Von einem blühenden Orden zu einer merkwürdigen Messaillance: Die Franziskaner der Immakulata, einst Vorbilder strenger Spiritualität, verbinden sich heute mit marxistisch-dekolonialen Ideen und kubanischen Revolutionären – ein ebenso ungewöhnliches wie brisantes Bündnis.
Von einem blühenden Orden zu fragwürdigen Allianzen: Dieser Weg der Franziskaner der Immakulata führt über das Pontifikat von Franziskus. Der Anfang der 1970er Jahre von Pater Stefano Maria Manelli als Reformzweig des Minoritenordens ins Leben gerufene Orden, der 1990 als eigenständiger Orden kanonisch anerkannt wurde, war bis 2013 ein leuchtendes Beispiel für eine wiederentdeckte strenge franziskanische Spiritualität, missionarisches Engagement und die Liebe zum überlieferten Römischen Ritus.
Doch ein neuritueller Orden, der zum überlieferten Ritus zurückkehrt und zum Berufungsmagnet wird, das durfte nicht sein, weshalb Papst Franziskus, kaum gewählt, im Sommer 2013 seine Kommissare ausschickte, die den Orden übernahmen, dessen Priesterseminar und eine Reihe von Klöstern schlossen, die mit dem Orden verbundenen Laienvereinigungen auflösten und entgegen damals geltendem Recht die Zelebration des überlieferten Ritus verboten.
Erst nach neun Jahren endete 2022 diese kommissarische Bevormundung und Umpolung. Damals konnte einer neuer Generaloberer gewählt werden. Der Orden blieb jedoch weiterhin unter Beobachtung. Daran soll sich bis heute nichts geändert haben. Der wichtigste Akteur, der aus dem Orden heraus die bergoglianische Brachial-Intervention unterstützte, war P. Alfonso Maria Bruni, der dann als rechte Hand des Kommissars eingesetzt wurde.
Heute führend die Spuren der erzwungenen Wende in überraschende Partnerschaften. Das jüngste Beispiel: die Gründung der „Universidad de la Paz“ (Universität des Friedens) in Rom, initiiert in den Räumen des Klosters der Franziskaner der Immakulata an der Via Porta Tiburtina 14. Die Universität ist ein Gemeinschaftsprojekt der Franziskaner der Immakulata und der Escuela de Doctrinas Decoloniales (Schule der dekolonialen Lehren) von Professor Luciano Vasapollo, einem Wirtschaftswissenschaftler an der römischen Universität La Sapienza, bekennenden Kommunisten und Vertreter der Dekolonialen Marxistischen Schule für die Trikontinentale des Multipolarismus. Vasapollo gründete 1998 das internationale Netzwerk der Kommunisten (Rete dei Comunisti, Network of Comunists). Vasapollo unterhält seit Jahren intensive akademische und politische Verbindungen zu Kuba.
Mit dabei ist bei der neuen franziskanisch-kommunistischen Allianz ein weiterer bekannter Mann: Pater Alfonso Maria Bruni.
Luciano Vasapollo ist seit Jahren ein prominenter Vertreter des marxistisch geprägten, antikolonialen Diskurses und der Entkolonialisierung. Die Universidad de la Paz, so heißt es in offiziellen Veröffentlichungen, „vereine die Idee einer Entkolonialisierung des Wissens mit der Spiritualität der Franziskaner der Immakulata“ – ein Bündnis, das so ungewöhnlich wie brisant ist und meilenweit von den Intentionen von Ordensgründer Pater Stefano Maria Manelli, einem promovierten Mariologen, entfernt ist. Um Manelli auszuschalten wurde er von Franziskus 2013 als Generaloberer abgesetzt und unter Hausarrest gestellt. Der heute im 93. Lebensjahr stehende Ordensgründer überlebte Papst Franziskus. Der Hausarrest gegen ihn wurde nie aufgehoben, kann aber aufgrund seines Gesundheitszustandes nur mehr bedingt durchgesetzt werden. Heute lebt P. Manelli in dem von seinem geistlichen Vater, dem heiligen Pater Pio von Pietrelcina, gegründeten Krankenhaus, Pflege- und Altersheim „Casa Sollievo della Sofferenza“ in San Giovanni Rotondo.
Bei der Eröffnungsfeier der seltsamen Messaillance namens „Universität des Friedens“ hielt Marlene Vásquez Pérez, Direktorin des Centro de Estudios Martianos in Havanna, eine Rede, die den Geist des kubanischen Nationalhelden und Revolutionärs José Martí in den Vordergrund stellte. Martí, Sohn spanischer Eltern, sei „unter kolonialer Unterdrückung“ aufgewachsen und habe eine“ Vision von Freiheit, Gerechtigkeit und menschlicher Würde“ entwickelt, die auch heute noch, so Vásquez, als“ Leitfaden für Bildung und soziale Transformation“ dienen solle. Was die kubanische Literaturwissenschaftlerin, die eng mit dem staatlich gelenkten Kulturbetrieb zusammenhängt, nicht erwähnte: Wie fast alle lateinamerikanischen Unabhängigkeitskämpfer gehörte auch Martí der Freimaurerei an. Diese war es, wie er selbst betonte, die sein Denken formte. Die damaligen Akteure in den Unabhängigkeitskriegen waren auf beiden Seiten Spanier. Der Konflikt ging damals nicht primär um den Kolonialismus, wie es heute von einigen gerne betont wird, sondern um die Durchsetzung des freimaurerischen Denkens gegen das katholische und monarchische spanische Mutterland. So konnte nun bei der merkwürdigen Verbindung von europäischen und kubanischen Kommunisten und Franziskanern der Immakualta in Rom auch das Narrativ verbreitet werden, Martí habe auf „die Kraft der Liebe als revolutionäres Prinzip“ gesetzt.
Die ganze Initiative wurde möglich, weil Papst Franziskus der große Patron im Hintergrund war, der selbst einmal betonte, wie sehr er die Gedichte von José Martí schätze, so gleich mehrfach bei seinem Kuba-Besuch 2015, wohlwissend, daß Martí ein Säulenheiliger des kommunistischen Regimes ist.
Und da schließt sich auch der Kreis wieder: Die römische Veranstaltung wurde unter anderem von RadioMiamiToday begleitet, einem Medium, das eng mit dem kubanischen Regime verbunden ist und sich – daher der Name – als kommunistische Gegenstimme zu den exilkubanischen Medien in Florida versteht. RadioMiamiToday unterstützt das römische Projekt aktiv, was verdeutilicht, daß hinter der Universidad de la Paz nicht nur akademische Interessen stehen, sondern auch politische und ideologische Netzwerke, die weit über Rom hinaus reichen.
Die Universidad de la Paz versteht sich selbst als „Labor für kritisches Denken“, das „die Tradition der Franziskaner der Immakulata mit antikolonialen, sozialistischen Ideen verschmilzt“, so RadioMiamiToday. Vasapollo betonte, daß Wissen nicht dem Profit, sondern dem Gemeinwohl dienen solle – ein Ansatz, der auf den ersten Blick die franziskanische Idee der Armut und Brüderlichkeit aufgreift, jedoch im konkreten Ansatz in das ideologische Terrain eines kommunistischen Paradigmas überführt wird.
Was einst ein blühender Orden war, der weltweit für spirituelle Strenge und missionarische Aufbrüche bekannt war, steht heute an der Schnittstelle zwischen Religion, Politik und Ideologie. Die inneren Konflikte der vergangenen Jahre, der Einfluß des Apostolischen Kommissars und die aktive Rolle von Figuren wie P. Aldonso Maria Bruni zeigen, daß die Umwandlung des Ordens weit über kircheninterne Verwaltung hinausgeht. Die Universidad in Rom ist ein sichtbares Symptom dieser Entwicklung – ein Ort, an dem der Name des Heiligen Franziskus auf die freimaurerischen Ideen von José Martí und das Netzwerk kommunistischer Lehren trifft.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: RadioMiamiToday (Screenshot)

Hinterlasse jetzt einen Kommentar