Heiligabend in die Kirche zurückkehrt.
Mit Maria auf dem Weg
Draußen vor der Kirche schneit es leicht. Ich lege mein Tuch über Kopf und Schultern. Ich berge etwas unter meinem Tuch, behutsam, die Arme verschränkend und achtend, daß der Schnee nicht darunter wehe. Meine Fingerspitzen frieren. In mir beginnt sich etwas gegen Krippenromantik zu sträuben, während die klamme Kälte in mir hochkriecht. Kein Platz in der Herberge, und das kurz vor der Niederkunft, und heute wie damals steht Gott in der Welt oft vor verschlossenen Türen, vor verschlossenen Herzen.
Inzwischen bin ich zu Hause angekommen. Als ich die Feuchtigkeit von den Kleidern schüttele und mein Marienbild ins Licht halte, wird mir warm, und ich bete die Lauretanische Litanei:
Sancta Dei Genetrix, Sancta Virgo Virginum, Mater Christi ….
Heilige Maria, Gottesgebärerin, Du trägst den Erlöser in Dir. Mit Dir teilen wir die freudige Erwartung auf Seine erste Ankunft an Weihnachten und gehen mit Dir den adventlichen Weg hin zur Geburt Christi, in der Gott Mensch wird. An Weihnachten feiern wir die erste Ankunft unseres Herrn und Erlösers. Seine erste Ankunft. Und wir freuen uns auf Seine zweite Ankunft, wenn er wiederkommt am Ende aller Tage.
Mediusadventus – Die mittlere Ankunft
Bernhard von Clairvaux (Ϯ1153) spricht in seiner fünften Adventspredigt von einer dritten Ankunft in der Mitte, vom medius adventus, der mittleren Ankunft:
„Die dritte Ankunft ist verborgen. In ihr sehen Ihn nur die Erwählten in sich selbst, und ihre Seelenwerden gerettet werden. In der ersten also ist Er im Fleisch und in der Schwachheit gekommen, in dieser mittleren kommt Er im Geist und in der Kraft,in der letzten wird Er kommen in Herrlichkeit und Majestät“ (Adv 5,1).
Denn Jesus Christus ist zu uns gekommen, um nach der Auferstehung bei uns zu bleiben bis zum Ende der Welt.
Geben wir Ihm also Wohnung in unseren Häusern bei der Herbergssuche und täglich in unseren Herzen. Dort ereignet sich die Gottesgeburt, dort ereignet sich Tag für Tag Seine Ankunft, dort nimmt er Wohnung in dem, der Jesus liebt,
im Glauben, im Gebet in der Hinwendung zum Nächsten und besonders im Empfang der heiligen Eucharistie.
„Glücklich, bei dem Du wohnen willst, Herr Jesus“ (Adv 3,4).
Bild: Wikicommons/Michael Rieser, Am Abend vor Christi Geburt (1869)