
Um 11 Uhr begann in der Sixtinischen Kapelle die Zelebration der Missa Pro Ecclesia, der ersten Messe, die vom neuen Papst Leo XIV. zusammen mit den Kardinälen der heiligen Kirche zum Dank für seine Erwählung zelebriert wird. Auch die Sperrholzkiste als Volksaltar wurde wieder aufgebaut.
Diesen hatte Benedikt XVI. während seines Pontifikats entfernen lassen und am Hochaltar zelebriert, nach Osten und dem Jüngsten Gericht von Michelangelo zugewandt. Franziskus ließ den „Volksaltar“ für seine erste Messe als Papst wieder in die Sixtinische Kapelle zurückbringen. Es war der zweite auffällige Bruch, den der argentinische Papst in liturgischen Fragen gleich am Beginn seines Pontifikats vollzog. Diese beiden Gesten waren programmatischer Natur, wie sich bald zeigen sollte. Franziskus hatte nicht nur generell ein unterkühltes Verhältnis zur Liturgie, sondern verachtete die überlieferte Form des Römischen Ritus, den er in den zwölf Jahren seines Pontifikats durch repressive Maßnahmen zurückzudrängen versuchte.
Was unter Franziskus auf Benedikt XVI. verwies, waren die sechs Kerzenleuchter auf dem „Volksaltar und das Kreuz. Es ist die Minimal-Reform, die vom deutschen Papst geblieben ist. Zu einer grundsätzlichen Änderung der Zelebrationsrichtung fehlte ihm der Mut. Es war Kardinal Robert Sarah, den Franziskus zum Präfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung ernannt hatte, der im Juni 2016 mit einer viel beachteten Rede auf der Konferenz Sacra Liturgia in Rom die Rückkehr zur traditionellen Ausrichtung des Priesters ad orientem (nach Osten) bzw. versus Deum (zum Herrn hin) forderte, damit aber auf den erbitterten Widerstand von Franziskus und seines Umfeldes stieß.

Das Kreuz auf dem Volksaltar soll dazu führen, daß der Priester zumindest in der Minimalform versus Deum zelebriert (zum inneren Osten hin), und nicht versus Populum (zum Volk hin), was liturgischer Nonsens wäre, aber eine der vergifteten Früchte der nachkonziliaren Liturgiereform darstellt.
Benedikt XVI. bevorzugte bei seinen Zelebrationen sechs Kerzen auf dem Altar. So zelebrierte 2013 bei seiner ersten Messe als Papst auch Franziskus, während heute nur vier Kerzen auf dem Altar positioniert wurden, während im Rücken des zelebrierenden Leo XIV. sechs Kerzen auf dem Hochaltar brannten. Das Kreuz auf dem „Volksaltar“ fehlte.
Neu ist auch der bergoglianische Sessel, der statt des Papstthrones in der Sixtinischen Kapelle aufgestellt wurde, den Benedikt XVI. nur bei nicht-liturgischen Anlässen wie Generalaudienzen und Empfängen von Diplomaten und anderen Gruppen verwendete. Franziskus verwendete ihn, als „Zeichen der Demut“, auch in der Liturgie, etwa in den letzten zwei Jahren seines Pontifikats, als er selbst nicht mehr zelebrierte, aber von diesem Sessel aus im Petersdom konzelebrierte.
Im Gegensatz zu den vergangenen Anlässen, so auch 2013, zogen die Kardinäle nicht mit dem Papst in feierlicher Prozession ein, obwohl sie mit ihm konzelebrierten, sondern saßen bereits auf ihren Sesseln, von denen aus sie das neue Kirchenoberhaupt erwarteten.

Während sich Leo XIV. gestern mit Mozzetta in liturgischem Gewand auf der Segensloggia zeigte und damit einen offensichtlichen Bruch mit Franziskus vollzog, trägt er bergoglianisch schwarze Schuhe. Franziskus hatte dies mit der „Demut“ begründet, aber auch mit der Notwendigkeit spezieller Schuhe mit Einlagen, die er sich in Argentinien anfertigen ließ. Aus dieser „Notwendigkeit“ scheint ein „demütiger“ Dauerzustand zu werden. Die Päpste bis Franziskus trugen rote Schuhe nach dem byzantinischen Hofzeremoniell. Auch darin zeigte sich ihre Würde und Autorität. Die Inthronisation des neuen Papstes steht erst noch bevor, heute ebenso „demütig“ wie farblos „Amtseinführung“ genannt, weshalb vorerst einige Aspekte offenbleiben.
In seiner Ansprache betonte Leo XIV. der Nachfolger des Apostels Petrus zu sein und zitierte Ignatius von Antiochien, auf den sich die Westkirche, wegen seines Briefes an die Römer aus dem Jahr 107 nach Christus, als frühe Stimme für den Papstprimat beruft. Allerdings wird Ignatius von Antiochien heute auch als Signal an die Ostkirche zitiert und in einer Form des Primus-inter-pares-Prinzips gesehen, da er in seinem Brief von der Kirche von Rom als „Vorsitz in der Liebe“ spricht. Diese Stelle zitierte Leo XIV. wörtlich. Er ließ damit die Interpretation dieser frühen Stelle des Papstprimats offen, ob sie nur einen Ehrenvorrang oder Rechtsgewalt meint.
Seine Homilie begann Leo XIV. in seiner Muttersprache Englisch. Es war aufmerksam registriert worden, daß er gestern in seiner ersten Ansprache nur Italienisch und Spanisch gesprochen hatte. Ersteres als Reverenz an die inoffizielle Sprache der Kirche, letzteres als Hinweis auf seine peruanische Zeit, als er dort nacheinander zwei Diözesen verwaltete, aber auch als Reverenz an seinen Vorgänger.
Leo XIV. begann seine Ansprache mit dem Christus-Bekenntnis des Petrus von Caesarea Philippi. Er bekannte Jesus, den Christus, als Sohn des lebendigen Gottes und einzigen Erlöser der Menschen.
Gesichert ist, daß der neuen Papst sangesfreudiger ist als sein Vorgänger.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanMedia (Screenshot)
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