In Skandinavien zeichnet sich ein Wandel ab: Die lange dominierende Säkularisierung scheint am Ende zu sein. Dies erklärte Msgr. Erik Varden, Bischof von Trondheim und Vorsitzender der Nordischen Bischofskonferenz, in einem Interview mit der deutschen Zeitschrift Communio. „Es gibt nichts mehr zu säkularisieren“, so Varden über Länder wie Norwegen und Schweden.
Der Trappistenabt spricht von einem „tektonischen Wandel in die entgegengesetzte Richtung“. Immer deutlicher zeige sich, daß junge Menschen „Substanz suchen“. Sie besuchen regelmäßig gut vorbereitete und sorgfältig gestaltete Eucharistiefeiern, so der Bischof. Varden selbst, in einer lutherischen, nicht praktizierenden Familie aufgewachsen, konvertierte 1993 zur katholischen Kirche. 2002 trat er in den Trappistenorden ein, legte 2007 die feierlichen Ordengelübde ab und wurde 2011 zum Priester geweiht. 2015 erfolgte seine Wahl zum Abt der Trappistenabtei Mount St. Bernard im englischen Leicestershire. 2019 ernannte ihn Papst Franziskus zum Präfekten der Territorialprälatur Trondheim (Mittelnorwegen). 2020 empfing er als erster Bischof von Trondheim seit der Reformation im 16. Jahrhundert die Bischofsweihe. Olav Engelbrektsson, der letzte katholische Bischof vor der Reformation, ein entschiedener Gegner der reformatorischen Bestrebungen, mußte 1537 in die Niederlande flüchten. Trondheim (Nidaros) existiert seither als lutherisches Bistum.
Msgr. Varden berichtet von jungen Menschen zwischen 16 und 17 Jahren, die sein Büro oder die Kathedralbuchhandlung aufsuchen, um existenzielle Fragen zu stellen: nach dem Sinn des Lebens, nach bleibendem Wert, nach der Bedeutung von Liebe und der eigenen Beziehung zu Christus. Nicht immer handle es sich um innere Erweckungen, die sie antreiben, sondern die Beobachtung der Erwachsenenwelt: Wohlstand und Komfort allein machen nicht glücklich, so der Bischof.
Entgegen Umfragen, die eine abnehmende Religiosität bescheinigen, beobachtet Varden ein wachsendes Interesse junger Menschen an Religion – nicht nur in Norwegen, sondern auch in anderen ehemals stark säkularisierten Ländern. „Es ist zwar kein Mehrheitsphänomen, aber die Tendenz ist eindeutig: Junge Menschen verlangen nach Substanz und haben wenig Geduld für leere, sentimentale Reden.“
Auch in Schweden wächst die katholische Gemeinschaft: mehr Taufen, mehr Eheschließungen, mehr Konversionen. Dies sei teils der Zuwanderung geschuldet, teils der wachsenden Attraktivität des Glaubens selbst. Max Martin Skalenius, Mitbegründer von Helige Eriks Legion und stellvertretender Vorsitzender der schwedischen katholischen Jugend, bestätigt: Anders als in vielen Ländern folge der schwedische Klerus nicht den progressiven Strömungen, sondern orientiere sich wieder an Treue, Strenge und Tradition.
Msgr. Varden betont zudem, daß das menschliche Verlangen nach Transzendenz über kirchliche Räume hinausreicht. Selbst in stark säkularisierten Kontexten, etwa im transhumanistischen Diskurs, zeige sich das Streben nach dem Unbegrenzten. Die Kirche biete hier einen einzigartigen Raum, um das Leben „so anzunehmen, wie es wirklich ist“, und Sinn und Wahrheit konkret zu erfahren.
Mit seinen Beobachtungen zeichnet der Bischof das Bild eines kleinen, aber beständigen Hoffnungszeichen, dass der Glaube selbst in einst verlorenen Regionen wieder Fuß faßt und die Jugend nach tragfähiger Substanz und Orientierung verlangt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Youtube (Screenshot)

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