„Seltsame“ Messe, die der Papst nicht will – Vatikan untersucht „Ritus“ des Neokatechumenats


Neokatechumenaler Weg Liturgie
Neokatechumenaler Weg Liturgie

(Vati­kan) Papst Bene­dikt XVI. will Klar­heit über lit­ur­gi­sche Son­der­for­men der katho­li­schen Gemein­schaft Neo­ka­techu­me­na­ler Weg haben. Eine ein­ge­hen­de Unter­su­chung ist daher im Gan­ge. Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster geht von einer Ver­ur­tei­lung aus.

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Mit einem hand­ge­schrie­be­nen Brief erteil­te Bene­dikt XVI. im Janu­ar 2012 dem Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on Wil­liam Kar­di­nal Leva­da den Auf­trag, zu prü­fen, ob die vom Neo­ka­techu­me­nat zele­brier­ten Mes­sen mit der Glau­bens­leh­re und den lit­ur­gi­schen Bestim­mun­gen der katho­li­schen Kir­che übereinstimmen.

Der Papst betrach­tet das „Pro­blem“ als „beson­ders dring­lich“ für die gan­ze Kirche.

Papst beauf­tragt Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on mit Über­prü­fung des Neo­ka­techu­me­na­len Weges

Bene­dikt XVI. ist seit län­ge­rem beun­ru­higt über Son­der­for­men, mit denen in die­ser Bewe­gung, die zu den soge­nann­ten „Neu­en Gemein­schaf­ten“ der katho­li­sche Kir­che gerech­net wird, die Hei­li­ge Mes­se nicht am Sonn­tag, son­dern am Sams­tag abend und nicht in Kir­chen, son­dern in geson­der­ten Räum­lich­kei­ten gefei­ert wird. Neben der selt­sa­men Abson­de­rung vom Rest der Kir­che, geht es vor allem um eigen­wil­li­ge Ele­men­te im Ritus.

Die Geduld des Pap­stes kipp­te end­gül­tig, als er erfah­ren muß­te, daß im ver­gan­ge­nen Win­ter hin­ter sei­nem Rücken ein Hand­streich zur Appro­bie­rung der Son­der­for­men ver­sucht wur­de. Er muß­te den Ein­druck gewin­nen, daß man ihn, weil sei­ne Beden­ken bekannt waren, zu umge­hen und damit zu hin­ter­ge­hen ver­such­te, um Son­der­for­men durch­zu­set­zen, denen er sei­ne Zustim­mung ver­wei­gern würde.

Papst soll­te hin­ter­gan­gen und Son­der­for­men im Hand­streich geneh­migt werden

Der Vor­sit­zen­de des Päpst­li­chen Rats für die Lai­en, Sta­nis­law Kar­di­nal Ryl­ko hat­te ein Dekret vor­be­rei­tet, mit dem gene­rell alle lit­ur­gi­schen und außer­lit­ur­gi­schen For­men des Neo­ka­techu­me­na­len Weges aner­kannt wer­den soll­ten. Das Doku­ment soll­te am 20. Janu­ar anläß­lich einer Audi­enz der Füh­rungs­spit­ze des Neo­ka­techu­me­nats bei Papst Bene­dikt XVI. ver­öf­fent­licht werden.

Das Dekret soll auf Anwei­sung des Prä­fek­ten der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on Anto­nio Kar­di­nal Cañi­zares Llove­ra aus­ge­ar­bei­tet wor­den sein. An der Dar­stel­lung gibt es im Detail jedoch Zwei­fel. Zumin­dest scheint unklar, wer was genau in den bei­den römi­schen Dik­aste­ri­en über die Akti­on wuß­te. Die Grün­der und Lei­ter des Neo­ka­techu­me­na­len Weges, die Spa­ni­er Fran­cis­co „Kiko“ Argüel­lo und Car­men Hernán­dez wuß­ten jeden­falls davon und ver­brei­te­ten im vor­aus begei­stert die bevor­ste­hen­de Aner­ken­nung unter den Mit­glie­dern der Bewegung.

In man­chen Krei­sen wur­de Kri­tik am Papst laut, wie es sich ver­ein­ba­ren las­se, einer­seits den Alten Ritus zu för­dern, aber gleich­zei­tig auch den „Ritus“ des Neo­ka­techu­me­nats zu akzep­tie­ren. Sogar Regie­rungs­schwä­che gegen­über Kar­di­nal Ryl­ko wur­de dem Kir­chen­ober­haupt vor­ge­wor­fen. Doch der Papst wuß­te von der gesam­ten Akti­on „Appro­bie­rung des neo­ka­techu­me­na­len Ritus“ nichts.

Alles fand jedoch ohne Wis­sen des Pap­stes statt

Bene­dikt XVI. erfuhr erst weni­ge Tage vor der geplan­ten Audi­enz für Argüel­lo und Hernán­dez von der Exi­stenz die­ses Dekre­tes. Nach­dem er das Doku­ment gele­sen hat­te, hielt er einen sol­chen Schritt für unüber­legt und falsch. Der Papst ord­ne­te die Auf­set­zung eines neu­en Dekrets nach sei­nen Richt­li­ni­en an, wäh­rend das in sei­ner Unkennt­nis aus­ge­ar­bei­te­te Doku­ment im Papier­korb lan­de­te. Bene­dikt XVI. bewies, daß er kein Mann der lau­ten Töne ist, aber sei­ne Schrit­te mit der nöti­gen Geduld zu set­zen weiß.

Das vom Papst ver­faß­te Dekret wur­de dann am 20. Janu­ar ver­öf­fent­licht. Es beschränkt sich auf die Aner­ken­nung der außer­lit­ur­gi­schen For­men, einem kate­che­ti­schen Stu­fen­plan inner­halb des Neo­ka­techu­me­na­len Wegs.

Falsch­mel­dung über Aner­ken­nung der Son­der­for­men von Medi­en verbreitet

Für zusätz­li­che Irri­ta­ti­on sorg­te bei Bene­dikt XVI., daß zunächst rund um die Audi­enz in den Medi­en Berich­te erschie­nen, daß die Son­der­for­men des Neo­ka­techu­me­nats vom Vati­kan aner­kannt wor­den sei­en. Die­se Falsch­mel­dung war offen­sicht­lich par­al­lel zum ursprüng­li­chen Dekret bereits vor­be­rei­tet gewe­sen. Erst in einem zwei­ten Moment wur­den die Medi­en­be­richt meist still­schwei­gend „kor­ri­giert“.

In sei­ner Anspra­che an die Ver­tre­ter des Neo­ka­techu­me­nats stell­te Bene­dikt XVI. am 20. Janu­ar klar, daß aus­schließ­lich die­ser Stu­fen­plan ange­nom­men wur­de. Was hin­ge­gen die lit­ur­gi­schen Son­der­for­men anbe­langt, erteil­te er der Dele­ga­ti­on auf die ihm gewohn­te Art eine ern­ste Ermah­nung und Unter­wei­sung, wie die Hei­li­ge Mes­se in Ein­klang mit der Kir­che zu fei­ern ist. Beob­ach­ter spre­chen sogar von einem „Ulti­ma­tum“, das der Papst zur Kor­rek­tur der Abwei­chun­gen aus­ge­spro­chen habe. Der Papst ließ kei­nen Zwei­fel, daß die vom Neo­ka­techu­me­na­len Weg prak­ti­zier­ten Son­der­for­men nicht mit der katho­li­schen Kir­che übereinstimmen.

Archi­man­drit Manu­el Nin, Bene­dik­ti­ner und Rek­tor des Päpst­li­chen Grie­chi­schen Kol­legs in Rom ver­stand die Wor­te des Pap­stes umge­hend. In einem aus­führ­li­chen Auf­satz, der am 15. März im Osser­va­to­re Roma­no erschien, griff er die „wun­der­ba­re Lec­tio in lit­ur­gi­scher Theo­lo­gie“ des Pap­stes auf.

Inner­halb des Neo­ka­techu­me­nats wur­den die sich über­schla­gen­den Ereig­nis­se schlecht aufgenommen.

Papst stell­te Argüel­lo und Hernán­dez bei Audi­enz lit­ur­gi­sches „Ulti­ma­tum“

Bene­dikt XVI. hat­te am 14. Janu­ar den neu­en Erz­bi­schof von Ber­lin, Rai­ner Maria Woel­ki, emp­fan­gen, einen Mann sei­nes Ver­trau­ens, den er im Febru­ar zum Kar­di­nal erhob. Der Erz­bi­schof berich­te­te auch von den Schwie­rig­kei­ten mit dem Neo­ka­techu­me­nat in sei­ner Diö­ze­se. Der Papst bat Erz­bi­schof Woel­ki um eine schrift­li­che Mit­tei­lung, die am 31. Janu­ar aus Ber­lin ein­lang­te, in der der künf­ti­ge Kar­di­nal detail­lier­te Infor­ma­tio­nen nach Rom übermittelte.

Weni­ge Tage spä­ter lei­te­te der Papst eine Kopie des Schrei­bens an die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on wei­ter. Ver­bun­den war damit die Anwei­sung, so schnell wie mög­lich die Ange­le­gen­heit zu über­prü­fen, die „nicht nur die Erz­diö­ze­se Ber­lin betrifft“.

Der dar­auf­hin errich­te­ten Unter­su­chungs­kom­mis­si­on der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on gehö­ren nach prä­zi­ser Anwei­sung Bene­dikts XVI. auch je ein Ver­tre­ter der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on und des Päpst­li­chen Rats für die Lai­en an.

Alle Gut­ach­ten zu Son­der­for­men „kri­tisch“ – Urteil von Kar­di­nal Becker vernichtend

Am 26. März traf sich die Kom­mis­si­on am Sitz der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on unter dem Vor­sitz von deren Sekre­tär, Kuri­en­erz­bi­schof Luis Fran­cis­co Lada­ria Fer­rer. Für die Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on war Kuri­en­erz­bi­schof Augu­sti­ne Di Noia und für den Päpst­li­chen Lai­en­rat der ehe­ma­li­ge Sekre­tär des heu­ti­gen Pap­stes, Kuri­en­bi­schof Josef Cle­mens Mit­glied der Kom­mis­si­on. Anwe­send waren auch vier von ihnen ernann­te Exper­ten. Ein fünf­ter Exper­te, der Pri­or des Bene­dik­ti­ner­klo­ster von Nur­sia, Dom Cas­sia­no Fol­som schick­te sein Gut­ach­ten, da ver­hin­dert, in schrift­li­cher Ausfertigung.

Alle Urtei­le über die vom Neo­ka­techu­me­na­len Weg gefei­er­ten Son­der­for­men beim Got­tes­dienst fie­len aus­ge­spro­chen kri­tisch aus. Beson­ders hart war jenes des deut­schen Theo­lo­gen und Kon­sul­tors der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, Karl Kar­di­nal Becker, den Papst Bene­dikt XVI. eben­falls im Febru­ar in den Kar­di­nals­stand erho­ben hat­te. Ihn hat­te die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on um ein Gut­ach­ten gebeten.

Über­ein­stim­mung in Glau­bens­leh­re und Lit­ur­gie bezweifelt

In einem Leit­fa­den für die Arbeit der Unter­su­chungs­kom­mis­si­on wird aus­drück­lich in Zwei­fel gezo­gen, daß Arti­kel 13 § 2 der Sta­tu­ten des Neo­ka­techu­me­na­len Weges mit der Glau­bens­leh­re und den lit­ur­gi­schen Bestim­mun­gen der katho­li­schen Kir­che in Ein­klang ste­hen. Kon­kret geht es um die Begrün­dung, mit der das Neo­ka­techu­me­nat die Fei­er der Hei­li­gen Mes­se am Sams­tag abend statt am Sonn­tag rechtfertigt.

Die Kern­fra­ge, die Bene­dikt XVI. und zahl­rei­che Bischö­fe auf der gan­zen Welt besorgt, wie eine gro­ße Zahl von Ein­ga­ben aus vie­len Diö­ze­sen gegen die Pra­xis des Neo­ka­techu­me­na­len Weges zei­gen (zuletzt for­der­ten vor allem die japa­ni­schen und phil­ip­pi­ni­schen Bischö­fe das Ein­grei­fen des Hei­li­gen Stuhls) ist, ob die­se Bewe­gung mit ihrer Abson­de­rung einen neu­en „Ritus“ in die Kir­che ein­füh­ren will.

Papst gegen neu­en, künst­lich geschaf­fe­nen „Ritus“

Die lit­ur­gi­schen Son­der­for­men wur­den von den bei­den Grün­dern der Gemein­schaft künst­lich und nach ihren per­sön­li­chen Vor­stel­lun­gen kre­iert. Sie schei­nen phi­lo­ju­da­istisch und gno­stisch anmu­ten­de Ele­men­te zu ver­bin­den, die mit der lit­ur­gi­schen Tra­di­ti­on der Kir­che nichts zu tun haben. Der „Ritus“ des Neo­ka­techu­me­nats sei vol­ler Zwei­deu­tig­kei­ten in Glau­bens­fra­gen und för­de­re durch Abson­de­rung die Spal­tung der Gemein­schaft der Gläubigen.

Das Gut­ach­ten der Unter­su­chungs­kom­mis­si­on wird der näch­sten Voll­ver­samm­lung der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on in der zwei­ten April-Hälf­te vor­ge­legt. San­dro Magi­ster rech­net mit Sank­tio­nen für den Neo­ka­techu­me­na­len Weg.

Text: chiesa.espresso/Settimo Cielo/​Giuseppe Nardi
Bild: Mes­sa in Latino

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2 Kommentare

  1. Dank an unse­ren Hei­li­gen Vater Papst Bene­dikt XVI., und Dank an Kar­di­nal Woel­ki, der die Pro­ble­me beim Papst ange­spro­chen hat.
    Mich hat es auch gewun­dert, dass Bene­dikt XVI., der die triden­ti­ni­sche Mes­se wie­der offi­zi­ell ein­führt, auch die ganz ande­re Lit­ur­gie des Neo­ka­techu­me­nats zulas­sen „will“.

    Wie gut, dass Bene­dikt XVI. mit Treu­en umge­ben ist.
    Eine Hei­li­ge Mes­se gehört in die Kir­che. Die Hei­li­ge Mes­se am Sonn­tag ist ein Kirchengebot.
    Wenn das Neo­ka­techu­me­nat sich so betrü­ge­risch gegen unse­ren Hei­li­gen Vater stellt, um ihre Zie­le durch­zu­set­zen ist davon aus­zu­ge­hen, dass das nicht vom Hei­li­gen Geist so gewollt ist. Eine Gemein­schaft, die den Papst betrü­gen will, gehört aufgelöst..

  2. Der Hei­li­ge Vater Johan­nes Paul II.,sowie der Hei­li­ge Vater Papst Bene­dikt XVI, bei­de haben sich sehr FÜR den Neo­ka­techu­me­na­len Weg aus­ge­spro­chen. Das Bild das hier ver­öf­fent­licht wur­de, ent­spricht nicht einer Lit­ur­gie. Der Grün­der Fran­cis­co Argüello,würde nie die Lit­ur­gie und Wür­de der Hei­li­gen Eucharistie/​Hl Messe,herabsetzen,wie dies von vie­len Katho­li­ken bereits getan wur­de! Alle Elle­men­te, wel­che in den Lit­ur­gien gehal­ten wer­den, sind apro­biert und NICHT neu erfun­den wor­den. Durch das Neo­ka­techu­me­nat, fin­den Men­schen, wel­che den Weg des katho­li­schen Glau­bens ver­las­sen haben, sehr oft zurück. Neo heisst Neu. Katechu­me­nat heisst, Katechu­me­nen. Dies bezieht sich auf die ersten Katechu­me­nen, also ersten an Chri­stus Jesus glau­ben­den zurück. Das Neo­ka­techu­me­nat ist nichts ver­werf­li­ches, ent­stand zur Zeit des 2. Vati­ka­ni­schen Kon­zils und dies zur Erhal­tung der Lit­ur­gie und des glau­bens. Nicht zu ver­ges­sen ist, dass paralell dazu, von nicht Neo­ka­techu­me­na­len Prie­stern und Bischö­fe, lit­ur­gi­sche Ver­än­de­run­gen vor­ge­nom­men wur­de und dies ver­ur­teil­te der dama­li­ge Papst, wie auch sei­ne Nachfolger.

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