(Rom) Papst Franziskus greift massiv in lateinamerikanischen, vor allem argentinischen Diözesen ein. Wie steht es jedoch um Österreichs Abteien?
Papst Franziskus scheint in Argentinien, laut Meinung einiger lateinamerikanischer Beobachter, alte Rechnungen mit Bischöfen auszutragen. Konkret bedeutet dies deren „Wegbeförderung“, „Pensionierung“ oder „Visitierung“. Laut Sitio Andino sei nun der Bischof der argentinischen Diözese Puerto Iguazú y Zarate-Campanas „ins Visier des Papstes“ geraten. „Nicht sonderlich barmherzig“, nennt der katholische Blogger Francisco de la Cigoña die päpstliche Operation. „Es gibt andere Bischöfe, die viel schlechter sind“, ohne daß jemand eingreife, so der Kirchenhistoriker. „Wird man gegen sie auch vorgehen? Dann hätte ich nichts einzuwenden. Oder trifft es nur jene, die sich nicht gut mit dem Kardinal Bergoglio verstanden? Geht es um Barmherzigkeit oder um Rache? Hoffen wir, daß es sich dabei nur um Einbildungen einiger handelt.“
Drewermann-Exerzitien machen Melk zum „Casus“
Zu den „Anderen“, bei denen eine Visitation Roms viel dringender geboten wäre, gehört das Stift Melk und der dortige Abt Gerhard Wilfinger. Nach dem jüngst öffentlich gewordenen Skandal scheint sich etwas zu rühren. Abt Wilfinger hatte den aus der Kirche ausgetretenen Ex-Priester Eugen Drewermann beauftragt, dem Benediktinerkonvent die jährlichen Exerzitien zu halten. Drewermann kassierte dafür 8.000 Euro. Das Ergebnis seiner „geistlichen Unterweisung“ kann bestenfalls fruchtlos, wahrscheinlich eher subversiv sein.
Die Benediktinerabtei Melk ist zwar als „österreichischer Escorial“ berühmt, weniger berühmt ist hingegen die geistliche Ausstrahlung des Klosters in sein Umland. Nachdem die Drewermann-Exerzitien durch katholisches.info öffentlich bekannt gemacht wurden, informierten Gläubige den Apostolischen Nuntius und die Glaubenskongregation in Rom über Mißstände. Berichtet wurden auch die scharfen Töne, mit denen Abt Wilfinger jene Mönche abkanzelte, die Kritik an der Drewermann-Einladung wagten.
Äbte-Clique, die vor allem durch zeitgeistige Kirchenkritik auffällt
Wilfinger gehört zu einer wenig rühmlichen Clique österreichischer Äbte, sie sich vor allem durch Kritik an Bischöfen und Priestern hervortun, die es mit der Glaubenswahrheit und Kirchenordnung genauer nehmen als sie selbst. Die Kämpfe, die der im Februar verstorbene Bischof Kurt Krenn von Sankt Pölten gegen einige Äbte seiner Diözese zu bestehen hatte, warfen einen unangenehmen Schatten. Zu dieser Clique gehört auch der neugewählte Sprecher der Männerorden Österreichs, Abt Christian Haidinger des Benediktinerklosters Altenburg. Im Monatstakt fordert er eine „Änderung der kirchlichen Sexualmoral“, die „Abschaffung des Priesterzölibats“ oder die „Zulassung von Priesterinnen“, die kirchliche Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe ist für Abt Haidinger eine „Katastrophe“.
Abt Wilfingers mondäner Lebensstil toleriert mönchische Laster
Daß Abt Haidinger Ordenssprecher werden konnte, zeigt, daß seine abweichenden Meinungen in Österreichs Orden mehrheitsfähig sind. Abt Wilfinger von Melk ist ein Beispiel dafür. Er pflegt, der Forderung des wenig geliebten Papstes Benedikt XVI. zur „Entweltlichung“ und der Forderung des hofierten Papst Franziskus nach einer „armen Kirche“ zum Trotz einen mondänen barocken Lebensstil. Gleichzeitig toleriert er das ärgerniserregende Verhalten einiger seiner Mönche. Jüngst gab ein Melker Mönch ohne jede Verlegenheit bekannt, mit einer Frau im Konkubinat zu leben. Von Abt Wilfinger hat er wenig zu befürchten. Im Eifer der kirchenkritischen Stellungnahmen sieht in Österreichs Kirche mancher Abt den durch sein Verhalten und das seiner Mönche verursachten Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche und des Christentums nicht.
Wird Rom aktiv werden? Eine Visitation von Stift Melk wäre ein aufrüttelndes Signal mit einer Wirkung weit über das Donaukloster hinaus, da Melk kein Einzelfall ist. Bisher wurden Visitationsbestrebungen erfolgreich abgewehrt. In Rom wurde unter Benedikt XVI. von höchster kirchlicher Stelle Wiens vor jedem Eingreifen gewarnt, da dies ein „Schisma“ zur Folge hätte. Eine Mär, die der Kirche in den vergangenen 20 Jahren schweren Schaden verursacht hat.
Text: Martha Weinzl
Bild: Tempi/Vebidoo