
(Rom) Die Diskussion um das umstrittene nachsynodale Schreiben Amoris laetitia läßt nicht nach. Nachdem Bischof Tobin von Providence in den USA Papst Franziskus „absichtliche Zweideutigkeit“ vorwarf, setzte Kardinal Carlo Caffarra, der emeritierte Erzbischof von Bologna, in einem Interview mit der bekannten Deutschamerikanerin Maike Hickson für OnePeterFive nach. „Schönborn irrt sich, und das möchte ich dem Heiligen Vater sagen“, so Kardinal Caffarra.
Der Kardinal gehörte zu den fünf Purpurträgern, die 2014 auf Initiative von Kardinal Raymond Burke, im Vorfeld der ersten Bischofssynode über die Familie, Beiträge für den Sammelband „In der Wahrheit Christi bleiben“ zur Verteidigung der katholischen Morallehre und der Sakramentenordnung verfaßten.
„Das möchte ich dem Heiligen Vater sagen“
Der ehemalige Erzbischof von Bologna fühlte sich durch jüngste Stellungnahmen von Kardinal Christoph Schönborn und Berichte des päpstlichen Hofvatikanisten Andrea Tornielli herausgefordert.
Maike Hickson: Sie haben bereits in einem jüngsten Interview über das päpstliche Schreiben Amoris laetitia gesprochen und dabei gesagt, daß besonders das 8. Kapitel nicht klar ist und auch unter den Bischöfen bereits Verwirrung verursacht hat. Wenn Sie die Gelegenheit hätten, darüber mit Papst Franziskus zu sprechen, was würden Sie ihm sagen? Was wäre ihre Empfehlung, was Papst Franziskus nun tun könnte und sollte, da so große Verwirrung herrscht?
Kardinal Carlo Caffarra: Im Paragraph 308 von Amoris laetitia schreibt der Heilige Vater: „Ich verstehe diejenigen, die eine unerbittlichere Pastoral vorziehen, die keinen Anlaß zu irgendeiner Verwirrung gibt.“ Diesen Worten entnehme ich, daß Seine Heiligkeit sich bewußt ist, daß die Lehre des Schreibens Verwirrung in der Kirche stiften kann. Persönlich will ich, und das ist das, was viele meiner Brüder in Christus, Kardinäle, Bischöfe und gläubige Laien denken, daß die Verwirrung beseitigt werden sollte, aber nicht weil ich eine unerbittlichere Seelsorge vorziehe, sondern vielmehr einfach deshalb, weil ich eine klarere und weniger zweideutige Seelsorge vorziehe.
In diesem Sinne möchte ich mit allem geschuldeten Respekt, Anhänglichkeit und Verehrung, die ich mich verpflichtet sehe, gegenüber dem Heiligen Vater zu hegen, ihm sagen: „Heiligkeit, ich bitte Sie, schaffen Sie Klarheit zu diesen Punkten:
a) Wieviel von dem, was Sie in der Fußnote 351 des Paragraphen 305 gesagt haben [„In gewissen Fällen könnte es auch die Hilfe der Sakramente sein.“] ist auch auf wiederverheiratet geschiedene Paare anwendbar, die trotzdem weiterhin wie Mann und Frau zusammenleben wollen? Und daher: Wieviel von dem, was von Familiaris consortio im Paragraph 84, von Reconciliatio et poenitentia im Paragraph 34, von Sacramenttum unitatis im Paragraph 29, vom Katechismus der Katholischen Kirche in Nr. 1650 und von der allgemeingültigen theologischen Doktrin gelehrt wird, muß als abgeschafft betrachtet werden?
b) Es ist beständige Lehre der Kirche, so wie sie von Veritatis splendor, Nr. 79 bekräftigt wurde, daß es negative moralische Normen gibt, die keine Ausnahme erlauben, da sie Handlungen verbieten, sie in sich schlecht und unanständig sind wie zum Beispiel der Ehebruch. Ist diese überlieferte Lehre auch nach Amoris laetitia noch für wahr zu halten?“
Das ist es, was ich dem Heiligen Vater sagen möchte. Wenn der Heilige Vater in seinem höchsten Urteil die Absicht haben sollte, öffentlich Stellung zu nehmen, um diese Verwirrung zu beseitigen, hätte er dafür viele verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung.
„Blinde, die Blinde führen“
Auch im weiteren Interview ging Kardinal Caffarra auf die „Verwirrung“ ein, die unter Gläubigen über die Ehelehre herrsche. Einem in dieser Frage verwirrten Gläubigen würde er sagen:
Kardinal Caffarra: Ich würde ihm einfach sagen: Lies im Katechismus der katholischen Lehre die Nummern 1601 und 1666 und denk darüber nach, und wenn du Aussagen über die Ehe hörst, auch von Priestern, Bischöfen und Kardinälen, und du feststellst, daß sie nicht mit dem Katechismus übereinstimmen, dann schenke ihnen kein Gehör. Es sind Blinde, die Blinde führen.“
Ausgelebte Homosexualität bezeichnete der Kardinal im Interview als „in sich irrational und daher unanständig“, um dann die die „prophetische“ Enzyklika Humanae vitae von Papst Paul VI. zu zitieren.
„Entweder oder mein lieber Freund Schönborn“
Von besonderem Interesse ist jedoch, was Kardinal Caffarra zur Schlüsselaussage von Kardinal Schönborn in dessen Interview mit der römischen Jesuitenzeitschrift La Civiltà Cattolica sagte. Kardinal Schönborn war von Papst Franziskus als sein bevorzugter Exeget von Amoris laetitia bezeichnet worden.
Maike Hickson: Wie würden Sie die jüngste Behauptung von Kardinal Christoph Schönborn kommentieren, laut der Amoris laetitia verbindliche Lehre ist und alle vorhergehenden lehramtlichen Dokumente über Ehe und Familie im Licht von Amoris laetitia zu lesen sind?
Kardinal Carlo Caffarra: Ich antworte mit zwei einfachen Feststellungen: Erstens: Man hat nicht nur das vorhergehende Lehramt über die Ehe im Licht von Amoris laetitia zu lesen, sondern man hat auch Amoris laetitia im Licht des vorhergehenden Lehramtes zu lesen. Die Logik der lebendigen Tradition der Kirche ist zweipolig. Sie hat zwei Richtungen, nicht nur eine.
Die zweite Feststellung ist wichtiger: Mein lieber Freund, Kardinal Schönborn, berücksichtigt im Interview der Civiltà Cattolica einen Faktor nicht, der in der Kirche seit der Veröffentlichung von Amoris laetitia aufgetreten ist. Viele der Kirche und dem Lehramt treue Bischöfe und Theologen vertreten den Standpunkt, daß es in einem spezifischen, aber sehr wichtigen Punkt keine Kontinuität gibt, sondern einen Gegensatz zwischen Amoris laetitia und dem vorhergehenden Lehramt. Diese Theologen und Philosophen sagen das nicht mit einem Geist des Widerspruchs gegen den Heiligen Vater.
Der springende Punkt ist: Amoris laetitia sagt, daß aufgrund einiger Umstände der Geschlechtsverkehr zwischen wiederverheiratet Geschiedenen legitim ist. Mehr noch: Es wendet in Bezug auf die sexuelle Intimität an, was das Zweite Vatikanische Konzil über die Eheleute sagt (vgl. Fußnote 329). Daher: Entweder ist ein Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe legitim, eine Behauptung, die der Lehre der Kirche über die Sexualität widerspricht, oder der Ehebruch ist nicht eine in sich unanständige Handlung, und daher kann es Umstände geben, derentwegen er nicht unanständig ist, eine Behauptung, die der Tradition und der Doktrin der Kirche widerspricht.
Und daher muß der Heilige Vater meines Erachtens in einer Situation wie dieser Klarheit schaffen. Wenn ich sage, daß S ein P ist und dann sage, daß S nicht P ist, dann ist die zweite These keine Weiterentwicklung der ersten, sondern deren Verneinung. Wenn jemand sagt: Die Lehre bleibt, es geht nur darum, sich einiger Fälle anzunehmen, antworte ich: Die moralische Norm „nicht ehebrechen“, ist eine absolute negative Norm, die keine Ausnahmen erlaubt. Es gibt viele Möglichkeiten, Gutes zu tun, aber es gibt nur eine Möglichkeit das Böse nicht zu tun: das Böse nicht zu tun.
Text/Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: OnePeterFive
Wenn Kardinal Caffarra wirklich glaubt, dass es etwas bringt, dem Papst zu sagen, dass Schönborn irrt, dann ist er ziemlich blauäugig! P.F. höchstpersönlich ist der Urheber aller Irrungen und Wirrungen (in Absprache mit dem St. Gallener Geheimzirkel) und Kardinal Schönborn nur sein Handlanger, von ihm mit der Aufgabe betraut, den Gläubigen Sünde für Tugend zu verkaufen! Und Schönborn ist ein exzellenter Verkäufer – im wahrsten Sinne des Wortes!
Kardinal Caffarra ist nicht der einzige, der Klärung einfordert.
Weiterer Widerstand formiert sich und das ist auch nötig.
Ob Papst Franziskus überhaupt darauf reagiert und wenn ja, wie?
Er scheint ja über allem zu stehen.
http://www.ncregister.com/blog/edward-pentin/catholic-scholars-appeal-to-pope-francis-to-repudiate-errors-in-amoris-laet/