Manila kann warten

Die Beförderungen des päpstlichen "Kronprinzen"


Luis Antonio Tagle und die vielen päpstlichen Zeichen des Wohlwollens.
Luis Antonio Tagle und die vielen päpstlichen Zeichen des Wohlwollens.

(Rom) Das Papst­tum ist kei­ne Erb­mon­ar­chie, gewünsch­te „Erben“ kön­nen aber und müs­sen daher durch beson­de­re Berück­sich­ti­gung in Stel­lung gebracht wer­den. Unter die­sem Blick­win­kel läßt sich eine Maß­nah­me sehen, die gestern im Tages­bul­le­tin des Vati­kans bekannt­ge­ge­ben wur­de. Es ist eine einer gan­zen Reihe.

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Ernen­nung eines Mit­glieds der Kon­gre­ga­ti­on für die ori­en­ta­li­schen Kir­chen:

Der Hei­li­ge Vater hat Sei­ne Emi­nenz Kar­di­nal Luis Anto­nio G. Tag­le, Prä­fekt der Kon­gre­ga­ti­on für die Evan­ge­li­sie­rung der Völ­ker, zum Mit­glied der Kon­gre­ga­ti­on für die ori­en­ta­li­schen Kir­chen ernannt.

Wäh­rend Kar­di­nal Tag­le, einer der bei­den bevor­zug­ten „Kron­prin­zen“, von Papst Fran­zis­kus seit eini­gen Jah­ren syste­ma­tisch posi­tio­niert wird, ist der Stuhl des Erz­bi­schofs von Mani­la, den Tag­le inne­hat­te, wei­ter­hin vakant.

Der phil­ip­pi­ni­sche Kar­di­nal mit chi­ne­si­schem Groß­va­ter wur­de am 8. Dezem­ber 2019 von Papst Fran­zis­kus an die Römi­sche Kurie beru­fen. Das Kir­chen­ober­haupt ernann­te Kar­di­nal Tag­le, der seit 2011 Erz­bi­schof von Mani­la und Pri­mas der Phil­ip­pi­nen war, zum Prä­fek­ten der Kon­gre­ga­ti­on für die Evan­ge­li­sie­rung der Völ­ker. Der Prä­fekt die­ser Kon­gre­ga­ti­on wird als „Roter Papst“ bezeich­net und nimmt in der heu­ti­gen Welt­kir­che eine Schlüs­sel­po­si­ti­on ein. Ihm unter­steht die Mehr­zahl der Bis­tü­mer und der Gläu­bi­gen, näm­lich die ein­sti­gen „Mis­si­ons­ge­bie­te“ außer­halb der west­li­chen Welt. Die Far­be Rot im Über­na­men rührt von den vie­len Mär­ty­rern her, da die Mis­si­ons­kir­che eine Mär­ty­rer­kir­che war.

Die Beru­fung Tagles nach Rom erfolg­te vor 18 Mona­ten. Seit­her folg­ten wei­te­re Beför­de­run­gen, mit denen er an stra­te­gi­schen Punk­ten der Römi­schen Kurie posi­tio­niert wur­de. Das Erz­bis­tum Mani­la, immer­hin der wich­tig­ste Bischofs­sitz des bis 2002 ein­zi­gen mehr­heit­lich katho­li­schen Staa­tes in Asi­en, ist hin­ge­gen wei­ter­hin unbe­setzt. 2002 wur­de die Selb­stän­dig­keit von Ost­ti­mor inter­na­tio­nal aner­kannt. Ost­ti­mor ist seit­her Staat Asi­ens mit katho­li­scher Bevöl­ke­rungs­mehr­heit. Die Grö­ßen­ord­nung ist aber kaum ver­gleich­bar: Die Phil­ip­pi­nen haben 110 Mil­lio­nen Ein­woh­ner, Ost­ti­mor kaum 1,5 Millionen.

Als Tag­le stän­dig in Rom Quar­tier nahm, mach­te ihn Fran­zis­kus dort schnell noch bekann­ter, indem er ihn inner­halb des Kar­di­nals­kol­le­gi­ums in den sel­ten ver­ge­be­nen höch­sten Rang eines Kar­di­nal­bi­schofs erhob.

Am 25. März gab der Hei­li­ge Stuhl bekannt, daß Papst Fran­zis­kus den bis­he­ri­gen Erz­bi­schof von Capiz (Phil­ip­pi­nen), Msgr. Jose Fuer­te Advin­cu­la, zum Nach­fol­ger Tagles als Erz­bi­schof von Mani­la ernannt hat. Bereits fünf Mona­te zuvor war Msgr. Advin­cu­la von Fran­zis­kus zum Kar­di­nal kre­iert wor­den. Es bestand also bereits die Absicht, ihn auf den bedeu­tend­sten Bischofs­stuhl der Phil­ip­pi­nen zu beför­dern. Dem ernann­ten Kar­di­nal wur­de aller­dings noch nicht das Kar­di­nals­bi­rett ver­lie­hen. Eine ent­spre­chen­de Zere­mo­nie ist für den 18. Juni geplant. Wegen der Coro­na-Rei­se­be­schrän­kun­gen hat­te Msgr. Advin­cu­la am Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­um im Novem­ber 2020 nur über Video­kon­fe­renz teilgenommen.

Inzwi­schen wird der 10. Juni geschrie­ben und auch sei­ne Amts­ein­füh­rung als Erz­bi­schof von Mani­la ist noch nicht erfolgt. Sie wird am 24. Juni statt­fin­den, da zuvor die Kar­di­nals­er­he­bung voll­zo­gen wer­den soll. Auf die­se Wei­se kann Advin­cu­la in Mani­la als Kar­di­nal Ein­zug hal­ten, nicht nur als Erz­bi­schof. Vor weni­gen Tagen wur­de sein Kar­di­nals­wap­pen veröffentlicht.

Die Chro­no­lo­gie zeigt, daß die För­de­rung von Kar­di­nal Tag­le Prio­ri­tät gegen­über dem Erz­bis­tum Mani­la genießt. Mani­la kann war­ten, Tag­le offen­bar nicht. Sein Wohl­wol­len für Tag­le bezeugt Fran­zis­kus seit dem ersten Jahr sei­nes Pon­ti­fi­kats. Seit­her ist kein Jahr ohne Beför­de­run­gen ver­gan­gen. 2015 wur­de Tag­le zum Vor­sit­zen­den der Cari­tas Inter­na­tio­na­lis ernannt, des Dach­ver­bands aller natio­na­len Cari­tas-Ver­bän­de. Im Pon­ti­fi­kat von Fran­zis­kus eine zen­tra­le Schlüs­sel­po­si­ti­on nach außen. Das Ver­trau­ens­ver­hält­nis Tagles zu San­ta Mar­ta wird viel­leicht noch mehr durch die 2021 erfolg­te Beru­fung in die Kar­di­nals­kom­mis­si­on der Güter­ver­wal­tung des Apo­sto­li­schen Stuhls APSA unterstrichen.

Kar­di­nal Tag­le dankt es mit Loya­li­tät, etwa durch die Ver­tei­di­gung des umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­bens Amo­ris lae­ti­tia, ohne sich dabei inhalt­lich zu sehr zu exponieren.

Als zwei­ter „Kron­prinz“ von Papst Fran­zis­kus gilt Kar­di­nal Kon­rad Kra­jew­ski, seit August 2013 Päpst­li­cher Almo­se­ni­er.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons

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