(Rom) Papst Franziskus ernannte einen Sonderbeauftragten für die Memores Domini. Angehörige dieser Gemeinschaft führen den Haushalt von Benedikt XVI. im ehemaligen Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten.
Der Heilige Stuhl hatte bereits im Juli 2020 die Gemeinschaft unter kommissarische Aufsicht gestellt. Franziskus ernannte dafür den Jesuiten Gianfranco Ghirlanda zum Päpstlichen Delegaten (siehe Zwei Schläge für Benedikt XVI.).
Die Memores Domini sind eine Laienvereinigung päpstlichen Rechts, die aus der Gemeinschaft Comunione e Liberazione (CL) von Don Luigi Giussani (1922–2005) hervorgegangen ist. Sie zählt rund 1600 Angehörige und 400 Anwärter beiderlei Geschlechts, die in getrennten Häusern nach den Evangelischen Räten in Gemeinschaft leben. Die Aufnahme erfolgt nach einem mindestens fünfjährigen Noviziat. Die vier Memores Domini, die Benedikt XVI. den Haushalt führen, sind geweihte Jungfrauen. Das Charisma der Gemeinschaft besteht in der Stille, dem persönlichen und gemeinsamen Gebet, Armut, Gehorsam und Nächstenliebe.
Als Grund für die Ernennung von P. Ghirlanda wurde genannt, daß der Heilige Stuhl der Laiengemeinschaft bei der Überarbeitung der Statuten helfen wolle, um eine sorgfältigere personelle Trennung zwischen Leitung und seelsorglicher Betreuung zu erreichen. Bereits damals wurde von einer faktischen kommissarischen Verwaltung gesprochen, die nach außen etwas geschönt dargestellt wurde.
Nun folgte der nächste Coup. Aus der „Hilfe“ wurde eine direkte kommissarische Leitung. Gestern wurde die Leitung der Gemeinschaft „mit allen Vollmachten“ einem Päpstlichen Sondergesandten, dem Erzbischof von Tarent, Msgr. Filippo Santoro, übertragen.
Im Tagesbulletin des vatikanischen Presseamtes wurde die Neuordnung bekanntgegeben. Darin heißt es:
„Der Heilige Vater Franziskus, dem die Erfahrung der Memores Domini am Herzen liegt und der im Charisma einen Ausdruck der Gnade Gottes erkennt, hat einen Wechsel in der Leitung der Vereinigung angeordnet und Seine Exzellenz Monsignore Filippo Santoro, Erzbischof von Tarent, zu Seinem Sondergesandten ernannt.
Der Sondergesandte wird ab dem 25. September 2021 ad nutum des Apostolischen Stuhls vorübergehend mit allen Vollmachten die Leitung der Vereinigung übernehmen, um ihr Charisma zu schützen und die Einheit ihrer Mitglieder zu wahren. Gleichzeitig wird die derzeitige Generalleitung der Vereinigung aufgelöst.
Das Dikasterium für die Laien, die Familie und das Leben hat Pater Gianfranco Ghirlanda SJ zum päpstlichen Assistenten für kanonische Angelegenheiten der Vereinigung ernannt.“
Bereits anläßlich des 60. Gründungsfestes der Gemeinschaft, als sie Franziskus 2015 auf dem Petersplatz empfing, hatte er die Gemeinschaft wegen der „Gefahr der Selbstbezogenheit“ getadelt. Gleiches wiederholte der Papst im Juni 2020 schriftlich. Begründet wurde der Schritt mit seiner Aufgabe, „über die gute Ausübung der Charismen zu wachen“. Es war ein offenes Geheimnis, daß die konservative Gemeinschaft Comunione e Liberazione (CL) nicht zum bevorzugten Kreis des argentinischen Papstes gehört. Der Vatikanist Sandro Magister schrieb im Vorjahr:
„Das Gründungscharisma von CL hat Franziskus auf den Index gesetzt.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL/Wikicommons