Der Priester im Bademantel

Ein amouröser Skandal und einige Hintergründe


Der Priester im Bademantel (Ciudad del Este)
Der Priester im Bademantel (Ciudad del Este)

In der Diö­ze­se Ciu­dad del Este kam es zu einem Skan­dal, der Para­gu­ay auf­ge­schreckt hat. Medi­en haben Fotos von einem Prie­ster ver­öf­fent­licht, der im Bade­man­tel umschlun­gen mit einer jun­gen Frau in einem Motel posiert. Auf einem ande­ren Foto küßt er sie. Die Fotos sind einem Video ent­nom­men, das bereits aus dem Vor­jahr stammt, aber erst jetzt öffent­lich bekannt wur­de. Die grö­ße­ren Zusam­men­hän­ge wer­den von den para­gu­ay­ischen Medi­en verschwiegen.

Anzei­ge

Den Auf­takt mach­te La Jor­na­da aus Ciu­dad del Este, die am 4. Sep­tem­ber ein Foto in zärt­li­cher Pose auf die Titel­sei­te setz­te. Die Tages­zei­tung schrieb dazu:

„Don … [der Name tut für uns in Euro­pa wenig zur Sache], der bis vor kur­zem in der Pfar­rei Cri­sto Rey und in der Kapel­le San­ta Lucía am Kilo­me­ter 11 Aca­ray in Ciu­dad del Este prie­ster­li­che Auf­ga­ben wahr­nahm, wur­de dabei erwischt, wie er mit einer jun­gen Frau posier­te, bei der es sich den Anga­ben zufol­ge um sei­ne Gelieb­te han­delt. Nach Bekannt­wer­den des Vide­os, das angeb­lich in einem Motel auf­ge­nom­men wur­de, räum­te der Prie­ster den Vor­fall ein, bat in Bot­schaf­ten an sei­ne kirch­li­chen Gemein­den um Ver­ge­bung und ver­ließ dann die Gegend. Für die Gemein­de­mit­glie­der war die Ange­le­gen­heit wie ein Eimer kal­tes Wasser.“

Die ver­öf­fent­lich­ten Bil­der stam­men aus einem Video, das schon seit eini­ger Zeit auf Whats­App kursierte

Msgr. Pedro Col­lar Noguera, der Bischof von Ciu­dad del Este, schick­te sofort nach Bekannt­wer­den der Situa­ti­on mit Don Ever Mar­cial Boga­do einen ande­ren Prie­ster in die Pfar­rei. Das Ein­grei­fen der höch­sten reli­giö­sen Auto­ri­tät des Depar­te­ments scheint in der Pfar­rei aber nicht auf unge­teil­te Zustim­mung gesto­ßen zu sein. Dort erwägt man, sich erneut an den Bischof zu wen­den, da es noch „ande­re Pro­ble­me“ gebe, die man im Moment „noch zurück­hält“, die aber öffent­lich gemacht wer­den, soll­ten sie anhalten.

Der Wink weist dar­auf­hin, woher die Fotos an die Medi­en wei­ter­ge­spielt wur­den. War es die Ver­zweif­lungs­tat von Gläu­bi­gen? Die Details sind nun Gegen­stand der Justiz, denn die mut­maß­li­che Gelieb­te des Prie­sters erstat­te­te Anzei­ge gegen zwei Frau­en, die sie beschul­digt, das Video ver­öf­fent­licht und damit ihre Pri­vat­sphä­re ver­letzt zu haben. Auch Bischof Col­lar Noguera kün­dig­te noch am 4. Sep­tem­ber eine stren­ge Unter­su­chung der Vor­fäl­le an, um sie zu klä­ren und die „not­wen­di­gen Ent­schei­dun­gen“ zu tref­fen. Die Pfarr­an­ge­hö­ri­gen rief er auf, Ruhe zu bewahren.

Jeden­falls haben die Gläu­bi­gen einer nor­ma­len para­gu­ay­ischen Pfar­rei noch ein gesun­des katho­li­sches Emp­fin­den und empö­ren sich ange­sichts eines öffent­li­chen Ärger­nis­ses. In man­chen euro­päi­schen Pfar­rei­en ist die Umer­zie­hung soweit fort­ge­schrit­ten, daß bei Bekannt­wer­den eines sol­chen Skan­dals mit Applaus für den Prie­ster in der Kir­che zu rech­nen ist und dem Ärger­nis noch ein wei­te­res hin­zu­ge­fügt wird.

Was nicht erwähnt wird: Ciu­dad del Este war die Diö­ze­se von Msgr. Roge­l­io Ricar­do Livi­e­res Pla­no. Der argen­ti­ni­sche Opus-Dei-Ange­hö­ri­ge lei­te­te von 2004 bis 2014 das Bis­tum und mach­te es inner­halb kur­zer Zeit zu einer Muster­diö­ze­se, die nicht nur alle übri­gen in Para­gu­ay über­rag­te, son­dern dar­über hin­aus­strahl­te. Das wur­de dem Bischof zum Ver­häng­nis, der sich offen­bar bereits vor dem Kon­kla­ve, da Argen­ti­ni­er, die Abnei­gung von Kar­di­nal Jor­ge Mario Berg­o­glio oder jeden­falls von des­sen Freun­den zuge­zo­gen hat­te. Papst Fran­zis­kus, kaum im Amt, sand­te Visi­ta­to­ren, dann folg­te eine eben­so intri­gan­te wie grund­lo­se Abset­zung von Bischof Livi­e­res. Die­ser wur­de unter einem Vor­wand nach Rom gelockt, um ihn zum Zeit­punkt sei­ner Abset­zung fern sei­nes Bis­tums zu haben. Wäh­rend man ihn in Rom war­ten ließ, erfuhr er aus der Hei­mat, wo es bereits die Medi­en berich­te­ten, abge­setzt wor­den zu sein. Sein Drän­gen, von Papst Fran­zis­kus emp­fan­gen zu wer­den, um die­ses unglaub­li­che Vor­ge­hen zu klä­ren, fruch­te­te nichts. Bischof Livi­e­res muß­te „wie ein Hund drau­ßen blei­ben“ vor ver­schlos­se­nen Türen, wie er selbst spä­ter schrieb. Der streit­ba­re Bischof, der sich den Mund nicht ver­bie­ten ließ, unter­stütz­te noch die Grün­dung der katho­li­schen Nach­rich­ten­sei­te Adel­an­te la Fé, starb aber bald dar­auf an den Kom­pli­ka­tio­nen nach einer Operation.

Bischof Livi­e­res hat­te die Diö­ze­se biri­tu­ell gemacht. In fast allen Pfar­rei­en wur­de auch im über­lie­fer­ten Ritus zele­briert. Er för­der­te die Eucha­ri­sti­sche Anbe­tung und die Prie­ster­be­ru­fun­gen. Das von ihm gegrün­de­te Prie­ster­se­mi­nar zähl­te zum Zeit­punkt sei­ner Abset­zung fast drei­mal so vie­le Semi­na­ri­sten wie das natio­na­le Prie­ster­se­mi­nar aller ande­ren Diö­ze­sen zusammen.

Auf sehr schmut­zi­ge Wei­se wur­de gegen ihn intri­giert, um sei­ne Ent­fer­nung zu recht­fer­ti­gen. Dabei wur­de unter­stellt, er habe zu wenig dar­auf geach­tet, wen er in das Prie­ster­se­mi­nar auf­nimmt, und Gestal­ten zuge­las­sen, die es mit dem 6. Gebot nicht so genau neh­men wür­den. Das Prie­ster­se­mi­nar, das als Beru­fungs­ma­gnet ande­ren Kir­chen­män­nern beson­ders ein Dorn im Auge war, wur­de auf­ge­löst. Die Semi­na­ri­sten von Ciu­dad del Este stu­die­ren seit­her wie­der im para­gu­ay­ischen Ein­heits­se­mi­nar in Asunción.

Tat­sa­che ist jedoch, daß es im Epi­sko­pat von Msgr. Livi­e­res kei­ne sol­chen Skan­da­le gab. Tat­sa­che ist eben­so, daß Don … erst vor kur­zem zum Prie­ster geweiht wur­de und erst nach der Abset­zung von Bischof Livi­e­res zur Prie­ster­aus­bil­dung zuge­las­sen wur­de. Sei­ne Aus­bil­dung absol­vier­te er am Ein­heits­se­mi­nar in Asunción.

Es ist gut, sich man­che Zusam­men­hän­ge in Erin­ne­rung zu rufen.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: La Jor­na­da (Screen­shot)

Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!