Papst Franziskus: „Bin allen Mißbrauchsopfern nahe“ – Kritik von Erzbischof Viganò

Der McCarrick-Bericht


Papst Franziskus McCarrick Bericht
Papst Franziskus nimmt erstmals zum McCarrick-Bericht Stellung. Nuntius Viganò bezweifelt Aufklärungsbereitschaft von Santa Marta.

(Rom) Papst Fran­zis­kus reagier­te erst­mals auf den gestern vom Vati­kan ver­öf­fent­lich­ten McCar­ri­ck-Bericht. Am Ende der Gene­ral­au­di­enz sag­te das Kir­chen­ober­haupt heu­te, er sei „allen Miß­brauchs­op­fern der Kir­che nahe“. Zugleich bekräf­tig­te Fran­zis­kus „den Ein­satz der Kir­che, um die­ses Übel aus­zu­mer­zen”. Die „vati­ka­ni­sche Fik­ti­on geht wei­ter“, sag­te hin­ge­gen Erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò, des­sen Kri­tik an Papst Fran­zis­kus den Vati­kan 2018 ver­an­laßt hat­te, einen Bericht über McCar­ri­ck anzukündigen.

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Laut dem 460 Sei­ten star­ken Bericht war McCar­ri­cks Fehl­ver­hal­ten, gemeint ist sein homo­se­xu­el­les Dop­pel­le­ben, „gerüch­te­wei­se“ bekannt, behin­der­te die Kar­rie­re des US-Ame­ri­ka­ners aber nicht. Papst Fran­zis­kus, so der Bericht wei­ter, habe erst im Som­mer 2018 von sexu­el­lem Miß­brauch von Min­der­jäh­ri­gen erfah­ren und den Kar­di­nal sofort aus sei­nen Ämtern und Posi­tio­nen ent­fernt: Zuerst wur­de ihm die Kar­di­nals­wür­de aberkannt, dann wur­de er auch laisiert.

Mehr als zwei Jah­re sind ver­gan­gen, seit vom Vati­kan die Ver­öf­fent­li­chung eines Berichts über McCar­ri­ck ange­kün­digt wur­de. Die Ankün­di­gung erfolg­te damals in Form eines Angriffs gegen Erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò, den ein­sti­gen Apo­sto­li­schen Nun­ti­us in den USA. Auch der nun vor­ge­leg­te Bericht knüpft dar­an an. 

Der Erz­bi­schof hat­te am 26. August 2018 öffent­lich schwe­re Vor­wür­fe gegen Papst Fran­zis­kus erho­ben. Anlaß war des­sen Behaup­tung, nichts von den Machen­schaf­ten McCar­ri­cks gewußt zu haben und erst im Juli 2018 aus den Arti­keln der New York Times davon erfah­ren und sofort reagiert zu haben. Die­se Ver­si­on der Ereig­nis­se wird vom Vati­kan auch zwei Jah­re spä­ter im McCar­ri­ck-Bericht wie­der­holt.

Par­al­lel wird die Ver­ant­wor­tung von Fran­zis­kus auf die­sel­be Ebe­ne mit sei­nen Vor­gän­gern auf dem Papst­stuhl gestellt und damit auf die Pon­ti­fi­ka­te von Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. abgeschoben.

„Surreale Mystifizierung“

War­um es zwei Jah­re brauch­te, um den Bericht vor­zu­le­gen, läßt sich auf den ersten Blick nur mit des­sen Umfang erklä­ren. Die­se wären aller­dings nicht not­wen­dig gewe­sen, um auf die wich­tig­sten offe­nen Fra­gen zu ant­wor­ten, die Erz­bi­schof Viganò damals in den Raum gestellt hat­te. Sie betref­fen die direk­te Ver­ant­wor­tung von Papst Fran­zis­kus, unter dem McCar­ri­ck einen unge­ahn­ten Auf­stieg erleb­te, und die Exi­stenz einer Homo-Lob­by in der kirch­li­chen Hier­ar­chie, im Vati­kan wie in den Staa­ten.
In einer ersten Stel­lung­nah­me schreibt Erz­bi­schof Viganò:

„Ich kann jedoch die sur­rea­le Mysti­fi­zie­rung-Ope­ra­ti­on in Bezug auf die Ver­ant­wor­tung für die Ver­tu­schung der Skan­da­le des abge­setz­ten ame­ri­ka­ni­schen Kar­di­nals nicht übersehen.“

Zugleich brach­te der ehe­ma­li­gen Nun­ti­us in den USA sei­ne Empö­rung zum Aus­druck, daß ihm indi­rekt Ver­tu­schung vor­ge­wor­fen wer­de, obwohl er wegen der Schwe­re der gegen McCar­ri­ck erho­be­nen Anschul­di­gun­gen „wie­der­holt die Untä­tig­keit des Hei­li­gen Stuhls anprangerte.“

Man kön­ne zum Schluß gelan­gen, so Msgr. Viganò, daß der McCar­ri­ck-Bericht dazu die­ne, „mei­ne Per­son zu dis­kre­di­tie­ren“. Dar­an sei­en jene inter­es­siert, die wol­len, daß das „ans Licht gebrach­te Netz­werk“ von „Unge­hor­sam, Nach­läs­sig­keit, bei­spiel­lo­ser Kor­rup­ti­on und Unmo­ral“, unglaub­wür­dig erscheine.

Was als McCar­ri­ck-Bericht vor­ge­legt wur­de, sei ein erschrecken­des Bei­spiel von „Kühn­heit“ und „betrü­ge­ri­schem Cha­rak­ter“ und die­ne dazu, die Wirk­lich­keit „erneut ver­fälscht“ zu ver­mit­teln. Der Bericht las­se es an „intel­lek­tu­el­ler Ehr­lich­keit, vor allem aber „an Lie­be zu Gerech­tig­keit und Wahr­heit“ fehlen.

Im Gegen­satz „zu vie­len an der Sache Betei­lig­ten“, habe er, so der ehe­ma­li­ge Nun­ti­us, kei­ne Befürch­tung, daß die Wahr­heit ihm Beschwer­den berei­ten könn­te, „und ich bin in kei­ner Wei­se erpreßbar“.

Die im Zusam­men­hang mit dem McCar­ri­ck-Bericht gegen ihn erho­be­nen Anschul­di­gun­gen sei­en nicht nur „unbe­grün­det“, son­dern „ein wei­te­rer Beweis für die Kor­rup­ti­on und den bösen Wil­len“ derer, „die zu lan­ge geschwie­gen“ oder „geleug­net“ haben. Sie hät­ten zu lan­ge weg­ge­schaut, sei­en aber „rechen­schafts­pflich­tig“. Der Vati­kan neh­me die­se Ver­pflich­tung nicht wirk­lich ernst, wes­halb die „Fik­ti­on“ rund um den Fall McCar­ri­ck weitergehe.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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