Für unsere Freiheit und die eure – Eine Anklage und eine Bitte an Kardinal José Cobo


Die fol­gen­de Schil­de­rung wird an man­che For­men von kirch­li­cher Show-Poli­tik erin­nern, die sich im Umgang mit den Kir­chen­zu­wei­sun­gen an ukrai­ni­sche grie­chisch-katho­li­sche Gemein­den auch im deut­schen Sprach­raum zeigt – einer Show-Poli­tik, die der welt­li­chen folgt und deren gehor­sa­me Nach­ah­mung ist.
Msgr. José Cobo Cano ist der 1923 von Papst Fran­zis­kus ernann­te und noch im sel­ben Jahr zum Kar­di­nal kre­ierte Erz­bi­schof von Madrid, der seit 2024 auch Ordi­na­ri­us für die mit Rom unier­ten öst­li­chen Riten in Spa­ni­en ist.

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„Non ign­a­ra mali, mise­ris suc­cur­re­re dis­co.“
„Ich bin mit dem Unglück ver­traut und habe gelernt, den Unglück­li­chen bei­zu­ste­hen.“
(Vir­gil, Aen­eis I, 630)

Von Eck*

Wir, die wir der tra­di­tio­nel­len Mes­se anhän­gen, wis­sen dies nur all­zu gut. Zu ver­traut sind uns die Bit­ter­kei­ten der Ver­ach­tung, der bit­te­re Geschmack der Ver­fol­gung, der Kampf um das Über­le­ben des Kul­tes unse­rer Väter. Belei­di­gun­gen, Gering­schät­zun­gen, Intri­gen, Täu­schun­gen, Ver­rat – und das oft von jenen, die unse­re Glau­bens­brü­der und Weg­ge­fähr­ten in der Eucha­ri­stie hät­ten sein sol­len. Wir haben die­sen bit­te­ren Kelch bis zur Nei­ge getrun­ken. Und wir wis­sen nur zu gut: Das gro­ße Übel, das unse­re Kir­che zer­setzt und ent­stellt, das den Glanz von Wahr­heit, Gut­heit und Schön­heit ihres gött­li­chen Lebens ver­dun­kelt, ist der Man­gel an Lie­be – der Man­gel an wah­rer Näch­sten­lie­be und an auf­rich­ti­ger Gottesliebe.

Denn wo die Lie­be zu Gott fehlt, da fehlt auch die Lie­be zu den Kin­dern des­sel­ben Vaters, zu den Brü­dern im Herrn Jesus Chri­stus, zu den Mit­er­ben des Hei­li­gen Gei­stes. In einer Kir­che, die sich ger­ne als für „alle, alle, alle“ bezeich­net, als soli­da­risch und syn­odal, liegt in die­ser Heu­che­lei bereits die erste und tief­ste Lüge – und zugleich die Ursa­che für ihren Nie­der­gang und ihr Schei­tern, für ihren Ver­lust an Glau­be und Hoff­nung. Wie es der Apo­stel Johan­nes sagt:
„Wenn jemand sagt: ‚Ich lie­be Gott‘, aber sei­nen Bru­der haßt, ist er ein Lüg­ner. Denn wer sei­nen Bru­der nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht lie­ben, den er nicht sieht.“ (1 Joh 4,20) – denn der Bru­der ist Abbild und Eben­bild Got­tes (Gen 1,27).

Eben des­halb – weil wir selbst die­se Prü­fung durch­lit­ten haben und weil das Wie­der­erken­nen unse­rer eige­nen Wun­den in den Schmer­zen ande­rer unse­re alten Nar­ben erneut auf­reißt –, kön­nen wir das Lei­den eurer Prie­ster und Gläu­bi­gen zutiefst ver­ste­hen. Wir spü­ren den­sel­ben Schmerz, die­sel­be Ein­sam­keit. Wir begrei­fen eure Ver­zweif­lung, eure Angst. Wir kön­nen uns in eure Lage ver­set­zen und mit euch den Kreuz­weg gehen, den ihr auf euch nehmt, nur um jenem Got­tes­dienst treu zu blei­ben, der uns von unse­ren Vor­fah­ren und unse­ren Hei­li­gen als kost­ba­res Erbe hin­ter­las­sen wur­de. Und es ist unse­re Pflicht als Chri­sten, euch bei­zu­ste­hen und zu verteidigen.

Vor weni­gen Tagen erreich­ten mich durch einen lie­ben Freund Infor­ma­tio­nen sowie Doku­men­te, die über sozia­le Netz­wer­ke ver­brei­tet wur­den und die die ern­ste Kri­se betref­fen, wel­che der­zeit die ukrai­nisch grie­chisch-katho­li­sche Gemein­de betrifft. Die­se war bis vor kur­zem noch in der Pfar­rei Nue­stra Seño­ra del Buen Suce­so im Madri­der Stadt­teil Argüel­les behei­ma­tet, wur­de nun jedoch an den Rand der Stadt ver­bannt – in das Vier­tel Puen­te de Valle­cas. Ein Ort, der schlech­ter ange­bun­den, deut­lich klei­ner und weit abge­schie­de­ner ist. Wer mit sol­chen Prak­ti­ken ver­traut ist, erkennt das Muster sofort, auch wenn es in wohl­klin­gen­de Wor­te gehüllt ist: Es han­delt sich um den geziel­ten Ver­such, eine leben­di­ge Gemein­de durch Schi­ka­nen, Iso­la­ti­on und Ein­schrän­kun­gen zum Ver­schwin­den zu bringen.

Wie auch gegen die über­lie­fer­te Mes­se, wer­den hier alle Regi­ster gezo­gen: Heu­che­lei im Über­maß, faden­schei­ni­ge Aus­flüch­te, mas­si­ver Druck, unmög­li­che oder unwür­di­ge Stand­or­te, völ­lig unzu­rei­chen­de oder win­zi­ge Räum­lich­kei­ten – weder geeig­net für die wür­de­vol­le Fei­er des Got­tes­dien­stes, noch um die Viel­zahl der Gläu­bi­gen auf­zu­neh­men. Und das alles – ver­steht sich – schön ver­packt in sal­bungs­vol­ler Rhe­to­rik: from­me Wor­te, Pro­fi­dent-Lächeln, Appel­le an die Ein­heit der Kir­che, an den Gehor­sam gegen­über der Hier­ar­chie, an eine angeb­li­che Ver­bes­se­rung der pasto­ra­len Dien­ste und ande­ren bil­li­gen Mani­pu­la­tio­nen. Taten sagen mehr als Worte.

Und doch ren­nen wir gleich­zei­tig kopf­los zu inter­kon­fes­sio­nel­len Mas­ke­ra­den und kar­ne­val­esken „öku­me­ni­schen“ bes­ser „öku­ma­ni­schen“ Ver­an­stal­tun­gen mit Ortho­do­xen, Pro­te­stan­ten und jeder noch so absei­ti­gen Sek­te, die sich anbie­tet, um ein schö­nes Spek­ta­kel zu insze­nie­ren. Aber wie sol­len die Ortho­do­xen der Rück­kehr in die Ein­heit mit der Kir­che trau­en, wenn wir unse­re eige­nen Brü­der des­sel­ben Ritus behan­deln wie Aus­ge­sto­ße­ne und Aus­sät­zi­ge, wie Men­schen zwei­ter Klas­se? Sol­len sie etwa glau­ben, daß man mit ihnen bes­ser umge­hen wird? Man kann es ihnen nicht ver­den­ken, wenn sie es bezwei­feln – zumal sie sehen, wie man mit den Gläu­bi­gen des tra­di­tio­nel­len Ritus umspringt.
Tat­säch­lich waren es gera­de die ortho­do­xen Kir­chen­ver­tre­ter, die das Züng­lein an der Waa­ge waren, wel­ches Papst Fran­zis­kus letzt­lich davon abhielt, das Todes­ur­teil über den über­lie­fer­ten römi­schen Ritus in einer bereits vor­be­rei­te­ten Apo­sto­li­schen Kon­sti­tu­ti­on zu unterzeichnen.

Einer der alten Wahl­sprü­che der pol­ni­schen Nati­on lau­tet: „Im Namen Got­tes – für unse­re Frei­heit und die eure.“
Die Frei­heit, die wir für den tra­di­tio­nel­len Ritus ein­for­dern, muß ein­her­ge­hen mit der Frei­heit für alle übri­gen Riten, die Frucht des Wir­kens des Hei­li­gen Gei­stes in der Kir­che und das kost­ba­re Erbe unse­rer Väter im Glau­ben sind. Solan­ge wir Katho­li­ken uns nicht in die­ser gemein­sa­men Ver­tei­di­gung die­ses unver­dien­ten Geschenks ver­ei­nen, wer­den wir wenig errei­chen. Unser Kampf ist auch der ihre – und umge­kehrt. Denn die Ursa­chen der Unter­drückung sind die­sel­ben, es sind die­sel­ben Macht­miß­bräu­che, die­sel­ben Aus­re­den, der­sel­be Haß gegen die Über­lie­fe­rung, der uns allen ent­ge­gen­schlägt.
Es war die Inter­ven­ti­on der Byzan­ti­ner, die die Hand zurück­hielt, wel­che uns dem Unter­gang wei­hen woll­te. Nun ist es an der Zeit, daß wir Tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen den Gefal­len erwi­dern – für eure Frei­heit und die unsere.

*Eck ist ein tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ner spa­ni­scher Prie­ster und schreibt für Cami­nan­te Wan­de­rer.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cami­nan­te Wanderer

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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