Massenemeritierung in Chile


Im Fall Barros scheint das große Reinemachen zu erfolgen. Bischof Barros wurde von Franziskus gestern abgesetzt. Das Bild zeigt alle vier Karadima-Zöglinge, wie sie ihren inzwischen von der Kirche verurteilten Mentor segnen. Das Bild wurde im vergangene Januar von James Hamilton veröffentlicht. Der heutige Arzt war als 17-Jähriger von Karadima sexuell mißbraucht worden. Das genaue Datum des Bildes ist nicht bekannt, muß aber aus der Zeit vor 2010 stammen.
Im Fall Barros scheint das große Reinemachen zu erfolgen. Bischof Barros wurde von Franziskus gestern abgesetzt. Das Bild zeigt alle vier Karadima-Zöglinge, wie sie ihren inzwischen von der Kirche verurteilten Mentor segnen. Das Bild wurde im vergangene Januar von James Hamilton veröffentlicht. Der heutige Arzt war als 17-Jähriger von Karadima sexuell mißbraucht worden. Das genaue Datum des Bildes ist nicht bekannt, muß aber aus der Zeit vor 2010 stammen.

(Sant­ia­go de Chi­le) Das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt gab am Mon­tag die Eme­ri­tie­rung eini­ger chi­le­ni­scher Bischö­fe bekannt. Ins­ge­samt sol­len in die­ser Woche gleich acht Bischö­fe des Lan­des eme­ri­tiert wer­den. Der ein­zig­ar­ti­ge Schritt ist das jüng­ste Kapi­tel eine bei­spiel­lo­sen Konfliktes.

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Im Mit­tel­punkt des Kon­flik­tes steht der von der Kir­che ver­ur­teil­te Ex-Prie­ster Fer­nan­do Kara­di­ma und sein sexu­el­ler Miß­brauch. Das Ver­trau­en der Men­schen in die Kir­che hat seit Bekannt­wer­den der Miß­brauchs­fäl­le schwer gelit­ten. Eine Fol­ge­wir­kung ist der Fall von Bischof Juan Bar­ros Madrid von Osor­no im Süden des Landes.

Bischof Barros bei einer Papst-Messe im vergangenen Januar, von Franziskus selbst eingeladen
Bischof Bar­ros bei einer Papst-Mes­se im ver­gan­ge­nen Janu­ar, von Fran­zis­kus selbst eingeladen

Da Papst Fran­zis­kus sich wei­ger­te, Bischof Bar­ros zu eme­ri­tie­ren, wie es zuletzt sogar die Chi­le­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz gefor­dert hat­te, boten alle chi­le­ni­schen Bischö­fe ihren Rück­tritt an. Der in der Kir­chen­ge­schich­te bei­spiel­lo­se Schritt wur­de von der Chi­le­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz am ver­gan­ge­nen 18. Mai bekannt­ge­ge­ben. Die drei Tage zuvor waren die Bischö­fe auf Ein­la­dung von Papst Fran­zis­kus im Vati­kan verbracht.

Beob­ach­ter sahen in dem Pau­ken­schlag einen fast ver­zwei­fel­ten Ver­such, Papst Fran­zis­kus doch noch zu einer Ent­schei­dung zu Bar­ros zu bewe­gen. Damit trat aber noch eine wei­te­re Fra­ge in den Vor­der­grund, die des päpst­li­chen Gesichtsverlustes.

Obwohl die Bischö­fe jede Ver­knüp­fung ihres Rück­tritts­an­ge­bo­tes, das mehr einer Dro­hung gleich­kam, mit dem Fall Bar­ros ver­mie­den, und Papst Fran­zis­kus ohne­hin seit sei­ner Rück­kehr aus Latein­ame­ri­ka Ende Janu­ar Bar­ros nicht mehr erwähn­te, war klar, daß das nicht genü­gen wür­de. Der Zusam­men­hang lag zu deut­lich auf der Hand. Eine Eme­ri­tie­rung von Bar­ros durch Fran­zis­kus muß­te als Nie­der­la­ge des Pap­stes inter­pre­tiert werden.

Gestern löste Fran­zis­kus das Pro­blem auf sei­ne Wei­se. Vor­erst. Ob damit die Akte Kara­di­ma-Bar­ros end­lich für die Kir­che geschlos­sen wer­den kann, muß sich erst noch zei­gen. Fran­zis­kus eme­ri­tier­te Bar­ros, nach­dem er sich fast drei­ein­halb Jah­re vehe­ment gegen eine sol­che Opti­on gesträubt und noch im Janu­ar Bar­ros-Kri­ti­ker der „Ver­leum­dung“ bezich­tig­te. Er eme­ri­tier­te zugleich aber noch wei­te­re Bischö­fe. Ins­ge­samt soll es sie­ben neben Bar­ros sein.

Eei­ne sol­che Mas­se­ne­me­ri­tie­rung in einem Land gab es noch nicht.

Karadima und seine Bischofszöglinge
Kara­di­ma und sei­ne Bischofszöglinge

Die Eme­ri­tie­rung von Bar­ros wur­de in ein gan­zes Eme­ri­tie­rungs­pa­ket gepackt. Fran­zis­kus muß­te sich dem Offen­sicht­li­chen fügen, tut dies aber auf eine Wei­se, die weder den Ein­druck von Schwä­che noch einer Nie­der­la­ge signa­li­siert. Die Eme­ri­tie­rung von gleich acht Bischö­fen ist ein so auf­se­hen­er­re­gen­der Akt, daß das Stau­nen über die zur Schau gestell­te Macht­fül­le ande­re Aspek­te, auch die dem Papst abge­nö­tig­te Abset­zung eines ein­zel­nen Bischofs ver­blas­sen läßt.

Das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt gab gestern die Eme­ri­tie­rung von drei Bischö­fen bekannt:  Erz­bi­schof Cri­sti­an Caro Cor­de­ro von Puer­to Montt, Bischof Gon­za­lo Duar­te Gar­cia De Cor­ta­zar SS​.CC. von Val­pa­rai­so und Bischof Juan Bar­ros Madrid von Osor­no. Erz­bi­schof Caro und Bischof Duar­te hat­ten vor eini­gen Mona­ten das 75. Lebens­jahr voll­endet und ihr Rück­tritts­an­ge­bot ohne­hin gemäß Kir­chen­recht dem Papst unab­hän­gig vom kol­lek­ti­ven Rück­tritt vor­ge­legt. Bischof Bar­ros hin­ge­gen ist erst 61 Jah­re alt und vor­erst der ein­zi­ge Bischof, der wirk­lich abge­setzt wurde.

Die gestern her­um­ge­reich­te Liste von Bischö­fen, die von Fran­zis­kus eme­ri­tiert wer­den, ist jedoch wesent­lich län­ger. Neben wei­te­ren Ober­hir­ten, die bereits die Alters­gren­ze über­schrit­ten haben, fin­den sich dar­un­ter auch die ande­ren Zög­lin­ge Kara­di­mas, die wie Bar­ros zu Bischofs­wür­den gelang­ten. Es sind Bischof Tomis­lav Kol­ja­tic von Lina­res (63), Bischof Hora­cio Valen­zue­la von Tal­ca (65) und Weih­bi­schof And­res Artea­ga von Sant­ia­go de Chi­le (59). Artea­ga war noch unter dem Vor­gän­ger von Kar­di­nal Ezza­ti als Erz­bi­schof von Sant­ia­go de Chi­le, Kar­di­nal Fran­cis­co Javier Errá­zu­riz Ossa, einem per­sön­li­chen Freund von Papst Fran­zis­kus, zum Weih­bi­schof ernannt wor­den. Ihm wur­de vor­ge­wor­fen, die Vor­wür­fe gegen Kara­di­ma, mit denen er befaßt war, nicht ernst­haft geprüft zu haben. Man­che Kri­ti­ker sind noch deutlicher.

Unter den Bischö­fen, die alters­be­dingt eme­ri­tiert wer­den, fin­det sich auch der Pri­mas des Lan­des, Erz­bi­schof Ricar­do Kar­di­nal Ezza­ti von Sant­ia­go de Chi­le (76). Kar­di­nal Ezza­ti hat­te Ende April auf einer öffent­li­chen Pres­se­kon­fe­renz mit deut­li­chen Wor­ten den Rück­tritt von Bar­ros gefordert.

Der ach­te Bischof auf der Liste ist Bischof Ale­jan­dro Goic von Ran­ca­gua (78).

Bischof Barros wurde schließlich doch abgesetzt, dafür muß wahrscheinlich auch Kardinal Ezzati gehen.
Bischof Bar­ros wur­de schließ­lich doch abge­setzt, dafür muß wahr­schein­lich auch Kar­di­nal Ezza­ti gehen.

Die Gesamt­li­ste zeigt, daß Papst Fran­zis­kus ernst macht. Die eme­ri­tier­ten Bischö­fe las­sen sich dabei in zwei Grup­pen unter­tei­len: in die vier Kara­di­ma-Bischö­fe, alle noch unter 75, und vier Bischö­fe, die alters­be­dingt eme­ri­tiert werden.

Aus der For­de­rung nach Ent­fer­nung von Bischof Bar­ros scheint ein gene­rel­les, wenn auch nach außen etwas ver­schlei­er­tes Rei­ne­ma­chen zu wer­den. Den Preis bezahlt offen­bar auch der Pri­mas des Lan­des. Sei­ne öffent­li­che For­de­rung nach Abset­zung Bar­ros‘, die eine direk­te Her­aus­for­de­rung an den Papst war, wird zwar erfüllt, kostet ihn aber selbst sei­nen Bischofssitz.

Vor­erst sind aber erst drei von acht Eme­ri­tie­run­gen amt­lich. Hin­ter den Kulis­sen herrscht eini­ge Aufregung.

Mit der Abset­zung von Bischof Bar­ros könn­te auch die Mis­si­on des päpst­li­chen Son­der­ge­sand­ten Charles Sci­clu­na in das Bis­tum Osor­no hin­fäl­lig gewor­den sein. Dies­be­züg­lich wur­de noch nichts bekannt­ge­ge­ben. Sci­clu­na wur­de im Mai als Kan­di­dat für das Amt des Sub­sti­tu­ten des Kar­di­nal­staats­se­kre­tärs, eines der rang­höch­sten Ämter im Vati­kan genannt.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Twitter/​SlideSha­re/​MiL

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