
Von Arduinus Rex*
Frankreich, September 1793. Der Nationalkonvent entsendet den Staatsanwalt Jean-Baptiste Carrier nach Nantes, um den Aufstand in der Vendée niederzuschlagen. Auf der Suche nach einem schnellen und wirksamen Mittel erfand er die „vertikale Deportation“, d. h. das Massenertränken, eine Methode, die erstmals am 16. November 1793 an neunzig Priestern angewandt wurde.
Die „Noyades de Nantes“, die Ertränkungen von Nantes, sind eine wenig bekannte Episode des Terrors. Zwischen November 1793 und Februar 1794 wurden mehrere tausend Menschen, darunter politische Gefangene, Kriegsgefangene, Straftäter, Kirchenleute und andere in den Augen der Republik verdächtige Meinungsführer, auf Anordnung des Staatsanwalts Jean-Baptiste Carrier in der Loire ertränkt. Ein wahrer Völkermord, dessen Methode am 16. November 1793 an Priestern erprobt wurde. Dieser „Erfolg“ war der Auslöser für die entsetzlichen Massenmorde, die folgten. So wurden von Dezember 1793 bis Februar 1794 Männer, Frauen, Alte und Kinder – zumeist Vendeaner, die nach der Schlacht von Savenay, die mit der Niederlage des katholischen und königlichen Heeres der Vendée endete, gefangengenommen worden waren – in das Gefängnis des Entrepôt des Cafés in der Nähe des Hafens von Nantes gesperrt. Dies führte zu zahlreichen Hinrichtungen durch Erschießen und Massenertränkungen, die die Zahl der Gefangenen schnell dezimierte. Die Schreckensbilanz wird auf 8.000 bis 9.000 Menschen geschätzt.
Als die Loire ein „republikanischer Fluß“ wurde
„Refraktärer Klerus“ ist die Bezeichnung für jene Geistlichen, Priester und Ordensleute, die die Zivilverfassung des Klerus ablehnten, ein Dekret, das von der verfassungsgebenden Nationalversammlung am 12. Juli 1790 während der Französischen Revolution verabschiedet wurde und die Einheit der Kirche bedrohte. Viele refraktäre Priester waren unter den ersten Gefangenen in Nantes, die zunächst im Kloster Saint-Clément, dann bei den Karmeliten eingesperrt werden. Am 5. Juli 1793 wurden sie nach Chantenay-sur-Loire verlegt, wo die sengende Sommerhitze ihre Haftbedingungen prekär machte. Die meisten wurden dann in die „Heremitage“, das Kloster Petits-Capucins, gebracht. Ihr einziges Verbrechen bestand darin, sich der Zivilverfassung des Klerus zu widersetzen, die die katholische Kirche in Frankreich der neuen republikanischen Macht unterwarf und von der Gemeinschaft mit dem Papst trennte. Drei Wochen später ließ man sie im Laderaum eines Schiffes verrotten, das zu einem schwimmenden Gefängnis umgebaut worden war. Jean-Baptiste Carrier (1756–1794) vertraute die Hinrichtung der Priester seiner rechten Hand in Nantes an, einem gewissen Guillaume Lamberty (1754–1794), ein Spengler, der bald darauf zum Generaladjutanten der Republik in Nantes ernannt wurde. Diesem schmutzigen, wilden und brutalen Kerl, der mit allen Mitteln gegen die Vendeaner gekämpft hatte, übertrug Carrier alle Befugnisse, um eine effiziente und schnelle Lösung zu finden. Lamberty und seine Revolutionssoldaten, die Kompanie Marat, ging mit Eifer daran, die Priester in der Loire zu ertränken, die in ihren Augen ein „republikanischer Fluß“ (sic) geworden war.
Das Wunder von Saint-Lyphard
Die Priester werden in einen präparierten Lastenkahn verladen. Wenig überrascht von der x‑ten Verlegung, bleiben sie ruhig und gehorchen, als man sie an Bord gehen hieß. Sie werden gefilzt und ihrer Wertsachen beraubt, die sie alle bereitwillig aushändigen. Nur der Priester von Machecoul war beunruhigt, als er seltsame Pflastersteine auf dem Boden des Bootes sah. Der Glaubensmann erkannte, daß Wasser um die Steine herum eindrang. Es überkam ihn ein schlechtes Omen und er riet seinen Mitbrüdern, sich gegenseitig die sakramentale Absolution zu erteilen. Lamberty und seine Schergen zogen das Boot auf den Fluß hinaus, wo sie mit Äxten die Planken einschlugen, um den Kahn zum Kentern zu bringen. Die verdächtigen Steine hatten Löcher im Rumpf bedeckt, die man bereits vorher geschlagen hatte. Die Kraft des Wassers verdrängt sie jetzt und drang geysirähnlich in den Kahn ein. Es dauerte nur wenige Minuten, bis die Gefangenen im Wasser versinken. Die meisten konnten nicht schwimmen (was damals insgesamt nur wenige konnten). Aber selbst jenen, die es konnten, half es nichts, da sie zu zweit aneinandergebunden waren.
Nur vier haben es wie durch ein Wunder geschafft zu entkommen. Drei werden von Matrosen eines Schiffs geborgen, vom Revolutionskomitee aber nach wenigen Stunden aufgestöbert und ertränkt. Dem vierten, Abbé Julien Landeau, Pfarrer von Saint-Lyphard, war es gelungen, seine Fesseln zu lösen, sich abtreiben zu lassen und in einem kleinen Haus Zuflucht zu finden. Die Einwohner verkleideten ihn als Gemüsehändler, um wieder nach Nantes zu gelangen und unterzutauchen. Was Abbé Landeau an diesem Tag sah, ist unfaßbar. Als geübter Schwimmer gelang es ihm, die Strömung des Wassers zu nützen und so spät als möglich an der Oberfläche wieder aufzutauchen. Lambertys Boot war ganz in der Nähe und Landeau mußte mitansehen, wie seine Henker mit ihren Rudern auf die Unglücklichen einschlugen, die noch nicht tot waren. Es war auch zu hören, wie die Ruderschläge auf die Schädel der Verzweifelten niedergingen. Wer sich ans Ufer retten konnte, wurde zurückgetrieben. Landeau kann sich an einem Boot festhalten und sich dahinter verstecken, das in gebotener Entfernung zu Hilfe kam.
Landeau war 1770 zum Priester geweiht worden. Die Pfarrei Saint-Lyphard hatte er 1789 einen Monat nach Ausbruch der Revolution übernommen. Die Geschichte seiner Verfolgung ließe sich noch sechs Jahre weitererzählen – wie er im Untergrund das heilige Meßopfer zelebrierte, zu dem sich die Gläubigen geheim versammelten –, bis zu seinem Tod am 24. Juni 1799. Da refraktäre Priester in einem namenlosen Massengrab verscharrt wurden, was seine Gemeindemitglieder verhindern wollten, brachten sie seinen Leichnam in der Nacht von Kernogan nach Saint-Lyphard. Er wurde, wie es heißt, in das Bett eines alten Mannes gelegt. Durch diesen Tausch erhielt Abbé Landeau doch noch ein Begräbnis.

Jedesmal ertrinken Hunderte Opfer
Die Methode der „vertikalen Deportation“ hatte sich trotz einiger Unzulänglichkeiten als wirksam erwiesen, und Lamberty organisierte daraufhin ein großes Fest, um seinen Triumph zu feiern. Jean-Baptiste Carrier beschloß, die Methode in großem Maßstab anzuwenden, um die Vendeaner, die die Gefängnisse von Nantes füllten, loszuwerden. Zwischen Dezember 1793 und Februar 1794 verschwanden Tausende von Menschen, die der Republik verdächtig waren, in der Loire. Ihre Leichen trieben bis zur Mündung in den Atlantik. Diese Massenertränkungen offenbaren eine Organisation, die heute einen Namen hat. Bei der zweiten Ertränkung wurden die Priester getötet, die gerade als Gefangene aus Angers herangeschafft worden waren. Die dritte Ertränkung „Le Bouffay“ ist nach einem historischen Stadtviertel in der Altstadt von Nantes benannt. Dann gibt es noch die „Bourgneuf“, benannt nach einer Bucht zwischen den heutigen Departements Loire-Atlantique und Vendée. Am Ende werden es zwischen sieben und elf Ertränkungen sein, die jeweils zwischen 300 und 400 Opfer fordern. Die tatsächliche Zahl ist jedoch umstritten, manche sprechen von über zwanzig Ertränkungen, aber die Historiker sind sich darin weitgehend einig, daß dabei mindestens 4.800 Menschen ums Leben kamen, wobei selbst die Zahl von 8.000 nicht übertrieben erscheint und manche von 9.000 Toten ausgehen. Viele Leichen wurden nicht geborgen, die verrottenden Leichen verschmutzten die Loire über Dutzende von Kilometern und trugen zur Ausbreitung tödlicher Epidemien bei, insbesondere von Typhus, sodaß die örtliche Polizei anordnen musste, das Trinken und Kochen mit Flußwasser zu verbieten.
Abbé Landeau war der einzige Überlebende der „Noyades de Nantes“.
Wie kann man Pol-Pot verurteilen, aber gleichzeitig Robespierre ehren?
Die Schrecken der Republik stehen jenen, die der Monarchie zugeschrieben wurden, um nichts nach. Wie ist es möglich, die legendäre Tyrannei der Könige Karl VI. und Ludwig XI. oder die Teufeleien einer Katharina von Medici zu verurteilen, aber gleichzeitig Danton und Robespierre zu ehren? Wie kann man den Völkermord an den Tutsi in Ruanda beklagen und gleichzeitig den in der Vendée übersehen? Wie glaubt man den islamischen Terrorismus bekämpfen zu wollen, aber gleichzeitig die Greueltaten des republikanischen Terrors zu bestreiten? Und gibt es nicht eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den Ertränkungen von Nantes und den argentinischen Todesschwadronen? Tödliche Flüge ersetzten mörderische Schiffsfahrten. Die Ideologie läuft manchmal Gefahr auch die Kirche zu kontaminieren, auch die Diözese Nantes, die es nach mehr als zwei Jahrhunderten immer noch vorzieht, sich wegzuducken und die Wahrheit nicht ans Licht zu bringen über das bis ans äußerste gehende Glaubenszeugnis so vieler Priester, die hingerichtet wurden, weil sie der Kirche treu blieben. Für diese Märtyrer ist die Zeit für den Prozeß gekommen, der sie zur Herrlichkeit der Altäre führen wird.
*Arduinus Rex, ein Pseudonym nach König Arduin von Italien, einem Neffen Berengars II., der verwandt mit den fränkischen Unruochingern und Widonen war, schreibt für die Online-Publikation Europa Cristiana, gegründet und geleitet vom Juristen Carlo Manetti und der Historikerin Cristina Siccardi.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons
Die Märtyrer der Vendee sollten einen eigenen Festtag im Missale bekommen, standen sie doch heroisch für das Katholische dh. für Jesus Christus. Er wird sich ihrer angenommen haben.
Ihr heiligen Märtyrer der Vendee, betet für uns!
Ich würde hierzu den 14.Juli vorschlagen