Weihnachten ohne überlieferten Ritus

Was tun, wenn der vom Bischof ernannte Priester sich weigert?


Wird in der Kirche San Ferdinando in Neapel in diesem Jahr eine Weihnachtsmesse im überlieferten Ritus zelebriert?
Wird in der Kirche San Ferdinando in Neapel in diesem Jahr eine Weihnachtsmesse im überlieferten Ritus zelebriert?

(Rom) In der Kir­che weht ein selt­sa­mer Geist. Es ist ein Ungeist der Aus­gren­zung und Repres­si­on. Er betrifft glei­cher­ma­ßen das end­lo­se Coro­na-Thea­ter wie den Kampf gegen den über­lie­fer­ten Ritus. Wiens Dom­pfar­rer Toni Faber for­mu­lier­te die­sen Ungeist zur Bot­schaft, indem er erklär­te, „kein Mit­leid mit Unge­impf­ten“ zu haben. Kein Mit­leid zei­gen auch man­che Bischö­fe gegen­über den Prie­stern und Gläu­bi­gen der Tra­di­ti­on. In Nea­pel scheint das anders. Oder doch nicht?

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Die nea­po­li­ta­ni­schen Gläu­bi­gen haben ihren Erz­bi­schof ersucht, trotz Coro­na und trotz des repres­si­ven Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des eine Weih­nachts­mes­se im über­lie­fer­ten Ritus sicher­zu­stel­len. Der seit 2020 amtie­ren­de Erz­bi­schof von Nea­pel, Msgr. Dome­ni­co Bat­ta­glia, zeig­te sich erfreu­lich ent­ge­gen­kom­mend. Er geneh­mig­te die Zele­bra­ti­on groß­zü­gig, doch kaum war die Geneh­mi­gung ein­ge­gan­gen, zeig­te sich ein Haken. Der vom Erz­bi­schof ernann­te Zele­brant wei­gert sich die Mes­se zu zelebrieren.

Mit dem Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des hat Papst Fran­zis­kus gegen die Tra­di­ti­on vie­le Hür­den errich­tet und Fall­stricke aus­ge­legt. Nicht nur die Meß­or­te wur­den ein­ge­schränkt und Pfarr­kir­chen für den über­lie­fer­ten Ritus gesperrt, auch die Prie­ster unter­lie­gen zahl­rei­chen Restrik­tio­nen. Wer im über­lie­fer­ten Ritus zele­brie­ren will, braucht eine Son­der­er­laub­nis. Der Zele­brant muß vor­ab benannt und somit geneh­migt wer­den. Die vor vier Tagen ver­öf­fent­lich­ten Respon­sa der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on schrän­ken dies noch ein­mal ein, indem erklärt wird, daß ein Prie­ster, der ver­hin­dert ist, nicht ein­fach so ersetzt wer­den könne.

Secre­tum meum mihi zieht einen Ver­gleich zur Ernen­nung von Exorzisten:

„Vie­le Bischö­fe, um der Form zu ent­spre­chen, aber nicht dem Grund, begnü­gen sich damit, Prie­ster zu Exor­zi­sten zu ernen­nen, die auch Psych­ia­ter sind und die jeden Fall gemäß der Psych­ia­trie behan­deln, aber nie einen Exor­zis­mus durch­füh­ren. Es sind Psy­choex­or­zi­sten, wie Pater Anto­nio For­tea sie in sei­nen Büchern nennt. Und was tut ein Bischof, wenn er im Lich­te von Tra­di­tio­nis Cus­to­des § 4 einen Prie­ster, der über die Kennt­nis­se und die Vor­be­rei­tung ver­fügt, um nach den 1962 gel­ten­den lit­ur­gi­schen Büchern zu zele­brie­ren, zu sei­nem Beauf­trag­ten für die Zele­bra­ti­on und die Seel­sor­ge an den mit der tra­di­tio­nel­len Lit­ur­gie ver­bun­de­nen Grup­pen von Gläu­bi­gen ernennt, die­ser Prie­ster dies aber ein­fach nicht tun will und auch nicht dazu gezwun­gen wer­den kann?“

Der Prie­ster kann vom Bischof nicht gezwun­gen wer­den. Es gibt den canon 902 des Codex des Kir­chen­rechts. Aller­dings zielt Tra­di­tio­nis cus­to­des gera­de auf die­sen Zwang ab, wenn es den Prie­stern der Tra­di­ti­on am Grün­don­ners­tag bei der Chri­sam-Mes­se die Kon­ze­le­bra­ti­on im Novus Ordo auf­er­legt. Papst Fran­zis­kus geht im Bis­tum Rom noch wei­ter: Sein Dekret zur Umset­zung von Tra­di­tio­nis cus­to­des ver­bie­tet den Prie­stern der Tra­di­ti­on das Tri­du­um Pascha­le, also Grün­don­ners­tag, Kar­frei­tag, Oster­nacht und Ostern, im über­lie­fer­ten Ritus zu zele­brie­ren. Im Umkehr­schluß bedeu­tet dies, daß sie an die­sen Tagen im Novus Ordo kon­ze­le­brie­ren sol­len. Die­se Kon­ze­le­bra­ti­on, ins­be­son­de­re der Chri­sam-Mes­se, wird von eini­gen Bischö­fen zum Maß­stab erho­ben, ob Prie­ster der Tra­di­ti­on die Vor­aus­set­zun­gen von Tra­di­tio­nis cus­to­des erfül­len, wei­ter­hin im über­lie­fer­ten Ritus zele­brie­ren zu dür­fen. Anders aus­ge­drückt: Wer nicht im Novus Ordo kon­ze­le­briert, min­de­stens ein­mal im Jahr, macht sich so ver­däch­tig, daß ihm die Zele­bra­ti­ons­er­laub­nis im über­lie­fer­ten Ritus ent­zo­gen wer­den kann.

Der Fall Nea­pel sorgt für eini­ges Auf­se­hen. Auch die staat­li­che ita­lie­ni­sche Pres­se­agen­tur ANSA ver­öf­fent­lich­te dazu eine Meldung:

„Weih­nach­ten in Nea­pel ohne latei­ni­sche Mes­se. Peti­ti­on an den Papst.“

San Fer­di­nan­do in Neapel

Betrof­fen sind die Gläu­bi­gen der Kir­che San Fer­di­nan­do di Palaz­zo, die sich in der Alt­stadt befin­det. Sie wur­de 1641 vom Jesui­ten­or­den errich­tet und ist dem hei­li­gen Fer­di­nand von Kasti­li­en geweiht, der von 1217 bis 1252 König von Kasti­li­en war, ab 1230 auch von León. Seit 1827 ist die Kir­che der Erz­bru­der­schaft Unse­rer Lie­ben Frau von den sie­ben Schmer­zen anver­traut. Seit 20 Jah­ren wird in der Kir­che der über­lie­fer­te Ritus zele­briert. Nun droht den Gläu­bi­gen, daß sie erst­mals an Weih­nach­ten ohne hei­li­ge Lit­ur­gie blei­ben. Erz­bi­schof Dome­ni­co Bat­ta­glia hat­te im Sin­ne von Tra­di­tio­nis cus­to­des einen Prie­ster sei­ner Wahl zum Beauf­trag­ten für die Zele­bra­ti­on im über­lie­fer­ten Ritus ernannt. Es han­delt sich um Don Lino Sil­ve­stri. Don Sil­ve­stri ließ aber wis­sen, daß er nicht dar­an den­ke, zu zelebrieren.

ANSA schreibt dazu:

„In den letz­ten Tagen hat­te die Grup­pe der mit der latei­ni­schen Fei­er ver­bun­de­nen Gläu­bi­gen, dar­un­ter eini­ge Ver­tre­ter alter nea­po­li­ta­ni­scher Fami­li­en, Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­ren, Stu­den­ten und Geschäfts­leu­te, einen Brief an den Erz­bi­schof von Nea­pel, Msgr. Bat­ta­glia, geschrie­ben und gebe­ten, in Über­ein­stim­mung mit dem Motu Pro­prio Tra­di­tio­nis Cus­to­des von Papst Fran­zis­kus, das das Recht bereits bestehen­der Grup­pen vor­sieht, wei­ter­hin am latei­ni­schen Ritus teil­zu­neh­men – die durch die Covid-19-Pan­de­mie unter­bro­che­nen Zele­bra­tio­nen wiederaufzunehmen.“

Erz­bi­schof Bat­ta­glia erkann­te mit einer Mit­tei­lung sei­nes Sekre­ta­ri­ats die­ses Recht an und ernann­te Don Lino Sil­ve­stri. Als die Gläu­bi­gen Don Sil­ve­stri kon­tak­tier­ten, um alles für Weih­nach­ten zu bespre­chen, „schlug er uns die Tür vor der Nase zu“. Am Tele­fon sag­te der Priester:

„Es gibt kei­nen Platz mehr für Sie.“

Zu einem per­sön­li­chen Gespräch kam es nicht, weil sich Don Sil­ve­stri wei­gert, die Grup­pe zu empfangen.

„Gehen Sie woan­ders hin. Sie sind nicht der Eigen­tü­mer der Kirche.“

Die Gläu­bi­gen der Kir­che San Fer­di­nan­do sind ent­setzt. Weiß der Erz­bi­schof nicht, wen er ernennt? Weih­nach­ten steht vor der Tür und es eilt. Die Gläu­bi­gen berei­ten eine öffent­li­che Peti­ti­on an den Erz­bi­schof vor. „Wenn nötig“, so ein Spre­cher der Grup­pe, „wer­den wir sie auch an den Papst schicken“.

Ob es sich für Weih­nach­ten noch aus­ge­hen wird?

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons

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