Die seltsamen Wege bergoglianisch gewendeter Franziskaner der Immakulata

Dekoloniale franziskanisch-kommunistische Allianz


Seltsame Allianz: Im Kloster der Franziskaner der Immakulata wurde in Zusammenarbeit mit europäischen und kubanischen Kommunisten die "Universidad de la Paz" gegründet. Im Bild (6. l.) Luciano Vasapollo, (4. v. r.) P. Alfonso M. Bruni
Seltsame Allianz: Im Kloster der Franziskaner der Immakulata wurde in Zusammenarbeit mit europäischen und kubanischen Kommunisten die "Universidad de la Paz" gegründet. Im Bild (6. l.) Luciano Vasapollo, (4. v. r.) P. Alfonso M. Bruni

Von einem blü­hen­den Orden zu einer merk­wür­di­gen Mes­saillan­ce: Die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta, einst Vor­bil­der stren­ger Spi­ri­tua­li­tät, ver­bin­den sich heu­te mit mar­xi­stisch-deko­lo­nia­len Ideen und kuba­ni­schen Revo­lu­tio­nä­ren – ein eben­so unge­wöhn­li­ches wie bri­san­tes Bündnis.

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Von einem blü­hen­den Orden zu frag­wür­di­gen Alli­an­zen: Die­ser Weg der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta führt über das Pon­ti­fi­kat von Fran­zis­kus. Der Anfang der 1970er Jah­re von Pater Ste­fa­no Maria Manel­li als Reform­zweig des Mino­ri­ten­or­dens ins Leben geru­fe­ne Orden, der 1990 als eigen­stän­di­ger Orden kano­nisch aner­kannt wur­de, war bis 2013 ein leuch­ten­des Bei­spiel für eine wie­der­ent­deck­te stren­ge fran­zis­ka­ni­sche Spi­ri­tua­li­tät, mis­sio­na­ri­sches Enga­ge­ment und die Lie­be zum über­lie­fer­ten Römi­schen Ritus. 

Doch ein neu­ri­tu­el­ler Orden, der zum über­lie­fer­ten Ritus zurück­kehrt und zum Beru­fungs­ma­gnet wird, das durf­te nicht sein, wes­halb Papst Fran­zis­kus, kaum gewählt, im Som­mer 2013 sei­ne Kom­mis­sa­re aus­schick­te, die den Orden über­nah­men, des­sen Prie­ster­se­mi­nar und eine Rei­he von Klö­stern schlos­sen, die mit dem Orden ver­bun­de­nen Lai­en­ver­ei­ni­gun­gen auf­lö­sten und ent­ge­gen damals gel­ten­dem Recht die Zele­bra­ti­on des über­lie­fer­ten Ritus verboten. 

Erst nach neun Jah­ren ende­te 2022 die­se kom­mis­sa­ri­sche Bevor­mun­dung und Umpo­lung. Damals konn­te einer neu­er Gene­ral­obe­rer gewählt wer­den. Der Orden blieb jedoch wei­ter­hin unter Beob­ach­tung. Dar­an soll sich bis heu­te nichts geän­dert haben. Der wich­tig­ste Akteur, der aus dem Orden her­aus die berg­o­glia­ni­sche Bra­chi­al-Inter­ven­ti­on unter­stütz­te, war P. Alfon­so Maria Bruni, der dann als rech­te Hand des Kom­mis­sars ein­ge­setzt wurde.

Heu­te füh­rend die Spu­ren der erzwun­ge­nen Wen­de in über­ra­schen­de Part­ner­schaf­ten. Das jüng­ste Bei­spiel: die Grün­dung der „Uni­ver­si­dad de la Paz“ (Uni­ver­si­tät des Frie­dens) in Rom, initi­iert in den Räu­men des Klo­sters der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta an der Via Por­ta Tibur­ti­na 14. Die Uni­ver­si­tät ist ein Gemein­schafts­pro­jekt der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta und der Escue­la de Doc­tri­nas Deco­lo­nia­les (Schu­le der deko­lo­nia­len Leh­ren) von Pro­fes­sor Lucia­no Vasa­pol­lo, einem Wirt­schafts­wis­sen­schaft­ler an der römi­schen Uni­ver­si­tät La Sapi­en­za, beken­nen­den Kom­mu­ni­sten und Ver­tre­ter der Deko­lo­nia­len Mar­xi­sti­schen Schu­le für die Tri­kon­ti­nen­ta­le des Mul­ti­po­la­ris­mus. Vasa­pol­lo grün­de­te 1998 das inter­na­tio­na­le Netz­werk der Kom­mu­ni­sten (Rete dei Comu­ni­sti, Net­work of Comu­nists). Vasa­pol­lo unter­hält seit Jah­ren inten­si­ve aka­de­mi­sche und poli­ti­sche Ver­bin­dun­gen zu Kuba. 

Mit dabei ist bei der neu­en fran­zis­ka­nisch-kom­mu­ni­sti­schen Alli­anz ein wei­te­rer bekann­ter Mann: Pater Alfon­so Maria Bruni.

Lucia­no Vasa­pol­lo ist seit Jah­ren ein pro­mi­nen­ter Ver­tre­ter des mar­xi­stisch gepräg­ten, anti­ko­lo­nia­len Dis­kur­ses und der Ent­ko­lo­nia­li­sie­rung. Die Uni­ver­si­dad de la Paz, so heißt es in offi­zi­el­len Ver­öf­fent­li­chun­gen, „ver­ei­ne die Idee einer Ent­ko­lo­nia­li­sie­rung des Wis­sens mit der Spi­ri­tua­li­tät der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta“ – ein Bünd­nis, das so unge­wöhn­lich wie bri­sant ist und mei­len­weit von den Inten­tio­nen von Ordens­grün­der Pater Ste­fa­no Maria Manel­li, einem pro­mo­vier­ten Mario­lo­gen, ent­fernt ist. Um Manel­li aus­zu­schal­ten wur­de er von Fran­zis­kus 2013 als Gene­ral­obe­rer abge­setzt und unter Haus­ar­rest gestellt. Der heu­te im 93. Lebens­jahr ste­hen­de Ordens­grün­der über­leb­te Papst Fran­zis­kus. Der Haus­ar­rest gegen ihn wur­de nie auf­ge­ho­ben, kann aber auf­grund sei­nes Gesund­heits­zu­stan­des nur mehr bedingt durch­ge­setzt wer­den. Heu­te lebt P. Manel­li in dem von sei­nem geist­li­chen Vater, dem hei­li­gen Pater Pio von Piet­rel­ci­na, gegrün­de­ten Kran­ken­haus, Pfle­ge- und Alters­heim „Casa Sol­lie­vo del­la Sof­fe­ren­za“ in San Gio­van­ni Rotondo.

Bei der Eröff­nungs­fei­er der selt­sa­men Mes­saillan­ce namens „Uni­ver­si­tät des Frie­dens“ hielt Mar­le­ne Vás­quez Pérez, Direk­to­rin des Cen­tro de Estu­di­os Mar­tia­nos in Havan­na, eine Rede, die den Geist des kuba­ni­schen Natio­nal­hel­den und Revo­lu­tio­närs José Mar­tí in den Vor­der­grund stell­te. Mar­tí, Sohn spa­ni­scher Eltern, sei „unter kolo­nia­ler Unter­drückung“ auf­ge­wach­sen und habe eine“ Visi­on von Frei­heit, Gerech­tig­keit und mensch­li­cher Wür­de“ ent­wickelt, die auch heu­te noch, so Vás­quez, als“ Leit­fa­den für Bil­dung und sozia­le Trans­for­ma­ti­on“ die­nen sol­le. Was die kuba­ni­sche Lite­ra­tur­wis­sen­schaft­le­rin, die eng mit dem staat­lich gelenk­ten Kul­tur­be­trieb zusam­men­hängt, nicht erwähn­te: Wie fast alle latein­ame­ri­ka­ni­schen Unab­hän­gig­keits­kämp­fer gehör­te auch Mar­tí der Frei­mau­re­rei an. Die­se war es, wie er selbst beton­te, die sein Den­ken form­te. Die dama­li­gen Akteu­re in den Unab­hän­gig­keits­krie­gen waren auf bei­den Sei­ten Spa­ni­er. Der Kon­flikt ging damals nicht pri­mär um den Kolo­nia­lis­mus, wie es heu­te von eini­gen ger­ne betont wird, son­dern um die Durch­set­zung des frei­mau­re­ri­schen Den­kens gegen das katho­li­sche und mon­ar­chi­sche spa­ni­sche Mut­ter­land. So konn­te nun bei der merk­wür­di­gen Ver­bin­dung von euro­päi­schen und kuba­ni­schen Kom­mu­ni­sten und Fran­zis­ka­nern der Imma­kual­ta in Rom auch das Nar­ra­tiv ver­brei­tet wer­den, Mar­tí habe auf „die Kraft der Lie­be als revo­lu­tio­nä­res Prin­zip“ gesetzt. 

Die gan­ze Initia­ti­ve wur­de mög­lich, weil Papst Fran­zis­kus der gro­ße Patron im Hin­ter­grund war, der selbst ein­mal beton­te, wie sehr er die Gedich­te von José Mar­tí schät­ze, so gleich mehr­fach bei sei­nem Kuba-Besuch 2015, wohl­wis­send, daß Mar­tí ein Säu­len­hei­li­ger des kom­mu­ni­sti­schen Regimes ist.

Und da schließt sich auch der Kreis wie­der: Die römi­sche Ver­an­stal­tung wur­de unter ande­rem von Radio­Mi­ami­Today beglei­tet, einem Medi­um, das eng mit dem kuba­ni­schen Regime ver­bun­den ist und sich – daher der Name – als kom­mu­ni­sti­sche Gegen­stim­me zu den exil­ku­ba­ni­schen Medi­en in Flo­ri­da ver­steht. Radio­Mi­ami­Today unter­stützt das römi­sche Pro­jekt aktiv, was ver­de­uti­licht, daß hin­ter der Uni­ver­si­dad de la Paz nicht nur aka­de­mi­sche Inter­es­sen ste­hen, son­dern auch poli­ti­sche und ideo­lo­gi­sche Netz­wer­ke, die weit über Rom hin­aus reichen.

Die Uni­ver­si­dad de la Paz ver­steht sich selbst als „Labor für kri­ti­sches Den­ken“, das „die Tra­di­ti­on der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta mit anti­ko­lo­nia­len, sozia­li­sti­schen Ideen ver­schmilzt“, so Radio­Mi­ami­Today. Vasa­pol­lo beton­te, daß Wis­sen nicht dem Pro­fit, son­dern dem Gemein­wohl die­nen sol­le – ein Ansatz, der auf den ersten Blick die fran­zis­ka­ni­sche Idee der Armut und Brü­der­lich­keit auf­greift, jedoch im kon­kre­ten Ansatz in das ideo­lo­gi­sche Ter­rain eines kom­mu­ni­sti­schen Para­dig­mas über­führt wird.

Was einst ein blü­hen­der Orden war, der welt­weit für spi­ri­tu­el­le Stren­ge und mis­sio­na­ri­sche Auf­brü­che bekannt war, steht heu­te an der Schnitt­stel­le zwi­schen Reli­gi­on, Poli­tik und Ideo­lo­gie. Die inne­ren Kon­flik­te der ver­gan­ge­nen Jah­re, der Ein­fluß des Apo­sto­li­schen Kom­mis­sars und die akti­ve Rol­le von Figu­ren wie P. Aldon­so Maria Bruni zei­gen, daß die Umwand­lung des Ordens weit über kir­chen­in­ter­ne Ver­wal­tung hin­aus­geht. Die Uni­ver­si­dad in Rom ist ein sicht­ba­res Sym­ptom die­ser Ent­wick­lung – ein Ort, an dem der Name des Hei­li­gen Fran­zis­kus auf die frei­mau­re­ri­schen Ideen von José Mar­tí und das Netz­werk kom­mu­ni­sti­scher Leh­ren trifft.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Radio­Mi­ami­Today (Screen­shot)

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