Das Opus Dei und der Einfluß von Papst Franziskus: Ein schwieriges Spannungsverhältnis

Wie wird sich das unter Franziskus entstandene Spannungsfeld unter Leo XIV. entwickeln?


Am 24. Mai wurden in Rom 20 Neupriester des Opus Dei geweiht
Am 24. Mai wurden in Rom 20 Neupriester des Opus Dei geweiht

Unter Papst Fran­zis­kus hat­te das Opus Dei kei­nen leich­ten Stand. Schon bald erkann­ten die Ver­ant­wort­li­chen, daß es rat­sam sei, mög­lichst unter dem Radar zu blei­ben. Die Ent­sen­dung von Visi­ta­to­ren und Kom­mis­sa­ren, oft gefolgt von der Auf­he­bung gan­zer Gemein­schaf­ten, hat­te einen schar­fen dis­zi­pli­na­ri­schen Effekt – und genau die­ser war beab­sich­tigt. Der Dis­zi­pli­nie­rungs­druck soll­te auch das Opus Dei in die Schran­ken wei­sen. Den­noch konn­te die vom hei­li­gen Jose­ma­ria Escri­vá de Bala­guer im Jahr 1928 gegrün­de­te Gemein­schaft nicht dem Fokus von Papst Fran­zis­kus entkommen.

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Ohne wirk­lich nach­voll­zieh­ba­ren Grund und von oben her­ab zwang Fran­zis­kus dem „Werk Got­tes“ durch das Motu Pro­prio Ad Cha­ris­ma Tuen­dum vom Juli 2022 eine Über­ar­bei­tung der Sta­tu­ten auf. Schon eini­ge Jah­re zuvor hat­te er dem Ober­haupt der Gemein­schaft, dem Prä­la­ten, die Bischofs­wür­de ent­zo­gen – ein schwe­rer Schlag, der den exklu­si­ven Sta­tus der Per­so­nal­prä­la­tur, das Herz­stück des Opus Dei, zunich­te mach­te. Als offi­zi­el­ler Grund für die Sta­tu­ten­än­de­rung wur­de die Apo­sto­li­sche Kon­sti­tu­ti­on Prae­di­ca­te Evan­ge­li­um ange­führt, die in der Römi­schen Kurie zu teils bedeu­ten­den Zustän­dig­keits­ver­schie­bun­gen führ­te. Die Eigen­stän­dig­keit des Opus Dei wur­de durch die bei­den genann­ten Schrit­te erheb­lich eingeschränkt.

Ein maß­geb­li­cher Akteur in die­sem umstrit­te­nen Pro­zeß war der Kir­chen­recht­ler Gian­fran­co Kar­di­nal Ghir­lan­da. Der Jesu­it galt als der bevor­zug­te Kano­nist von Papst Fran­zis­kus, der sei­ne ideo­lo­gi­schen Vor­ga­ben in kir­chen­recht­li­che Nor­men umsetzte.

Das Opus Dei füg­te sich ohne erkenn­ba­re Gegen­wehr, um grö­ße­ren Scha­den zu ver­mei­den. Im April war das Gene­ral­ka­pi­tel der Gemein­schaft anbe­raumt, um die gemäß Fran­zis­kus über­ar­bei­te­ten Sta­tu­ten zu ver­ab­schie­den und dem Hei­li­gen Stuhl zur fina­len Geneh­mi­gung vor­zu­le­gen. Doch der Tod des Pap­stes brach­te das Ver­fah­ren vor­erst zum Still­stand. Inmit­ten der Sedis­va­kanz konn­te das Opus Dei auf­at­men; es hat­te das Pon­ti­fi­kat des argen­ti­ni­schen Pap­stes überstanden.

Der Gene­ral­kon­greß, das Gene­ral­ka­pi­tel der Gemein­schaft, konn­te wegen der sede vacan­te nicht wie geplant abge­hal­ten wer­den. Statt­des­sen setz­te der Zen­tral­rat die Arbeit fort.

Am 14. Mai fand in der Haupt­kir­che des Opus Dei in Rom, der Basi­li­ka Sant’Eugenio, die Wei­he von 20 Neu­prie­stern statt. Hier wur­de der Man­gel an einer Bischofs­wei­he für den Prä­la­ten deut­lich sicht­bar: Ohne die­se Wei­he ist die Per­so­nal­prä­la­tur hand­lungs­un­fä­hig. Was für alle Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten gilt, gilt auch wie­der für das Opus Dei: Für die Wei­hen muß ein Wei­he­s­pen­der gesucht wer­den. Das Opus bat Kar­di­nal Arthur Roche, den Prä­fek­ten des römi­schen Got­tes­dienst­dik­aste­ri­ums. Da das Werk Got­tes nie­mals in Ver­su­chung geriet, den über­lie­fer­ten Ritus neu zu ent­decken, stell­te die­se Wahl kein Pro­blem dar. 

Heu­te zählt das Werk Got­tes welt­weit mehr als 1200 Priester.

Prä­lat Fer­nan­do Ocá­riz bei sei­ner Begeg­nung mit Papst Leo XIV.

Obwohl der Gene­ral­kon­greß aus dem genann­ten Grund nicht über die neu­en Sta­tu­ten ent­schied, wur­den die­se am 11. Juni den­noch dem Vati­kan übergeben.

„‚Die Prä­la­tur erwar­tet die Ant­wort des Hei­li­gen Stuhls‘, erklär­te Prä­lat Msgr. Fer­nan­do Ocá­riz und ermu­tig­te alle, die­sen Weg wei­ter­hin der Hei­li­gen Drei­fal­tig­keit anzu­ver­trau­en, beson­ders im Kon­text die­ses für die Opus-Dei-Fami­lie so sym­bol­träch­ti­gen Jah­res. Mit der Ver­ab­schie­dung der neu­en Sta­tu­ten soll der cha­ris­ma­ti­sche Cha­rak­ter der Insti­tu­ti­on recht­lich gefe­stigt und ihr Evan­ge­li­sie­rungs­auf­trag in Treue zum Grün­dungs­geist des hei­li­gen Josef­ma­ria gestärkt wer­den“, heißt es in einer Aus­sendung des Wer­kes Got­tes vom 14. Juni. Dies gesche­he in einer Atmo­sphä­re des Ver­trau­ens in Papst Leo XIV., so der Prä­lat mit dem Zusatz an alle Gläu­bi­gen der Prä­la­tur: „Ich bit­te Euch, in die­ser ent­schei­den­den Pha­se Euer Gebet zu intensivieren“.

Die Neu­fas­sung der Sta­tu­ten wird jedoch erst nach päpst­li­cher Geneh­mi­gung ver­öf­fent­licht, da gemäß dem gel­ten­den Kir­chen­recht nur der Papst als zustän­di­ger Gesetz­ge­ber die end­gül­ti­ge Ent­schei­dung dar­über trifft. Bis dahin bleibt das Opus Dei bei einer dis­kre­ten Behand­lung der Ange­le­gen­heit. Ziel der Prä­la­tur ist es, den römi­schen Vor­ga­ben zu ent­spre­chen, ohne dabei das Cha­ris­ma der Gemein­schaft zu gefährden.

Die gesam­te Situa­ti­on offen­bart eine tief­grei­fen­de Span­nung zwi­schen der Wah­rung der tra­di­tio­nel­len Iden­ti­tät des Opus Dei und der Anpas­sung an die sich wan­deln­den Anfor­de­run­gen und Erwar­tun­gen der römi­schen Kurie unter Papst Fran­zis­kus. Es bleibt span­nend zu beob­ach­ten, wie sich die­se Dyna­mik wei­ter­ent­wickeln wird – ins­be­son­de­re, da die end­gül­ti­ge päpst­li­che Geneh­mi­gung noch aus­steht und nun nicht mehr Fran­zis­kus, son­dern Leo XIV. regiert.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Opus Dei(Screenshots)

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1 Kommentar

  1. Das berg­o­glia­ni­sche System war eins, das zwi­schen Sup­pres­si­on und Gehirn­wä­sche hin- und her­schwank­te. Was mich dabei bestürzt hat, war, wie vie­le sich das gefal­len lie­ßen, geschwie­gen und mit­ge­macht haben und bis heu­te den Unfug von „Syn­oda­li­tät“ hirn­los nach­plap­pern. Wenn das die Kir­che ist und wenn sie sich ein­fach einem Dik­ta­tor oder einem Irren beugt, der zufäl­lig (!) auf dem Stuh­le Petri sitzt, dann hat sie kei­ne Chan­ce mehr, übri­gens erst recht nicht, wenn man die­sen Total­aus­fall auch noch reli­gi­ös zu über­hö­hen ver­sucht und den Papst mit dem Herr­gott ver­wech­selt. Nein, Fran­zis­kus war kein guter Papst und Gott hast die­sen Papst nicht auf den Stuhl des Petrus gesetzt. Er hat ihn allen­falls zuge­las­sen, viel­leicht als Stra­fe das weiß nie­mand, aber sicher nicht als SEIN Instru­ment, um eine neue, angeb­lich „syn­oda­le“ Kir­che zu grün­den, die nur eins ist, näm­lich häre­tisch, und die den brei­ten Glau­bens­ab­fall immer mehr beschleu­nigt, wohl auch unter dem neu­en Papst, sofern er sich nicht von Irr­tü­mern sei­nes Vor­gän­gers radi­kal distan­ziert – und das steht nicht zu erwarten.

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