Die Synode von Franziskus hat nichts von den ostkirchlichen Synoden gelernt

Einwände eines griechisch-katholischen Bischofs


Papst Franziskus mit Baselios Marthoma Mathews III.
Papst Franziskus mit Baselios Marthoma Mathews III.

Von San­dro Magister

Anzei­ge

In fast iden­ti­schen Wor­ten, zuerst im Gespräch mit Jesui­ten in Por­tu­gal und dann auf dem Rück­flug aus der Mon­go­lei, sag­te Papst Fran­zis­kus, daß „die­se Syn­ode kei­ne Erfin­dung von mir ist. Es war Paul VI., der am Ende des Kon­zils bemerk­te, daß die West­kir­che die Syn­oda­li­tät ver­lo­ren hat, wäh­rend die Ost­kir­che sie hat“.

Und am 11. Sep­tem­ber, als er Base­lios Mar­tho­ma Mathews III., Katho­li­kos der syro-mal­an­ka­ri­schen ortho­do­xen Kir­che, emp­fing, bekräf­tig­te er, daß „wir viel von der jahr­hun­der­te­al­ten Syn­oden­er­fah­rung Ihrer Kir­che ler­nen können“.

Aber ist das wirk­lich der Fall?

Ange­sichts der geschei­ter­ten Ein­be­ru­fung eines Kon­zils aller ortho­do­xen Kir­chen im Jahr 2016, nach sech­zig­jäh­ri­ger Vor­be­rei­tung, nur weil es kei­ne Ein­stim­mig­keit bei der Ver­ab­schie­dung eines der vor­be­rei­ten­den Doku­men­te gab, scheint das öst­li­che Modell der Syn­oda­li­tät kei­nes­wegs das geeig­net­ste zu sein, um im Westen jenen „Pro­zeß“ des Wan­dels in der Kir­che zu beschleu­ni­gen, den der Papst und sei­ne Leu­te so sehr mögen:

„Wenn der Westen tat­säch­lich Syn­oda­li­tät als einen Ort oder eine Zeit ver­steht, in der alle, Lai­en und Kle­ri­ker, gemein­sam han­deln, um zu einer kirch­li­chen, lehr­mä­ßi­gen, kano­ni­schen oder dis­zi­pli­na­ri­schen Ent­schei­dung zu gelan­gen, was auch immer es sein mag, dann ist es klar, daß eine sol­che Syn­oda­li­tät im Osten nicht existiert.“

Mit die­ser wort­wört­li­chen Aus­sa­ge macht ein Bischof, der den Osten gut kennt, auf das kolos­sa­le Miß­ver­ständ­nis aufmerksam.

Sein Name ist Manu­el Nin, Kata­la­ne, 67 Jah­re alt, Bene­dik­ti­ner­mönch in der Abtei Monts­er­rat, Theo­lo­gie­pro­fes­sor und Spe­zia­list für die Kir­chen­vä­ter, dann Rek­tor des Päpst­li­chen Grie­chi­schen Kol­legs in Rom. Seit 2016 ist er Titu­lar­bi­schof von Car­ca­bia und apo­sto­li­scher Exarch für die Katho­li­ken des byzan­ti­ni­schen Ritus in Grie­chen­land mit Sitz in Athen.

Er wird im Okto­ber an der dies­jäh­ri­gen Ses­si­on der Syn­oda­li­täts­syn­ode teil­neh­men und gehört zu jenen, die der Papst per­sön­lich in die Teil­neh­mer­li­ste auf­ge­nom­men hat. Aber er macht kei­nen Hehl aus sei­ner grund­sätz­li­chen Kri­tik an dem „Miß­ver­ständ­nis“, auf dem Fran­zis­kus so sehr beharrt:

„Wenn es heißt, daß: ‚Ihr im Osten habt immer Syn­oda­li­tät gehabt‘, ver­wech­selt man ein­fach Syn­oda­li­tät mit dem Bischofskollegium“.

Papst Fran­zis­kus emp­fing gestern erneut die von ihm ein­ge­setz­te Füh­rungs­spit­ze der bevor­ste­hen­den Synodalitätssynode

Nin faß­te sei­ne Ein­wän­de in einer Anmer­kung zusam­men, die im August auf der Web­site sei­nes Exar­chats ver­öf­fent­licht wurde.

Es ist rich­tig, so schreibt er, daß im Osten ein Bischofs­kol­le­gi­um, das von einem Patri­ar­chen, einem gro­ßen Erz­bi­schof oder einem Metro­po­li­ten gelei­tet wird, wenn es zusam­men­tritt, um die Auto­ri­tät über die jewei­li­ge Kir­che aus­zu­üben, als „Syn­ode“ bezeich­net wird (wie zum Bei­spiel die Zusam­men­kunft der Bischö­fe der ukrai­ni­schen grie­chisch-katho­li­schen Kir­che, die vom 3. bis 13. Sep­tem­ber in Rom stattfand).

Aber die­se Syn­oda­li­tät hat nichts mit dem Modell „einer moder­nen par­la­men­ta­ri­schen Repu­blik zu tun, in der jeder alles sagen und über alles reden kann“. Das Leben der christ­li­chen Kir­chen war nie eine Art Demo­kra­tie, in der alle alles nach Mehr­heits­re­geln entscheiden“.

Natür­lich hat auch Papst Fran­zis­kus mehr­fach betont, daß „die Syn­ode kein Par­la­ment ist“ und auch kei­ne „Fern­seh­sen­dung, in der wir über alles reden“.

Gleich­zei­tig hat er aber die Syn­oden­teil­nah­me über jene hin­aus, die mit bischöf­li­cher Auto­ri­tät aus­ge­stat­tet sind, aus­ge­wei­tet auf Prie­ster, Ordens­leu­te und Lai­en, Män­ner und Frau­en, einer über­wie­gend hori­zon­ta­len Inter­pre­ta­ti­on des grie­chi­schen Wor­tes „Syn­ode“ fol­gend, das als „gemein­sam gehen“ ver­stan­den wird.

Grie­chisch-katho­li­scher Exarch Manu­el Nin

Gemein­sam mit wem?

Mit ande­ren, mit allen. Aller­dings mit dem Vor­be­halt, dem Hei­li­gen Geist die Füh­rungs­rol­le zu überlassen.

In Wirk­lich­keit ist – so schreibt Nin, und das ist sein Haupt­ein­wand – die eigent­li­che Bedeu­tung des Wor­tes „Syn­ode“ nicht „gemein­sam mit allen gehen“, son­dern „gemein­sam mit Chri­stus gehen“.

Nin ver­weist auf den Vater des Mönchtums: 

„Die Fuß­ab­drücke im Wüsten­sand, die Anto­ni­us für die sei­nen hielt, so ent­deck­te er irgend­wann, er und wir mit ihm, gehö­ren nicht ihm, son­dern dem Einen, der neben Anto­ni­us geht und ihn in Momen­ten der Schwä­che stützt. Dem Einen, der immer an unse­rer Sei­te ist, dem auf­er­stan­de­nen und leben­di­gen Herrn, der in unse­rer Mit­te ist. Die monasti­sche Beru­fung kann uns hel­fen, eine grund­le­gen­de Rea­li­tät des christ­li­chen Lebens zu verstehen“.

Es ist inter­es­sant fest­zu­stel­len, wie die­ser Ein­wand von Nin mit dem über­ein­stimmt, der im Juli bei Set­ti­mo Cie­lo von dem New Yor­ker Theo­lo­gen Robert P. Imbel­li ver­öf­fent­licht wur­de, der eben­falls erkann­te, daß im „Instru­men­tum labo­ris“ der bevor­ste­hen­den Syn­ode dem Hei­li­gen Geist eine eben­so unver­hält­nis­mä­ßi­ge wie vage und unbe­stimm­te Rol­le zuge­wie­sen wur­de, aber nur ein sehr schwa­cher Ver­weis auf Chri­stus, auf das Kreuz, auf das Oster­ge­heim­nis, d. h. auf den ein­zi­gen ver­läß­li­chen Füh­rer, um wirk­lich „im Geist reden“ zu können.

„Ich schla­ge daher vor, die Syn­oda­li­tät“, schreibt Nin, „als den Weg von uns allen zu betrach­ten, die wir auf Chri­stus getauft sind, sein Evan­ge­li­um hören, unse­ren Glau­ben fei­ern und sei­ne Gna­de in den Sakra­men­ten emp­fan­gen. Ein Weg, den wir sicher­lich gemein­sam gehen müs­sen, geführt und beglei­tet von der Hand oder sogar auf den Schul­tern unse­rer Hir­ten, aber in den Fuß­stap­fen des­sen, der der Weg, die Wahr­heit und das Leben ist“.

Gegen Ende sei­ner Anmer­kung nimmt Nin uner­war­tet Bezug auf einen Prot­ago­ni­sten der Kir­che vor eini­gen Jahr­zehn­ten, mit dem er sich selbst verbindet:

„Ich erin­ne­re mich an die wun­der­ba­re Refle­xi­on von Kar­di­nal Gia­co­mo Bif­fi, Erz­bi­schof von Bolo­gna von 1984 bis 2003, die in den Jah­ren des Gro­ßen Jubi­lä­ums 2000 unter dem Titel: ‚Beschrei­bung des Gefei­er­ten‘ ver­öf­fent­licht wur­de. Schon damals warn­te der gro­ße ita­lie­ni­sche Kar­di­nal vor der Gefahr, jenen zu über­schat­ten oder gar zu ver­ges­sen, der der ein­zi­ge Grund für das Jubi­lä­um war, die Haupt­ur­sa­che, der ein­zi­ge Adres­sat und Gefeierte“.

Gestern das Hei­li­ge Jahr, heu­te die Syn­ode. Mit der glei­chen Vergeßlichkeit?

Erst­ver­öf­fent­li­chung: Set­ti­mo Cie­lo
Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va/​e​l​c​a​t​h​e​x​.gr (Screen­shots)

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