Maria Magdalena in Michelangelos „Jüngstem Gericht“ identifiziert

Von der großen Sünderin zur treuen Jüngerin Jesu Christi


Ausschnitt aus dem "Jüngsten Gericht" von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle. Rechts im roten Kreis die Darstellung jener Frau, die das Kreuz küßt.
Ausschnitt aus dem "Jüngsten Gericht" von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle. Rechts im roten Kreis die Darstellung jener Frau, die das Kreuz küßt.

Es scheint, daß die hei­li­ge Maria Mag­da­le­na unter den 300 Figu­ren von Michel­an­ge­los Mei­ster­werk des „Jüng­sten Gerichts“ in der Six­ti­ni­schen Kapel­le gefun­den und iden­ti­fi­ziert wer­den konnte.

Die­se The­se ver­tritt jeden­falls die ita­lie­ni­sche Kunst­re­stau­ra­to­rin Sara Pen­co, die der Fra­ge ihre jüng­sten Stu­di­en wid­me­te. Pen­co geht davon auf, daß eine jun­ge blon­de Frau, die ein Holz­kreuz küßt, die berühm­te Jün­ge­rin dar­stellt, deren Begeg­nung mit Jesus Chri­stus im Evan­ge­li­um ihr Leben von Grund auf ver­än­der­te. Nach ihrer Bekeh­rung folg­te sie Jesus in der Schar der Jün­ger nach und wird von der Hei­li­gen Schrift als beson­ders treu beschrieben.

Die Gestalt der Hei­li­gen ist mit einer der am häu­fig­sten zitier­ten Epi­so­den in der Hei­li­gen Schrift ver­bun­den, die aller­dings sel­ten voll­stän­dig wie­der­ge­ge­ben wird. In der Regel wird nur der erste Teil erzählt, in dem Jesus die Sün­de­rin, mut­maß­lich eine Pro­sti­tu­ier­te, schütz­te. Das gefällt der moder­nen Welt durch­aus. Der Sün­der wird irgend­wie „gerecht­fer­tigt“, obwohl er Sün­der ist. Im zwei­ten Teil wand­te sich Jesus dann aber direkt an Maria Mag­da­le­na und for­der­te sie auf, nicht mehr zu sün­di­gen. Die­sen Teil hört die moder­ne Welt gar nicht ger­ne, wes­halb er meist uner­wähnt bleibt.

Sara Pen­co: Maria Mag­da­le­na in Michel­an­ge­los
„Jüng­stem Gericht“

Der Über­lie­fe­rung nach evan­ge­li­sier­te die hei­li­ge Maria Mag­da­le­na zusam­men mit ande­ren Jün­gern spä­ter die Pro­vence. In Sain­te Bau­me (okzita­nisch San­to Bau­mo) geht man seit dem 13. Jahr­hun­dert davon aus, das Grab der Hei­li­gen ent­deckt zu haben, die unter ande­rem als Patro­nin der Frau­en und vor allem der reu­igen Sün­de­rin­nen ver­ehrt wird. Bei der Hei­li­gen Grot­te mit dem Grab leb­te bereits im frü­hen 5. Jahr­hun­dert eine Mönchs­ge­mein­schaft, was auf die Bedeu­tung des Ortes hinweist.

„Ich bin fest davon über­zeugt, daß es sich um Maria Mag­da­le­na han­delt … die Nähe zum Kreuz, das gel­be Kleid und das blon­de Haar, aber auch der gesam­te Kon­text, in den Michel­an­ge­lo die­se Figur stellt, um ihre Bedeu­tung zu unter­strei­chen“, sag­te Sara Pen­co gestern auf einer Pres­se­kon­fe­renz in Rom.

Die Figur befin­det ganz am rech­ten Rand des Mei­ster­werks. Sara Pen­co, die sich auf die Kunst der Renais­sance und des Barocks spe­zia­li­siert hat, ist über­zeugt, daß sie mit ihrer For­schung das Rät­sel end­lich lösen konnte.

„Das Fres­ko schrie förm­lich danach, daß etwas fehl­te. Michel­an­ge­lo war ein erfah­re­ner Maler, er war sehr gelehrt, er kann­te die Dyna­mik der Kir­che sehr gut, er kann­te die Evan­ge­li­en und er konn­te sie nicht ver­ges­sen haben. Der Bibel zufol­ge war Maria Mag­da­le­na eine der treu­en Jün­ge­rin­nen Chri­sti, die ihn bei der Ver­brei­tung sei­ner Bot­schaft begleitete.“

Sara Pen­co stell­te gestern einen ita­lie­nisch-eng­li­schen Pracht­band vor, der ihre Stu­di­en zusam­men­faßt: „Maria Mad­da­le­na nel Giudi­zio di Michelangelo/​Mary Mag­da­le­ne in Michelangelo’s Jud­ge­ment“. Der Band wird ab dem 13. Dezem­ber im Buch­han­del erhält­lich sein.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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1 Kommentar

  1. Die Gleich­set­zung Maria Mag­da­le­nas mit der namen­lo­sen Sün­de­rin ist eine west­li­che Son­der­tra­di­ti­on, die von der Ost­kir­che nicht geteilt wird (wofür es gute Grün­de gibt). Mög­li­cher­wei­se dien­te die­se Gleich­set­zung auch als Mit­tel der Dif­fa­mie­rung M. M.s.

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