Von Andreas Becker
Von Rotschild bis zum CIA-Chef reichen die Gesprächspartner, die sich um Jeffrey Epstein drängelten. Bisher unbekannte Dokumente enthüllten weitere Namen. Die zentrale Frage, warum der New Yorker Investmentbanker und Sexualstraftäter so gefragt war, bleibt aber unbeantwortet. War alles nur „Zufall“ oder „Pech“, weil Epstein nun einmal zum Kreis der oberen Zehntausend gehörte, mit denen man eben verkehrt, weil das gesellschaftlich so ist. Die Frage kann (noch) nicht beantwortet werden, aber die neuen Fakten können genannt werden.
Die Rede ist von prominenten Personen, die sich mit Epstein getroffen haben, nachdem er bereits als Sexualstraftäter verurteilt war. Konkrete Folgen werden die Vernetzungen aber keine haben. Sich mit jemanden zu treffen ist nicht strafbar. Zudem, wer sollte Interesse daran haben, tiefer zu graben? Und wer hätte die Macht, um jemand vor Gericht zu bringen?
Unter den neuen Namen fällt vor allem der heutige CIA-Chef William Burns auf. Er traf sich dreimal mit Jeffrey Epstein, als Burns stellvertretender Außenminister der Regierung von US-Präsident Barack Obama war. Der heutige US-Präsident Joe Biden war damals Vize-Präsident. Die drei Treffen fanden 2014 statt, so das Wall Street Journal am 30. April, also nachdem Epstein wegen sexueller Ausbeutung von Minderjährigen verurteilt worden war.
Burns und Epstein trafen sich zunächst in Washington, bevor Burns Epstein in dessen Wohnsitz in Manhattan besuchte. Dies geht aus einer Reihe von durchgesickerten Dokumenten hervor, die Epsteins Terminplan vervollständigen mit Einträgen, die nicht in Epsteins berüchtigtem „schwarzem Buch“ mit Kontakten und auch nicht in den Flugprotokollen enthalten sind.
Burns, der 2021 unter Biden zum CIA-Direktor ernannt wurde, habe sich mit Epstein getroffen, als er sich darauf vorbereitete, seinen Posten in der Regierung zu verlassen, rechtfertigte nun die CIA-Sprecherin Tammy Kupperman Thorp die Zusammenkünfte.
„Der Direktor wußte nichts über ihn, außer daß er als Experte in der Finanzdienstleistungsbranche vorgestellt wurde und allgemeine Ratschläge für den Übergang in den privaten Sektor anbot“, sagte sie und fügte hinzu: „Sie standen in keiner Verbindung.“
Das Wall Street Journal schreibt dazu:
„Der 67jährige Burns, ein Berufsdiplomat und ehemaliger Botschafter in Rußland, traf sich 2014 mit Epstein, als Burns stellvertretender Außenminister war.
Im August wurde ein Mittagessen im Büro der Anwaltskanzlei Steptoe & Johnson in Washington vereinbart. Im September vereinbarte Epstein zwei Abendtermine mit Herrn Burns in dessen [New Yorker] Appartement, wie aus den Dokumenten hervorgeht. Nach einem der geplanten Treffen arrangierte Epstein, daß sein Fahrer Mr. Burns zum Flughafen brachte.
Mrs. Burns erinnert sich daran, daß er in Washington von einem gemeinsamen Freund vorgestellt wurde und Epstein einmal kurz in New York getroffen hat, sagte Frau Thorp: ‚Der Direktor kann sich an keinen weiteren Kontakt erinnern, auch nicht daran, daß er zum Flughafen gefahren wurde‘, sagte sie.“
Einen Monat nach seinem Treffen mit Epstein, im Oktober 2014, trat Burns von seinem Posten im Außenministerium zurück, um Präsident des Carnegie Endowment for International Peace, einer Denkfabrik, zu werden, die neben ihrem Stammkapital von der Crème de la Crème des westlichen Oligarchentums finanziert wird: von der Rockefeller Foundation, der Bill & Melinda Gates Foundation, den Open Society Foundations von George Soros, der Ford Foundation, aber auch vom britischen Entwicklungshilfeministerium und dem norwegischen Außenministerium. Er leitete diese Denkfabrik, bis er Anfang 2021 von Biden zum CIA-Direktor ernannt wurde.
Epstein hatte auch Dutzende von Treffen mit Kathryn Ruemmler, damals Obamas Beraterin im Weißen Haus, die 2020 zur Top-Anwältin von Goldman-Sachs wurde. Die Treffen fanden auf Epsteins Privatinsel in der Karibik statt.
Einem Goldman-Sachs-Sprecher zufolge hatte Ruemmler nur eine „berufliche Beziehung“ zu Epstein im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit bei der Anwaltskanzlei Latham & Watkins und reiste nicht mit ihm. „Ich bedaure, Jeffrey Epstein jemals getroffen zu haben“, sagte sie.
Den neuen Dokumenten zufolge kannten sie sich jedoch recht gut… und zwar nach Epsteins Verurteilung in Florida wegen sexuellen Mißbrauchs von 14jährigen Mädchen. In den Dokumenten heißt es laut Wall Street Journal:
„Er bat bei seinem Treffen mit Frau Ruemmler Avocado-Sushi-Rollen vorrätig zu haben. Sie besichtigte die Wohnungen, deren Kauf sie in Erwägung zog. Im Oktober 2014 kannte Epstein ihre Reisepläne und bat einen Assistenten, ihren Flug zu überprüfen. ‚Schauen Sie nach, ob es einen Platz in der ersten Klasse gibt‘, schrieb er, ‚wenn ja, buchen Sie ein Upgrade‘.“
Die beiden trafen sich zum ersten Mal, als Epstein sie anrief, um sie zu fragen, ob sie daran interessiert sei, die Bill & Melinda Gates Foundation zu vertreten.
„Epstein und seine Mitarbeiter diskutierten darüber, ob sich die heute 52jährige Ruemmler wegen der Anwesenheit junger Frauen, die als Assistentinnen und Mitarbeiterinnen in der Stadtwohnung arbeiteten, unwohl fühlen würde, wie aus den Dokumenten hervorgeht. Die Frauen fragten Epstein zweimal per E‑Mail, ob sie das Haus meiden sollten, wenn Frau Ruemmler dort sei. Epstein sagte einer der Frauen, daß er sie nicht in der Nähe haben wolle, und einer anderen, daß es kein Problem sei, wie aus den Dokumenten hervorgeht.
Frau Ruemmler sah im Stadthaus nichts, was sie beunruhigt hätte, und äußerte keine Bedenken, so ein Sprecher von Goldman-Sachs.“
Epstein brachte Ruemmler auch mit Ariane de Rothschild, der derzeitigen Verwaltungsratsvorsitzenden der internationalen Privatbank Edmond de Rothschild Group mit Sitz in der Schweiz, in Verbindung. Ruemmlers Anwaltskanzlei wurde von der Bank beauftragt, sie bei US-Aufsichtsangelegenheiten zu unterstützen, so die Bank und der Goldman-Sachs-Sprecher.
Der Hedge-Fund-Manager Eric Weinstein, der den Begriff Intellectual Dark Web gegen politische Korrektheit und Cancel Culture im höheren Bildungswesen prägte, stellte jüngst auf Twitter eine äußerst brisante Frage:
„Die zentrale Frage bleibt: War Jeffrey Epstein ein ‚Konstrukt‘ des Geheimdienstes, das als staatlich gefördertes Raubtier aus ‚Gründen der nationalen Sicherheit‘ nicht von den mit der Regierung kooperierenden Nachrichtenmedien untersucht werden kann?“
De Rothschild, die in die berühmte Bankiersfamilie eingeheiratet hat und mit Papst Franziskus befreundet ist, hat Epstein mehr als ein Dutzend Mal getroffen. Hören wir das Wall Street Journal:
„Im September 2013 bat Epstein Frau de Rothschild in einer E‑Mail um Hilfe bei der Suche nach einer neuen Assistentin, ‚Frau… mehrsprachig, organisiert‘.
‚Ich werde mich umhören‘, antwortete Frau de Rothschild per E‑Mail.
In den Jahren 2014 und 2015 ersteigerte sie im Auftrag Epsteins Gegenstände im Wert von fast einer Million Dollar, wie aus Dokumenten hervorgeht.
Frau de Rothschild wurde im Januar 2015 zur Präsidentin der Bank ernannt. Im Oktober dieses Jahres handelten sie und Epstein einen 25-Millionen-Dollar-Vertrag für Epsteins Southern Trust Co. aus, um ‚Risikoanalysen und die Anwendung und Nutzung bestimmter Algorithmen‘ für die Bank bereitzustellen, wie aus einem vom Journal eingesehenen Angebot hervorgeht.
Im Jahr 2019, nach Epsteins Verhaftung, behauptete die Bank, daß Frau de Rothschild Epstein nie getroffen habe und keine geschäftlichen Beziehungen zu ihm unterhalte.“
Die Bank gab inzwischen gegenüber dem Wall Street Journal zu, daß sie in ihrer früheren Erklärung gelogen hatte und daß de Rothschild und Epstein sich getroffen hätten, aber lediglich im Rahmen ihrer normalen Aufgaben bei der Bank.
Weitere namhafte Persönlichkeiten in dem neuen Bericht sind:
- Leon Botstein, Präsident des Bard College;
- Noam Chomsky, der 2015 mit Epstein zu einem Abendessen im Appartement des Pädophilen nach Manhattan fliegen sollte;
- die Anthropologin Helen Fisher, die sagt, sie habe „nichts“ mit Epstein zu tun gehabt, aber auch sagt: „Ich erinnere mich an ihn wegen seines spektakulären Hauses und seiner sechs jungen Frauen“;
- Joshua Cooper Ramo, damals Co-CEO von Henry Kissingers Unternehmensberatungsfirma;
- Harvard-Professor Martin Nowak;
- der ehemalige israelische Premierminister Ehud Barak.
Mehr über Ehud Barak angesichts der Gerüchte, daß Epstein eine Honeypot-Operation des israelischen Geheimdienstes Mossad leitete:
„Aus den Dokumenten geht hervor, daß Herr Ramo im September 2013 auch zu einem Frühstück in die Stadtresidenz eingeladen war, zusammen mit dem ehemaligen israelischen Premierminister Ehud Barak, einem weiteren häufigen Gast …
Herr Barak traf Epstein 2015 auch mit dem heute 94jährigen Linguistikprofessor und politischen Aktivisten Herrn Chomsky, der sich kritisch mit dem Kapitalismus und der US-Außenpolitik auseinandergesetzt hat.
Herr Chomsky sagte, Epstein habe das Treffen mit Herrn Barak arrangiert, um ‚Israels Politik in bezug auf palästinensische Fragen und die internationale Arena‘ zu diskutieren.
Herr Barak sagte, er treffe Epstein oft bei Reisen nach New York und werde mit Leuten wie Ramo und Chomsky zusammengebracht, um über Geopolitik oder andere Themen zu diskutieren. ‚Er brachte oft andere interessante Leute aus Kunst oder Kultur, Recht oder Wissenschaft, Finanzen, Diplomatie oder Philanthropie mit‘, so Barak.“
Auf die Frage nach seiner Verbindung zu Epstein sagte Noam Chomsky:
„Die erste Antwort ist, daß es Sie nichts angeht. Es geht niemanden etwas an. Die zweite ist, daß ich ihn kannte und wir uns gelegentlich getroffen haben.“
Nachdem Epstein zwischen 2002 und 2017 850.000 Dollar an das Massachusetts Institute of Technology (MIT), wo Chomsky emeritierter Professor ist, und zwischen 1998 und 2008 9,1 Millionen Dollar an die Harvard-Universität gespendet hatte, erklärte Chomsky in einem Interview im Jahr 2020, daß Leute, die „schlimmer sind als Epstein“, an das MIT gespendet hätten. Den Kontakt, den Chomsky mit Epstein verband, gab er zu dieser Zeit aber nicht bekannt.
Chomsky sagte, daß zum Zeitpunkt ihrer Treffen „über Jeffrey Epstein nur bekannt war, daß er wegen eines Verbrechens verurteilt worden war und seine Strafe verbüßt hatte. Nach den US-Gesetzen und ‑Vorschriften ist damit reiner Tisch gemacht.“
Die Liste der vom Wall Street Journal bekannt gemachten Namen verlangt nach einer weiteren Frage: Sind das alle Namen? Wurde eine Auswahl getroffen? Wenn ja, warum wurden bestimmte Namen veröffentlicht, andere aber nicht?
Während Epstein „rechtzeitig“ das Zeitliche segnete, um eine rechtsstaatliche Aufarbeitung seines Netzwerks zu verhindern, verstecken manche Mächtige ihre Agenda der sexuellen Perversionen kaum mehr, sondern gehen immer dreister damit an die Öffentlichkeit, vor allem was die Frühsexualisierung der Kinder betrifft. Sozusagen Epsteins Metier.
Zugleich will von den Epstein-Kontakten niemand nichts gewußt haben, aber alle drängte es zu Jeffrey Epstein…
Bild: Wall Street Journal (Screenshut)